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OGH vom 28.02.2023, 1Ob12/23f

OGH vom 28.02.2023, 1Ob12/23f

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Musger als Vorsitzenden sowie die Hofräte und die Hofrätin Mag. Wurzer, Mag. Dr. Wurdinger, Mag. Wessely-Kristöfel und Dr. Parzmayr als weitere Richter in der Außerstreitsache betreffend Bauerngemeinschaft S*, vertreten durch Dr. Roland Grilc und andere Rechtsanwälte in Klagenfurt, wegen Bestellung eines Abwesenheitskurators, über den außerordentlichen Revisionsrekurs des Antragstellers Dr. E*, vertreten durch Dr. Michael Augustin und andere Rechtsanwälte in Leoben, gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz als Rekursgericht vom , GZ 2 R 234/22d-20, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen.

Text

Begründung:

[1] Aufgrund eines Generalakts der Agrar-
bezirksbehörde Graz vom ist als Eigentümerin einer 35.303 m² großen Liegenschaft die Bauerngemeinschaft S* einverleibt.

[2] Der Antragsteller begehrte die Bestellung eines Abwesenheitskurators für die Bauerngemeinschaft mit der Behauptung, diese sei offenbar nicht mehr existent, jedenfalls aber untätig, wohingegen er ein großes ökologisches Interesse an der Bewirtschaftung und Pflege des Grundstücks und somit an der Aneignung des offensichtlich herrenlosen Gutes habe. Der Kurator werde die Anmerkung der Herrenlosigkeit im Grundbuch zu beantragen haben.

[3] Das Rekursgericht bestätigte die Antragsabweisung durch das Erstgericht und ließ den ordentlichen Revisionsrekurs nicht zu. Das bloße Interesse an der Aneignung einer herrenlosen Liegenschaft begründe kein berechtigtes Interesse an der Bestellung eines Kurators.

[4] Der gegen diese Entscheidung erhobene außerordentliche Revisionsrekurs des Antragstellers zeigt keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung auf:

Rechtliche Beurteilung

[5] 1. Eine Kuratorbestellung zur Wahrung von Interessen dritter Personen soll grundsätzlich nur dann möglich sein, wenn dadurch ein gerechtfertigtes Interesse, nämlich die Ermöglichung der Rechtsdurchsetzung, verfolgt wird. Ein Dritter hat nach § 277 Abs 3 ABGB nur dann ein Recht, dass für einen anderen ein Kurator bestellt wird, wenn der Dritte ansonsten an der Durchsetzung seiner Rechte aus seinem Rechtsverhältnis mit dem anderen diesem gegenüber gehindert wäre (6 Ob 230/21y; 5 Ob 181/19g). Der Dritte muss ein Recht auf eine bestimmte Rechtshandlung haben, zu deren Zustandekommen die Mitwirkung des Abwesenden erforderlich ist (Mondel in Fenyves/Kerschner/Vonkilch, Klang3 § 277 ABGB Rz 21).

[6] Die Ansicht des Rekursgerichts, ein Recht des Antragstellers auf Abgabe einer Dereliktionserklärung gegenüber der Bauerngemeinschaft sei nicht ersichtlich, sodass er kein berechtigtes Interesse an einer Kuratorbestellung habe, steht im Einklang mit der Rechtsprechung, wonach die in den §§ 317, 381 ABGB erwähnte angeborene Freiheit auf Zueignung kein andere Personen ausschließendes subjektives Recht auf Besitzergreifung gewährt (6 Ob 230/21y [zu einem vergleichbaren Fall] unter Hinweis auf 1 Ob 26/91).

[7] Mit dieser rechtlichen Beurteilung setzt sich der außerordentliche Revisionsrekurs, der nur auf das Interesse des Antragstellers verweist, sich eine vermeintlich „herrenlose“ Liegenschaft anzueignen (obgleich seit der zweiten Instanz ein Vertreter für die Bauerngemeinschaft eingeschritten und diesem Ansinnen entgegengetreten ist), nicht weiter auseinander.

[8] 2. Es kommt daher nicht mehr auf die vom Antragsteller im Rechtsmittel relevierte Frage an, ob die Bauerngemeinschaft tatsächlich eine juristische Person ist. Nur der Vollständigkeit halber ist darauf zu verweisen, dass die „Infragestellung der rechtlichen Existenz der Bauerngemeinschaft“ durch den Rechtsmittelwerber in keiner Weise zielführend ist, weil die Bestellung eines Kurators die Parteifähigkeit des zu Vertretenden voraussetzt (vgl RS0049141).

Zusatzinformationen


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ECLI:
ECLI:AT:OGH0002:2023:0010OB00012.23F.0228.000

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