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OGH vom 13.06.2023, 11Os2/23p

OGH vom 13.06.2023, 11Os2/23p

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am durch die Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofs Mag. Marek als Vorsitzende sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner-Foregger, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Nordmeyer, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Fürnkranz sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Oberressl in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Mair als Schriftführerin in der Strafsache gegen * R* wegen des Verbrechens der Untreue nach § 153 Abs 1, Abs 3 zweiter Fall StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie über die Berufung der Privatbeteiligten W*, gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom , GZ 12 Hv 6/22w-226, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

[1] Mit dem angefochtenen Urteil wurde – soweit für das Verfahren über die Nichtigkeitsbeschwerde von Relevanz – der Angeklagte * R* des Verbrechens der Untreue nach § 153 Abs 1, Abs 3 zweiter Fall StGB (A./) und „des“ (vgl aber RISJustiz RS0090611 [T1]) Vergehens der Datenfälschung nach § 225a StGB (B./) schuldig erkannt.

[2] Gemäß § 20 Abs 3 StGB wurde ein Betrag von 581.505,33 Euro für verfallen erklärt.

Rechtliche Beurteilung

[3] Ausdrücklich nur gegen den Verfallsausspruch richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 11 erster Fall (iVm Z 5 zweiter Fall) StPO gegründete Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten.

[4] Der hiezu unter dem Aspekt der Unvollständigkeit erhobene Einwand, im Urteil wären einzelne Angaben des Angeklagten, wonach er die vom Verfallsausspruch umfassten Beträge nicht für die private Lebensführung, sondern für beruflich bedingte Reisetätigkeiten in Europa verwendet habe, nicht berücksichtigt worden, ist unberechtigt, weil sich die Urteilserwägungen – dem Gebot zu bestimmter, aber gedrängter Darstellung in den Entscheidungsgründen folgend (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO; RIS-Justiz RS0106642) – mit der Verantwortung des Angeklagten zur Verwendung dieser Geldbeträge durchaus auseinandersetzten (US 28). Da die Tatrichter die Verantwortung des Genannten in diesem Zusammenhang insgesamt als unglaubwürdig bewerteten, waren sie nicht gehalten, sämtliche Details der diesbezüglichen Verantwortung des Angeklagten zu erörtern (RIS-Justiz RS0098642 [T1]). Im Ergebnis reduziert sich dieser Vorwurf damit auf eine – in dieser Form unzulässige (RIS-Justiz RS0098471 [T1]) – Bekämpfung der Beweiswürdigung des Erstgerichts.

[5] Das weitere Vorbringen übersieht, dass auch die rechtskräftige Bestätigung eines Zahlungsplans im Privat-Konkursverfahren des Angeklagten (AZ * des Handelsgerichts Wien) per se einen Ausspruch über einen Verfall noch nicht ausschließt, weil § 20a Abs 2 Z 2 StGB einen solchen Ausschluss lediglich insoweit vorsieht, als der Betroffene zivilrechtliche Ansprüche aus der Tat bereits befriedigt oder für sie Sicherheit geleistet hat (RIS-Justiz RS0129916), während eine (wenn auch in vollstreckbarer Form erfolgte) bloße Verpflichtung zur Befriedigung zivilrechtlicher Ansprüche, also eine zivilrechtliche Verurteilung, ein Vergleich im Sinn des § 1 Abs 5 EO, ein vollstreckbarer Notariatsakt im Sinn des § 1 Z 17 EO oder ein Zuspruch an Privatbeteiligte im Strafverfahren für einen Verfallsausspruch kein Hindernis darstellt (12 Os 31/19d; vgl Fuchs/Tipold in WK² StGB § 20a Rz 19 f).

[6] Der mit Blick auf § 20a Abs 2 Z 2 StGB erhobene Vorwurf, das Erstgericht habe im Konkursverfahren der O* GmbH (AZ * des Handelsgerichts Wien) sowie im eigenen Insolvenzverfahren (AZ * des Handelsgerichts Wien) geleistete Zahlungen des Angeklagten übergangen (Z 11 erster Fall iVm Z 5 zweiter Fall), missachtet prozessordnungswidrig das Gebot, die Fundstelle ihrer argumentativen Basis in den Akten bzw ihres Vorkommens im Rahmen der Hauptverhandlung (vgl US 32, wonach eine Sichtung der Akten dieser Insolvenzverfahren im Übrigen gar nicht stattfand) konkret zu bezeichnen (RIS-Justiz RS0124172).

[7] Soweit sich der Vorwurf der Unvollständigkeit auch auf den bloßen Umstand bezieht, dass die nach dem konstatierten Zahlungsplan bereits am fällige Zahlung der ersten Rate in Höhe von 38.000 Euro (vgl US 12 f) auch tatsächlich bezahlt worden wäre, lässt die Rüge den erforderlichen Bezug zu einer entscheidungsrelevanten Tatsache nicht erkennen (RIS-Justiz RS0106268). Denn mit Blick auf den (von der Beschwerde nicht thematisierten) Umstand, dass das Urteil den Kreis der durch diese Zahlungen begünstigten Gläubiger nicht abschließend konkretisiert (vgl US 13: „unter anderem“) und weiters keinen konkreten Bezug zwischen den dem Verfallsausspruch zu Grunde liegenden Tathandlungen und den dadurch betroffenen Geschädigten herstellt (vgl US 16 f), lässt diese Zahlung keine Rückschlüsse darauf zu, inwieweit sie genau die dem in Rede stehenden Verfallsbetrag bzw den korrespondierenden Tathandlungen (mit einem Gesamtschaden von zumindest 9.613.058,13 Euro) zuzuordnenden zivilrechtlichen Ansprüche vermindert haben sollte.

[8] In Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur war die Nichtigkeitsbeschwerde daher bereits bei der nichtöffentlichen Beratung zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufungen des Angeklagten sowie der Privatbeteiligten W* folgt (§ 285i StPO).

[9] Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

Zusatzinformationen


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ECLI:
ECLI:AT:OGH0002:2023:0110OS00002.23P.0613.000

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