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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 24.07.2015, RV/1100425/2013

Grobes Verschulden an einer Fristversäumnis

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag. Claudia Mauthner in der Beschwerdesache Bf., gegen den Bescheid des Finanzamtes vom über die Festsetzung eines ersten Säumniszuschlages zu Recht erkannt: 

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen. Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) unzulässig.

Entscheidungsgründe

Mit Bescheid des Finanzamtes Bregenz vom wurde dem Beschwerdeführer (in der Folge abgekürzt Bf.) ein erster Säumniszuschlag in Höhe von 111,28 € vorgeschrieben, da die Einkommensteuervorauszahlung für das dritte Quartal 2013 in Höhe von 5.564,00 € nicht bis zum Fälligkeitstag, dem , entrichtet wurde.

In der gegen diesen Bescheid fristgerecht eingebrachten Berufung wurde unter Verweis auf § 217 Abs. 7 BAO die Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt. Begründend führte der Bf. sinngemäß aus, beim Lesen der Benachrichtigung über den Fälligkeitszeitpunkt der Einkommensteuer für den Zeitraum 07-09/2013 vom sei ihm ein Flüchtigkeitsfehler unterlaufen. So habe er durch Überlesen der ersten Zeile der Benachrichtigung den Vorauszahlungszeitraum 07-09/2013 irrtümlich als Fälligkeitsdatum wahrgenommen. Er sei also fälschlicherweise davon ausgegangen, dass Fälligkeitstag der sei. Als Nachweis für den Wahrheitsgehalt seines Vorbringens diene der beigebrachte Electronic Banking Belegausdruck vom . Daraus sei zu ersehen, dass er in der Annahme, Fälligkeitstag sei der , bereits am eine Überweisung für Dienstag, den , veranlasst habe, um sicherzustellen, dass der betreffende Betrag jedenfalls am Samstag, dem , dem Finanzamtskonto gutgeschrieben werde. Tatsächlich sei der Betrag seinem Abgabenkonto bereits am gutgeschrieben worden. Demgegenüber sei der gegenständliche Säumniszuschlag erst mit Bescheid vom festgesetzt worden. Dieser Umstand stelle klar, dass er die betreffende Einkommensteuervorauszahlung ohne Kenntnis von der Verhängung des Säumniszuschlages bezahlt habe. Ein bloßes Versehen bzw. ein Übertragungfehler sei jedenfalls nicht unter den Begriff "grobes Verschulden" des § 217 Abs. 7 BAO zu subsumieren.

Zudem sei gemäß § 215 Abs. 5 BAO unter gewissen Umständen und beim ersten Mal eine Fristüberschreitung nicht schädlich. Da Fälligkeitstag Freitag, der , gewesen sei, hätte - da 5 Arbeitstage sowie 3 Tage Respirofrist zu berücksichtigen seien und Samstage und Sonntage nicht in den Fristenlauf einzurechnen seien - eine Säumnis bis einschließlich Mittwoch, den , nicht zur Festsetzung eines Säumniszuschlages geführt (Samstag: ; Sonntag: ; Montag bis Freitag: -; Samstag: ; Sonntag: ; Montag bis Mittwoch: -). Die Überweisung sei am veranlasst worden und somit 6 Tage nach dem . Durchgeführt worden sei die Überweisung am . Somit sei eine tatsächliche Zeitüberschreitung von 7 Tagen entstanden. Für ein Gehaltskonto werde derzeit ein Zinssatz von unter 0,5% gezahlt, sodass eine Verzinsung von 7 Tagen zu geringfügig sei, um von einer Vorteilsgewährung auszugehen. Auch sei zu berücksichtigen, dass bisher alle Zahlungen einige Tage vor dem jeweiligen Fälligkeitszeitpunkt überwiesen worden seien und diese Handlungsweise zukünftig beibehalten werden solle. 

Mit Vorlagebericht (Verf46) vom legte das Finanzamt dem unabhängigen Finanzsenat die gegenständlichen Berufung ohne Erlassung einer Berufungsvorentscheidung zur Entscheidung vor.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Vorauszuschicken ist, dass der unabhängige Finanzsenat mit gemäß Art. 151 Abs. 1 Z 8 B-VG aufgelöst wurde. Die Zuständigkeit zur Weiterführung der mit Ablauf des bei dieser Behörde anhängigen Verfahren ging auf das Bundesfinanz­gericht über. Gemäß § 323 Abs. 38 BAO sind die am beim unabhängigen Finanzsenat als Abgabenbehörde zweiter Instanz anhängigen Berufungen vom Bundes­finanzgericht als Beschwerden im Sinne des Art. 130 Abs. 1 B-VG zu erledigen.

Zwischen den Parteien steht außer Streit, dass die dem Säumniszuschlag zugrunde liegende, am fällig gewordene Einkommensteuervorauszahlung für das dritte Quartal 2013 erst am beglichen wurde. Unstrittig ist weiters, dass auch keine ausnahmsweise Säumnis im Sinne des § 217 Abs. 5 BAO vorliegt. Der Bf. hat allerdings in der Beschwerde gegen den Säumniszuschlagsbescheid unter Berufung auf fehlendes grobes Verschulden an der gegenständlichen Säumnis einen Antrag gemäß § 217 Abs. 7 BAO gestellt. Derartige Anträge können im Hinblick darauf, dass Beschwerdeerledigungen grundsätzlich auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt ihrer Erlassung Bedacht zu nehmen haben, auch in einem Rechtsmittel gegen den Säumniszuschlagsbescheid gestellt werden (siehe dazu Ritz, BAO5, § 217 Tz 65).

Im Anlassfall sind folgende Normen maßgeblich:

Gemäß § 217 Abs. 1 BAO sind für Abgaben, ausgenommen Nebengebühren (§ 3 Abs. 2 lit. d), die nicht spätestens am Fälligkeitstag entrichtet werden, Säumniszuschläge zu entrichten. Gemäß Abs. 2 der zitierten Norm beträgt der erste Säumniszuschlag 2% des nicht zeitgerecht entrichteten Abgabenbetrages.

Gemäß § 217 Abs. 5 BAO entsteht die Verpflichtung zur Entrichtung eines Säumniszuschlages gemäß Abs. 2 nicht, soweit die Säumnis nicht mehr als fünf Tage beträgt und der Abgabepflichtige innerhalb der letzten sechs Monate vor dem Eintritt der Säumnis alle Abgabenschuldigkeiten, hinsichtlich derer die Gebarung (§ 213) mit jener der nicht zeitgerecht entrichteten Abgabenschuldigkeit zusammengefasst verbucht wird, zeitgerecht entrichtet hat. In den Lauf der fünftägigen Frist sind Samstage, Sonntage, gesetzliche Feiertage, der Karfreitag und der 24. Dezember nicht einzurechnen; sie beginnt in den Fällen des § 211 Abs. 2 und 3 erst mit dem Ablauf der dort genannten Frist.

Gemäß § 217 Abs. 7 BAO sind Säumniszuschläge auf Antrag des Abgabepflichtigen insoweit herabzusetzen bzw. nicht festzusetzen, als ihn an der Säumnis kein grobes Verschulden trifft, insbesondere insoweit bei nach Abgabenvorschriften selbst zu berechnenden Abgaben kein grobes Verschulden an der Unrichtigkeit der Selbstberechnung vorliegt.

Gemäß § 45 Abs. 1 EStG 1988 hat der Steuerpflichtige auf die Einkommensteuer nach dem allgemeinen Steuertarif und nach dem besonderen Steuersatz gemäß § 27a Vorauszahlungen zu entrichten. Vorauszahlungen sind auf volle Euro abzurunden. Für Lohnsteuerpflichtige sind Vorauszahlungen nur in den Fällen des § 41 Abs. 1 Z 1 und 2 festzusetzen.

Gemäß § 45 Abs. 2 EStG 1988 sind die Vorauszahlungen zu je einem Viertel am 15. Februar, 15. Mai, 15. August und 15. November zu leisten.

Grobes Verschulden im Sinne des § 217 Abs. 7 BAO liegt vor, wenn eine auffallende und ungewöhnliche Vernachlässigung einer Sorgfaltspflicht vorliegt, die den Eintritt des Schadens als wahrscheinlich und nicht bloß als entfernt möglich voraussehbar erscheinen lässt. Auffallend sorglos handelt, wer die im Verkehr mit Behörden und für die Einhaltung von Terminen und Fristen erforderliche und nach den persönlichen Fähigkeiten zumutbare Sorgfalt außer Acht lässt (, siehe Ritz, BAO5, § 217 Tz 43ff und § 308 Tz 13ff). Demgegenüber ist von einem minderen Grad des Versehens auszugehen, wenn ein Fehler unterläuft, den gelegentlich auch ein sorgfältiger Mensch begeht. Das Vorliegen bzw. Fehlen groben Verschuldens ist stets nach den Umständen des Einzelfalles zu beurteilen. In diesem Sinne ist an rechtskundige Personen ein strengerer Maßstab anzulegen, als an Rechtsunkundige oder bisher noch nie an Verfahren beteiligten Personen. War die Versäumung voraussehbar und hätte sie durch ein dem Antragswerber zumutbares Verhalten abgewendet werden können, dann wird dies als auffallend sorglos zu beurteilen sein und der Stattgabe des Antrages entgegenstehen (vgl. etwa ).

Grundsätzlich ist dem Bf. zuzustimmen, dass ein Flüchtigkeitsfehler - im Anlassfall eine irrtümliche Wahrnehmung des Vorauszahlungszeitraumes als Fälligkeitsdatum - nicht nur ungewöhnlich nachlässigen, sondern auch sorgfältigen Menschen passieren kann. Gegenständlich ist aber zu berücksichtigen, dass der Fälligkeitstermin der dem Säumniszuschlag zugrunde liegenden Einkommensteuervorauszahlung dem Bf. nicht nur mittels einer zeitnahen Benachrichtigung bekannt gegeben wurde, sondern dass auch der am ergangene Vorauszahlungsbescheid diesen Termin expressis verbis angeführt hat. Überdies handelt es sich bei den Fälligkeitsterminen der Einkommensteuervorauszahlungen um gesetzlich geregelte, regelmäßig wiederkehrende Steuertermine, die der Bf., da er bereits im Jahr 2012 aufgrund des am ergangenen Vorauszahlungsbescheides 2012 derartige Vorauszahlungen zu leisten hatte, kennen hätte müssen. Es wäre daher an ihm gelegen, sich diese Termine in geeigneter Weise vorzumerken. Dass er dies nicht getan hat, ist als auffallende Sorglosigkeit und somit als grobes Verschulden im Umgang mit Fristen zu werten (in diesem Sinne auch ; ; -F/18; -F/09)

Dem Einwand des Bf. - die Zahlungsfrist sei nur geringfügig überschritten worden, sodass wegen des gegenwärtig niedrigen Zinssatzes bloß von einem zu vernachlässigen Zinsgewinn auszugehen sei - kommt deshalb keine Berechtigung zu, weil es nach der Rechtsprechung als Auswirkung der allgemeinen Rechtslage anzusehen ist, wenn der Säumniszuschlag bei kurzer Dauer des Verzuges einer höheren "Verzinsung" des geschuldeten Abgabenbetrages entspricht als bei längerer Dauer (siehe dazu , ). Darüber hinaus hat ein Säumniszuschlag nicht den Charakter einer Verzinsung des seiner Vorschreibung zu Grunde liegenden Abgabenrückstandes. Der Säumniszuschlag ist nämlich seiner Höhe nach unabhängig vom Zeitraum, während dessen der betreffende Abgabenrückstand besteht, wogegen Zinsen ihrem Ausmaß nach von der Dauer jenes Zeitraumes abhängen, innerhalb dessen eine fällige Zahlung nicht geleistet wird (; /0049BFG , RV/5100172/2012 ).

Auch der Verfassungsgerichtshof hat mit Erkenntnis vom , B249/80, die für die Anlastung eines Säumniszuschlages maßgeblichen Rechtsgrundlagen als unbedenklich erachtet. Aus der Sicht dieses Gerichtshofes bezwecke der Säumniszuschlag die Sicherstellung der rechtzeitigen Entrichtung der Abgaben. Gegen dieses Ziel sei aus verfassungsrechtlicher Sicht nichts einzuwenden, auch nicht gegen die Mittel, es zu erreichen. Die Regelungen betreffend den Säumniszuschlag seien auch nicht unsachlich; vielmehr habe der Gesetzgeber eine im Interesse der Verwaltungsökonomie gelegene Pauschallösung getroffen. Da es dem Gesetzgeber zustehe, eine einfache und leicht handhabbare Regelung zu erlassen, müssten in Einzelfällen entstehende Härten in Kauf genommen werden.

Für die Frage, ob im Anlassfall ein grobes Verschulden an der Säumnis vorliegt, ist auch nicht maßgeblich, ob in der Vergangenheit alle Zahlungen nicht nur termingerecht erfolgt sind, sondern sogar einige Tage vor dem jeweiligen Fälligkeitszeitpunkt. Einem solchen Vorbringen käme lediglich im Rahmen der Beurteilung der Anwendbarkeit der Bestimmung des § 217 Abs. 5 BAO Bedeutung zu (-F/09).

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Diese Voraussetzungen sind im Beschwerdefall nicht erfüllt, sodass eine (ordentliche) Revision nicht zulässig ist.

Gesamthaft war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Feldkirch, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 217 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 217 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 45 Abs. 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 217 Abs. 7 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 45 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 217 Abs. 5 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
ECLI
ECLI:AT:BFG:2015:RV.1100425.2013

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at