OGH vom 21.06.2023, 3Ob99/23i

OGH vom 21.06.2023, 3Ob99/23i

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Höllwerth als Vorsitzenden sowie den Hofrat Hon.-Prof. Dr. Brenn, die Hofrätinnen Dr. Weixelbraun-Mohr und Dr. Kodek und den Hofrat Dr. Stefula als weitere Richter in der Pflegschaftssache der Minderjährigen 1. S*, geboren am * 2010, und 2. A*, geboren am * 2011, Mutter E*, vertreten durch Dr. Serpil Dogan, Rechtsanwältin in Feldkirch, Vater E*, vertreten durch Mag. Manuel Dietrich, Rechtsanwalt in Hard, wegen Obsorge, über den außerordentlichen Revisionsrekurs des Vaters gegen den Beschluss des Landesgerichts Feldkirch als Rekursgericht vom , GZ 10 R 39/23v-52, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen.

Text

Begründung:

[1] Das Erstgericht wies den vom außerehelichen Vater am (und nicht, wie er im außerordentlichen Revisionsrekurs behauptet, am ) eingebrachten Antrag auf Begründung der gemeinsamen Obsorge für die Minderjährigen mangels internationaler Zuständigkeit zurück, nachdem die Kinder mit der Mutter auf unbestimmte Zeit nach Dänemark übersiedelt waren.

[2] Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung und ließ den ordentlichen Revisionsrekurs mangels erheblicher Rechtsfrage nicht zu.

Rechtliche Beurteilung

[3] In seinem außerordentlichen Revisionsrekurs gelingt es dem Vater nicht, eine erhebliche Rechtsfrage aufzuzeigen:

[4] 1. Sowohl Österreich als auch Dänemark sind Mitgliedstaaten des Haager Übereinkommens vom über die Zuständigkeit, das anzuwendende Recht, die Anerkennung, Vollstreckung und Zusammenarbeit auf dem Gebiet der elterlichen Verantwortung und der Maßnahmen zum Schutz von Kindern (KSÜ).

[5] 2. Der Zuständigkeitsbestimmung des Art 8 Abs 1 der – hier infolge Einleitung des Verfahrens vor dem noch anwendbaren (Art 100 Brüssel IIbVO) – Brüssel IIa-VO, die den Grundsatz der Fortdauer der internationalen Zuständigkeit statuiert, wenn sie im Zeitpunkt der Antragstellung gegeben war, kommt zwar gemäß Art 61 lit a Brüssel IIa-VO Vorrang vor dem Zuständigkeitssystem des KSÜ zu. Hat das Kind allerdings – wie hier die Minderjährigen – während des Verfahrens rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Dänemark begründet, ist das KSÜ anwendbar, weil Dänemark nicht Mitgliedstaat der Brüssel IIaVO ist (RS0128460).

[6] 3. Da der Grundsatz der perpetuatio fori im KSÜ grundsätzlich nicht zum Tragen kommt, kann die internationale Zuständigkeit auch noch während eines zulässig anhängig gemachten Verfahrens wegfallen. Nach Art 5 Abs 2 KSÜ ist das dann der Fall, wenn das Kind seinen gewöhnlichen Aufenthalt – wie hier – rechtmäßig in einen anderen Vertragsstaat verlegt, weil damit dessen internationale Zuständigkeit begründet wird (9 Ob 52/20t mwN; , iFamZ 2022/198 [Fucik]).

Zusatzinformationen


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ECLI:
ECLI:AT:OGH0002:2023:0030OB00099.23I.0621.000

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