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OGH vom 16.05.2023, 3Ob49/23m

OGH vom 16.05.2023, 3Ob49/23m

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Höllwerth als Vorsitzenden sowie den Hofrat Hon.-Prof. Dr. Brenn, die Hofrätinnen Dr. Weixelbraun-Mohr und Dr. Kodek und den Hofrat Dr. Stefula als weitere Richter in der Erwachsenen schutzsache der betroffenen Person B* U*, geboren * 1946, *, vertreten durch Mag. K* S*, Rechtsanwältin in *, als Rechtsbeistand im Verfahren (§ 119 AußStrG), über den außerordentlichen Revisionsrekurs der betroffenen Person, vertreten durch die * Rechtsanwälte GmbH in *, gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz als Rekursgericht vom , GZ 2 R 147/22k, 2 R 148/22g89, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen.

Text

Begründung:

[1] Die Betroffene hatte umfangreichen Immobiliarbesitz. Nacheinander verschenkte sie diesen an Personen, die sie als Vorsorgebevollmächtigte eingesetzt hatte. In dieses Geschehen war die * Rechtsanwälte GmbH involviert. In dem von der Schwester der Betroffenen angeregten Verfahren zur Überprüfung der Notwendigkeit einer Erwachsenenvertretung teilte die * Rechtsanwälte GmbH mit Vollmachtbekanntgabe vom mit, die Betroffene habe sie mit ihrer rechtsfreundlichen Vertretung im Verfahren beauftragt, und ersuchte um Kenntnisnahme. Weiters beantragte sie am namens der Betroffenen Akteneinsicht.

[2] Das Erstgericht bestellte nach der Erstanhörung mit Beschluss vom mit sofortiger Wirksamkeit Rechtsanwältin Mag. S* zum Rechtsbeistand im Verfahren (§ 119 AußStrG) und zur einstweiligen Erwachsenenvertreterin mit näher genanntem Wirkungsbereich (§ 120 AußStrG). Mit Beschluss vom wies das Erstgericht den Antrag der * Rechtsanwälte GmbH „auf Anerkennung und Kenntnisnahme der rechtsfreundlichen Vertretung der Betroffenen“ sowie den Antrag auf Akteneinsicht ab und stellte fest, dass die mit Beschluss vom erfolgte Bestellung von Mag. S* als Rechtsbeistand weiterhin aufrecht bleibe.

[3] Das Rekursgericht bestätigte mit dem angefochtenen Beschluss beide erstgerichtlichen Beschlüsse.

[4] Die Betroffene zeigt mit ihrem außerordentlichen Revisionsrekurs keine Rechtsfrage von der von § 62 Abs 1 AußStrG geforderten Qualität auf.

Rechtliche Beurteilung

[5] 1. Nach § 119 AußStrG muss, damit sich die Bestellung eines Rechtsbeistands im Verfahren erübrigt, der Betroffene nicht nur einen Vertreter haben, sondern muss dieser auch geeignet sein. Eine Interessenkollision zwischen dem Vertreter und dem Betroffenen schließt die Eignung aus (ErläutRV 1461 BlgNR 25. GP 66; vgl RS0048982).

[6] Das Rekursgericht hat die Eignung der * Rechtsanwälte GmbH unter anderem mit der Begründung verneint, diese könnte allfälligen Schadenersatzansprüchen der Betroffenen ausgesetzt sein. Hiergegen wird im Revisionsrekurs nichts Stichhaltiges vorgetragen. Wenn die Revisionsrekurswerberin ausführt, die * Rechtsanwälte GmbH wäre bloß verpflichtet, ihre Tätigkeit für sie zu beenden, sollte sich „nachträglich“ eine Interessenkollision herausstellen, so übersieht sie, dass eine solche aufgrund der im Raum stehenden Schadenersatzpflicht ihrer rechtsfreundlichen Vertretung bereits jetzt vorliegt.

[7] 2. Entgegen dem Revisionsrekurs ist durch höchstgerichtliche Rechtsprechung bereits gesichert, dass – wenn keine Interessenkollision zu besorgen ist – eine Personenidentität zwischen dem Rechtsbeistand im Verfahren (§ 119 AußStrG) und dem einstweiligen Vertreter (§ 120 AußStrG) grundsätzlich möglich ist (10 Ob 60/00x; 8 Ob 81/12p). Dies entspricht auch der – soweit ersichtlich – einhelligen Ansicht in der Literatur (zB Schauer in Gitschthaler/Höllwerth, AußStrGI [2019] § 119 Rz 23; Fritz in Schneider/Verweijen, AußStrG [2019] § 120 Rz 5; Mondel in Rechberger/Klicka, AußStrG3 [2021] § 120 Rz 2) und der zweitinstanzlichen Rechtsprechung (LGZ Wien 42 R 108/08f = EFSlg 122.357; LG Innsbruck 54 R 102/11p = EFSlg 133.338; LG Linz 15 R 43/14w = EFSlg 142.322). Eine Kollision der Interessen der Betroffenen mit jenen der vom Erstgericht mit beiden Funktionen betrauten Rechtsanwältin ist nicht ersichtlich. Dass diese für ihre Tätigkeit als einstweilige Erwachsenenvertreterin entlohnt wird, begründet nach der Rechtsprechung noch keine materielle Interessenkollision (vgl 1 Ob 155/16z = RS0130969).

Zusatzinformationen


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ECLI:
ECLI:AT:OGH0002:2023:0030OB00049.23M.0516.000

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