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OGH vom 22.11.2022, 4Ob169/22i

OGH vom 22.11.2022, 4Ob169/22i

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Univ.Prof. Dr. Kodek als Vorsitzenden und die Hofräte und Hofrätinnen Dr. Schwarzenbacher, Dr. TarmannPrentner, MMag. Matzka und Mag. Istjan, LL.M., als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Gemeinde H*, vertreten durch Dr. Siegfried Sieghartsleitner und andere Rechtsanwälte in Wels, gegen die beklagte Partei F*, vertreten durch die ANWALTGMBH Rinner Teuchtmann in Enns, wegen Feststellung, über die außerordentlichen Revisionen beider Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom , GZ 12 R 11/22g43, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentlichen Revisionen werden gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Die beklagte Partei hat die Kosten ihrer Revisionsbeantwortung selbst zu tragen.

Text

Begründung:

[1] Der klagenden Gemeinde gehört ein Weggrundstück, das von landwirtschaftlich genutzten Grundstücken des Beklagten umgeben ist.

[2] Die Vorinstanzen haben einerseits urteilsmäßig festgestellt, dass der Beklagte das Weggrundstück der Gemeinde nicht – wie von ihm behauptet – ersessen habe, sodass dieses weiterhin frei von Benützungsrechten des Beklagten im alleinigen Eigentum der Klägerin stehe. Andererseits haben die Vorinstanzen das rechtliche Interesse der Klägerin an der Feststellung der Haftung des Beklagten für alle künftigen Schäden verneint, die ihr dadurch entstünden, dass er ab dem Kalenderjahr 2006 das ihr gehörende Weggrundstück durchgehend durch Umackern und sonstige Maßnahmen der Feldbewirtschaftung bearbeitet und gebraucht, weiters durch Bebauung mit baulichen Anlagen sowie sonstige Baumaßnahmen und Erdbewegungen beschädigt habe; das diesbezügliche Feststellungsbegehren der Klägerin wurde abgewiesen.

Rechtliche Beurteilung

I. Die Revision der Klägerin wird wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung, einschließlich sekundärer Feststellungsmängel, und „vorsichtsweise“ auch wegen Mangelhaftigkeit des Verfahrens erhoben.

1. Das Vorliegen eines Feststellungsinteresses ist Voraussetzung für die Begründetheit eines Feststellungsanspruchs (RS0039177); eine Feststellungsklage ist bei mangelndem rechtlichem Interesse an der alsbaldigen Feststellung durch Urteil abzuweisen (RS0039201).

1.2. Das rechtliche Interesse ist vom Feststellungskläger nachzuweisen (RS0039239); er hat es substanziiert darzutun, insbesondere dass das Feststellungsurteil für ihn von „rechtlichpraktischer Bedeutung“ sei (vgl 9 ObA 43/11f). Ein schadenersatzrechtliches Feststellungsbegehren betreffend künftige Schäden hat daher im Einzelfall aufzuzeigen, welcher Art die möglichen Schäden sein könnten, wobei der anspruchsbegründende Sachverhalt zumindest in groben Umrissen behauptet werden muss (RS0038949). Die Feststellungsklage ist abzuweisen, wenn die zur Begründung eines Rechtsverhältnisses erforderliche Tatsache noch nicht eingetreten ist, ebenso vor Eintritt der Voraussetzungen, an die das Gesetz das Entstehen eines Anspruchs knüpft (vgl RS0039178; RS0039224 [T2]). Rein theoretische Befürchtungen genügen den Erfordernissen des § 228 ZPO in Bezug auf die „rechtlich-praktische Bedeutung“ der begehrten Feststellung nicht (RS0038900 [T1]; vgl RS0039178; RS0039224 [T2]).

1.3. Das Bestehen eines rechtlichen Interesses an der alsbaldigen Feststellung iSd § 228 ZPO richtet sich regelmäßig nach den Umständen des Einzelfalls, denen – vom hier nicht vorliegenden Fall grober Fehlbeurteilung abgesehen – ebensowenig über diesen Einzelfall hinausgehende Bedeutung iSd § 502 Abs 1 ZPO zukommt (vgl RS0039177 [T1]; RS0037977) wie  der Frage der Auslegung des Parteivorbringens, ob das rechtliche Interesse der Klägerin ausreichend dargelegt worden ist (vgl RS0042828); ob der Eintritt anspruchsbegründender Tatsachen so unwahrscheinlich ist, dass letztlich keine realistische Möglichkeit der Relevanz der begehrten Feststellung mehr bleibt, ist ebenfalls eine nur im konkreten Einzelfall zu beantwortende, die Zulässigkeit eines außerordentlichen Rechtsmittels nicht rechtfertigende Frage (RS0038949 [T4]).

2. Das Berufungsgericht hat das rechtliche Interesse an der Feststellung der Haftung des Beklagten für alle künftigen Schäden zusammengefasst verneint, weil es von der Klägerin nicht ausreichend substanziiert dargelegt worden sei und sie bloß theoretische Befürchtungen und Überlegungen spekulativer Natur äußere. Der Behauptung von Zusatzkosten aufgrund einer allfälligen mangelhaften Leistung eines mit einer allfälligen Ersatzvornahme beauftragten Unternehmens stehe der Umstand entgegen, dass bei Mangelhaftigkeit der Ersatzvornahme die Klägerin direkte Gewährleistungs- bzw Schadenersatzansprüche gegen den ausführenden Dritten bestünden. Für den Fall der Wiederherstellung durch den Beklagten selbst sei erst mit vollständiger und mängelfreier Vornahme der geschuldeten vertretbaren Handlung der darauf gerichtete Anspruch erfüllt. Solange eine solche vollständige und mängelfreie Vornahme nicht erfolgt sei, könne sich ein betreibender Gläubiger weiterhin im fortzusetzenden Exekutionsverfahren auf den Exekutionstitel stützen. Weitere „beispielsweise“ angeführte Schäden an Nachbargrundstücken (die aber alle dem Beklagten gehörten) habe die Klägerin nicht näher konkretisiert.

3. Diese Beurteilung hält sich im Rahmen der Rechtsprechung und des den Gerichten im Einzelfall, insbesondere auch bei der Auslegung von Parteivorbringen, zukommenden Ermessensspielraums.

4. Die Revision der Klägerin zeigt dagegen keine erhebliche Rechtsfrage auf.

[10] Welcher Art Schäden wären, die dritten Anrainern durch die Unbenützbarkeit des Wegs entstehen könnten, und für die von der Klägerin Ersatz verlangt werden könnte, macht die Revision nicht nachvollziehbar geltend; insbesondere ist nicht erkennbar, welche Ansprüche von in der Revision erstmals angesprochenen möglichen Pächtern des Beklagten aus der von diesem selbst verursachten Unbenützbarkeit des Wegs gegen die Gemeinde geltend machen könnten.

[11] Eine (Wieder)Herstellung des Wegs, welche aufgrund von dabei erfolgten Mängeln zu Unfalls oder sonstigen Schäden führen könnte, ist unstrittig noch gar nicht erfolgt; auch eine titelmäßige Verpflichtung des Beklagten zur Wiederherstellung besteht derzeit unstrittig nicht. Das Feststellungsbegehren bezieht sich auch nicht auf solche „etwaige“, künftig mögliche schadensverursachende Maßnahmen, sondern stellt auf bereits erfolgtes Umackern, Bearbeiten und Bebauen ab; „vielfältige“ künftige Umstände können hier kein Interesse an dieser Feststellung begründen.

[12] Kostenersatzansprüche sind öffentlichrechtlicher Natur und wären einem künftigen Hauptanspruch akzessorisch; solange ein solcher nicht weggefallen ist, ist für Kostenersatzansprüche der Rechtsweg unzulässig (vgl RS0002209).

5. Rechtliche Feststellungsmängel in Bezug auf mögliche künftige Schäden liegen nicht vor, weil es an einer ausreichenden Darlegung des Feststellungsinteresses mangelt. Somit liegt auch keine Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens vor. Damit erübrigen sich auch Überlegungen zu Fragen der Verjährung allfälliger Ansprüche.

II. Die Revision des Beklagten macht Nichtigkeit, Mangelhaftigkeit des Verfahrens, Aktenwidrigkeit sowie unrichtige rechtliche Beurteilung „im engeren und weiteren Sinne“ geltend.

1.1. Der Rechtsweg ist zulässig, wenn ein bürgerlich-rechtlicher Anspruch erhoben wird und die Entscheidung darüber nicht durch Gesetz ausdrücklich an eine andere Behörde verwiesen wurde (RS0045438 [T2]; RS0045584 [T32]). Bei der Entscheidung über die Zulässigkeit des Rechtswegs sind der Wortlaut des Klagebegehrens und der Klagesachverhalt (die Klagebehauptungen) maßgebend, also die Natur und das Wesen des geltend gemachten Anspruchs. Von ausschlaggebender Bedeutung dafür ist der geltend gemachte Rechtsgrund (RS0045584; RS0005896; RS0045718; RS0045644). Danach ist zu beurteilen, ob ein privatrechtlicher Anspruch iSd § 1 JN erhoben wurde, über den die Zivilgerichte zu entscheiden haben (RS0045584 [T16]; RS0045718 [T13]).

1.2. Die Verwaltungsbehörde entscheidet über Störungen und Eingriffe in den Gemeingebrauch öffentlicher Wege, zu welchen auch Interessentenwege gehören, unter Ausschluss des Rechtswegs auch dann, wenn der Grund, über den der Weg verläuft, in Privateigentum steht (RS0029753).

[17] Eine konkret daraus abgeleitete Unzulässigkeit des Rechtswegs macht der Beklagte erstmals in seiner Revision geltend.

1.3. Die Zulässigkeit des Rechtswegs ist eine absolute, in jeder Lage des Verfahrens bis zur Rechtskraft der Entscheidung auch von Amts wegen wahrzunehmende Prozessvoraussetzung (RS0046249 [T4]; RS0046861 [T5]). Eine bloß implizite Bejahung der Zulässigkeit des Rechtswegs durch meritorische Behandlung des Begehrens reicht für die Annahme einer Entscheidung mit bindender Wirkung nach § 42 Abs 3 JN nicht aus (vgl RS0046249 [T7]).

1.4. Die – erstmals – in der Revision angesprochene Nichtigkeit, wonach über die Grenzen des Gemeingebrauchs öffentlicher Wege, sowie über Störungen und Eingriffe die Verwaltungsbehörden unter Ausschluss des Rechtswegs zu entscheiden hätten, auch wenn der Grund im Privateigentum stehe, liegt nicht vor:

[20] Die Klägerin will das Nichtbestehen der vom Beklagten (auch noch in seiner Revision) behaupteten Ersitzung von Eigentum am Weggrundstück festgestellt wissen. Der Umstand, dass es sich um ein öffentliches Gut handelt, das als öffentlicher Weg dient, ändert nichts an dem sich aus § 354 ABGB ergebenden Eigentumsbegriff; im Streit über Eigentums- oder Servitutsrechte an einem öffentlichen Weg haben die Gerichte zu entscheiden, da in diesen Fällen den Klagsgrund ein Privatrechtstitel bildet (RS0010864).

[21] 2.1. Angebliche Mängel des erstinstanzlichen Verfahrens, die bereits das Berufungsgericht verneint hat, können in der Revision nicht mehr mit Erfolg neuerlich geltend gemacht werden (RS0042963).

[22] Ob ein Sachverständigengutachten einzuholen ist, ist eine Frage der nicht revisiblen Beweiswürdigung (vgl RS0043320).

[23] Fragen der Beweislast sind nicht der Mängelrüge, sondern der Rechtsrüge zuzurechnen (RS0022624; RS0022549).

[24] Das Gericht darf „überschießende“ Feststellungen aber berücksichtigen, wenn sie sich im Rahmen des geltend gemachten Klagsgrundes oder der erhobenen Einwendungen halten (RS0040318, 4 Ob 25/16d). Unzulässige überschießende Feststellungen bilden keine Mangelhaftigkeit, sondern die Rechtssache würde nach ständiger Rechtsprechung unrichtig beurteilt (RS0040318 [T2]; RS0036933 [T10–T12]; RS0037972 [T11]; RS0112213 [T1, T4]). Dies kann nur im Einzelfall beurteilt werden, sodass sich hier keine erheblichen Rechtsfragen stellen (vgl 6 Ob 64/22p; RS0040318 [T3]; RS0037972 [T15]).

[25] 2.2. Ein Mangel des Berufungsverfahrens wird vom Beklagten nicht aufgezeigt. Warum ein Begründungsmangel vorliegen sollte, hat schon das Berufungsgericht – zu Recht – als nicht nachvollziehbar erachtet.

[26] Die Frage der Nichteinholung eines Gutachtens aus dem Fachgebiet des Vermessungswesens zur Frage des Grenzverlaufs wurde bereits vom Berufungsgericht erörtert; eine solche Frage bildet auch keinen Verfahrensmangel. Dass im Übrigen das Eigentumsrecht am Weggrundstück und nicht dessen Grenzverlauf Gegenstand des Verfahrens ist, hat ebenfalls bereits das Berufungsgericht zutreffend erkannt.

[27] Sonstige Mängel des Berufungsverfahrens, die in der Revision nur angedeutet, aber nicht näher ausgeführt werden, liegen nicht vor.

3.1. Eine Aktenwidrigkeit ist nur gegeben, wenn Feststellungen auf aktenwidriger Grundlage getroffen werden, wenn also der Inhalt einer Urkunde, eines Protokolls oder eines sonstigen Aktenstücks unrichtig wiedergegeben und infolgedessen ein fehlerhaftes Sachverhaltsbild der rechtlichen Beurteilung unterzogen wurde, nicht aber schon dann, wenn das aufgrund der Beweisaufnahme gewonnene Sachverhaltsbild bloß vom Parteienvorbringen abweicht. Erwägungen der Tatsacheninstanzen, weshalb ein Sachverhalt als erwiesen angenommen oder bestimmte Feststellungen nicht getroffen werden können, fallen in das Gebiet der Beweiswürdigung und bilden daher keine Aktenwidrigkeit (RS0043347). Der Revisionsgrund der Aktenwidrigkeit kann nicht als Ersatz für eine im Revisionsverfahren generell unzulässige Beweisrüge herangezogen werden (RS0117019).

[29] Ob im Einzelfall ausreichendes, hinreichend konkretes und schlüssiges Vorbringen erstattet wurde, ist keine erhebliche Rechtsfrage (RS0042828, RS0037780).

3.2. Die Revision will eine „Feststellung“ als aktenwidrig bekämpfen, wonach das Berufungsgericht darlegte, dass der Beklagte die aufgrund des Unterbleibens eines Sachverständigengutachtens vermissten Feststellungen nicht angeführt, sondern nur auf die Unschlüssigkeit und Unbestimmtheit des Klagebegehrens verwiesen habe, diese Umstände aber nur aufgrund der konkreten Behauptungen, nicht aber aufgrund eines Gutachtens geprüft werden könnten.

[31] Zunächst ist dies keine „Feststellung“, sondern eine Argumentation des Berufungsgerichts im Rahmen seiner Behandlung der Mängelrüge. Warum hier eine Aktenwidrigkeit im dargelegten Sinne vorliegen sollte, und wie in diesem Zusammenhang abgeleitet werden soll, dass das Klagebegehren wegen Unschlüssigkeit und Unbestimmtheit abzuweisen wäre, ist schlicht nicht nachvollziehbar; eine erhebliche Rechtsfrage stellt sich nicht.

4.1.1. Das Eigentum ist nicht verjährbar (§§ 1459, 1481 ABGB). Ein Verlust von Rechten aus dem Eigentum könnte nur durch Ersitzung entsprechender Rechte durch andere Personen oder durch eine konkludente Zustimmung des Eigentümers zu ihre Rechte an sich beeinträchtigenden Maßnahmen eines Anderen eintreten (5 Ob 25/90).

[33] Zum Erwerb des Besitzes eines Rechts an einer Liegenschaft (als Voraussetzung der Ersitzung) muss der Wille des Besitzers vorliegen, ein Recht auszuüben, und es muss für den Eigentümer der dienstbaren Liegenschaft erkennbar sein, dass ein vom Gemeingebrauch verschiedenes Recht in Anspruch genommen wird (vgl RS0009762 [insb T6]). Die Inanspruchnahme des Gemeingebrauchs oder einer jedermann unter bestimmten Voraussetzungen möglichen örtlichen Übung reicht nicht (vgl RS0009762 [T17]).

[34] Nach § 1463 ABGB muss der Ersitzende weiters redlich (gutgläubig) sein. Guter Glaube setzt dabei positive Überzeugung von der Rechtmäßigkeit des Besitzers voraus; er wird schon durch Zweifel ausgeschlossen (RS0010197 [T1]). Ein Rechtsbesitzer ist redlich, wenn er glauben kann, dass ihm die Ausübung des Rechts zusteht (RS0010137). Der für die Ersitzung erforderliche gute Glaube fällt jedoch weg, wenn der Besitzer entweder positiv Kenntnis erlangt, dass sein Besitz nicht rechtmäßig ist, oder wenn er zumindest solche Umstände erfährt, die zu Zweifeln an der Rechtmäßigkeit eines Besitzes Anlass geben (RS0010184). Die Qualifikation des Verhaltens des Besitzers als redlich oder unredlich hängt von den konkreten Umständen des Einzelfalls ab und ist daher regelmäßig keine erhebliche Rechtsfrage (vgl RS0010184 [T13]).

4.1.2. Die Vorinstanzen haben ausgehend von der Feststellung, dass der Beklagte ebenso wie seine Rechtsvorgänger wussten, dass das Weggrundstück im Eigentum der Klägerin steht, den guten Glauben und damit die Ersitzung von über den Gemeingebrauch hinausgehenden Rechten am Grundstück verneint.

4.1.3. Dies entspricht dem klaren Gesetzeswortlaut und hält sich im Einzelfall im dargelegten Rahmen der dazu ergangenen Rechtsprechung.

4.1.4. Soweit der Beklagte in wechselnden Zusammenhängen die Behauptung aufstellt bzw voraussetzt, er habe das Grundstück ersessen, geht er nicht vom bindend festgestellten Sachverhalt in Ansehung fehlender Redlichkeit aus und führt damit seine Revision über weite Strecken nicht gesetzmäßig aus (vgl RS0043312 [insb T4, T12, T14]; RS0043603 [insb T2, T8]). Rechtliche Feststellungsmängel in Ansehung tatsächlicher Sachherrschaft liegen im Hinblick auf die Feststellungen zur Kenntnis des Beklagten und seiner Rechtsvorgänger vom Eigentum der Kläger und ihre daraus folgende, die Ersitzung ausschließende Unredlichkeit nicht vor.

[38] Dass sich die Feststellung des Eigentums der Klägerin frei von Benützungsrechten des Beklagten auf solche Rechte bezieht, die über den – dem Beklagten wie jedermann zustehenden – Gemeingebrauch hinausgehen, ergibt sich völlig klar aus dem Prozessgegenstand und der Begründung der Vorinstanzen (vgl RS0043259), wie auch schon das Berufungsgericht aufzeigte. Dies steht auch völlig im Einklang mit der zwischen denselben Parteien ergangenen Entscheidung des Senats 4 Ob 185/21s, wonach dem Beklagten die über den Gemeingebrauch hinausgehende Benützung und Bewirtschaftung des Weggrundstücks untersagt ist. Die Ausführungen der Revision gehen daher auch insofern ins Leere, als sie den Spruch als nicht aus den Feststellungen herleitbar ansehen und daraus rechtlich die Nichtberechtigung des Feststellungsbegehrens ableiten wollen.

[39] Die Benützung eines öffentlichen Wegs ist nicht geeignet, eine den Rahmen des Gemeingebrauchs übersteigende Wegedienstbarkeit zu begründen; die von der Revision zitierte Rechtsprechung zur Ersitzung von Dienstbarkeiten an fremden Grundstücken ist daher hier nicht einschlägig.

[40] Ausführungen, zur Verjährung nach § 1489 ABGB im vorliegenden Zusammenhang verfehlt.

4.2. Fragen des „öffentlichen Verkehrs-
bedürfnisses“ und der Auslegung von Landesstraßengesetzen, denen in der Revision breiter Raum eingeräumt wird, haben für die hier zu beantwortenden Fragen keine Bedeutung; erhebliche Rechtsfragen stellen sich über das zu oben I.1.4. Gesagte hinaus nicht. Welche Bedeutung eine Verletzung von Beweislastregeln in diesem Zusammenhang haben sollte, bleibt ebenso im Dunklen wie die Bedeutung der – im Rahmen der Mängelrüge aufgestellten – Behauptung, eine Verordnung der Klägerin sei eine öffentliche Urkunde.

4.3. Warum das Begehren der Klägerin, ihr Eigentum festgestellt und eine Eigentumsanmaßung des Beklagten abgewehrt zu wissen, schikanös sein sollte, legt die Revision nicht nachvollziehbar dar.

4.4. Dass es hier nicht um die Grenzen des Weggrundstücks geht, sondern um das Eigentum an diesem, hat schon das Berufungsgericht erkannt; die Revision, die eine Klärung des Wegverlaufs vermisst, zeigt auch in diesem Zusammenhang keine erhebliche Rechtsfrage auf.

III. Eine Beantwortung der Revision der Klägerin wurde dem Beklagten nicht freigestellt; die Kosten seines dennoch erstatteten Rechtsmittelschriftsatzes hat er selbst zu tragen (§ 508a Abs 2 ZPO).

[45] IV. Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).

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ECLI:
ECLI:AT:OGH0002:2022:0040OB00169.22I.1122.000

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