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OGH 01.08.2023, 14Os67/23v

OGH 01.08.2023, 14Os67/23v

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger als Vorsitzende, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Nordmeyer, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Mann und Dr. SetzHummel LL.M. sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Haslwanter LL.M. in Gegenwart der Schriftführerin Mag. Mair in der Strafsache gegen C* G* und eine Angeklagte wegen des Verbrechens des schweren, gewerbsmäßigen und räuberischen Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 5, § 129 Abs 1 Z 1 und 2, § 130 Abs 1 erster Fall, § 131 erster Fall StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung der Angeklagten E* G* sowie die Berufungen des Angeklagten C* G* und der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts Salzburg als Schöffengericht vom , GZ 39 Hv 131/22i111, sowie über die Beschwerden der beiden Angeklagten gegen den Beschluss auf Widerruf jeweils einer bedingten Entlassung, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Mag. Schneider, der Angeklagten C* G* und E* G* sowie der Verteidigerin Mag. Lemberger

I./ zu Recht erkannt:

Spruch

In teilweiser Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde werden das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, im Schuldspruch der Angeklagten E* G* zu I./D./, demzufolge auch im die Angeklagte betreffenden Strafausspruch (einschließlich der Vorhaftanrechnung), weiters der die Angeklagte E* G* betreffende Beschluss auf Widerruf einer bedingten Entlassung aufgehoben und in diesem Umfang in der Sache selbst erkannt:

E* G* wird für die ihr weiterhin zur Last liegenden strafbaren Handlungen, nämlich der Vergehen der Urkundenunterdrückung nach § 229 Abs 1 StGB (I./C./), des schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 zweiter Fall, § 15 StGB (I./E./), des schweren gewerbsmäßigen Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 5, § 129 Abs 1 Z 1, § 130 Abs 1 erster Fall und § 15 StGB (I./A./, II./A./ und C./) und der vorsätzlichen Gefährdung von Menschen durch übertragbare Krankheiten nach § 178 StGB (IV./) unter Anwendung des § 28 Abs 1 StGB und des § 39 Abs 1 StGB nach dem Strafsatz des § 130 Abs 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von zweieinhalb Jahren verurteilt.

Gemäß § 38 Abs 1 Z 1 StGB wird die von der Angeklagten erlittene Vorhaft vom , 12:00 Uhr bis , 12:31 Uhr, auf die verhängte Strafe angerechnet.

Im Übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde verworfen.

Mit ihrer Berufung wird die Angeklagte E* G* ebenso auf die Strafneubemessung verwiesen wie die Staatsanwaltschaft mit ihrer Berufung betreffend die Angeklagte.

Den Berufungen des Angeklagten C* G* und der Staatsanwaltschaft im Übrigen wird nicht Folge gegeben.

Den Angeklagten fallen die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

II. den

Beschluss

gefasst:

Gemäß § 494a Abs 1 Z 4 StPO wird die E* G* mit Beschluss des Landesgerichts Wiener Neustadt vom , AZ 45 BE 96/21k, gewährte bedingte Entlassung widerrufen.

Mit ihrer Beschwerde wird die Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.

Der Beschwerde des Angeklagten C* G* wird nicht Folge gegeben.

Text

Gründe:

[1] Mit dem angefochtenen Urteil wurden C* G* und E* G* jeweils des Vergehens (zu I./C./ mehrerer Vergehen) der Unterschlagung nach § 134 Abs 1 StGB (I./A./), der Urkundenunterdrückung nach § 229 Abs 1 StGB (I./C./), der Entfremdung unbarer Zahlungsmittel nach § 241e Abs 1 StGB (I./D./), des schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 (zu ergänzen [US 2, 12 f]:) zweiter Fall, § 15 StGB (I./E./) sowie der vorsätzlichen Gefährdung von Menschen durch übertragbare Krankheiten nach § 178 StGB (IV./), C* G* darüber hinaus des Verbrechens des schweren, gewerbsmäßigen und räuberischen Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 5, § 129 Abs 1 Z 1 und 2, § 130 Abs 1 erster Fall, § 131 erster Fall StGB (II./A./ und B./) sowie des Vergehens der Sachbeschädigung nach § 125 StGB (III./), E* G* darüber hinaus des Vergehens des schweren gewerbsmäßigen Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 5, § 129 Abs 1 (richtig: nur [RIS-Justiz RS0119965]) Z 1, § 130 Abs 1 erster Fall und (zu ergänzen:) § 15 StGB (II./A./ und C./) schuldig erkannt.

[2] Danach haben in B* und andernorts

I./ C* G* und E* G* am „gemeinsam“ als Mittäter

A./ von ihnen gefundene fremde Güter, welche sich in der von * D* in der E*-Filiale B* verlorenen Geldtasche befanden, nämlich 140 Euro Bargeld und eine Goldkette unbekannten Werts, sich mit dem Vorsatz zugeeignet, sich dadurch unrechtmäßig zu bereichern;

C./ Urkunden, über die sie nicht verfügen durften, nämlich zwei E-Cards und den Führerschein der * D*, mit dem Vorsatz unterdrückt, zu verhindern, dass sie im Rechtsverkehr zum Beweis von Rechten und Tatsachen, nämlich einerseits aufrechter Krankenversicherungen und andererseits einer aufrechten Lenkerberechtigung, gebraucht werden, indem sie sie auf einem Mistkübel ablegten;

D./ sich ein unbares Zahlungsmittel, über das sie nicht verfügen durften, nämlich die Bankomatkarte der * D*, mit dem Vorsatz verschafft, dass sie durch deren Verwendung im Rechtsverkehr unrechtmäßig bereichert werden;

E./ mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, Mitarbeiter nachfolgender Unternehmen durch die wahrheitswidrige Vorgabe, über die zu I./D./ entfremdete Bankomatkarte der * D* verfügen zu dürfen, zur Überlassung von Waren verleitet, wodurch * D* in einem Betrag von zumindest 49 Euro geschädigt wurde oder geschädigt hätte werden sollen, und zwar

1./ * Ü* als Mitarbeiter der Tabaktrafik Es* zur Überlassung von Zigaretten im Wert von 24 Euro;

2./ eine Mitarbeiterin der B*-Filiale Ba* zur Überlassung von unbekannten Waren im Wert von zumindest 25 Euro, wobei es beim Versuch blieb;

II./ in der Absicht, sich durch die wiederkehrende Begehung von Diebstählen längere Zeit hindurch ein nicht bloß geringfügiges fortlaufendes Einkommen zu verschaffen, fremde bewegliche Sachen in einem 5.000 Euro übersteigenden Gesamtwert Nachgenannten mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz weggenommen, und zwar

A./ C* G* und E* G* „gemeinsam“ als Mittäter

1./ am Gewahrsamsträgern der BI*-Filiale Ba* Kosmetikartikel, Parfums und eine Sonnenbrille im Gesamtwert von 461,90 Euro, wobei C* G* bei seiner Betretung auf frischer Tat dadurch, dass er die Mitarbeiterin * B* am Arm packte, mehrere Meter vor sich herschob und schließlich zur Seite drängte, Gewalt gegen eine Person anwandte, um sich zumindest drei weggenommene Herrenparfums zu erhalten;

2./ am Gewahrsamsträgern der B*-Filiale B* Waren im Gesamtwert von 83,19 Euro;

3./ am

a./ Gewahrsamsträgern des Unternehmens K* eine Jacke im Wert von 175 Euro;

b./ Gewahrsamsträgern des Unternehmens S* einen Pullover im Wert von 35 Euro;

4./ am Gewahrsamsträgern der Hotel W* GmbH (Restaurant „R*“) zumindest zwei Großpackungen Jägermeister und eine Stange Zigaretten unbekannten Werts sowie den Zentralschlüssel zu den Räumlichkeiten durch Einbruch, indem C* G* ein Fenster einschlug und einstieg und E* G* durch eine anschließend von innen geöffnete Tür in das Gebäude gelangte;

5./ am

a./ Gewahrsamsträgern des Unternehmens M* Waren im Wert von 378,84 Euro;

b./ Gewahrsamsträgern des Unternehmens Ru* Waren im Wert von 93,97 Euro;

6./ am Gewahrsamsträgern des Unternehmens Mü* einen Fön und ein Glätteisen im Wert von 86,80 Euro;

7./ am im Zug Ö* der * M* einen Koffer samt Inhalt im Wert von 2.007 Euro;

8./ am

a./ Gewahrsamsträgern des Unternehmens Be* Waren im Wert von 72,90 Euro;

b./ Gewahrsamsträgern des Unternehmens F* Waren im Wert von 44,99 Euro;

c./ Gewahrsamsträgern des Unternehmens P* Waren im Wert von 64,98 Euro;

d./ Gewahrsamsträgern des Unternehmens Mo* Waren im Wert von 100,80 Euro;

9./ am im Zug Ö* A* Bi* und L* Bi* zwei Koffer samt Inhalt im Wert von 1.200 Euro;

10./ am

a./ Gewahrsamsträgern des Unternehmens So* Waren im Wert von 214,40 Euro;

b./ Gewahrsamsträgern des Unternehmens N* Waren im Wert von 243,25 Euro;

11./ am im Zug Ö* * L* einen Koffer samt Inhalt im Wert von 2.163 Euro;

12./ am Gewahrsamsträgern der D*-Filiale Ba* Waren im Gesamtwert von 273,15 Euro;

13./ zu einem unbekannten Zeitpunkt Gewahrsamsträgern des Unternehmens H* Waren in unbekanntem Wert;

B./ C* G*

1./ am

a./ Gewahrsamsträgern der Kr* Waren im Wert von 42,10 Euro;

b./ Gewahrsamsträgern des Unternehmens A* Waren im Wert von 300 Euro;

2./ am durch Einbruch, indem er drei Skischränke des Skidepots Fl* aufbrach,

a./ Dr. W* S* und H* S* ein Paar Ski, zwei Skibrillen und einen Skihelm im Gesamtwert von 660 Euro;

b./ * P* einen Skihelm, Skihandschuhe, eine Sonnenbrille, eine Wollmütze und einen Skischuhsack im Gesamtwert von 360 Euro;

c./ P* Se* und E* Se* zwei Paar Schuhe im Gesamtwert von 250 Euro;

C./ E* G*

1./ am

a./ Gewahrsamsträgern des Unternehmens L* ein Duft-Geschenkset und Schokolade im Gesamtwert von 23,97 Euro;

b./ Gewahrsamsträgern des Unternehmens BI* zwei Nagellacke im Gesamtwert von 23,98 Euro;

2./ am

a./ Gewahrsamsträgern des Unternehmens O* Waren im Wert von 55 Euro;

b./ Gewahrsamsträgern des Unternehmens Re* Waren im Wert von 146,80 Euro;

3./ am Gewahrsamsträgern des Unternehmens P* Waren im Wert von 129 Euro, wobei es beim Versuch blieb;

III./ C* G* am im Rahmen der zu II./A./4./ genannten Tat eine fremde bewegliche Sache zerstört, indem er einen Scheinwerfer einschlug;

IV./ C* G* und E* G* im Zeitraum 28. März bis „gemeinsam als Mittäter“ Handlungen begangen, die geeignet waren, die Gefahr der Verbreitung einer übertragbaren anzeigepflichtigen Krankheit unter Menschen, nämlich der durch den Erreger SARS-CoV-2 ausgelösten Erkrankung COVID-19, herbeizuführen, indem sie trotz Nachweis einer Infektion, C* G* bei einem nachgewiesenen CT-Wert von 24,83 am und E* G* bei einem nachgewiesenen CT-Wert von 25,82, öffentliche Verkehrsmittel benutzten, sich an öffentlichen Orten wie Einkaufsmärkten aufhielten und sich am standesamtlich trauen ließen, anstelle sich von anderen Menschen abzusondern.

[3] C* G* wurde zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren, E* G* zu einer solchen von zweieinhalb Jahren verurteilt. Unter einem erging gemäß § 494a Abs 1 Z 4 StPO der Beschluss, die dem Angeklagten C* G* mit Beschluss des Landesgerichts Ried im Innkreis von , AZ 13 BE 353/20v, und die der Angeklagten E* G* mit Beschluss des Landesgerichts Wiener Neustadt vom , AZ 45 BE 96/21k, gewährten bedingten Entlassungen zu widerrufen.

Rechtliche Beurteilung

[4] Gegen dieses Urteil richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 9 lit a, 10 und 11 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten E* G*, der teilweise Berechtigung zukommt.

[5] Die zum Schuldspruch II./A./ und C./ erhobene Subsumtionsrüge (Z 10) stellt die Annahme der Qualifikation nach § 130 Abs 1 StGB mit den Behauptungen in Abrede, der Angeklagten könne ein auf gewerbsmäßige Begehung gerichteter „Vorsatz“ nicht angelastet werden, zumal das Erstgericht nicht feststellen habe können, dass die Angeklagte aus den Taten wirtschaftliche, der Bestreitung ihres Lebensunterhalts dienende Vorteile gezogen hat, und ihr durch Suchtmittel beeinträchtigter Zustand während der Tatbegehungen schließe „den Vorsatz zielgerichtet gewerbsmäßiger Begehung“ aus. Damit bestreitet sie bloß anhand eigener Überlegungen die getroffenen Feststellungen zur Absicht der Angeklagten, sich durch die wiederkehrende Begehung von Diebstählen längere Zeit (nämlich während des mehrmonatigen Tatzeitraums) hindurch ein nicht bloß geringfügiges fortlaufendes Einkommen zu verschaffen, das bei einer durchschnittlichen Betrachtung monatlich 400 Euro übersteigt (US 20, 28), ohne jedoch die Richtigkeit der Gesetzesanwendung auf Basis der getroffenen Feststellungen in Frage zu stellen (vgl RIS-Justiz RS0099810).

[6] Die zum Schuldspruch IV./ nominell aus Z 10 erhobene Rüge nimmt mit dem Vorbringen, die Angeklagte habe erst am um 15:12 Uhr während einer Zugfahrt von der Pflicht zur Absonderung erfahren, nicht an den getroffenen Feststellungen Maß, denen zufolge sie im Zeitraum 28. März bis positiv auf die durch den Erreger SARS-CoV-2 ausgelöste Erkrankung COVID-19 getestet und ansteckend war, sie ungeachtet dessen (unter anderem) am 30. März mit dem Zug fuhr und am am Standesamt V* im Beisein einer Standesbeamtin die Ehe mit C* G* schloss, ihr im genannten Zeitraum ihre Infektion mit dem Coronavirus „klar“ war und sie eine ernstliche Ansteckungsgefahr für andere durch ihr Handeln ernstlich für möglich hielt und sich damit abfand (US 20 f). Darüber hinaus stellt die Rüge durch das Bestreben nach einer Reduktion des Tatzeitraums den Schuldspruch wegen eines Vergehens nach § 178 StGB gar nicht in Frage.

[7] Letzteres gilt auch für das Vorbringen der Rechtsrüge (Z 9 lit a), der CT-Wert der Angeklagten habe bei einem Test am 34,35 betragen, sodass keine Infektionsgefahr mehr bestanden habe und der vom Schuldspruch IV./ umfasste Tatzeitraum nicht den umfassen könne.

[8] Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher in diesem Umfang zu verwerfen (§ 288 Abs 1 StPO).

[9] Zutreffend moniert jedoch die Rechtsrüge (nominell Z 9 lit a, der Sache nach [mit Blick auf den Schuldspruch zu I./A./] Z 10), dass dem Schuldspruch zu I./D./ ein Rechtsfehler anhaftet. Denn durch die (nachfolgende) betrügerische Benutzung des von den Angeklagten entfremdeten unbaren Zahlungsmittels im unbaren Zahlungsverkehr (I./E./) wurde der deliktsspezifische vorgelagerte Bereicherungsvorsatz iSd § 241e Abs 1 erster Satz StGB umgesetzt. Der über die Verfügungsberechtigung täuschende Gebrauch der nach § 241e Abs 1 erster Satz StGB entfremdeten Bankomatkarte ist von §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 zweiter Fall StGB erfasst (vgl zuletzt 12 Os 140/21m; RISJustiz RS0120530 [T4]; Schroll in WK² StGB § 241e Rz 27). Mit der Strafbarkeit nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 zweiter Fall StGB wird das zur Vorbereitung dieser (qualifizierten) Tat verwirklichte Vergehen nach § 241e Abs 1 StGB verdrängt (stillschweigende Subsidiarität; RISJustiz RS0119780 [ab T1], RS0120530).

[10] Zu amtswegiger Wahrnehmung (§ 290 Abs 1 zweiter Satz erster Fall StPO) dieses Rechtsfehlers auch beim Angeklagten C* G* sah sich der Oberste Gerichtshof nicht veranlasst, da er sich weder auf den angewendeten Strafrahmen noch sonst konkret zum Nachteil des Angeklagten ausgewirkt hat (Ratz, WK-StPO § 290 Rz 22 f). Angesichts dieser Klarstellung besteht bei der Entscheidung über die Straffrage keine Bindung an den insoweit fehlerhaften Schuldspruch (RIS-Justiz RS0118870 [T24]).

[11] Ebenfalls mit Blick auf § 290 Abs 1 zweiter Satz erster Fall StPO bleibt anzumerken, dass das Erstgericht den Sachverhalt zu I./A./ verfehlt § 134 Abs 1 StGB subsumiert hat. Nach den Feststellungen (US 12) standen das Bargeld und die Goldkette des Opfers im Zeitpunkt, als die Angeklagten diese Gegenstände mit Zueignungs- und Bereicherungsvorsatz einsteckten, im (subsidiären) Gewahrsam der Mitarbeiter der E*-Filiale B*, sodass die Tat (ausschließlich) als das – in die bei C* G* zu II./A./ und B./ und bei E* G* zu II./A./ und C./ gebildete Subsumtionseinheit nach § 29 StGB einzubeziehende – Vergehen des Diebstahls nach § 127 StGB zu subsumieren gewesen wäre (RIS-Justiz RS0093513; Stricker in WK2 StGB § 127 Rz 121 ff mwN, Rz 232; Salimi, SbgK § 127 Rz 109). Da sich dieser Subsumtionsfehler (Z 10) bei beiden Angeklagten weder auf die angewendeten Strafrahmen noch sonst konkret zu deren Nachteil auswirkte (vgl abermals Ratz, WK-StPO § 290 Rz 22 f), bestand für eine amtswegige Maßnahme kein Anlass. An die insoweit fehlerhaften Schuldsprüche besteht angesichts dieser Klarstellung bei der Entscheidung über die Straffragen abermals keine Bindung (RIS-Justiz RS0118870 [T24]).

[12] Es waren daher – in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur – das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt zu bleiben hatte, im Schuldspruch der Angeklagten E* G* zu I./D./ (infolge Idealkonkurrenz zum Vergehen des Diebstahls nach § 127 StGB laut dem Schuldspruch zu I./A./ [vgl zur scheinbaren Realkonkurrenz zum Vergehen des schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 zweiter Fall und § 15 StGB; Ratz, WKStPO § 281 Rz 565; 11 Os 45/17b mwN]) ersatzlos, demzufolge auch im die Angeklagte betreffenden Strafausspruch (einschließlich der Vorhaftanrechnung), weiters der die Angeklagte E* G* betreffende, gemäß § 494a Abs 1 Z 4 StPO gefasste Beschluss aufzuheben.

[13] Im Übrigen war die Nichtigkeitsbeschwerde zu verwerfen, wobei sich ein Eingehen auf die Sanktionsrüge (Z 11 zweiter Fall) zufolge Kassation des Strafausspruchs bei der Angeklagten erübrigte.

[14] Für die aufrecht gebliebenen Schuldsprüche war die Strafe bei E* G* neu zu bemessen. Weiters war aufgrund der vom Angeklagten C* G* und der Staatsanwaltschaft (in Betreff des Angeklagten) erhobenen Berufungen auch über die Strafe des C* G* zu entscheiden.

[15] Dabei war bei C* G* nach § 131 erster Fall StGB unter Anwendung des § 39 Abs 1 StGB von einem Strafrahmen von sechs Monaten bis zu siebeneinhalb Jahren Freiheitsstrafe, bei E* G* nach § 130 Abs 1 StGB unter Anwendung des § 39 Abs 1 StGB von einem Strafrahmen von bis zu viereinhalb Jahren Freiheitsstrafe auszugehen.

[16] Bei beiden Angeklagten waren erschwerend jeweils das Zusammentreffen mehrerer Vergehen, bei C* G* zusätzlich mit einem Verbrechen (§ 33 Abs 1 Z 1 StGB), die Vielzahl der Angriffe, die Verwirklichung mehrerer Deliktsqualifikationen (zu I./A./, II./A./ und B./ beim Angeklagten C* G* und zu I./A./, II./A./ und C./ bei der Angeklagten E* G*), die einschlägigen Vorverurteilungen (§ 33 Abs 1 Z 2 StGB) und der rasche Rückfall nach bedingter Entlassung (RISJustiz RS0091041; Ebner in WK2 StGB § 33 Rz 11), mildernd hingegen jeweils die zum Teil geständige Verantwortung (§ 34 Abs 1 Z 17 StGB) und der Umstand, dass es teilweise beim Versuch blieb und mehrere gestohlene Gegenstände wieder an die ursprünglichen Gewahrsamsträger ausgefolgt werden konnten (§ 34 Abs 1 Z 13, 14 StGB; RISJustiz RS0091384, RS0091337).

[17] Mit Blick auf die von der Angeklagten E* G* ergriffene Sanktionsrüge (Z 11 zweiter Fall) sei angemerkt, dass eine auf den Schuldspruch zu I./A./ sowie II./A./ und C./ bezogene Wertung der Vielzahl der Angriffe als erschwerend fallbezogen nicht gegen das Doppelverwertungsverbot (§ 32 Abs 2 erster Satz StGB) verstößt, weil der genannte Schuldspruch nicht bloß drei (vgl dazu RIS-Justiz RS0091375 [T6]), sondern zahlreiche Taten umfasst (US 11 ff) und sich die gewerbsmäßige Tatbegehung nicht nur auf den ersten, sondern auch auf den zweiten Fall des § 70 Abs 1 Z 3 StGB stützt (US 10 f, 20).

[18] Dass die Angeklagten bei zahlreichen Taten unter dem Einfluss von Alkohol oder Medikamenten standen (US 20), war mit Blick auf § 35 StGB ebenso wenig mildernd zu berücksichtigen (vgl RIS-Justiz RS0091056) wie die Suchterkrankung des Angeklagten C* G* (US 12).

[19] Entgegen dem Berufungsvorbringen des zuletzt Genannten konnte der dem gesamten Schuldspruch zu I./ zugrunde liegende Fund einer Geldbörse schon angesichts der mehrfachen Tatbegehung zu I./E./ nicht als besonders verlockende Gelegenheit iSd § 34 Abs 1 Z 9 StGB gewertet werden.

[20] Dass zu II./A./ die physische Einwirkung auf das Opfer im Rahmen des räuberischen Diebstahls nicht besonders schwer war, ist zwar im Rahmen der allgemeinen Strafzumessungserwägungen (§ 32 Abs 3 StGB) zu berücksichtigen, stellt aber für sich betrachtet keinen Milderungsgrund dar.

[21] Entgegen dem – bei der Strafbemessung des Angeklagten C* G* zu berücksichtigenden – Berufungsvorbringen der Staatsanwaltschaft fällt die „Tatbegehung in Gesellschaft“ gegenständlich nicht ins Gewicht und war daher nicht gesondert erschwerend zu werten.

[22] Davon ausgehend sowie unter Berücksichtigung der allgemeinen Strafzumessungserwägungen (§ 32 Abs 3 StGB) erweist sich bei C* G* eine Freiheitsstrafe von vier Jahren, bei E* G* eine solche von zweieinhalb Jahren als tat- und schuldangemessen.

[23] Die Gewährung bedingter Nachsicht eines Teils der über die Angeklagte E* G* verhängten Strafe nach § 43a Abs 4 StGB scheitert mit Blick auf die wiederholte Delinquenz und die Persönlichkeit der Angeklagten am Erfordernis der hohen Wahrscheinlichkeit künftigen Wohlverhaltens (vgl RIS-Justiz RS0092050).

[24] Die gegen den Strafausspruch betreffend die Angeklagte E* G* gerichteten Berufungen waren auf die Strafneubemessung zu verweisen.

[25] Die Anrechnung der Vorhaftzeit bei der Angeklagten E* G* gründet sich auf § 38 Abs 1 Z 1 StGB.

[26] Über die Anrechnung der nach Fällung des Urteils erster Instanz in Vorhaft (§ 38 StGB) zugebrachten Zeiten hat gemäß § 400 StPO die Vorsitzende des Erstgerichts mit Beschluss zu entscheiden (RIS-Justiz RS0091624).

[27] Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.

[28] Die der Angeklagten E* G* gewährte, aus dem Spruch ersichtliche bedingte Entlassung war aufgrund des raschen Rückfalls zur Verhinderung neuerlicher (und rascher) Delinquenz nach der Strafverbüßung zu widerrufen (§ 53 Abs 1 StGB, § 494a Abs 1 Z 4 StPO). Mit ihrer (impliziten) Beschwerde war die Angeklagte auf diese Entscheidung zu verweisen.

[29] Aus dem zuvor genannten Grund erweist sich auch beim Angeklagten C* G* der Widerruf der bedingten Entlassung als sachgerecht, sodass seine Beschwerde erfolglos blieb.

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ECLI:
ECLI:AT:OGH0002:2023:0140OS00067.23V.0801.000

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