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OGH vom 14.02.2023, 17Ob7/22m

OGH vom 14.02.2023, 17Ob7/22m

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Präsidentin Hon.Prof. Dr. Lovrek als Vorsitzende sowie den Senatspräsidenten Dr. Musger, die Hofrätinnen Mag. Malesich und Dr. Kodek und den Hofrat Dr. Stefula als weitere Richterinnen und Richter in der Rechtssache der klagenden Partei S*, vertreten durch Dr. Wolfgang Hirsch, Rechtsanwalt in Bregenz, gegen die beklagte Partei T*, vertreten durch Mag. Manuel Dietrich, Rechtsanwalt in Hard, wegen Anfechtung (Streitwert 224.292,02 EUR), über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom , GZ 4 R 196/21m43, mit welchem das Urteil des Landesgerichts Feldkirch vom , GZ 11 Cg 46/19t36, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der außerordentlichen Revision wird gegeben.

Die angefochtene Entscheidung wird teilweise dahin , dass sie einschließlich des bestätigten Teils lautet:

„Die beklagte Partei ist schuldig, zur Hereinbringung der vollstreckbaren Forderung der klagenden Partei gegen S* in Höhe von 224.292,02 EUR samt 4 % Zinsen seit gemäß dem Versäumungsurteil des Landesgerichts * als Arbeits- und Sozialgericht vom , 35 Cga 93/19a, die Zwangsversteigerung eines Hälfteanteils an der Liegenschaft EZ 2312 KG * zu dulden.

Das Mehrbegehren, die beklagte Partei auch zu verpflichten, zur Hereinbringung dieser Forderung die Zwangsversteigerung der Liegenschaft EZ 1055 KG * zu dulden, wird abgewiesen.“

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei einen mit 32.763,54 EUR bestimmten Anteil an den Kosten des Verfahrens aller drei Instanzen (darin 3.121,82 EUR Umsatzsteuer, 14.032,60 EUR Barauslagen) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

[1] Der geschiedene Ehemann der Beklagten (idF Schuldner) hatte bei der klagenden Bank nicht nur Kredite aufgenommen, sondern als deren Mitarbeiter auch Kundengelder veruntreut. Er wurde strafgerichtlich verurteilt und schuldet der Klägerin aufgrund eines rechtskräftigen Versäumungsurteils (nach Ausfolgung eines beschlagnahmten Geldbetrags und einer Teilzahlung) 224.292,02 EUR samt Zinsen. Er ist nicht in der Lage, die Forderung zu befriedigen.

[2] Der Schuldner war bis 2019 Alleineigentümer der ihm geschenkten Liegenschaft EZ 1055 KG * mit zwei Wohnhäusern. Weiters waren er und die Beklagte je zur Hälfte Eigentümer der Liegenschaft EZ 2312 KG * mit einem als Ehewohnung dienenden Wohnhaus.

[3] Im August 2019 beantragten die Beklagte und der Schuldner die Scheidung ihrer Ehe nach § 55a EheG. Die Ehe wurde am geschieden. Anlässlich der Scheidung vereinbarten die Gatten die Übertragung des Eigentums an der Liegenschaft und am Liegenschaftsanteil auf die Beklagte. Die Beklagte wusste zu diesem Zeitpunkt, dass der Schuldner größere Geldbeträge veruntreut hatte und daher erhebliche Verbindlichkeiten gegenüber der Klägerin bestanden.

[4] Bei Abschluss der Vereinbarung (knapp zwei Jahre vor Schluss der Verhandlung erster Instanz am ) verhielt es sich mit den Liegenschaften wie folgt:

[5] Der Verkehrswert der Liegenschaft EZ 1055 betrug 836.000 EUR. Auf ihr waren Höchstbetragspfandrechte zugunsten der Klägerin im Betrag von insgesamt 730.000 EUR einverleibt, davon eines im Betrag von 330.000 EUR simultan mit der EZ 2312. Weiters lasteten darauf (neben einem Wegerecht) ein rechtsgeschäftliches Veräußerungsverbot sowie ein Wohnungsgebrauchsrecht zugunsten des Vaters des Schuldners und ein Fruchtgenussrecht zugunsten der Beklagten. Die Höchstbetragspfandrechte hatten Vorrang vor dem Veräußerungsverbot und dem Fruchtgenussrecht der Beklagten, aber Nachrang gegenüber dem Wohnungsgebrauchsrecht des Vaters.

[6] Der Schuldner war berechtigt, das Fruchtgenussrecht der Beklagten „nach Ablauf von zehn Jahren nach dessen grundbücherlicher Eintragung ohne Angabe von Gründen zu kündigen“. Bei Annahme einer Kündigung zum frühestmöglichen Zeitpunkt hatte das Recht einen Wert von 24.000 EUR, ohne Berücksichtigung der Kündigung einen Wert von 143.000 EUR. Das Wohnungsgebrauchsrecht des Vaters hatte einen Wert von 135.000 EUR.

[7] Der Verkehrswert eines Hälfteanteils an der Liegenschaft EZ 2312 betrug 235.000 EUR. Auf der Liegenschaft lastete ein Pfandrecht des Landes Vorarlberg, das mit 30.735 EUR aushaftete. Weiters waren Pfandrechte im Höchstbetrag von insgesamt 780.000 EUR zugunsten der Klägerin einverleibt, davon eines im Betrag von 330.000 EUR simultan mit der EZ 1055.

[8] Die Verkehrswerte der Liegenschaften erhöhten sich bis „um 5 bis 15 %“; der Wert bei Schluss der Verhandlung steht nicht fest. Die Pfandrechte der Klägerin hafteten „vor der Scheidung“ aufgrund mehrerer Kreditverträge mit insgesamt 999.522,60 EUR aus, der Schuldenstand hat sich „seither verringert“.

[9] Im Gegenzug zur Übertragung des Eigentums übernahm die Beklagte in der Scheidungsvereinbarung die sichergestellten Forderungen in ihr alleiniges Zahlungsversprechen. Der Vater des Schuldners erteilte am die Einwilligung zur Löschung des bei der EZ 1055 zu seinen Gunsten einverleibten Veräußerungsverbots.

[10] Zu TZ 6217/2019 des BG * wurde das Eigentumsrecht der Klägerin bei der Liegenschaft und dem Liegenschaftsanteil einverleibt. Bei der Liegenschaft EZ 1055 wurden zugleich aufgrund ihres Antrags ihr Fruchtgenussrecht und aufgrund der Löschungserklärung des Vaters das Veräußerungsverbot gelöscht.

[11] Die Klägerin begehrt, die Beklagte zu verpflichten, zur Hereinbringung von (nach Klageeinschränkung) 224.292,02 EUR samt Zinsen die Exekution in die Liegenschaft und den Liegenschaftsanteil zu dulden. Deren Übertragung sei in der Beklagen bekannter Benachteiligungsabsicht und zudem unentgeltlich erfolgt. Der Wert der Liegenschaften übersteige die darauf sichergestellten Forderungen, sodass Befriedigungstauglichkeit vorliege.

[12] Die Beklagte bestritt Benachteiligungsabsicht, deren Kenntnis und die Befriedigungstauglichkeit. Beide Liegenschaften seien weit überlastet, sodass die Exekution nicht zum Erfolg führen könne. Zudem sei eine Zwangsversteigerung der EZ 1055 vor deren Übertragung wegen des zugunsten des Vaters einverleibten Veräußerungsverbots nicht möglich gewesen, und es habe auf dieser Liegenschaft ein Fruchtgenussrecht zugunsten der Beklagten gehaftet. Die Klägerin könne durch die Anfechtung insofern nicht besser gestellt werden als sie vor der angefochtenen Rechtshandlung gestanden sei. Insbesondere sei die EZ 1055 vor der Scheidung wegen des Veräußerungsverbots nicht exekutiv verwertbar gewesen. Eine Versteigerung nur des Hälftanteils an der EZ 2312 sei wegen der Überbelastung jedenfalls nicht befriedigungstauglich.

[13] Die Klägerin replizierte zum Veräußerungsverbot, sie hätte die pfandrechtlich sichergestellten Kredite schon vor der Liegenschaftsübertragung wegen der Verschlechterung der Vermögenslage des Schuldners fällig stellen und auf dieser Grundlage die EZ 1055 einer „Zwangsversteigerung zuführen können.“

[14] Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Es stellte fest, dass der Schuldner in Benachteiligungsabsicht gehandelt habe, was der Beklagten bekannt gewesen sei. Daher sei die Liegenschaftsübertragung nach § 2 Z 1 AnfO anfechtbar. Für die Befriedigungstauglichkeit genüge eine Verbesserung der Befriedigungsaussichten des Klägers. In weiterer Folge ging das Erstgericht offenbar irrig davon aus, dass das Veräußerungsverbot zugunsten des Vaters und das Fruchtgenussrecht der Beklagten noch einverleibt seien. Das Veräußerungsverbot falle mit dem Tod des Berechtigten weg, und dieser könne zudem seine Haltung in Bezug auf eine Exekutionsführung ändern. Das Fruchtgenussrecht könne jeder Erwerber nach Ablauf der Zehn-Jahres-Frist kündigen. Angesichts der festgestellten Werte der Liegenschaften und der erwartbaren Wertsteigerung sei auch unter Bedachtnahme auf das Wohnrecht des Vaters und das Fruchtgenussrecht der Beklagten Befriedigungstauglichkeit gegeben.

[15] Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung. Es sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 30.000 EUR übersteige und die ordentliche Revision mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage nicht zulässig sei.

[16] Das Berufungsgericht übernahm (erkennbar) die Feststellung zur Benachteiligungsabsicht, nicht aber jene zu deren Kenntnis durch die Beklagte, es bejahte aber die Anfechtbarkeit nach § 2 Z 3 AnfO. Befriedigungstauglichkeit liege bei Schluss der Verhandlung vor, weil der Wert der Liegenschaften auch unter Berücksichtigung der Pfandrechte eine zumindest teilweise Befriedigung der Klägerin erwarten lasse. Das Veräußerungsverbot finde sich „ohnehin nicht mehr im Lastenblatt der Liegenschaft EZ 1055“, das weiterhin eingetragene Wohnrecht des Vaters sei kein Anfechtungshindernis. Objektive Nachteiligkeit sei auch im Zeitpunkt der Scheidung vorgelegen. Aufgrund des Alters des Berechtigten sei ein Wegfall des Veräußerungsverbots absehbar; beim Fruchtgenussrecht der Beklagten sei zehn Jahre nach Einverleibung eine Kündigung möglich. Zum Argument, dass die Anfechtung nicht zu einer Besserstellung der Klägerin führen dürfe, nahm auch das Berufungsgericht nicht Stellung.

[17] Mit ihrer außerordentlichen Revision strebt die Beklagte die Abweisung des gesamten Begehrens an. Sie macht insbesondere geltend, dass die Anfechtung nicht zu einer Besserstellung der Klägerin führen dürfe. Dies gelte insbesondere für den Wegfall des Veräußerungsverbots.

[18] Die Klägerin beantragt in der ihr freigestellten Revisionsbeantwortung, das Rechtsmittel der Beklagten zurückzuweisen, hilfsweise ihm nicht Folge zu geben. Der Vater des Ehegatten der Beklagten habe auf das Veräußerungsverbot völlig unabhängig von der Scheidungsvereinbarung verzichtet. Mangels Zusammenhangs mit der Scheidungsvereinbarung sei insofern keine „Rückabwicklung“ (wie in 17 Ob 2/22a) vorzunehmen.

Rechtliche Beurteilung

[19] Die außerordentliche Revision ist zulässig, weil das Berufungsgericht nicht beachtet hat, dass eine Anfechtung nach ständiger Rechtsprechung nicht zu einer Besserstellung des Gläubigers führen darf. Sie ist aus diesem Grund auch teilweise berechtigt.

[20] 1. Die Klägerin ficht die Übereignung von Liegenschaften an. Ihr Begehren ist dabei zutreffend (nur) auf die Duldung der Exekution gerichtet; denkbar wäre allenfalls auch ein Begehren auf Zahlung bei sonstiger Exekution in die Liegenschaft (8 Ob 636/85; RS0050318 [T1]). Ein darüber hinausgehendes Begehren auf neuerliche Einverleibung des Eigentumsrechts des Schuldners ermöglichte demgegenüber auch anderen Gläubigern den Zugriff auf die Liegenschaft und verstieße daher gegen den Grundsatz der Relativität der Anfechtung (dazu König/Trenker, Die Anfechtung nach der IO6 [2020] Rz 2.11 mwN). Aus diesem Grund besteht bei der Anfechtung der Einverleibung eines Belastungs- und Veräußerungsverbots kein über die Duldung der Exekution hinausgehender Anspruch auf Löschung (3 Ob 83/12w), und die Anfechtung der Begründung eines Pfandrechts kann ebenfalls nicht zu dessen Löschung führen (RS0064594). Die Anfechtung einer Eigentumsübertragung kann nicht anders behandelt werden. Soweit der Entscheidung 17 Ob 2/22a Gegenteiliges entnommen werden kann, wird sie nicht aufrecht erhalten.

[21] 2. In Bezug auf die Liegenschaft EZ 1055 scheitert das Begehren der Klägerin am Grundsatz, dass die Anfechtung den Gläubiger nicht besser stellen darf, als er bei Unterbleiben der angefochtenen Rechtshandlung stünde.

[22] 2.1. Zur Insolvenzanfechtung wird judiziert, dass Ziel der Anfechtung die Herstellung jenes Zustands ist, in dem sich die Masse befände, wenn die anfechtbare Rechtshandlung nicht vorgenommen worden wäre (RS0050372). Das Anfechtungsrecht dient nicht dazu, den Gläubigern Vorteile zu verschaffen, die sie ohne Vornahme der anfechtbaren Rechtshandlung nicht erzielt hätten, sondern der Masse soll durch die Anfechtung nur dasjenige wieder zugeführt werden, was ihr ohne die anfechtbare Rechtshandlung verblieben wäre (RS0050372 [T1]).

[23] 2.2. Diese Rechtsprechung wurde in der Entscheidung 17 Ob 2/22a für die Einzelanfechtung übernommen. Die dort angefochtene Einverleibung des Eigentums der Beklagten war mit der Löschung eines zu ihren Gunsten eingetragenen Belastungs- und Veräußerungsverbots verbunden gewesen. Der Senat lehnte es unter Hinweis auf die Rechtsprechung zur Insolvenzanfechtung ab, der Klägerin durch Anfechtung nur der Einverleibung den zuvor wegen des Belastungs- und Veräußerungsverbots blockierten Zugriff auf die Liegenschaft zu ermöglichen. Daran ist ungeachtet dessen festzuhalten, dass die in diesem Verfahren gewählte Vorgangsweise (Wiedereinverleibung sowohl des Eigentums als auch des Belastungs- und Veräußerungsverbots) nicht aufrecht erhalten werden kann (oben Punkt 1).

[24] 2.3. Auch im vorliegenden Fall ficht die Klägerin die Übertragung des Eigentums – also das mit der Einverleibung bewirkte Verfügungsgeschäft – an. Vor dieser Einverleibung hätte sie die Liegenschaft wegen des Veräußerungsverbots nicht ohne Zustimmung des Berechtigten verwerten können (RS0002625); auch die Begründung eines Zwangspfandrechts wäre nicht möglich gewesen, weil das Veräußerungsverbot in der Regel ein Belastungsverbot in sich schließt (RS0010795). Zudem hätte das Fruchtgenussrecht der Beklagten jedenfalls Vorrang vor der vollstreckbaren Forderung der Klägerin gehabt. Demgegenüber führten die Entscheidungen der Vorinstanzen dazu, dass die Klägerin sofort verwerten könnte und das seinerzeitige Fruchtgenussrecht der Beklagten bei der Meistbotverteilung nicht zu berücksichtigen wäre. Beides widerspräche dem Grundsatz, dass die Anfechtung nicht zu einer Besserstellung des Gläubigers führen darf. Dabei handelt es sich, anders als von der Klägerin angenommen, nicht um eine Frage der Befriedigungstauglichkeit. Entscheidend ist vielmehr der Umstand, dass die Klägerin mit einem Erfolg des Begehrens mehr erreichte als sie ohne die angefochtene Rechtshandlung erreichen könnte.

[25] 2.4. Die gegen diese Ansicht erhobenen Einwände können nicht überzeugen.

[26] (a) Zwar hat der Vater des Schuldners die Zustimmung zur Löschung des Verbots – anders als die Verbotsberechtigte im Verfahren 17 Ob 2/22a – getrennt von der Vereinbarung über die Liegenschaftsübertragung erteilt. Das begründet aber keinen tragfähigen Unterschied: Denn angefochten ist (zutreffend) die Eigentumsübertragung, also das Verfügungsgeschäft, das zum Ausscheiden der Liegenschaft aus dem Vermögen des Schuldners und damit aus dem Haftungsfonds des Gläubigers führte. Diese Eigentumsübertragung war aber nur mit Zustimmung des Verbotsberechtigten möglich; ohne sie wäre der Grundbuchsantrag abzuweisen gewesen. Die angefochtene Rechtshandlung steht daher in untrennbarem Zusammenhang mit der Zustimmung des Verbotsberechtigten. Nur darauf kommt es an, nicht auf die Frage, ob diese Zustimmung schon bei Abschluss der Scheidungsvereinbarung (also im Zeitpunkt des Verpflichtungsgeschäfts) vorlag. Denn die bloße Vereinbarung bewirkte noch nicht, dass die Liegenschaft dem Haftungsfonds der Klägerin entzogen wurde.

[27] (b) In diesem Zusammenhang ist unerheblich, dass der Verbotsberechtigte nicht bloß der Veräußerung zustimmte, sondern die Einwilligung zur Löschung des Verbots erteilte. Denn auch eine bloße Zustimmung hätte zum Erlöschen des Verbots geführt, weil dieses nach § 364c Satz 1 ABGB unabhängig von der konkreten Formulierung nur „den ersten Eigentümer“ (hier also den Schuldner) bindet, nicht aber dessen Rechtsnachfolger (RS0015102). Die statt der bloßen Zustimmung erteilte Einwilligung in die Löschung war daher nur ein anderer Weg zum Erreichen desselben Ziels.

[28] (c) Auch der Einwand der Klägerin, sie hätte schon aufgrund der bestehenden Pfandrechte eine Zwangsversteigerung erwirken können, greift nicht durch. Denn das hätte eine Fälligstellung der Kreditforderungen und das Erwirken eines vollstreckbaren Titels erfordert. Hätte die Klägerin mit der Anfechtung Erfolg, könnte sie ohne diese Voraussetzungen vollstrecken. Ihre Stellung würde sich daher auch unter dieser Prämisse verbessern.

[29] (d) Zudem ist zu beachten, dass auch das Erlöschen des Fruchtgenussrechts der Beklagten untrennbar mit der Einverleibung ihres Eigentums verbunden war (Vereinigung, § 1445 ABGB). Ohne diese Einverleibung hätte es weiter bestanden und wäre gegenüber der vollstreckbaren Forderung der Klägerin vorrangig gewesen. Allein aus diesem Grund stünde die Klägerin bei einem Erfolg ihres Begehrens besser als vor der angefochtenen Rechtshandlung.

[30] (e) Die Beklagte hat bereits in erster Instanz darauf hingewiesen, dass die Klägerin im Fall eines Prozesserfolgs besser stünde als vor der angefochtenen Rechtshandlung. Entgegen den Ausführungen der Revisionsbeantwortung liegt daher im diesbezüglichen Revisionsvorbringen keine unzulässige Neuerung.

[31] 2.5. Aus diesen Gründen muss die Anfechtung der Übertragung des Eigentums an der EZ 1055 in der von der Klägerin gewählten Form scheitern. Wie ein Anfechtungsbegehren formuliert werden könnte, das nicht zu einer Besserstellung der Klägerin führte, ist hier nicht zu prüfen.

[32] 3. Hingegen ist die angefochtene Entscheidung in Bezug auf die Duldung der Zwangsversteigerung eines Hälftanteils an der Liegenschaft EZ 2312 zu bestätigen.

[33] 3.1. An der Erfüllung des Tatbestands von § 2 Z 3 AnfO (§ 439 Z 3 EO) besteht nach den Feststellungen kein Zweifel.

[34] 3.2. Die Anfechtung scheitert auch nicht an fehlender Befriedigungstauglichkeit.

[35] (a) Die Anfechtung ist befriedigungstauglich, wenn sie die Befriedigungsaussichten des Anfechtungsklägers zu fördern imstande ist (RS0050591 [T4]), dies wegen der Eignung der Anfechtung, die Befriedigung des Gläubigers zu erreichen oder zu beschleunigen (RS0050591 [T2]). Es genügt schon, dass die damit bewirkte Verbesserung der Befriedigungsaussichten des Gläubigers wahrscheinlich ist (RS0050591 [T3]; RS0064645 [T1]). Daher ist – grundsätzlich – jede Erweiterung der Möglichkeit des Gläubigers zum Zugriff auf Vermögen des Schuldners als befriedigungstauglich zu qualifizieren (RS0050483). Im Zusammenhang mit einer Anfechtung darf nicht mit Leichtfertigkeit angenommen werden, dass eine Verbesserung der Befriedigungsaussichten nicht zu erwarten ist. Es ist zu berücksichtigen, dass der Verkehrswert einer Liegenschaft großen Schwankungen unterliegt und das derzeit überbelastete Objekt in absehbarer Zeit den Anfechtungsgläubigern noch ganz oder teilweise Deckung bieten kann. Es kann auch nicht von vornherein ausgeschlossen werden, dass die vorrangige Hypothek ganz oder teilweise getilgt wird, ohne dass ihr Rang sofort wieder ausgenutzt wird (RS0050533). Im Zweifel ist zugunsten der Anfechtung zu entscheiden (RS0050667 [T2]).

[36] (b) Im vorliegenden Fall ist die Liegenschaft EZ 2312 zwar über den Verkehrswert hinaus mit (wohl ausgenutzten) Pfandrechten belastet. Dabei handelt es sich aber (abgesehen vom Pfandrecht des Landes Vorarlberg) um Pfandrechte der Klägerin selbst. Diese Pfandrechte haften simultan auch auf dem schon ursprünglich der Beklagten gehörenden Hälfteanteil an der Liegenschaft EZ 2312 sowie im Ausmaß von 330.000 EUR auch simultan auf der Liegenschaft EZ 1055. Auf dieser Grundlage ist nicht ausgeschlossen, dass die Klägerin bei einer Verwertung des hier strittigen Hälfteanteils wegen ohnehin ausreichender Deckung im zweiten Hälfteanteil und in der Liegenschaft EZ 1055 auf die Befriedigung ihrer vorrangig gesicherten Forderungen aus dem Meistbot verzichtet, sodass die betriebene Forderung zum Zuge käme. Weiters wäre denkbar, dass die Klägerin nach § 148 Z 3 EO vom Versteigerungsverfahren absteht und nach § 152 Abs 1 EO die Einverleibung eines Zwangspfandrechts im Rang der Versteigerungsanmerkung erwirkt. Dadurch könnte sie eine Rückzahlung ihrer pfandrechtlich gesicherten Forderungen und eine allfällige Wertsteigerung der Liegenschaften abwarten und auf diese Weise die Aussicht auf Befriedigung ihrer vollstreckbaren Forderung verbessern. Zumindest im Zweifel ist daher Befriedigungstauglichkeit anzunehmen.

[37] 4. Aus diesen Gründen hat die Revision teilweise Erfolg. Die angefochtene Entscheidung ist in Bezug auf den Hälfteanteil an der Liegenschaft EZ 2312 zu bestätigen, hingegen ist das Begehren auf Duldung der Zwangsversteigerung auch der Liegenschaft EZ 1055 abzuweisen.

[38] 5. Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 43 Abs 1 ZPO, für das Rechtsmittelverfahren iVm § 50 ZPO.

[39] Für die Ermittlung der Obsiegensquoten waren einander die Verkehrswerte der Liegenschaft (836.000 EUR) und des Liegenschaftsanteils (235.000 EUR) gegenüberzustellen. Die Beklagte hat auf dieser Grundlage etwa mit vier Fünfteln obsiegt, was für die Vertretungskosten zu einer Ersatzquote von drei Fünfteln führt. Bei der Bestimmung von deren Höhe waren die großteils berechtigten Einwendungen der Klägerin zum Kostenverzeichnis der Beklagten zu berücksichtigen: Die Vertagungsbitte ON 5 und der nicht aufgetragene Schriftsatz ON 25 sind nicht zu honorieren. Die Vollmachtsbekanntgabe ON 27 hätte mit dem Protokollberichtigungsantrag ON 28 verbunden werden können; für diesen gebührt analog TP 1 II g RATG nur Entlohnung nach TP 1. Gleiches gilt für die Mitteilung ON 29. Bemessungsgrundlage war ab Einschränkung des Klagebegehrens am nur mehr ein Betrag von 242.292,02 EUR. Hingegen ist der Schriftsatz ON 21 entgegen der Auffassung der Klägerin zu honorieren, da er vom Gericht aufgetragen wurde (ON 19).

[40] Bei den von den Parteien allein getragenen Barauslagen war das Ausmaß des jeweiligen Obsiegens maßgebend (§ 43 Abs 1 Satz 3 ZPO); die Forderungen waren zu saldieren.

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ECLI:
ECLI:AT:OGH0002:2023:0170OB00007.22M.0214.000

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