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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 03.08.2015, RV/1100411/2013

Abzug von Darlehenszinsen bei Einkünften aus Vermietung und Verpachtung nach Grundstücksschenkung ohne Übernahme von Verbindlichkeiten

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Dr. Gerhild Fellner

in der Beschwerdesache der Adr,

vertreten durch Schneider Wirtschaftsprüfung und Steuerberatung GmbH, Badstraße 23, 6844 Altach ,

betreffend den Bescheid des Finanzamtes Feldkirch vom

hinsichtlich Einkommensteuer 2012

zu Recht erkannt: 

Der Beschwerde wird im Umfang der Beschwerdevorentscheidung teilweise Folge gegeben. Hinsichtlich der Bemessungsgrundlage und der Höhe der festgesetzten Abgabe wird auf die Beschwerdevorentscheidung vom verwiesen.

Darüber hinausgehend wird die Beschwerde  als unbegründet abgewiesen.

Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) ist unzulässig.

Entscheidungsgründe

Vorausgeschickt wird:

Gemäß Art. 151 Abs. 51 Z 8 B-VG wurde mit der Unabhängige Finanzsenat aufgelöst. Die Zuständigkeit zur Weiterführung der mit Ablauf des bei dieser Behörde anhängigen Verfahren ging auf das Verwaltungsgericht (Bundesfinanzgericht) über. Gemäß § 323 Abs. 38 BAO sind am anhängige Berufungen vom Bundesfinanzgericht als Beschwerden im Sinne des Art. 130 Abs. 1 B-VG zu erledigen. Im folgenden Text wird bereits die der neuen Rechtslage entsprechende Terminologie verwendet.

Mit Schenkungsvertrag vom 11222011 übergab AB als Miteigentümer nachstehende, jeweils mit Wohnungseigentum verbundene Liegenschaftsanteile an seine Gattin, die Beschwerdeführerin: EZ 1, GB C, EZ 2, GB D, EZ 3, GB E und EZ 4, GB F.

Unter Punkt II, Absatz 4 des Vertrages wurde festgeschrieben, dass ungeachtet allfällig besehender Pfandlasten von der Geschenknehmerin keine Kredite oder Darlehen übernommen würden. Allfällige Verbindlichkeiten, zu deren Gunsten die Vertragsliegenschaften besichert sein sollten, blieben im alleinigen Zahlungsversprechen des Geschenkgebers, welcher sich verpflichte, die Geschenknehmerin diesbezüglich schad- klag- und exekutionslos zu halten und dafür Sorge zu tragen, dass die Verbindlichkeiten von ihm ordnungsgemäß abgedeckt sowie allfällige Pfandrechte danach gelöscht würden.

Unter Punkt III des Vertrages räumte die Geschenknehmerin dem Geschenkgeber das lebenslängliche Wiederkaufsrecht hinsichtlich der vertragsgegenständlichen Objekte ein. Der Wiederkaufspreis betrage für jede Wohnung und den damit verbundenen Miteigentumsanteil 1,00 € (in Worten: ein Euro). Im letzten Absatz des selben Vertragspunktes verpflichtete sich die Geschenknehmerin zudem, die nunmehr in ihrem Alleineigentum stehenden Vertragsgegenstände ohne Zustimmung des Geschenkgebers weder zu belasten noch zu veräußern.

In ihrer Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid, mit dem die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung der oben beschriebenen Objekte der Besteuerung unterzogen worden waren, führte die Beschwerdeführerin aus, "sie habe die Einkunftsquellen samt den darauf lastenden Finanzierungen unentgeltlich übernommen" und sei daher berechtigt, die AfA des Rechtsvorgängers und die Zinsen der übernommenen Schulden abzusetzen.

Seitens des Finanzamtes wurde eine teilweise stattgebende Beschwerdevorentscheidung erlassen, die jeweils den entsprechenden AfA-Betrag berücksichtigte. Im Hinblick auf die Aufwendungen für Zinsen wurde ausgeführt: Entgegen den Ausführungen in der Beschwerde, habe die Beschwerdeführerin laut Vertrag keine Kredite bzw. Darlehen übernommen. Vielmehr seien laut Vertragstext alle Verbindlichkeiten beim Geschenkgeber verblieben, der sich verpflichtet habe, für die Abdeckung der Verbindlichkeiten Sorge zu tragen. Die geltend gemachten Aufwendungen für Zinsen hätten daher nicht in Abzug gebracht werden können.

In der Folge brachte die Beschwerdeführerin durch einen steuerlichen Vertreter einen Antrag auf Vorlage ihrer Beschwerde an das Bundesfinanzgericht ein. Sie erläuterte: Es treffe zu, dass sie die mit den Objekten zusammenhängenden Schulden zivilrechtlich nicht übernommen habe. Jedoch habe sie sich in Form einer mündlichen Nebenabrede dazu verpflichtet, dass die Mieteinnahmen und ein allfälliger Veräußerungserlös vorrangig zur Schuldentilgung zu verwenden seien. Diese Vereinbarung sei auch von Anfang an umgesetzt worden. Der Schuldzinsenabzug sei daher zulässig, weil die Beschwerdeführerin die Schulden, wirtschaftlich betrachtet, übernommen habe.

Erwägungen

Das Bundesfinanzgericht legt seinem Erkenntnis folgende Punkte als feststehend zugrunde:

  • AB übergab mit Schenkungsvertrag vier mit Einlagezahlen und Grundbuchsnummern (siehe oben) definierte Liegenschaftsanteile, jeweils mit Wohnungseigentum verbunden, an seine Gattin, die Beschwerdeführerin.

  • Laut Vertragspunkt II übernahm die Gattin als Geschenknehmerin keinerlei mit den Liegenschaften verbundene Pfandlasten oder Verbindlichkeiten, zu deren Gunsten die Liegenschaften besichert sein sollten, keine Kredite bzw. Darlehen.

  • Vielmehr wurde im Vertragspunkt II festgelegt, dass allfällige Verbindlichkeiten im Zahlungsversprechen des Geschenkgebers blieben, der sich verpflichte, die Geschenknehmerin diesbezüglich schad-, klag- und exekutionslos zu halten und die Verbindlichkeiten persönlich ordnungsgemäß abzudecken.

  • In Punkt III des Vertrages wurde ein Wiederkaufsrecht zugunsten des Geschenkgebers vereinbart, das ihn jederzeit berechtigt, jede einzelne Vertragsliegenschaft um den Betrag von 1,00 € (ein Euro) zurückzukaufen.

  • Zudem wurde in Punkt III ein Veräußerungs- und Belastungsverbot zugunsten des Geschenkgebers festgeschrieben.

Die Feststellungen beruhen auf dem im Akt aufliegenden Schenkungsvertrag.

Gesetzliche Grundlagen und rechtliche Würdigung:

Gemäß § 167 Abs. 2 BAO hat die Abgabenbehörde unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Abgabenverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht.

Nach ständiger Rechtsprechung genügt es, von mehreren Möglichkeiten jene als erwiesen anzunehmen, die gegenüber allen anderen Möglichkeiten eine überragende Wahrscheinlichkeit oder gar die Gewissheit für sich hat und alle anderen Möglichkeiten absolut oder mit Wahrscheinlichkeit ausschließt oder zumindest weniger wahrscheinlich erscheinen lässt.

Im Sinne des Grundsatzes der freien Beweiswürdigung sind alle Beweismittel gleichwertig und es gibt keine Beweisregeln. Ausschlaggebend ist der innere Wahrheitsgehalt der Ergebnisse der Beweisaufnahme. Ausnahmen gelten für öffentliche Urkunden, die nach § 292 Abs. 1 ZPO den vollen Beweis dessen begründen, was darin amtlich verfügt oder erklärt oder von der Urkundsperson bezeugt wird (Ritz, BAO5, § 167 Tz 1, 6 sowie § 169 Tz 8).

Öffentliche Urkunden sind unter anderem solche, die von einer mit öffentlichem Glauben versehenen Person innerhalb des ihr zugewiesenen Geschäftsbereiches in der vorgeschriebenen Form errichtet wurden. Dem Inhalt nach zählen zu ihnen auch Dispositivurkunden, die den in einer bestimmten Form in Erscheinung tretenden Willensakt manifestieren, wie etwa schriftliche Verträge (Ritz aaO, § 168 Tz 2 und 4).

Auf den Streitfall umgelegt bedeutet dies: Geht man davon aus, dass entsprechend Punkt II, Absatz 2 des Schenkungsvertrages eine "wirkliche Übergabe" stattfand und daher keine Notariatsaktspflicht iSd § 1 Abs. 1 lit. d NotariatsaktG gegeben war, so liegt eine öffentliche Urkunde vor, die von einem Legalisator als einer mit öffentlichem Glauben versehenen Person errichtet wurde.

Der darin zum Ausdruck kommende Willensakt zielt darauf ab, die Liegenschaften ohne Gegenleistung zu überlassen. Dies zeigt sich schon in der Überschrift "Schenkungsvertrag". Wäre keine Schenkung, sondern eine entgeltliches Geschäft beabsichtigt gewesen, so hätten die Vertragsparteien wohl die Überschrift "Übergabevertrag" oder "Kaufvertrag" gewählt und ausdrücklich eine Gegenleistung festgesetzt. Zu einer Gegenleistung zählen gemäß § 5 GrEStG auch "sonstige übernommene Leistungen". Darunter sind etwa auf einem Grundstück haftende Darlehen bzw. Verbindlichkeiten zu verstehen.

Der streitgegenständliche Vertrag umschreibt in einem ganzen Absatz (Punkt II, Absatz 4, siehe oben) überaus ausführlich, dass die Geschenknehmerin keine Pfandlasten, Verbindlichkeiten, Darlehen übernimmt, sondern für diese der Geschenkgeber einzustehen und sie schad-, klag- und exekutionslos zu halten hat.

Der Vertragstext dokumentiert also ausdrücklich den übereinstimmenden Willen der Vertragsparteien hinsichtlich der Unentgeltlichkeit der Zuwendung.

Aus der Verantwortung der Beschwerdeführerin im streitgegenständlichen Verfahren erhellt für das weitere Geschehen, dass ein nach allen Richtungen wirkender, steueroptimierender Effekt angestrebt wurde. So wurde in der Beschwerde auf die unentgeltliche "Übernahme der Einkunftsquelle samt darauf lastenden Finanzierungen" verwiesen. Abgesehen davon, dass eine Grundstücksübernahme samt damit verbundenen finanziellen Lasten schon per se nicht "unentgeltlich" sein kann,  stellt sich die Beschwerdeführerin damit in offenen Widerspruch zum Vertragstext (siehe oben). Im Vorlageantrag wurde dies - nach abschlägiger Beschwerdevorentscheidung - dahingehend korrigiert, dass eine entsprechende mündliche Nebenabrede getroffen worden sei.

In freier Beweiswürdigung kommt das Bundesfinanzgericht zu dem Schluss, dass die rechtliche Beurteilung entsprechend dem in Form einer öffentlichen Urkunde vorliegender Schenkungsvertrag zu erfolgen hat, der - als Schenkungsvertrag - naturgemäß keinerlei Gegenleistung vorsieht. Die Behauptung der mündlichen Nebenabrede stellt sich in Widerspruch zur Vertragstextierung und wird als nicht glaubwürdige Zweckbehauptung erachtet.

Eine Grundstücksschenkung stellt ein "anderes Rechtsgeschäft" iS des § 1 Abs. 1 Z 1 GrEStG dar, das einen Anspruch auf Übereignung begründet und grunderwerbsteuerpflichtig ist. Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer ist gemäß § 6 Abs. 1 lit. b GrEStG in der bis anzuwendenden Fassung das Dreifache des Einheitswertes. Bei einem entgeltlichen Rechtsgeschäft iSd § 5 GrEStG besteht die Gegenleistung als Grunderwerbsteuerbemessungsgrundlage u.a. in "den übernommenen sonstigen Leistungen", zB übernommenen Verbindlichkeiten. Es entspricht der Lebensrealität, dass (dreifache) Einheitswerte weit hinter Verkehrswerten, die sich in Kaufpreisen widerspiegeln, zurückbleiben. Werden Kaufpreise fremdfinanziert, so schlagen sie sich in auf den Grundstücken lastenden Darlehensverbindlichkeiten nieder.

Die Beschwerdeführerin als Geschenknehmerin hat sich in übereinstimmender Willensentscheidung mit dem Geschenkgeber  für eine Grundstücksschenkung entschieden, die eine "günstigere" Grunderwerbsteuer nach sich zieht, als dies bei einem entgeltlichen Geschäft der Fall gewesen wäre. Wenn sie nun, bei der einkommensteuerlichen Erfassung ihrer Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung den Abzug von "Zinsaufwand" und "Schuldentilgung" geltend macht - was ein entgeltliches, zu Grunde liegendes Rechtsgeschäft voraussetzen würde - vermag dies nicht zu überzeugen, sondern zielt offenkundig als Zweckbehauptung allein auf die steueroptimierende Wirkung ab.

Es kann jedoch nicht ein- und dasselbe Rechtsgeschäft eine "Zwitter- oder Mehrfachgestalt" einnehmen, um für jede Situation die jeweils optimalste Steuerkonstellation zu erreichen (etwa Schenkung für GrESt-Bemessung, entgeltliches Rechtsgeschäft für ESt-Berechnung) .

Im Übrigen ist auch bei Schenkungen zwischen Ehegatten ein Fremdvergleich durchzuführen, der aber insoweit eingeschränkt ist, als zwischen Fremden idR keine Schenkungen erfolgen. Eine Schenkung zwischen Ehegatten ist als fremdüblich anzusehen, wenn sie in einer auch unter Angehörigen üblichen Form, aus üblichen Gründen und mit einem üblichen Inhalt abgeschlossen und dieser auch tatsächlich erfüllt wurde (vgl. ). Lässt man daher im Streitfall Form und Gründe beiseite und stellt rein auf den Inhalt ab, ist die Fremdüblichkeit dann gegeben, wenn die Umsetzung vertragstextkonform in der Weise erfolgt, dass die Beschwerdeführerin als Geschenknehmerin keinerlei Verbindlichkeiten übernommen hat und diesbezüglich vom Geschenkgeber schad- und klaglos zu halten ist. Bei jeder anderen Lesart wäre dem Vertrag die Fremdüblichkeit und damit auch die steuerrechtliche Wirksamkeit zu versagen.

Soweit die Beschwerdeführerin in ihrem Vorlageantrag auf eine für ihre in der Beschwerde dargelegte Argumentation sprechende "wirtschaftliche Betrachtungsweise" hinweist, begibt sie sich auf gefährliches Terrain. Ein Anwendungsfall der wirtschaftlichen Betrachtungsweise ist nämlich auch das wirtschaftliche Eigentum, das die Zurechnung von Wirtschaftsgütern regelt. Gerade im Fall der Beschwerdeführerin wirft sich die - an dieser Stelle im Übrigen nicht streitgegenständliche Frage - auf, ob nicht ein vom Zivilrecht abweichendes wirtschaftliches Eigentum, nämlich ihres Gatten, vorliegt.

Durch sein jederzeitiges Wiederkaufsrecht um nur 1,00 Euro pro Liegenschaft und das zu seinen Gunsten eingeräumte Veräußerungs- und Belastungsverbot ist seine Stellung objektiv betrachtet so übermächtig, dass der zivilrechtlichen Eigentümerin kaum ein Gestaltungs- und Handlungsspielraum verbleibt.

Nach allem Ausgeführten war die im Streitfall zu beurteilende Frage unter Zugrundelegung des in der öffentlichen Urkunde dokumentierten Regelungsinhaltes zu lösen und daher wie im Spruch zu entscheiden.

Zulässigkeit /Unzulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im Streitfall war ausschließlich eine - einer Revision grundsätzlich nicht zugängliche - einzelfallbezogene Frage der Beweiswürdigung zu beurteilen.

Feldkirch, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2015:RV.1100411.2013

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at