Zurücknahmeerklärung ohne Mängelbehebungsauftrag
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch Richter in der Beschwerdesache Beschwerdeführerin, vertreten durch Steuerberater, gegen den Bescheid (Berufungsvorentscheidung) des Finanzamtes vom , Steuernummer, mit dem die Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid 2012 vom für zurückgenommern erklärt wurde, zu Recht erkannt:
Der Bescheid vom wird aufgehoben.
Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) unzulässig.
Entscheidungsgründe
Mit Bescheid vom hob das Finanzamt den Einkommensteuerbescheid 2012 vom im Wesentlichen mit der Begründung auf, dass der Bescheid inhaltlich rechtswidrig sei. Mit gleichem Datum wurde ein neuer Sachbescheid erlassen sowie Anspruchszinsen festgesetzt.
Mit Schriftsatz vom wurde Beschwerde gegen den Bescheid über die Aufhebung des Einkommensteuerbescheides 2012, gegen den Einkommensteuerbescheid 2012 und gegen den Bescheid über die Festsetzung von Anspruchszinsen jeweils vom eingebracht. Hinsichtlich Begründung und Anträge wurde darauf hingewiesen, dass die Begründung und die entsprechenden Änderungsanträge gesondert nachgereicht würden.
Am erließ das Finanzamt einen als Mängelbehebungsauftrag titulierten Bescheid (Zustellung ohne Zustellnachweis) mit folgendem Inhalt:
„Ihre Beschwerde vom gegen Aufhebung Einkommensteuerbescheid 2012 vom weist durch das Fehlen eines Inhaltserfordernisses (§ 250 ff BAO) die nachfolgenden Mängel auf:
Fehlen eines Inhaltserfordernisses gemäß § 250 Abs. 1 BAO
Begründung und entsprechende Änderungsanträge
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diese Anordnung ist gemäß § 244 der Bundesabgabenordnung (BAO) ein abgesondertes Rechtsmittel nicht zulässig. Sie kann erst in der Beschwerde gegen den die Angelegenheit abschließenden Bescheid angefochtenen werden.“
Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde ausgesprochen, dass die Beschwerde vom gegen den Einkommensteuerbescheid 2012 vom als zurückgenommen gelte. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass die Beschwerdeführerin dem Auftrag, die Mängel der Beschwerde zu beheben, nicht entsprochen habe. Daher sei gemäß § 85 Abs. 2 BAO mit Bescheid auszusprechen, dass die Beschwerde als zurückgenommen gelte.
Mit Schreiben vom wurde gemäß § 265 BAO beantragt, die Beschwerden vom gegen die Bescheide vom dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorzulegen. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass dem Einschreiter die Behebung von berechtigten Mängeln mit dem Hinweis aufzutragen sei, dass die Eingabe nach fruchtlosem Ablauf einer gleichzeitig zu bestimmenden angemessenen Frist als zurückgenommen gelte. Der Mängelbehebungsauftrag vom beziehe sich nur auf die Beschwerde betreffend Aufhebung des Einkommensteuerbescheides 2012 vom und enthalte weder einen diesbezüglichen Hinweis noch eine (angemessene) Frist zur Behebung der Mängel. Die Zurücknahme der Beschwerde sei daher nicht eingetreten. In weiterer Folge wurde die Beschwerde vom 12.2.1015 hinsichtlich Änderungsanträge und Begründung ergänzt.
Am wurde die Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid 2015 elektronisch mit folgender Begründung vorgelegt: „Die Beschwerdeführerin wurde mit Schreiben vom aufgefordert, die beantragten außergewöhnlichen Belastungen anhand geeigneter Unterlagen nachzuweisen. Da dieses Ersuchen unbeantwortet blieb, wurden die beantragten Kosten im berichtigten Einkommensteuerbescheid nicht berücksichtigt. Die dagegen erhobene Beschwerde enthielt weder Begründung noch Änderungsanträge. Der daraufhin erteilte Auftrag zur Behebung dieser Mängel enthielt weder eine Frist noch einen Hinweis, dass die Eingabe nach Ablauf der Frist als zurückgenommen gilt. Mit Beschwerdevorentscheidung wurde die Beschwerde als zurückgenommen erklärt.“
Aus den vorgelegten Akten und aus den Parteienvorbringen ergibt sich folgender entscheidungsrelevanter Sachverhalt:
Jeweils mit Bescheid von wurde der Einkommensteuerbescheid 2012 vom aufgehoben, ein neuer Einkommensteuerbescheid 2012 erlassen und Anspruchszinsen festgesetzt.
Mit Schreiben vom wurde gegen die drei Bescheide vom Beschwerde eingebracht. Änderungsanträge und Begründung fehlten.
Mit Schreiben vom wurde hinsichtlich der Beschwerde gegen die Aufhebung des Einkommensteuerbescheides 2012 ein Mängelbehebungsauftrag erlassen. Eine Fristsetzung sowie der Hinweis auf die Rechtsfolgen bei Versäumen der Frist fehlten.
Mit Bescheid vom wurde die Beschwerde vom gegen den Einkommensteuerbescheid 2012 für zurückgenommen erklärt.
Vorlageantrag gemäß § 264 BAO wurde hinsichtlich aller drei am erlassener Bescheide eingebracht. Vorgelegt wurde die Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid 2012.
Gemäß § 250 Abs. 1 BAO hat eine Bescheidbeschwerde zu enthalten:
a) die Bezeichnung des Bescheides, gegen den sie sich richtet;
b) die Erklärung, in welchen Punkten der Bescheid angefochten wird;
c) die Erklärung, welche Änderungen beantragt werden;
d) eine Begründung.
Entspricht die Bescheidbeschwerde nicht diesen Erfordernissen, hat das Finanzamt nach § 85 Abs. 2 2. Satz BAO vorzugehen. Diese Bestimmung lautet:
Die Abgabenbehörde hat dem Einschreiter die Behebung dieser Mängel mit dem Hinweis aufzutragen, dass die Eingabe nach fruchtlosem Ablauf einer gleichzeitig zu bestimmenden angemessenen Frist als zurückgenommen gilt; werden die Mängel rechtzeitig behoben, gilt die Eingabe als ursprünglich richtig eingebracht.
Im vorliegenden Fall wird nicht die Unzulässigkeit einer Verfügung des Mängelbehebungsauftrages geltend gemacht, zumal in der Beschwerde vom ausdrücklich darauf hingewiesen wurde, dass Begründungen und Änderungsanträge nachgereicht würden.
Da die Beschwerde gegen den Bescheid betreffend Aufhebung des Einkommensteuerbescheides 2012, gegen den Einkommensteuerbescheid 2012 sowie gegen den Bescheid über die Festsetzung von Anspruchszinsen 2012, jeweils vom , unstrittig nicht den in § 250 Abs 1 BAO umschriebenen Erfordernissen entsprochen hat, ist das Finanzamt gemäß § 85 Abs 2 BAO verpflichtet, unter Setzung einer angemessenen Frist die Behebung der Mängel aufzutragen (vgl ). Es handelt sich dabei um keine Ermessensentscheidung der Behörde.
Wird einem berechtigten behördlichen Auftrag zur Mängelbehebung überhaupt nicht, nicht rechtzeitig oder zwar innerhalb der gesetzten Frist, aber unzureichend entsprochen, ist die Behörde verpflichtet, einen Bescheid (Beschwerdevorentscheidung) zu erlassen, mit dem die Zurücknahme der Beschwerde festgestellt wird (vgl. Zl. 91/15/0135; ). Das bedeutet, dass die gesetzlich normierte Rechtsfolge der Zurücknahmeerklärung einen Mängelbehebungsauftrag im Sinne des § 85 Abs. 2 BAO voraussetzt. Ein derartiger Auftrag liegt in Zusammenhang mit der Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid 2012 im gegenständlichen Fall nicht vor. Das Finanzamt war daher nicht berechtigt, die Beschwerde vom gegen den Einkommensteuerbescheid 2012 vom als zurückgenommen zu erklären. Dieser beschwerdegegenständliche Bescheid (Berufungsvorentscheidung) vom ist daher rechtswidrig und wird mit der gegenständlichen Entscheidung aufgehoben.
Da der Mängelbehebungsauftrag vom in Zusammenhang mit der Beschwerde gegen den Bescheid betreffend Aufhebung des Einkommensteuerbescheides 2012 bislang keine Rechtsfolgen und kein Beschwerdeverfahren ausgelöst hat, ist es entbehrlich auf dessen Mangelhaftigkeit einzugehen.
Unzulässigkeit einer Revision
Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine Revision nicht zulässig, da das Erkenntnis nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis nicht von der Rechtssprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im gegenständlichen Fall wurde in keiner Rechtsfrage entschieden, der grundsätzliche Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zukommt, sodass eine Revision unzulässig ist.
Linz, am
Zusatzinformationen
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie | Steuer |
betroffene Normen | BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 250 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2015:RV.5100591.2015 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at