OGH vom 27.06.2023, 1Ob83/23x
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Musger als Vorsitzenden sowie die Hofräte und die Hofrätin Mag. Wurzer, Mag. Dr. Wurdinger, Mag. WesselyKristöfel und Dr. Parzmayr als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Mag. A*, vertreten durch die Stögerer Preisinger Rechtsanwälte OG in Wien, gegen die beklagte Partei Republik Österreich (Bund), vertreten durch die Finanzprokuratur in Wien, wegen 1.377 EUR sA und Feststellung, über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom , GZ 14 R 272/22f22, mit welchem das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom , GZ 33 Cg 31/21b18, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird Folge gegeben.
Die angefochtene Entscheidung wird dahin abgeändert, dass das Urteil des Erstgerichts einschließlich der Kostenentscheidung wiederhergestellt wird.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei binnen 14 Tagen die mit 4.334,60 EUR (darin 1.526 EUR Barauslagen) bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
[1] Der Kläger ist Generalmajor des Österreichischen Bundesheers und als Beamter im Bundesministerium für Landesverteidigung tätig. Ab dem war er für fünf Jahre befristet mit der Funktion „Kommandant Kommando Logistik“ (kurz: Kdt KdoLog) betraut. Die Arbeitsplatzwertigkeit entsprach der Funktionsgruppe 7 der Verwendungsgruppe M BO 1. Ab 2015 war er in dieser Funktion auch der Leiter der haushaltsführenden Stelle.
[2] Mit Schreiben vom teilte der damalige Bundesminister für Landesverteidigung dem Kläger gemäß § 16 Abs 1 des Ausschreibungsgesetzes 1989 (AusG) mit, dass nicht beabsichtigt sei, ihn neuerlich mit der Funktion Kdt KdoLog zu betrauen. Alle Funktionsträger, deren Verträge ausliefen, erhielten solche Schreiben, weil eine Organisationsänderung absehbar war und eine Straffung der Organisation im Raum stand.
[3] Mit Schreiben vom beantragte der Kläger gemäß § 17 Abs 1 AusG die Erstellung eines Gutachtens über seine Bewährung in der Funktion durch eine Weiterbestellungskommission. Am erstattete die Weiterbestellungskommission ihr Gutachten.
[4] Am beschloss die Bundesregierung mit Wirksamkeit zum – auch politisch motiviert – eine neue Organisationsstruktur für das Bundesheer. Sie reduzierte die Zahl der Dienstbehörden durch Zusammenführungen. Aus dem KdoLog wurde das „Kommando Streitkräftebasis“ (kurz: KdoSKB). Neben den bereits dem KdoLog unterstellten Dienststellen wurden dem KdoSKB das Zentrum für Informations- und Kommunikationstechnologie (kurz: IKT) und Cyber-Sicherheit, die Führungsunterstützungsschule sowie die elektronische Drohnenabwehr unterstellt. Aus 3.061 Arbeitsplätzen beim KdoLog, davon 102 für Akademiker und 369 für Maturanten, wurden 3.975 Arbeitsplätze beim KdoSKB, davon 202 für Akademiker und 673 für Maturanten. Der Arbeitsplatz des Klägers veränderte sich dadurch „sehr über den Daumen gepeilt“ um zwischen 20 % und 50 %, bezogen auf das unterstellte Personal um zwischen 25 % und 30 %. Inhaltlich blieben die Aufgaben von KdoLog und KdoSKB aber nach Auffassung des Erstgerichts „nahezu ident“.
[5] Mit Schreiben vom teilte der Bundesminister dem Kläger gemäß § 19 Abs 2 AusG mit, dass er für die Funktion des Kdt KdoLog nicht weiter bestellt werde, betraute ihn jedoch von bis zur Nachbesetzung dieser Leitungsfunktion neuerlich mit der Leitung des KdoLog.
[6] Am bestätigte der Bundesminister dem Kläger in einem Vier-Augen-Gespräch, dass die Weiterbestellungskommission ein ausgezeichnetes Urteil über ihn abgegeben habe. Auch er sei mit der Leistung des Klägers sehr zufrieden und beabsichtige nicht seine Ablösung. Er wolle aber nun keine Weiterbestellung aussprechen, weil dies als „Lex P*“ eine Ermunterung für andere wäre, den Weg zur Weiterbestellungskommission zu beschreiten.
[7] Aufgrund der Veränderung des gegenständlichen Arbeitsplatzes kam es im Dezember 2018 zu einer Neubeschreibung und einer Neubewertung. Am schrieb das Bundesministerium für Landesverteidigung die Funktion des Kommandanten des KdoSKB aus. Der Kläger war einer von neun Bewerbern. Die Gutachten der Begutachtungskommission ergaben für fünf Bewerber – ua den Kläger und Generalmajor M* – die Beurteilung „in höchstem Ausmaß geeignet“. Die Beurteilung des Klägers und zweier weiterer Bewerber erfolgte einstimmig, die von Generalmajor M* und einem weiteren Bewerber mehrheitlich.
[8] Am bestellte der Bundesminister Generalmajor M* mit Wirksamkeit zum zum Kommandanten des KdoSKB.
[9] Der Kläger begehrt von der Beklagten aus dem Titel der Amtshaftung die Zahlung von 1.377 EUR sA sowie die Feststellung der Haftung für alle Schäden, die ihm dadurch erwachsen, dass er in der Funktion Kdt KdoLog bzw Kdt KdoSKB nicht (mehr weiter) bestellt wurde. Nach dem Ergebnis der Ermittlungen und Beratungen der Weiterbestellungskommission hätte er weiter bestellt werden müssen. Seine Nichtweiterbestellung sei nicht aus sachlichen Gründen erfolgt, sondern parteipolitisch motiviert gewesen. Stelle man die Arbeitsplatzbeschreibung zum Zeitpunkt seiner Bestellung im Jahr 2013 der Arbeitsplatzbeschreibung zum Zeitpunkt der Ausschreibung des Kdt KdoSKB 2019 gegenüber, komme man zu dem Ergebnis, dass eine klare Aufgabenidentität vorliege. Sein Feststellungsinteresse beruhe auf dem Umstand, dass er derzeit noch keinen bezifferbaren Schaden habe, aber jederzeit auf einen Posten der Funktionsgruppe 4 versetzt werden könne, was zu einer niedrigeren Pension führen würde. Außerdem habe er, da sich sein Dienstort durch die Nichtweiterbestellung geändert habe, höhere Ausgaben für die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel zu tragen.
[10] Die Beklagte bestritt. Die Nichtweiterbestellung des Klägers sei sachlich gerechtfertigt gewesen, weil mit Wirksamkeit vom eine auch das KdoLog umfassende Organisationsänderung größeren Ausmaßes beabsichtigt gewesen sei, deren Planungsprozess zum damaligen Zeitpunkt noch nicht so weit fortgeschritten gewesen sei, um sagen zu können, ob die Arbeitsplatzidentität der Funktion Kdt KdoLog erhalten bleibe. Letztlich sei es 2019 insbesondere durch die Unterstellung des Kommandos Führungsunterstützung Cyber Defence unter das neu aufgestellte KdoSKB zu einer Änderung der Aufgaben des bisherigen Kdt KdoLog und der organisatorischen Zusammensetzung des bisherigen KdoLog von mehr als 25 % gekommen. Es sei daher keine Arbeitsplatzidentität zwischen Kdt KdoLog und Kdt KdoSKB mehr gegeben gewesen.
[11] Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es sei vertretbar gewesen, den Kläger trotz des positiven Gutachtens der Weiterbestellungskommission nicht weiter zu bestellen, weil aufgrund der bereits im Raum stehenden und in der Folge auch durchgeführten Organisationsänderung sein Arbeitsplatz durch Überführung des IKT Cyber-Sicherheitszentrums, der Führungsunterstützungsschule sowie der elektronischen Drohnenabwehr in das KdoSKB in einem nicht unerheblichen Ausmaß verändert, neu benannt, neu beschrieben und neu bewertet worden sei.
[12] Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers teilweise Folge, sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands insgesamt 5.000 EUR, nicht aber 30.000 EUR übersteige, und ließ die ordentliche Revision zu. Es verpflichtete die Beklagte zur Zahlung von 1.095 EUR sA (Kosten für drei Jahrestickets der Wiener Linien), gab dem Feststellungsbegehren statt und wies das Zahlungsmehrbegehren von 282 EUR sA rechtskräftig ab.
[13] Nach der Rechtsprechung hätten, auch wenn kein Rechtsanspruch auf Weiterbestellung bestehe, die Bestimmungen der §§ 16 bis 19 AusG den Zweck, dem bisherigen Planstelleninhaber die Chance zu geben, weiter bestellt zu werden, ohne sich einem Verfahren mit weiteren Konkurrenten stellen zu müssen, sofern er nachweisen könne, dass er sich in seiner Funktion bisher in höchstem Maße bewährt habe. Das Gutachten der Weiterbestellungskommission solle objektive Grundlagen für die anstehende Personalentscheidung schaffen, auch um sachfremde Motive für die beabsichtigte Nichtverlängerung auszuschließen. Daraus folge, dass Amtshaftungsansprüche des Funktionsinhabers denkbar seien, wenn das Unterbleiben der Weiterbestellung des Funktionsinhabers (in einem entscheidungswesentlichen Ausmaß) auf sachfremden Motiven beruhte. Dies enstpreche dem Rechtssatz, dass, wenngleich kein Rechtsanspruch auf die Ernennung auf einen bestimmten Dienstposten bestehe, ein Ersatzanspruch nach dem AHG begründet werde, wenn das zur Ernennung berufene Organ das ihm eingeräumte Ermessen missbrauche und gegen tragende Grundsätze der rechtsstaatlichen Ordnung verstoße. Das Gutachten der Weiterbestellungskommission sei ein wichtiges Indiz zur Beurteilung der Frage, ob der Entscheidung über die Nichtverlängerung sachliche oder sachfremde Motive zugrunde gelegen seien.
[14] Nach dem Inhalt dieses (vom Berufungsgericht ergänzend festgestellten) Gutachtens habe der Kläger den Nachweis erbracht, für die Funktion „in höchstem Maße geeignet“ zu sein. Dem Kläger sei auch der Beweis gelungen, dass das Unterbleiben der Weiterbestellung nicht auf sachlichen Motiven beruht habe: Es stehe fest, dass ihm der Bundesminister in einem Vier-Augen-Gespräch bestätigt habe, dass er deshalb keine Weiterbestellung ausspreche, weil dies als „Lex P*“ eine Ermunterung für andere sein könne, den Weg zur Weiterbestellungskommission zu beschreiten. Es stehe daher fest, dass der Bundesminister selbst zugegeben habe, den Kläger gleichermaßen dafür „bestrafen“ zu wollen, seine gesetzlichen Rechte nach dem AusG ausgeübt zu haben. Dieses sachfremde Motiv habe ein entscheidungserhebliches Ausmaß erreicht, weil feststehe, dass der Minister mit dem Kläger „sehr zufrieden“ gewesen sei und seine Ablösung „gar nicht beabsichtigt“ gehabt habe.
[15] Aus den Feststellungen des Erstgerichts würden sich keine relevanten Änderungen der Funktion bzw des Arbeitsplatzes des Klägers ergeben. Das Erstgericht habe vielmehr festgestellt, dass die Aufgaben des Kdt KdoLog und des Kdt KdoSKB nach der Organisationsänderung „inhaltlich nahezu ident“ geblieben seien. Die von der Beklagten bewiesene Organisationsänderung – „auch mit politischer Dimension“ – habe vor diesem Hintergrund keine ausreichende sachliche Rechtfertigung für die Nichtweiterbestellung des Klägers geboten. Der geltend gemachte Amtshaftungsanspruch bestehe daher dem Grunde nach zu Recht und sei dem Kläger die begehrte Feststellung und zu einem überwiegenden Teil auch das Zahlungsbegehren zuzusprechen.
[16] Das Berufungsgericht ließ die ordentliche Revision zu, weil zur Frage, ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen es dem Leiter der Zentralstelle im Anwendungsbereich des § 19 Abs 2 AusG im Fall eines uneingeschränkt positiven Gutachtens der Weiterbestellungskommission – das aber kein Kalkül im Sinne des § 10 Abs 1 Z 2 iVm § 18 Abs 4 AusG enthalte – freistehe, den Funktionsinhaber nicht weiter zu bestellen, und stattdessen ein Ausschreibungsverfahren nach dem Abschnitt III des AusG einzuleiten, keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs bestehe.
Rechtliche Beurteilung
[17] Die dagegen von der Beklagten erhobene – vom Kläger beantwortete – Revision ist zur Klarstellung der Rechtslage zulässig. Sie ist auch berechtigt.
1. Ausschreibungsgesetz 1989 (AusG), insbesondere zu den Bestimmungen der §§ 16 ff:
[18] 1.1. Ziel des AusG ist ganz allgemein, wie der Oberste Gerichtshof zu 9 ObA 75/20z ausgesprochen hat, die Vergabe leitender Funktionen sowie die Besetzung höherwertiger Arbeitsplätze an nachgeordneten Dienststellen zu objektivieren und objektive Grundlagen für die anstehende Personalentscheidung zu schaffen, aber auch den bestgeeigneten Bewerber herauszufiltern. Ungeachtet des Fehlens eines (mit § 4 Abs 3 BDG 1979 vergleichbaren) ausdrücklichen Hinweises auch im AusG und einer (mit § 4 Abs 1 StellenbesetzungsG vergleichbaren) ausdrücklichen Verpflichtung, die Stelle ausschließlich aufgrund der Eignung der Bewerber zu besetzen, verpflichtet das Sachlichkeitsgebot den Bund bzw die jeweils dort eingesetzten Organe, sich bei der Besetzung einer ausgeschriebenen Stelle im Rahmen sachlich auszuübenden Ermessens an der Besteignung zu orientieren. Wird diese Verpflichtung verletzt, hat der Bewerber Anspruch darauf, vermögensmäßig so gestellt zu werden, wie er stünde, wenn das Ausschreibungsverfahren nach dem AusG und die Besetzung der ausgeschriebenen Funktion in der gebotenen Weise erfolgt wäre. Das Gebot, den bestgeeigneten Bewerber auszuwählen, ist letztlich ein Willkürverbot.
[19] 1.2. Der Abschnitt VI des AusG (§§ 16 bis 19) regelt die (Nicht)Weiterbestellung des Inhabers einer befristeten Planstelle.
[20] Nach § 17 Abs 1 AusG hat der Inhaber einer Funktion nach § 16 Abs 1 AusG, der nach Ablauf der Bestellungsdauer nicht neuerlich mit dieser Funktion betraut werden soll, das „Recht“ (ErläutRV 481 BlgNR 17. GP 7, 11), die Erstellung eines Gutachtens über seine Bewährung in der Funktion, insbesondere hinsichtlich der fachlichen Qualifikation, der Fähigkeit zur Menschenführung und der organisatorischen Fähigkeiten und die Eignung zur weiteren Ausübung der Funktion, durch eine Weiterbestellungskommission zu beantragen. Nach § 19 Abs 1 AusG bedarf es im Fall einer Weiterbestellung keines neuerlichen Ausschreibungsverfahrens nach diesem Bundesgesetz. Macht der Inhaber der Funktion im Fall des § 17 Abs 1 AusG von seinem Antragsrecht innerhalb der Frist von zwei Wochen keinen Gebrauch, lehnt er eine neuerliche Betrauung mit der Funktion schriftlich ab oder entscheidet der Leiter der zuständigen Zentralstelle nach Abgabe des Gutachtens der Weiterbestellungskommission neuerdings auf Nichtweiter-bestellung, so ist ein Ausschreibungsverfahren nach Abschnitt III durchzuführen.
[21] Zu Ziel und Zweck des Weiterbestellungsverfahrens im Speziellen hat der Senat bereits in der Entscheidung 1 Ob 167/16i Stellung bezogen. Insbesondere hat er ausgeführt, dass die langjährige Erfahrung und Bewährung in einer leitenden Funktion ein nicht unerhebliches Kriterium für eine (Weiter-)Bestellung darstellt, weil ein außenstehender Bewerber bei noch so guter Qualifikation mit den Vorgängen und den Mitarbeitern im betreffenden Bereich notwendigerweise weniger vertraut ist als der bisherige Amtsinhaber. Diesem Umstand soll durch das Weiterbestellungsverfahren, das ausschließlich dem bisherigen Funktionsträger zugänglich ist, Rechnung getragen werden. Auch wenn der Leiter der zuständigen Zentralstelle – aus welchen Gründen auch immer – an sich beabsichtigt, die betreffende Person nicht neuerlich (befristet) mit der Funktion zu betrauen, soll das Gutachten der Weiterbestellungskommission objektive Grundlagen für die anstehende Personalentscheidung schaffen, nicht zuletzt auch, um sachfremde Motive für die beabsichtigte Nichtverlängerung auszuschließen. Die Bestimmungen der §§ 16 bis 19 AusG haben daher den Zweck, dem bisherigen Planstelleninhaber die Chance zu geben, weiter bestellt zu werden, ohne sich einem Verfahren mit weiteren Konkurrenten stellen zu müssen, sofern er nachweisen kann, dass er sich in seiner Funktion bisher in höchstem Maße bewährt hat.
[22] Dementsprechend wurde zu 1 Ob 167/16i ein Schadenersatzanspruch des dortigen Klägers bejaht, weil ihm die Chance, weiter bestellt zu werden, durch ein willkürliches, tragende Rechtsgrundsätze verletzendes Verfahren (vgl RS0102403 [insb T3]) vor der Weiterbestellungskommission genommen wurde.
[23] 1.3. Im vorliegenden – anders gelagerten – Fall hat das Berufungsgericht der Weiterbestellungskommission zwar zum Vorwurf gemacht, im Gutachten über den Kläger gesetzwidrig kein näheres Eignungskalkül festgehalten zu haben, die Haftung der Beklagten hat es aber darauf gegründet, dass der Minister den Kläger trotz dieses Gutachtens, das dem Kläger zumindest im Ergebnis höchste Eignung attestierte, nicht weiter bestellt habe.
2. nspruch des auf Weiterbestellung bzw aus der Nichtweiterbestellung:
[24] 2.1. Grundsätzlich besteht weder auf Ernennungen zur Begründung eines öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses noch auf Ernennungen im Dienstverhältnis (Überstellungen, Beförderungen) ein Rechtsanspruch (VfGH B 1857/88 mwN). Das Gesetz gibt niemandem einen subjektiven Anspruch auf die Ausübung des Ernennungsrechts durch die Dienstbehörde. Auch das BDG 1979 begründet keinen subjektiven, öffentlich-rechtlichen Anspruch auf die Verleihung einer Planstelle (1 Ob 210/11f mwN).
[25] Daran lässt auch das AusG keinen Zweifel: Kraft dessen § 18 Abs 4 findet auf die Rechtsstellung des Antragstellers im Weiterbestellungsverfahren ua die Bestimmung des § 15 Abs 1 leg cit Anwendung, nach der der Bewerber keinen Rechtsanspruch auf Betrauung mit der ausgeschriebenen Funktion oder dem Arbeitsplatz hat (VwGH 2013/12/0099).
[26] Damit hat (auch) der Inhaber einer befristeten Planstelle nach Ablauf der Bestellungsfrist keinen Rechtsanspruch auf Weiterbestellung (vgl VwGH 99/12/0082 [zum UVS-G/Stmk]; VwGH Ra 2019/12/0043 [zu § 35 Abs 1 Oö ObjektivierungsG 1994]).
[27] 2.2. Daran ändert auch das Ergebnis des Gutachtens der Weiterbestellungskommission nichts, wenngleich es dem bisherigen Funktionsinhaber – wie hier – in der Sache die höchste Eignung bescheinigt.
[28] Der Wortlaut der Bestimmung des § 19 Abs 2 AusG, wonach ua dann ein Ausschreibungsverfahren nach Abschnitt III durchzuführen ist, wenn „der Leiter der zuständigen Zentralstelle nach Abgabe des Gutachtens neuerdings auf Nichtweiterbestellung“ entscheidet, eröffnet dem Minister einen Ermessensspielraum. Er ist an das Gutachten der Kommission nicht gebunden. Die Entscheidung, trotz einer festgestellten „höchsten Eignung“ des Planstelleninhabers eine Neuausschreibung vorzunehmen, bedarf allerdings (iS eines gebundenen Ermessens) sachlicher Gründe (Brenn, Glosse zu 1 Ob 167/16i, EvBl 2017/71, 500), die am bereits dargestellten Zweck des AusG im Allgemeinen und des Gutachtens der Weiterbestellungskommission im Besonderen – und zwar der Schaffung objektiver Grundlagen für die Auswahl des bestgeeigneten Bewerbers – zu messen sind.
[29] 2.3. Auch wenn kein Rechtsanspruch auf die Ernennung auf einen bestimmten Dienstposten (konkret Weiterbestellung) besteht, wird ein Ersatzanspruch nach dem AHG begründet, wenn das zur Ernennung berufene Organ das ihm eingeräumte Ermessen missbraucht und gegen tragende Grundsätze der rechtsstaatlichen Ordnung verstößt (RS0102403). Jeder Bewerber hat Anspruch darauf, dass die Behörde den ihr vom Gesetzgeber eingeräumten Ermessensspielraum oder Auslegungsspielraum pflichtgemäß nutzt (RS0112461 [insb T9]). Ob Ermessensmissbrauch vorliegt, kann stets nur aufgrund der besonderen Umstände des Einzelfalls beurteilt werden (RS0102403 [T7]). Für die Behauptung, der Entscheidungsträger habe bei der Besetzung der ausgeschriebenen Funktion sein Ermessen in unsachlicher Weise überschritten, trifft den Kläger die Beweislast (RS0102403 [T12]; 1 Ob 230/22p).
[30] 3. Umgelegt auf den ergeben sich aus dieser Rechtslage folgende :
[31] 3.1. Das Berufungsgericht ist grundsätzlich zutreffend davon ausgegangen, dass sich aus der Entscheidung des Ministers, den Kläger trotz im Ergebnis höchsten Eignungskalküls in dem nach § 17 Abs 1 AusG erstatteten Gutachten nicht weiter zu bestellen, ein Amtshaftungsanspruch ergeben könnte, sollten keine sachlichen Gründe für die Neuausschreibung der Planstelle vorliegen. Konkret hat es jedoch die Beweispflicht des Klägers für die Verletzung des der Beklagten eingeräumten Ermessensspielraums nicht ausreichend beachtet und maßgebliche erstinstanzliche Feststellungen außer Acht gelassen.
[32] So hat es im Rahmen seiner Beurteilung, die Nichtweiterbestellung sei eine „Bestrafung“ des Klägers wegen Anrufung der Weiterbestellungskommission gewesen, die Feststellung nicht berücksichtigt, dass im Hinblick auf die absehbare – mit einer Straffung einhergehende – Organisationsänderung alle Funktionsträger, deren Verträge ausliefen, Schreiben gemäß § 16 Abs 1 AusG erhielten. Nach den erstinstanzlichen Feststellungen wusste man, dass eine Änderung kommt, nicht aber, wie und in welchem Ausmaß. Das VierAugenGespräch zwischen dem Minister und dem Kläger ist daher vor dem Hintergrund zu sehen, dass der Minister zum damaligen Zeitpunkt gar keinen Inhaber einer befristeten Planstelle, und daher – um keinen Präzedenzfall zu schaffen – auch nicht den Kläger, mit dem er sehr zufrieden war, weiter bestellen wollte. Der Schlussfolgerung des Berufungsgerichts, es handle sich hier um ein sachfremdes Motiv, das ein entscheidungserhebliches Ausmaß erreicht habe, kann in dieser Form nicht beigetreten werden. Angesichts einer im Raum stehenden Organisationsänderung, die mit einer Neugestaltung der zu besetzenden Führungspositionen einhergehen soll, erscheint es legitim, von Weiterbestellungen vorerst generell abzusehen. Das (Gutachten im) Weiterbestellungsverfahren stellt ja auf die langjährige Erfahrung und Bewährung in der bestehenden Funktion ab und verliert mit deren Änderung zwangsläufig an Relevanz.
[33] Nach den Feststellungen wurde die Zahl der Dienstbehörden in der Folge auch tatsächlich durch Zusammenführungen reduziert. IKT und CyberSicherheit wurden in ein dem KdoSKB unterstelltes Zentrum überführt. Dadurch kamen zu den Arbeitsverträgen im Bereich KdoLog solche für Experten mit Sonderverträgen aus dem Bereich IKT CyberSicherheit hinzu. Zusätzlich wurde die Führungsunterstützungsschule und die elektronische Drohnenabwehr dem KdoSKB unterstellt. Aus 3.061 Arbeitsplätzen beim KdoLog, davon 102 für Akademiker und 369 für Maturanten, wurden 3.975 Arbeitsplätze beim KdoSKB, davon 202 für Akademiker und 673 für Maturanten.
[34] Die Ausführung des Erstgerichts, dass die Aufgaben von KdoLog und KdoSKB „nahezu ident“ seien, bezieht sich offenkundig auf die Art und den Charakter der Leitungsaufgaben als solche. Die (unstrittig gebliebenen) Ausschreibungen umschreiben die Aufgaben sowohl 2013 als auch 2019 unter anderem mit „Planung und Erteilung von Vorgaben und Befehlen zur Erreichung und Erhaltung der personellen und materiellen Einsatzbereitschaft“ oder auch mit „Kontrolle und Dienstaufsicht im Rahmen der Kommandantenverantwortung“ (2013) bzw „Wahrnehmung der Kontrolle und Dienstaufsicht im Rahmen der Kommandantenverantwortung“ (2019). Der Arbeitsplatz hat sich aber – bezogen auf das unterstellte Personal – um zwischen 25 % und 30 % verändert. Insbesondere hat sich die Kommandantenverantwortung deutlich geändert, weil der Stelleninhaber nun auch – anders als früher – den immer wichtiger werdenden Bereich der IKT und vor allem der Abwehr von Angriffen auf die Kommunikationsstruktur („Cyber-Sicherheit“) zu führen hatte.
[35] Diese Feststellungen tragen daher die Annahme des Berufungsgerichts nicht, mit der Organisationsänderung – die die Beklagte als sachliche Rechtfertigung für die Nichtweiterbestellung ins Treffen führt – sei keine relevante (iS einer die Neuausschreibung rechtfertigenden) Änderung des Arbeitsplatzes des Klägers verbunden gewesen. Demnach kam es nämlich nicht nur zu einem rein quantitativen Personalzuwachs, das neue Personal hatte auch andere (neue) Aufgabengebiete und Qualifikationen, so etwa die Experten aus dem Bereich IKT Cyber-Sicherheit. Auch wenn sich die grundsätzlichen Aufgaben des Kommandanten als solche inhaltlich nicht geändert haben mögen, haben sich die Zuständigkeiten des ihm unterstellten Personals nicht unerheblich erweitert. Insoweit war der Kläger mit den hinzukommenden Vorgängen (neuen Aufgaben) und dem Personal auch (noch) nicht vertraut, worauf aber das Gutachten der Weiterbestellungskommission abzielte. Die Beurteilung des Berufungsgerichts übergeht außerdem die Feststellung, dass es aufgrund der Veränderung des gegenständlichen Arbeitsplatzes Kdt KdoLog nicht nur zu einer Neubenennung (Kdt KdoSKB), sondern auch zu einer Neubeschreibung und Neubewertung der Funktion kam.
[36] 3.2. Bei all dem kann aber keine Rede davon sein, dass der Kläger eine unsachliche Überschreitung des dem Minister eingeräumten Ermessensspielraums bei der Entscheidung, die Planstelle neu auszuschreiben, unter Beweis gestellt hätte. Darauf, ob die Entscheidung des Ministers richtig war und ob er nicht auch vertretbar den Kläger hätte weiter bestellen können, kommt es im Amtshaftungsverfahren nicht an (vgl 1 Ob 74/18s). Es soll nicht jede Frage, die im Ermessensrahmen zu entscheiden ist, in einem nachfolgenden Amtshaftungsprozess einer neuen Prüfung unterzogen werden (RS0049955).
[37] 3.3. Da dem Kläger aus diesem Grund kein Amtshaftungsanspruch zusteht, war der Revision der Beklagten Folge zu geben und das Urteil des Erstgerichts einschließlich dessen Kostenentscheidung wiederherzustellen.
[38] 4. Die Entscheidung über die Kosten zweiter und dritter Instanz beruht auf §§ 41, 50 ZPO. Für die Revision gebührt allerdings nur der einfache Einheitssatz (2 Ob 74/16w).
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ECLI: | ECLI:AT:OGH0002:2023:0010OB00083.23X.0627.000 |
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