OGH vom 14.09.2022, 1Ob138/22h

OGH vom 14.09.2022, 1Ob138/22h

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Musger als Vorsitzenden sowie die Hofräte und die Hofrätin Mag. Wurzer, Mag. Dr. Wurdinger, Mag. Wessely-Kristöfel und Dr. Parzmayr als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei T*-GmbH, *, vertreten durch Dr. Urban und andere Rechtsanwälte in Gmunden, gegen die beklagte Partei P* GmbH, *, vertreten durch die HEGH Hawel Eypeltauer Gigleitner Huber & Partner Rechtsanwälte GesbR in Linz, wegen 79.200 EUR sA, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom , GZ 2 R 88/22g-16, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung:

[1] Die Klägerin war von der Eigentümerin (Verkäuferin) mit der Vermarktung einer mit einem Vorkaufsrecht der Beklagten belasteten Betriebsliegenschaft beauftragt worden. Sie fand eine Kaufinteressentin, die ein Kaufanbot über den Erwerb der Liegenschaft um 2,2 Mio EUR abgab (in der Folge auch Erstkäuferin).

[2] In einer Honorarvereinbarung verpflichtete sich die Kaufinteressentin gegenüber der Klägerin bei Zustandekommen des Kaufvertrags zur Zahlung einer Vermittlungsprovision in Höhe von 3 % des Kaufpreises zuzüglich USt.

[3] Mit Einlösungserklärung übte die Beklagte ihr Vorkaufsrecht aus und übermittelte der Verkäuferin unter einem einen von ihr bereits unterfertigten schriftlichen Kaufvertrag, der keine Verpflichtungserklärung zur Zahlung des Maklerhonorars enthielt. Dieser Kaufvertrag wurde von der Verkäuferin unterzeichnet.

[4] Die begehrt von der Beklagten die Zahlung einer Maklerprovision von 79.200 EUR sA.

[5] Die wiesen das Klagebegehren übereinstimmend ab.

Rechtliche Beurteilung

[6] Die der Klägerin ist mangels einer Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO .

[7] 1. Die Klägerin ist der Ansicht, dass die Maklerprovision eine Nebenbedingung des Kaufvertrags im Sinn des § 1077 ABGB sei und die Beklagte durch die Einlösungserklärung mit allen Rechten und Pflichten in den Kaufvertrag eingetreten sei. Daher sei sie bereits aus diesem Grund zur Zahlung der Maklerprovision verpflichtet.

[8] Damit zeigt sie keine erhebliche Rechtsfrage auf: Es kann offen bleiben, ob und unter welchen Umständen ein Vorkaufsberechtigter eine Vertragsklausel übernehmen muss, die den Käufer zum Tragen der Kosten eines vom Verkäufer beauftragten und beim Abschluss des Erstvertrags verdienstlich gewordenen Maklers verpflichtet (vgl 5 Ob 49/22z [Rz 2.3.]). Denn ein unmittelbarer Anspruch des Maklers könnte jedenfalls nur dann bestehen, wenn die Klausel (wie in 5 Ob 49/22z) als echter Vertrag zugunsten Dritter zu verstehen wäre. Das hat die Klägerin hier nicht behauptet und lässt sich auch aus der Bestimmung des Erstvertrags, wonach sich der Käufer – offenkundig inter partes – zur Übernahme der Vermittlungskosten verpflichtete, nicht ableiten. Folgerichtig hat die Klägerin mit der Erstkäuferin auch eine eigene Honorarvereinbarung geschlossen.

[9] 2. Die Klägerin stützt ihren Provisionsanspruch darüber hinaus darauf, dass sie und die Beklagte entgegen der Auffassung der Vorinstanzen sehr wohl zumindest stillschweigend einen Maklervertrag abgeschlossen hätten und sie für die Beklagte auch tatsächlich tätig geworden sei:

[10] 2.1. Handelt der Vermittler ersichtlich bereits für einen anderen Auftraggeber, kann die Annahme der Dienste des Maklers durch den Interessenten nur dann als konkludentes Einverständnis zum Abschluss eines Maklervertrags gedeutet werden, wenn der Makler zuvor deutlich zu erkennen gab, für seine Bemühungen (auch) eine Provision von seinem Gesprächspartner beziehungsweise Verhandlungspartner zu erwarten (RS0062684 [T5]; RS0062234 [T3, T4]).

[11] 2.2. Das Berufungsgericht hat der Klägerin unter Bezugnahme auf diese Rechtsprechung entgegengehalten, dass sie die Beklagte nicht auf ihre Provisionserwartung hingewiesen hat, obwohl sie – für die Beklagte, die seit dem Jahr 2002 Unternehmenspächterin (eines Drittels) der Liegenschaft war, erkennbar – für die Eigentümerin tätig wurde, nachdem diese die Beklagte ersucht hatte, die Liegenschaft für Besichtigungstermine zugänglich zu machen. Die Übermittlung eines Werbefolders und die Übersendung von Formblättern sei keine Aufklärung über eine Provisionspflicht. Der Hinweis der Verkäuferin auf eine Provisionspflicht begründe keine schlüssige Vereinbarung zwischen der Klägerin und der Beklagten.

[12] 2.3. An dieser Beurteilung weckt die Klägerin schon deshalb keine Bedenken, weil sie – abgesehen von der Herbeiführung des Vorkaufsfalls als solchen – keine Dienste für die Beklagte aufzeigt, durch deren Annahme es zu einer schlüssigen Auftragserteilung hätte kommen können: Weder mit dem Verweis auf die Besichtigungstermine in Anwesenheit des Geschäftsführers der Beklagten noch auf wiederholte Anfragen, ob die Beklagte ihr Vorkaufsrecht ausüben wolle, ist der Klägerin geholfen, kannte die Beklagte die Liegenschaft doch bereits aufgrund des Pachtverhältnisses und war ihr die Abschlussgelegenheit aufgrund des Vorkaufsrechts zur Kenntnis zu bringen. Da die Beklagte der Vermittlung des (verbindlichen) Kaufanbots der Erstkäuferin (und damit dem Eintritt des Vorkaufsfalls) gar nicht widersprechen konnte, kann von einem Sichgefallenlassen der Vermittlung (des Vorkaufsfalls) keine Rede sein. Es ist daher nicht zu beanstanden, dass die Vorinstanzen in der Ausübung des Vorkaufsrechts durch die Beklagte –  mag sie auch in dem Bewusstsein erfolgt sein, dass die Maklerin ohne Eintritt der Vorkaufsberechtigten in den Kaufvertrag einen Provisionsanspruch gegenüber der Erstkäuferin hat  – (noch) keinen schlüssigen Vertragsabschluss zwischen der Maklerin und der Vorkaufsberechtigten erblickt haben.

[13] 3. Schließlich beruft sich die Klägerin auf einen Schadenersatzanspruch gegen die Beklagte, weil diese es schuldhaft unterlassen habe, eine Verpflichtung zur Zahlung der Maklerprovision in ihren Kaufvertrag mit der Verkäuferin aufzunehmen, obwohl ihr bewusst gewesen sei, dass eine solche zu zahlen sei, und sie dadurch die Klägerin geschädigt habe.

[14] Die Rechtsmittelausführungen lassen allerdings eine nachvollziehbare Begründung vermissen, warum es rechtswidrig gewesen sein soll, dass sich die Beklagte im Kaufvertrag nicht zur Zahlung der Maklerprovision verpflichtet hat, auch wenn und nur weil dies grundsätzlich möglich und zulässig gewesen wäre. Eine (vorvertragliche) Zusicherung zur Übernahme der Maklerprovision durch die Beklagte wurde gerade nicht festgestellt.

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
ECLI:
ECLI:AT:OGH0002:2022:0010OB00138.22H.0914.000

Dieses Dokument entstammt dem Rechtsinformationssystem des Bundes.