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OGH vom 19.07.2023, 13Os46/23y

OGH vom 19.07.2023, 13Os46/23y

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Lässig als Vorsitzenden sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Michel, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Oberressl und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Brenner und Dr. SetzHummel LL.M. in Gegenwart des Schriftführers Richteramtsanwärter Mag. Wunsch in der Strafsache gegen * F* und andere Angeklagte wegen des Verbrechens des Mordes nach §§ 15, 75 StGB sowie weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten * F* gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Geschworenengericht vom , GZ 608 Hv 1/23v-157.2, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten * F*fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

[1] Mit dem angefochtenen, auf dem Wahrspruch der Geschworenen beruhenden Urteil wurde * F* des Verbrechens des Mordes nach §§ 15, 75 StGB (I) und des Vergehens des Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 129 Abs 1 Z 1 und 15 StGB (IV) schuldig erkannt.

[2] Danach hat er

(I) am in W* * B* durch wiederholte Schläge und Tritte vorsätzlich zu töten versucht sowie

(IV) am oder am in S* im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit anderen (im Urteil teils namentlich Genannten) durch Einbruch in Gebäude fremde bewegliche Sachen mit dem Vorsatz, sich oder einen Dritten durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, weggenommen und wegzunehmen versucht, und zwar

1) der P* Bargeld und drei Golddukaten im Wert von 2.163 Euro, indem sie das Fenster der Pfarrkanzlei aufzwängten, in die Räumlichkeiten eindrangen und den Tresor an sich nahmen, sowie

2) dem Verein „pu*“ Wertgegenstände, indem sie eine Glastüre zum Büro des Vereins aufzwängten und das Büro durchwühlten, wobei es beim Versuch (§ 15 StGB) blieb, weil sie nichts von Wert vorfanden.

Rechtliche Beurteilung

[3] Dagegen richtet sich die auf § 345 Abs 1 Z 6 und 11 (richtig) lit a StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten * F*.

[4] Die Behauptung der Fragenrüge (Z 6), den Hauptfragen nach dem Vergehen des Diebstahls durch Einbruch mangle es am Tatbestandselement des Bereicherungsvorsatzes, entfernt sich von der Aktenlage, womit sie keiner inhaltlichen Erwiderung zugänglich ist.

[5] Weshalb in die Hauptfragen (§ 312 Abs 1 StPO) generell auch der bedingte Vorsatz des Angeklagten hätte aufgenommen werden müssen, leitet die Rüge nicht aus dem Gesetz ab.

[6] Hinzugefügt sei, dass § 75 StGB keine vom Mindesterfordernis des § 5 Abs 1 zweiter Halbsatz StGB abweichenden Vorsatzformen oder zusätzlichen Vorsatzerfordernisse verlangt. Daher musste der in der zuletzt genannten Bestimmung umschriebene bedingte Vorsatz mit Blick auf § 7 Abs 1 StGB nicht in die Hauptfrage aufgenommen werden (RIS-Justiz RS0113270 [T1]; Lässig, WK-StPO § 312 Rz 10). Entsprechendes gilt für den Tatbestand des § 127 StGB, weil auch dieser – vom Bereicherungsvorsatz (dazu oben) abgesehen – keine besonderen Vorsatzerfordernisse verlangt.

[7] Welcher Fragenzusätze es aus ihrer Sicht mit Blick auf das Deliktsstadium des Versuchs bedurft hätte, macht die Fragenrüge nicht klar.

[8] Der Nichtigkeitsgrund des § 345 Abs 1 Z 6 StPO zielt darauf, eine Verletzung der in §§ 312 bis 317 StPO enthaltenden Vorschriften aufzuzeigen.

[9] Soweit die Rüge unter dem Aspekt der Z 6 einen Verstoß gegen § 318 StPO behauptet, lässt sie daher keinen Bezug zu den Kriterien des angesprochenen Nichtigkeitsgrundes erkennen.

[10] Die Geltendmachung materieller Nichtigkeit im geschworenengerichtlichen Verfahren verlangt den Vergleich der im Wahrspruch der Geschworenen (§§ 330 bis 333 StPO) festgestellten Tatsachen mit der im Schuldspruch (§§ 260 Abs 1 Z 2, 270 Abs 2 Z 4 StPO iVm § 342 StPO) vorgenommenen Subsumtion (RIS-Justiz RS0101148 und RS0101403).

[11] Diese Anforderung verfehlt die Rechtsrüge (Z 11 lit a), indem sie den mit Blick auf § 7 Abs 1 StGB durch die dem Text des § 75 StGB entsprechende Formulierung der Hauptfrage hinreichend zum Ausdruck gebrachten (RIS-Justiz RS0089093, RS0089114 [T4] und RS0113270 [T1]; Lässig, WK-StPO § 312 Rz 10) und solcherart im Wahrspruch der Geschworenen festgestellten (zumindest bedingten [§ 5 Abs 1 StGB]) Tötungsvorsatz bestreitet.

[12] Gleiches gilt, soweit die Rechtsrüge den Schuldspruch IV bekämpft, dabei aber wiederum nicht am im Wahrspruch der Geschworenen festgestellten Vorsatz festhält (siehe dazu die dem Text des § 127 StGB entsprechende Formulierung der Hauptfragen 2 und 3).

[13] Weshalb das im Wahrspruch der Geschworenen (durch Bejahung der Hauptfragen 2 und 3) festgestellte Tatsachensubstrat den Schuldspruch nach dem Vergehen des Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 129 Abs 1 Z 1 und 15 StGB (IV) nicht tragen sollte, leitet die Beschwerde nicht aus dem Gesetz ab (siehe aber RIS-Justiz RS0116565).

[14] Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher gemäß §§ 344, 285d Abs 1 StPO bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen.

[15] Die Entscheidung über die Berufung kommt dem Oberlandesgericht zu (§§ 344, 285i StPO).

[16] Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.

Zusatzinformationen


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ECLI:
ECLI:AT:OGH0002:2023:0130OS00046.23Y.0719.000

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