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OGH vom 27.06.2023, 1Ob192/22z

OGH vom 27.06.2023, 1Ob192/22z

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Musger als Vorsitzenden sowie die Hofräte und die Hofrätin Mag. Wurzer, Mag. Dr. Wurdinger, Mag. WesselyKristöfel und Dr. Parzmayr als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei F* C *, vertreten durch die Heinisch Weber Rechtsanwälte OG in Wien, gegen die beklagte Partei Republik Österreich (Bund), vertreten durch die Finanzprokuratur in Wien, wegen zuletzt 94.707,70 EUR sA und Feststellung, über die Rekurse beider Parteien und den Revisionsrekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Berufungs- und Rekursgericht vom , GZ 14 R 41/22k22, mit dem das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom , GZ 30 Cg 15/20a16, aufgehoben und die Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung an das Erstgericht zurückverwiesen sowie die klagende Partei mit ihrem Rekurs gegen die Abweisung ihrer Anträge nach §§ 184, 303 ZPO auf diese Entscheidung verwiesen wurde, zu Recht erkannt und beschlossen:

Spruch

I. Den Rekursen wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben, und es wird in der Sache dahin erkannt, dass das Urteil des Erstgerichts wiederhergestellt wird.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 12.869,17 EUR bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens (darin 6.104 EUR Pauschalgebühr) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

II. Die klagende Partei wird mit ihrem Revisionsrekurs auf die Entscheidung über ihren Rekurs verwiesen.

Der Antrag der beklagten Partei auf Zuspruch der Kosten für die Revisionsrekursbeantwortung wird abgewiesen.

Text

Entscheidungsgründe:

[1] Der (im Inland wohnhafte) Kläger – ein kroatischer Staatsangehöriger – war am nach Kappl im Paznauntal gereist und hatte mit seinen fünf Reisebegleitern dort ein Apartment bewohnt. Als er am beim Skifahren von der geplanten Sperre des Paznauntals erfuhr, fuhr er mit einem Mitreisenden auf der Schweizer Seite „des Berges“ ins Tal (Samnaun) und wurde dort von den anderen Mitreisenden, die zuvor ihre Sachen gepackt hatten, mit dem Auto abgeholt. Unmittelbar nach seiner Heimkehr traten bei ihm die ersten COVID-19-Symptome auf. Er wurde am positiv getestet und in weiterer Folge aufgrund eines schweren Verlaufs vom 19. 3. bis stationär im Krankenhaus behandelt.

[2] Hinsichtlich der weiteren Feststellungen wird auf den in der Entscheidung zu 1 Ob 199/22d wiedergegebenen (identischen) Sachverhalt verwiesen.

[3] Der Kläger begehrt Schmerzengeld, Heilungs- und Pflegekosten sowie Verdienstentgang von insgesamt 94.707,70 EUR sowie die Feststellung der Haftung des beklagten Bundes für alle weiteren bisher entstandenen und ihm noch nicht bekannten, sowie künftig entstehenden Schäden, die „direkt oder indirekt auf Fehler und Versäumnisse der der Beklagten zuzurechnenden Organe bei der Maßnahmensetzung gegen die Ausbreitung des SARS-CoV-2-Virus im Paznauntal in der Zeit von bis zurückzuführen“ seien.

[4] Er habe sich „infolge des katastrophalen Missmanagements“ von Organen der Beklagten mit dem Coronavirus infiziert. Hätten die Behörden rechtmäßig und unverzüglich gehandelt, wäre er nicht erkrankt.

[5] Den Behörden sei spätestens am bekannt gewesen, dass das SARS-CoV-2-Virus auch in Ischgl „grassiere“. Sie hätten daher spätestens ab die gesetzlich gebotenen unabdingbaren Maßnahmen setzen müssen, um die Quelle der Infektionen zu identifizieren und die weitere Ausbreitung des Virus einzudämmen. Insbesondere wären sie verpflichtet gewesen,

-spätestens am öffentlich bekannt zu geben, dass in Ischgl der Verdacht zahlreicher SARS-CoV-19-Infektionen und augenscheinlich eine erhöhte Infektionsgefahr bestehe;

-ab gemäß § 5 EpiG sämtliche infizierten Personen ausfindig zu machen und nachzuvollziehen, woher deren Infektion stammte;

-ab sämtliche Veranstaltungen in und um Ischgl gemäß § 15 EpiG zu untersagen;

-spätestens ab sämtliche Seilbahnbetriebe, Skihütten und Gastronomiebetriebe gemäß § 20 EpiG zu schließen;

-ab , spätestens jedoch ab jegliche Ein- und Ausreise aus Ischgl bzw dem Paznauntal gemäß § 24 EpiG zu unterbinden bzw allenfalls für eine geordnete und kontrollierte Abreise zu sorgen;

-die verhängten Maßnahmen auch gemäß § 43 Abs 4 EpiG konsequent durchzusetzen.

Stattdessen hätten die Behörden

-bis die Öffentlichkeit „mutmaßlich bewusst falsch“ informiert und sonst nichts unternommen;

-erst am das „evidentermaßen kontaminierte“ Lokal „K*“ geschlossen;

-erst mit Wirkung vom den AprèsSkiBetrieb eingestellt, die zulässige Besetzung der Gondeln auf die Hälfte reduziert und Veranstaltungen in geschlossenen Räumen auf 100 Personen beschränkt;

- es verabsäumt, die wenigen gesetzten Maßnahmen tatsächlich durchzusetzen;

-durch die vorzeitige Verkündung der Isolation des Paznauntals ohne ordnungsgemäße Vorbereitung der Ausreisemaßnahmen eine unkoordinierte und chaotische Ausreise zahlreicher Urlauber am 13. und verursacht (wovon der Kläger aber, wie er einräumt, nicht unmittelbar betroffen gewesen sei).

[6] Die Organe der Beklagten hätten dadurch nicht nur gegen näher genannte Bestimmungen des Epidemiegesetzes, sondern auch gegen ihre aus Art 2 und Art 8 EMRK und aus europarechtlichen Vorschriften (Art 2, Art 3 GRC) abgeleitete Verpflichtung verstoßen, angemessene Maßnahmen zum Schutz des Lebens zu ergreifen und die Öffentlichkeit über lebensbedrohende Notfälle zu informieren. Auf die GRC könne sich der Kläger – ein kroatischer Staatsangehöriger – insbesondere deshalb berufen, weil er die Dienstleistungsfreiheit in Anspruch genommen habe.

[7] Zur Präzisierung des Vorbringens zur inneren Tatseite stellte der Kläger gemäß § 184 ZPO eine Reihe von (in einem Schriftsatz aufgezählten) Fragen an die Beklagte. Er beantragte darüber hinaus, dieser gemäß §§ 303 ff ZPO die Vorlage von Mitschriften diverser Behördenvertreter von den Sitzungen des Staatlichen Krisen- und Katastrophenmanagements (SKKM) und „sämtlicher ihr zur Verfügung stehenden Urkunden“ über die Übertragung der Zuständigkeit für den Vollzug des EpiG von einem Tiroler Landesrat an den Landesamtsdirektor im März 2020 aufzutragen, falls sie diese nicht freiwillig vorlege.

[8] Die Beklagte wendete zusammengefasst ein, die Erkrankung des Klägers sei von ihren Organen keinesfalls „in Kauf genommen“ oder „mitverursacht“ worden oder sonst wie zu verantworten. Es fehle schon an einer Kausalität zwischen einem Organverhalten und der Erkrankung des Klägers. Die Gesundheitsbehörden hätten darüber hinaus zu jedem Zeitpunkt unverzüglich sämtliche dem Ermittlungsstand entsprechenden, erforderlichen und durch die bestehende Rechtslage zur Verfügung stehenden Maßnahmen gesetzt. Von einem rechtswidrigen und schuldhaften Handeln oder Unterlassen durch ihre Organe, die nicht zuletzt in einer besonderen, krisenhaften Situation rasche Entschlüsse hätten treffen müssen, könne daher keine Rede sein.

[9] Im Übrigen sei der Schadenersatzanspruch des Klägers nicht vom Schutzzweck des EpiG umfasst, dessen ausschließlicher Sinn und Zweck der Schutz der Allgemeinheit vor einer anzeigepflichtigen Krankheit sei und das schon seiner Bezeichnung nach nur die Verbreitung einer ansteckenden Krankheit in großem Ausmaß verhindern und nicht einzelne Betroffene schützen wolle.

[10] Überdies hätte dem Kläger aufgrund der Medienberichterstattung die mit SARS-CoV-2 verbundene epidemiologische Gefahr bekannt sein müssen. Dass er sich dennoch bewusst dafür entschieden habe, seine Reise anzutreten und sich der Gefahr einer Ansteckung auszusetzen, aber auch, dass er sich nicht spätestens mit , als alle Aprés-Ski-Lokale geschlossen worden seien, zur Heimreise entschlossen habe, sei ihm jedenfalls als Alleinverschulden anzurechnen.

[11] Das Erstgericht wies das Klagebegehren mit Urteil und unter einem die Anträge des Klägers auf Zulassung seiner Fragen an die Beklagte (§ 184 ZPO) und auf Erteilung eines Auftrags zur Urkundenvorlage (§ 303 ZPO) mit Beschluss ab.

[12] Rechtsgrundlage für behördliches Handeln sei im vorliegenden Fall das EpiG in der damaligen Fassung gewesen. Dieses bezwecke den Schutz der Allgemeinheit vor der Weiterverbreitung übertragbarer Krankheiten, nicht jedoch die Verhütung der Ansteckung Einzelner. Es fehle daher der Rechtswidrigkeitszusammenhang. Abgesehen davon habe aus näher dargestellten Gründen auch kein schuldhaftes Organverhalten vorgelegen.

[13] Schutzpflichten nach Art 2 bzw Art 8 EMRK richteten sich nur an den Gesetzgeber. Auch aus Art 2 GRC, der inhaltlich so wie Art 2 EMRK zu verstehen sei, könne kein individueller Anspruch auf ein bestimmtes Pandemiemanagement abgeleitet werden. Ein unmittelbar auf eine Verletzung von Grundrechten, sei es Art 2 EMRK oder die europäische GRC, gestützter Anspruch scheide daher aus. Die §§ 178 f StGB schützten das Leben und die Gesundheit der Allgemeinheit und nicht bestimmte Personen. Mangels Rechtswidrigkeitszusammenhangs könne der Kläger daraus daher ebenfalls keine Ansprüche ableiten.

[14] Die vom Kläger nach § 184 ZPO an die Gegenseite gestellten Fragen zielten schon nach seinem Vorbringen darauf ab, die innere Tatseite der beteiligten Organe zu erforschen. Im Rahmen der Amtshaftung komme es aber nicht auf die innere Tatseite und Motivlage der Organe an, sondern darauf, ob deren Handeln und Unterlassen bei pflichtgemäßer Überlegung aller Umstände ex ante vertretbar gewesen sei. Aus diesem Grund sei auch der Antrag auf Urkundenvorlage abzuweisen.

[15] Das Berufungsgericht hob dieses Urteil zur Erweiterung der Sachverhaltsgrundlage auf, verwies den Kläger mit seinem Rekurs gegen die Abweisung seiner Anträge nach §§ 184, 303 ZPO auf diese Entscheidung, weil es den Rekurs der Mängelrüge in der Berufung zuordnete und dort abhandelte, und ließ den Rekurs an den Obersten Gerichtshof zu.

[16] Die vom Kläger genannten Bestimmungen des Epidemiegesetzes schützten nur die Allgemeinheit, nicht aber bestimmte Personen oder Personengruppen. Dass der Kläger naturgemäß ein Teil der Allgemeinheit sei, bedeute nicht, dass er aus möglichen Verstößen gegen das EpiG individuelle Schadenersatzansprüche ableiten könne. Insofern fehle der Rechtswidrigkeitszusammenhang. Ob es solche Verstöße überhaupt gegeben habe, müsse daher nicht untersucht werden. Die vom Kläger vermissten radikalen und einschneidenden Maßnahmen ab dem ersten Verdachtsmoment wären aus grundrechtlicher Sicht unverhältnismäßig und daher unzulässig gewesen. Durch deren Unterbleiben seien seine Grundrechte nicht verletzt worden.

[17] Allerdings folge aus dem Recht auf Leben (Art 2 EMRK) und auf körperliche Unversehrtheit (Art 8 EMRK), dass staatliche Informationen über drohende Gefahren – auch wenn sie nicht verpflichtend seien – zum Schutz aller Empfänger richtig und vollständig zu sein hätten. Dies sei bei der „wider besseres Wissen“ veröffentlichten Medienmitteilung des Amtes der Tiroler Landesregierung vom („Ansteckung im Flugzeug“) nicht der Fall gewesen. Die Haftung hänge hier aber davon ab, ob der Kläger diese „Landesinformation“ gekannt und ihr vertraut habe. Wenn nicht, könnte sein Schaden nicht durch die Fehlinformation verursacht worden sein, was einen Schadenersatzanspruch ausschließen würde. Diese Frage sei im fortgesetzten Verfahren zu klären. Mängel des erstinstanzlichen Verfahrens lägen aus näher dargestellten Gründen nicht vor.

[18] Den Rekurs ließ das Berufungsgericht zu, weil Rechtsprechung zum Schutzzweck der §§ 5, 20, 24 EpiG, der behördlichen Medieninformationen und Pressekonferenzen und der aus Art 2, Art 8 EMRK abgeleiteten Verpflichtung, keine falschen oder irreführenden Informationen über drohende Gefahren zu verbreiten, fehle; weiters auch zu den Voraussetzungen einer „Reisewarnung“ oder zur rechtlichen Grundlage für die „Landesinformationen“ vom 5. und .

Rechtliche Beurteilung

Zu I.

[19] Die gegen diese Entscheidung erhobenen Rekurse beider Parteien sind zur Klarstellung der Rechtslage zulässig. Sie sind im Ergebnis beide – weil Entscheidungsreife vorliegt (RS0043853) und das Verbot der reformatio in peius beim Rekurs nach § 519 Abs 2 ZPO nicht gilt (RS0043939) – auch berechtigt.

1. Der Oberste Gerichtshof hat sich bereits in der ausführlich begründeten Entscheidung zu 1 Ob 199/22d in einem gegen dieselbe Beklagte wie hier gerichteten Fall mit vergleichbarem Sachverhalt, wie er hier vom Kläger vorgebracht wurde, mit denselben Rechtsfragen eingehend auseinandergesetzt und eine rechtliche Grundlage für die Haftung der Beklagten verneint. Zusammengefasst ist den Argumenten des Klägers auf der Grundlage dieser Entscheidung entgegenzuhalten:

1.1. Sowohl die Materialien zur Stammfassung des EpiG als auch eine Analyse der vom Kläger in seinem Rechtsmittel herangezogenen Bestimmungen dieses Gesetzes zeigen, dass die der Behörde im II. Hauptstück (§§ 6 ff EpiG) auferlegten Handlungspflichten den Schutz der Allgemeinheit bezwecken. Der Einzelne ist von den Wirkungen und damit dem Schutz solcher Maßnahmen nur indirekt in Form einer Reflexwirkung betroffen. Allein der Umstand, dass die hier strittigen Maßnahmen nach dem EpiG, wären sie – allenfalls früher – ergriffen worden, möglicherweise auch dem Kläger zu Gute gekommen wären, weil er dann etwa nicht angereist oder ein bestimmtes Lokal nicht besucht hätte, kann den für eine Haftung erforderlichen Rechtswidrigkeitszusammenhang nicht begründen. Damit kann aus der behaupteten Unterlassung des nach Sicht des Klägers gebotenen Behördenverhaltens keine Amtshaftung abgeleitet werden. Eine weitere Prüfung, ob überhaupt eine schuldhafte Pflichtverletzung vorlag, hat daher zu unterbleiben. Für die nähere Begründung wird auf die Entscheidung zu 1 Ob 199/22d, Punkt I.B., verwiesen.

1.2. Mangels unmittelbarer Wirkung für die Verwaltung und damit für das konkrete behördliche Handeln können aus dem vom Kläger behaupteten Verstoß gegen Schutzpflichten nach Art 2 und Art 8 EMRK durch unzureichende Informationen keine Amtshaftungsansprüche abgeleitet werden. Für die nähere Begründung wird auf die Entscheidung zu 1 Ob 199/22d, Punkt I.C., verwiesen.

1.3.  keine Grundlage für Für die nähere Begründung wird auf die Entscheidung zu 1 Ob 199/22d, Punkt I.D., verwiesen.

1.4. Die vom Kläger genannten strafrechtlichen Bestimmungen sind jedenfalls nicht als Schutzgesetze im Sinn von § 1311 ABGB anzusehen. Auch sonst lässt sich aus strafrechtlichen Bestimmungen keine zivilrechtliche Haftung für Unterlassungen ableiten: Im Zusammenhang mit angeblichen Informationspflichtverletzungen fehlte schon eine Handlungspflicht der Vollziehung, sodass es umso weniger Handlungspflichten von Organwaltern geben konnte. Pflichten nach dem EpiG haben keinen individualschützenden Charakter, weswegen eine allfällige Verletzung unabhängig von strafrechtlichen Erwägungen keine Amtshaftung begründen kann. Für die nähere Begründung wird auf die Entscheidung zu 1 Ob 199/22d, Punkt I.E.1., verwiesen.

1.5. Eine unrichtige Information kann nach allgemeinen amtshaftungsrechtlichen Grundsätzen nur dann zur Haftung führen, wenn dadurch ein Vertrauenstatbestand geschaffen wurde. Das war bei den Medienmitteilungen vom und nicht der Fall. Da die Haftung daher (auch) insofern schon dem Grunde nach zu verneinen ist, erübrigt sich eine Aufhebung zur Prüfung der Kausalität. Für die nähere Begründung wird auf die Entscheidung zu 1 Ob 199/22d, Punkt I.E.2., verwiesen.

[26] 1.6. Der Kläger, der zusammen mit anderen Mitreisenden von Samnaun (Schweiz) mit dem Auto nach Hause fuhr, war von einem behaupteten „Abreisechaos“ nicht betroffen.

2. Zu den angeblichen Verfahrensmängeln:

2.1. Die Nichtzulassung von Fragen und das Unterbleiben von Aufträgen nach den §§ 303 ff ZPO wurde vom Berufungsgericht zutreffend im Rahmen der Mängelrüge der Berufung geprüft. Die Verneinung des insofern geltend gemachten Verfahrensmangels ist daher als Teil der Entscheidung in der Sache und nicht als impliziter – und nach § 528 Abs 2 Z 2 ZPO jedenfalls unanfechtbarer – Beschluss anzusehen (näher 1 Ob 199/22d, Punkt I.F.). Damit ist dem Kläger aber nicht geholfen, weil nach ständiger Rechtsprechung Mängel des erstinstanzlichen Verfahrens, die – wie hier – vom Berufungsgericht verneint wurden, im Rechtsmittel an den Obersten Gerichtshof nicht mehr geltend gemacht werden können (RS0043111; RS0042963).

2.2. Dem im Rekurs des Klägers gerügten Verstoß des Berufungsgerichts gegen die Pflicht zur Selbstergänzung fehlt die Relevanz, weil eine Ergänzung des Verfahrens zu Fragen der Kausalität aus rechtlichen Gründen nicht erforderlich ist. Relevante Feststellungsmängel (und damit allenfalls verbundene sekundäre Verfahrensmängel) liegen nicht vor, weil eine Haftung aus den dargestellten Gründen ohnehin schon aufgrund des (Sach)Vorbringens des Klägers zu verneinen ist.

3. Ergebnis und Kosten

3.1. Aufgrund der vorstehenden Erwägungen ist eine Haftung der Beklagten schon dem Grunde nach zu verneinen, ohne dass es auf die vom Berufungsgericht für erforderlich gehaltene Ergänzung des Verfahrens ankäme. Dies führt infolge der Rekurse beider Parteien – das Verbot der reformatio in peius gilt im Anwendungsbereich des § 519 Abs 1 Z 2 ZPO nicht (RS0043939) – zur Wiederherstellung des klageabweisenden Ersturteils.

3.2. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 50, 41 ZPO.

Zu II.

[31] Mit seinem Revisionsrekurs ist der Kläger aus den oben (Punkt I.2.1.) genannten Gründen auf die das Ersturteil wiederherstellende Rekursentscheidung zu verweisen. Kosten für die Revisionsrekursbeantwortung sind nicht gesondert zuzusprechen (Obermaier,Kostenhandbuch3 [2018] Rz 1.258).

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ECLI:
ECLI:AT:OGH0002:2023:0010OB00192.22Z.0627.000

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