Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 15.04.2015, RV/5100610/2013

1) Begräbniskosten für den mittellosen, geschiedenen Ehegatten 2) Betreuungskosten für die Tochter, die älter ist als zehn Jahre, in Form von Sprachreisen, Schulgeld und Reittraining

Entscheidungstext

miterledigte GZ. RV/5100611/2013

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag. R in der Beschwerdesache AB, Adresse, St.Nr. neu 1 (St.Nr. bisher: 2), vertreten durch Mag. CD, Wirtschaftstreuhand- und SteuerberatungsgmbH, Adresse1, gegen die Einkommensteuerbescheide 2011 und 2012 vom und vom  des Finanzamtes FA zu Recht erkannt:

Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Sachverhalt

Die Einkommensteuererklärungen 2011 und 2012 der Beschwerdeführerin (Bf) langten am 21. März bzw. bei der zuständigen Abgabenbehörde ein.

Die Bf beantragte – neben unstrittigen Sonderausgaben und dem nicht in Streit stehenden Kinderfreibetrag für ihre haushaltszugehörige, am Geburtsdatum geborene Tochter – Kinderbetreuungskosten von 4.229,00 € (2011) bzw. 1.378,98 € (2012) sowie Begräbniskosten von 4.632,36 € (2011).

Die Einkommensteuerbescheide 2011 vom und 2012 vom ergingen ohne Ansatz der geltend gemachten Kinderbetreuungskosten.

Begründend wurde angeführt, dass die Kinderbetreuungskosten für das Kind mit der Sozialversicherungsnummer SV nicht berücksichtigt werden könnten, da dieses Kind zu Beginn des Kalenderjahres das 10. Lebensjahr bereits vollendet habe.

Daneben blieben im Einkommensteuerbescheid 2011 Begräbniskosten in Höhe von 4.632,36 € ohne steuerliche Auswirkung, weil diese Kosten geringer waren als der Selbstbehalt in Höhe von 6.665,46 €.

In den gegen diese Bescheide eingebrachten Berufungen beantragte der steuerliche Vertreter der Bf, die Kinderbetreuungskosten in voller Höhe ohne Selbstbehalt anzuerkennen. Die Bf lebe seit geraumer Zeit (Scheidung im Dezember 2004) von ihrem Ehemann, der bis zu seinem Tod für seine Tochter Unterhalt bezahlt habe, getrennt. Auf Grund des Todes des Ex-Gatten der Bf sei der Unterhalt für die Tochter jedenfalls ab weggefallen.

Die Bf müsse nun für ihre Tochter selbst aufkommen. Das Ansuchen an die englische Pensionskasse betreffend Waisenrente für die Tochter sei laut beigefügtem Schreiben abgelehnt worden. Dies entspreche einer Ungleichbehandlung im EU-Raum gegenüber Personen, deren Vater bzw. Elternteil versterbe und die in Österreich eine Waisenrente bekommen würden. Auf Grund dieser geänderten Verhältnisse würden der Bf für die schulische Ausbildung bzw. für die Weiterentwicklung außerhalb der Schule erhebliche Mehrkosten erwachsen, die bei vergleichbaren Kindern zum überwiegenden Teil aus einer Waisenrente finanziert werden könnten. Dies wiederum führe in vergleichbaren Fällen bei den Eltern zu keiner Mehrbelastung bzw. in diesem Fall zu einer außergewöhnlichen Belastung.

In einem beigefügten Schreiben von "The Pension Service International Pension" in Newcastle, England, vom wurde der Bf (in englischer Sprache) beschieden, dass die Tochter keinen Anspruch auf eine Unterstützung habe und die Bf nur dann eine Versorgungsleistung nach dem Tod ihres Gatten erhalten würde, wenn sie noch verheiratet gewesen wäre. Auch ein Zuschuss zu den Begräbniskosten sei nicht möglich, weil das Sterbegeld bereits 1987 abgeschafft worden sei.

Mit Schreiben vom brachte das Finanzamt der Bf die gesetzlichen Bestimmungen des § 34 Abs. 7 und 9 EStG 1988 zur Kenntnis und teilte ihr mit, dass Aufwendungen für die Betreuung von Kindern lediglich auf Grund und in den Grenzen der gesetzlichen Anordnung des § 34 Abs. 9 EStG 1988 als außergewöhnliche Belastung abzugsfähig seien. Das Gesetz räume der Abgabenbehörde bei Kinderbetreuungskosten keinen Ermessensspielraum bei der Berücksichtigung von besonderen Verhältnissen des Einzelfalles ein.

Zur Beurteilung der Frage, inwieweit die Voraussetzungen des § 34 Abs. 7 EStG 1988 durch die getätigten Aufwendungen (im Einzelfall) erfüllt sein könnten, werde ersucht, eine Aufstellung der beantragten außergewöhnlichen Belastungen sowie alle Belege zu übermitteln.

Die Bf legte für das Kalenderjahr 2011 Rechnungen betreffend die Übernahme aller Begräbniskosten für ihren Ex-Gatten in der Gesamthöhe von 4.632,36 € vor.

Darüber hinaus machte sie an schul- bzw. bildungsbezogenen Zusatzausgaben für ihre Tochter folgende Aufwendungen geltend: Schuldgeld D von 400,00 € für das Schuljahr 2010/2011 und von 500,00 € für das Schuljahr 2011/2012, Kosten für eine Englandreise ( DS ) von 1. bis sowie Kosten für einen Thailand-Schüleraustausch im November 2011.

An weiteren Bildungsausgaben für ihre Tochter beantragte die Bf einen Betrag von 1.357,00 € für ein Fördertraining Reiten, Mitgliedsbeiträge für den Ponyclub E sowie eine vom Ponyclub E veranstaltete Reitwoche.

Für das Kalenderjahr 2012 beantragte die Bf die Berücksichtigung der Kosten von 1.059,98 € für einen Sprachaufenthalt ihrer Tochter in Antibes in Frankreich sowie 319,00 € für ein Fördertraining Reiten.

Die Bf verwies darauf, dass die zusätzliche Geltendmachung als außergewöhnliche Belastung oder im  Rahmen der Absetzbeträge erfolge, weil nach dem Tod des Vaters ihrer Tochter sämtliche Unterhaltsleistungen entfallen seien und die Tochter keine Waisenpension erhalte.

Über telefonisches Ersuchen des Finanzamtes legte die Bf einen Beschluss des Bezirksgerichtes F vom in der Verlassenschaftssache nach ihrem verstorbenen Ex-Gatten vor. Danach war als Aktivum lediglich ein Girokontoguthaben von 35,85 € vorhanden, welches der Republik Österreich gegen Bezahlung von Sachverständigengebühren von 150,00 € an Zahlungs statt überlassen wurde.

In der Begründung dieses Beschlusses ist ua. angeführt, dass sämtliche von den §§ 154 und 155 AußStrG für eine Überlassung an Zahlungs statt geforderten Voraussetzungen gegeben seien (ua. keine unbedingte Erbantrittserklärung und kein Antrag auf Überlassung der Verlassenschaft als erblos).

Erwägungen

Eingangs ist festzuhalten, dass durch die Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012, BGBl. I 51/2012, ab das Bundesfinanzgericht an die Stelle des Unabhängigen Finanzsenates getreten ist.

Nach § 323 Abs. 38 BAO sind die am beim Unabhängigen Finanzsenat als Abgabenbehörde zweiter Instanz anhängigen Berufungen vom Bundesfinanzgericht als Beschwerden im Sinn des Art. 130 Abs. 1 B-VG zu erledigen.

Die vorliegenden Berufungen waren am beim Unabhängigen Finanzsenat anhängig, sodass sie als Beschwerden zu erledigen waren.

Rechtliche Beurteilung

-) Allgemeine Tatbestandsvoraussetzungen für das Vorliegen einer außergewöhnlichen Belastung:

Nach § 34 Abs. 1 EStG 1988 sind bei der Ermittlung des Einkommens eines unbeschränkt Steuerpflichtigen nach Abzug der Sonderausgaben außergewöhnliche Belastungen abzuziehen. Die Belastung muss folgende Voraussetzungen erfüllen:

1. Sie muss außergewöhnlich sein (§ 34 Abs. 2 EStG 1988).

2. Sie muss zwangsläufig erwachsen (§ 34 Abs. 3 EStG 1988).

3. Sie muss die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigen (§ 34 Abs. 4 EStG 1988).

Die Belastung darf weder Betriebsausgaben, Werbungskosten noch Sonderausgaben sein.

Sämtliche Voraussetzungen müssen gleichzeitig erfüllt sein. Fehlt nur eine der genannten Voraussetzungen, erübrigt sich eine Prüfung, ob die anderen Voraussetzungen zutreffen oder nicht.

Nach Abs. 2 der genannten Gesetzesstelle ist eine Belastung außergewöhnlich, soweit sie höher ist als jene, die der Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse und gleicher Vermögensverhältnisse erwächst.

Die Belastung erwächst nach Abs. 3 zwangsläufig, wenn man sich ihr aus tatsächlichen, rechtlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann.

Die Belastung beeinträchtigt die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit nach Abs. 4 wesentlich, soweit sie einen einkommensabhängigen Selbstbehalt übersteigt.

Aus sittlichen Gründen erwachsen Aufwendungen zwangsläufig, wenn nach dem Urteil der Mehrzahl billig und gerecht denkender Mitbürger ein Steuerpflichtiger sich zu solchen Leistungen für verpflichtet halten kann und wenn das Unterlassen der Aufwendungen Sanktionen im sittlich-moralischen Bereich oder auf gesellschaftlicher Ebene zur Folge hätte. Das sittliche Gebot darf nicht nur als innerer Zwang des Gewissens, sondern muss ähnlich dem Rechtszwang von außen als eine Forderung oder zumindest Erwartung der Gesellschaft in Erscheinung treten.

Nicht das persönliche Pflichtgefühl des einen Aufwand Tragenden, sondern der objektive Pflichtbegriff nach den herrschenden moralischen Anschauungen ist entscheidend. Es reicht daher nicht aus, dass das Handeln menschlich verständlich ist; es muss vielmehr die Sittenordnung dieses Handeln gebieten ().

-) Begräbniskosten:

Begräbniskosten gehören gemäß § 549 ABGB zu den bevorrechteten Verbindlichkeiten des Nachlasses und sind in erster Linie aus dem vorhandenen, verwertbaren Nachlassvermögen zu bestreiten.

Für die Begräbniskosten haftet demnach in erster Linie der Nachlass. Nach der Einantwortung sind die Begräbniskosten von den Erben zu tragen.

Wer sie zu tragen hat, wenn der Nachlass nicht ausreicht, ist keine erbrechtliche Frage. Eine Bestimmung darüber findet sich nur im Ehegesetz. Nach § 77 Abs. 2 EheG hat der unterhaltspflichtige geschiedene Ehegatte die Bestattungskosten zu tragen, soweit dies der Billigkeit entspricht und die Kosten nicht von den Erben zu erlangen sind. Den unterhaltspflichtigen geschiedenen Ehegatten trifft damit eine subsidiäre Haftung ().

Sind aufgewendete Bestattungskosten nicht durch Klage und Exekutionsführung von den primär Verpflichteten (Erben) zu erlangen, hat sie der unterhaltspflichtige geschiedene Ehegatte nach Billigkeit zu tragen [Hopf/Kathrein, Eherecht3, § 77 EheG Rz 2 (Stand April 2014, rdb.at)].

Sind die für das Begräbnis angefallenen Kosten nicht durch den Nachlass gedeckt, kommt die Absetzbarkeit der Begräbniskosten als außergewöhnliche Belastung in Betracht.

Nach Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, Kommentar zum EStG, 11. Lfg. (Juli 2007), § 34 Tz 78, ABC der außergewöhnlichen Belastungen, Stichwort "Begräbniskosten", trifft die sittliche Verpflichtung zur Kostentragung in erster Linie die Erben. Eine Einschränkung auf den Kreis der Erben (wie von Quantschnigg/Schuch, § 34 Tz 38 „Begräbniskosten“ vorgeschlagen) würde allerdings dazu führen, dass eine außergewöhnliche Belastung ausgeschlossen wäre, wenn jemand ohne Erben verstirbt (Hinweis auf Pülzl, RdW 1999, 553).

Dem entspricht auch die in Jakom /Baldauf, EStG, 2015, § 34 Rz 90, Stichwort "Begräbniskosten", geäußerte Ansicht, wonach eine außergewöhnliche Belastung auf Grund sittlicher Verpflichtung zur Übernahme von Begräbniskosten nicht ausgeschlossen, allerdings auf Fälle nicht bestehender bzw. nicht durchsetzbarer Erstattungsansprüche beschränkt ist, wie zB bei Begräbniskosten für einen vermögenslosen Lebensgefährten.

-) Kinderbetreuungskosten:

Nach § 34 Abs. 7 Z 1 EStG 1988 sind Unterhaltsleistungen für ein Kind durch die Familienbeihilfe sowie gegebenenfalls den Kinderabsetzbetrag gemäß § 33 Abs. 3 abgegolten.

Darüber hinaus sind nach Z 4 dieser Bestimmung Unterhaltsleistungen nur insoweit abzugsfähig, als sie zur Deckung von Aufwendungen gewährt werden, die beim Unterhaltsberechtigten selbst eine außergewöhnliche Belastung darstellen würden (zB Krankheitskosten).

Aufwendungen für die Berufsausbildung eines Kindes sind als laufende Unterhaltsleistungen von der Berücksichtigung als außergewöhnliche Belastung ausgeschlossen ().

Unterhaltsleistungen umfassen Aufwendungen für Nahrung, Kleidung, Wohnung, Erholung, Freizeitgestaltung oder medizinische Versorgung (Jakom/Baldauf, EStG, 2015, § 34 Rz 66).

Auch nach der Rechtsprechung des OGH dient der Unterhalt der Deckung des gesamten Lebensbedarfs eines Kindes, vor allem von Nahrung, Kleidung, Wohnung, Unterricht und Erziehung, aber auch zur Abdeckung weiterer Bedürfnisse zB in kultureller und sportlicher Hinsicht, für Freizeitgestaltung, medizinische Versorgung, etc. ().

Kosten der Berufsausbildung von Kindern stellen nach höchstgerichtlicher Judikatur grundsätzlich (mit Ausnahme einer auswärtigen Schuldausbildung unter den Voraussetzungen des § 34 Abs. 8 EStG 1988) keine außergewöhnliche Belastung dar. Demzufolge kann auch ein geleistetes Schulgeld im Hinblick auf § 34 Abs. 7 Z 4 EStG 1988 als Teil der Berufsausbildung keine Berücksichtigung als außergewöhnliche Belastung finden (; ).

Auch in einem jüngst zu § 34 Abs. 9 EStG 1988 ergangenen Erkenntnis stellte der VwGH klar, dass Schulgeld für eine Privatschule nicht berücksichtigungsfähig ist ().

Nach § 34 Abs. 9 EStG 1988 gelten (ausnahmsweise und auf Grund ausdrücklicher gesetzlicher Regelung) Aufwendungen für die Betreuung von Kindern bis höchstens 2.300,00 € pro Kind und Kalenderjahr unter folgenden Voraussetzungen als außergewöhnliche Belastung:

Z 1: Die Betreuung betrifft ein Kind im Sinne des § 106 Abs. 1 oder ein Kind im Sinne des § 106 Abs. 2.

Z 2: Das Kind hat zu Beginn des Kalenderjahres das zehnte Lebensjahr oder, im Falle des Bezuges erhöhter Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 4 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 für das Kind, das sechzehnte Lebensjahr noch nicht vollendet. Aufwendungen für die Betreuung können nur insoweit abgezogen werden, als sie die Summe der pflegebedingten Geldleistungen (Pflegegeld, Pflegezulage, Blindengeld oder Blindenzulage) übersteigen.

Z 3: Die Betreuung erfolgt in einer öffentlichen institutionellen Kinderbetreuungseinrichtung oder in einer privaten institutionellen Kinderbetreuungseinrichtung, die den landesgesetzlichen Vorschriften über Kinderbetreuungseinrichtungen entspricht, oder durch eine pädagogisch qualifizierte Person, ausgenommen haushaltszugehörige Angehörige.

Nach § 34 Abs. 6 EStG 1988 können ua. Aufwendungen für die Kinderbetreuung im Sinne des Abs. 9 ohne Berücksichtigung des Selbstbehaltes abgezogen werden.

Nach den ErlRV 54 BlgNR 24. GP soll außerhalb des Anwendungsbereiches des Abs. 9 die Berücksichtigung als außergewöhnliche Belastung nach den bisherigen Grundsätzen zusätzlich zur Neuregelung weiterhin möglich sein.

In den Erläuterungen ist weiter festgehalten, dass Kosten für Verpflegung oder das reine Schulgeld für Privatschulen nicht berücksichtigungsfähig sind.

Dem entsprechend normiert auch § 20 Abs. 1 Z 1 EStG 1988, dass die für den Haushalt des Steuerpflichtigen und für den Unterhalt seiner Familienangehörigen aufgewendeten Beträge bei den einzelnen Einkünften nicht abgezogen werden dürfen.

Nach höchstgerichtlicher Judikatur kann eine umfassende Sprachausbildung  für das Ausbildungsniveau und die spätere Berufslaufbahn des Kindes zweifelsohne von Vorteil sein. Allerdings ist nicht alles, wozu sich Eltern ihren Kindern gegenüber verpflichtet fühlen, um ihnen die bestmögliche Ausbildung (auf sprachlichem, sportlichem oder musischem Gebiet) angedeihen zu lassen, als sittliche Verpflichtung im Sinne des § 34 Abs. 3 EStG 1988 anzusehen. Vielmehr ist es durchaus üblich, dass die Eltern im Interesse einer möglichst guten und umfassenden Ausbildung ihres Kindes neben der gesetzlich geregelten Unterhaltspflicht freiwillig und ohne sittliche Verpflichtung weitere Kosten auf sich nehmen. Die Bereitschaft, für das eigene Kind eine Vielzahl finanzieller Opfer zu bringen, wird von den Eltern zwar häufig als sittliche Pflicht empfunden; das bedeutet aber nicht, dass alle damit verbundenen Aufwendungen zwangsläufig erwachsen (; ; ).

Anwendung dieser Rechtslage auf den vorliegenden Sachverhalt:

-) Begräbniskosten:

Laut dem vorliegenden Beschluss in der Verlassenschaftssache nach dem verstorbenen Ex-Gatten der Bf wurde keine Erbserklärung abgegeben. Die geringfügigen Aktiva der überschuldeten Verlassenschaft wurden der Republik Österreich gegen Bezahlung der ausstehenden Sachverständigengebühren an Zahlungs statt überlassen.

Personen, gegen die die Bf Ansprüche auf Ersatz der Begräbniskosten hätte geltend machen können, waren somit nicht vorhanden.

Da es sich beim Lebensgefährten und beim ehemaligen Ehegatten gleichermaßen um Angehörige im Sinne des § 25 BAO handelt, sind Begräbniskosten für den mittellosen ehemaligen Ehegatten als ebenso (auf Grund sittlicher Verpflichtung) zwangsläufig erwachsen anzusehen wie Begräbniskosten für den vermögenslosen Lebensgefährten.

Auf Grund der besonderen Gegebenheiten waren die Begräbniskosten grundsätzlich als außergewöhnliche Belastung abzugsfähig.

Die geltend gemachten Begräbniskosten von 4.632,36 € wurden bereits im angefochtenen Einkommensteuerbescheid 2011 vom berücksichtigt.

Begräbniskosten sind nach den allgemeinen Grundsätzen als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen. Solche können aber, selbst bei Anerkennung der Aufwendungen dem Grunde nach, nur nach Abzug eines nach der Einkommenshöhe einerseits sowie nach dem Familienstand andererseits gestaffelten Selbstbehaltes zu einer tatsächlichen Reduzierung der Einkommensteuer führen.

Übersteigen, wie im vorliegenden Fall, die geltend gemachten Begräbniskosten (4.632,36 €) nicht den Selbstbehalt (6.665,46 €; siehe Begründung des Einkommensteuerbescheides), bleiben sie ohne steuerliche Auswirkung.

-) Kinderbetreuungskosten:

Auf Grund der eindeutigen Gesetzeslage und der einschränkenden Bestimmung der Z 2, wonach ein Kind zu Beginn des Kalenderjahres das zehnte Jahr noch nicht vollendet haben darf, war § 34 Abs. 9 EStG 1988 im vorliegenden Fall nicht anwendbar.

Die Beschränkung der Z 2 stößt auf keine verfassungsrechtlichen Bedenken (Ablehnungsbeschluss des ).

In diesem Ablehnungsbeschluss hielt der VfGH ua. fest:

" (…) Die Beschwerde übersieht, dass der Gesetzgeber aus verfassungsrechtlicher Sicht nicht gehalten ist, Aufwendungen für die organisatorische Gestaltung des Familienlebens als Werbungskosten oder Betriebsausgaben anzusehen, auch wenn sie die Erwerbstätigkeit der Eltern ermöglichen oder erleichtern (vgl. dazu etwa ; vgl. auch VfSlg. 10.340/1985 und 13.067/1992). Daher bestehen auch keine verfassungsrechtlichen Bedenken dagegen, dass die in § 34 Abs. 9 EStG 1988 dennoch vorgesehene  (teilweise) Absetzbarkeit von Betreuungskosten auf Kinder im Alter bis zu zehn Jahren beschränkt wird, bei denen (nachvollziehbar) ein besonders hoher Betreuungsbedarf angenommen wird. (…)"

Zu prüfen blieb daher, ob die geltend gemachten Aufwendungen (2011: Schulgeld, Englandreise, Schüleraustausch Thailand, Fördertraining Reiten; 2012: Sprachaufenthalt in Frankreich, Fördertraining Reiten) allenfalls eine Berücksichtigung nach den allgemeinen Grundsätzen des § 34 EStG 1988 (mit Selbstbehalt) zuließen.

a) Schulgeld (2011):

Schulgeld ist als Teil der Ausbildungskosten und diese wiederum sind, wie oa., als Teil der Unterhaltsleistungen gemäß § 34 Abs. 7 EStG 1988 von einer Berücksichtigung als außergewöhnliche Belastung ausgeschlossen.

b) Englandreise, Schüleraustausch Thailand (2011), Sprachaufenthalt in Frankreich (2012):

Mag es auch verständlicherweise im Bestreben der Eltern liegen, ihren Kindern eine qualitativ hochwertige (Sprach)Ausbildung, die durch Auslandsaufenthalte und den Besuch einer Internationalen Schule mit englischer Unterrichtssprache zweifelsohne unterstützt wird, zur Erhöhung ihrer späteren Karrierechancen zukommen zu lassen, liegt diesbezüglich dennoch keine Zwangsläufigkeit im Sinne des § 34 Abs. 1 Z 2 EStG 1988 vor. 

Zum einen zählen auch Sprachreisen zu den Unterhaltsleistungen, zum anderen besteht keine Zwangsläufigkeit im Sinne einer rechtlichen oder sittlichen Verpflichtung zur zusätzlichen Förderung der Sprachausbildung durch Sprachreisen, sodass diese Aufwendungen als Teil der Ausbildung der Tochter ebenfalls nicht als außergewöhnliche Belastung anerkannt werden konnten.

c) Fördertraining Reiten (2011 + 2012), Reitwoche (2011):

Wie oa, zählen Ausgaben für die Freizeitgestaltung oder Förderung sportlicher Interessen oder Neigungen zu den nach dem EStG 1988 nicht abzugsfähigen Unterhaltsleistungen.

Der Homepage des Ponyclub E www.abc.at ist unter der Rubrik "Über uns" ua. zu entnehmen:

"Der Ponyclub E hat es sich zum Ziel gesetzt, Kindern und Jugendlichen qualitativ hochwertigen Reitunterricht mit viel Spaß und Spiel bis hin zur Turnierreife zu ermöglichen."

Weiter ist unter "Verein" zu lesen:

"Seit dem Bestehen ist der Verein sehr um die reiterliche Ausbildung von Kindern und Jugendlichen bemüht. Dies wird auch durch die ehrenamtliche Tätigkeit unserer qualifizierten Reitlehrerinnen ermöglicht."

Nach wwww.abcd.at wird nun auch erwachsenen Reitern ermöglicht, die Leidenschaft zu den Pferden und dem Reiten auszuleben.

Die Annahme eines derartigen Angebotes für die Tochter der Bf kann nach Ansicht der Richterin nicht unter den Begriff der "Betreuungskosten" subsumiert werden, weil dabei nicht die Betreuung in den Vordergrund rückt, sondern auf Grund der Angebotsbeschreibung die Erlernung bzw. Verbesserung des Reitsports, was auch die laut Homepage veranstalteten Clubmeisterschaften untermauern.

Mangels Zwangsläufigkeit dieses Reittrainings wie auch der Reitwoche stellten auch diese Ausgaben keine außergewöhnliche Belastung dar.

Zum Einwand der Bf, dass durch den Tod ihres geschiedenen Ehegatten der Unterhalt für ihre Tochter weggefallen sei und sie für ihre Tochter nunmehr alleine aufkommen müsse, sowie dass die englische Pensionskasse keine Waisenrente bezahle und dies zu einer Ungleichbehandlung im EU-Raum gegenüber Personen führe, die nach dem Tod eines Elternteils in Österreich eine Waisenrente erhielten und diese überwiegend für die schulische Ausbildung bzw. für die Weiterentwicklung außerhalb der Schule verwenden könnten, weshalb der Bf im Verhältnis zu vergleichbaren Fällen eine außergewöhnliche Belastung erwachse, ist Folgendes zu bedenken:

Der (berücksichtigte) Alleinerzieherabsetzbetrag soll dem Umstand Rechnung tragen, dass die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit einer Person, die alleinstehend Kinder aufzuziehen hat, geringer ist als bei einer in einer Partnerschaft lebenden Person.

Dem gegenüber erfolgt, wie oa, die steuerliche Berücksichtigung des Kindesunterhaltes durch die Familienbeihilfe und den Kinderabsetzbetrag, wodurch – wie § 34 Abs. 7 EStG 1988 normiert – Unterhaltsleistungen für Kinder abgegolten sind (Jakom/Kanduth-Kristen, EStG, 2015, § 33 Rz 41).

Der Verfassungsgerichtshof äußerte gegen diese Art der einkommensteuerlichen Berücksichtigung von Unterhaltsleistungen für Kinder im Prinzip keine Bedenken, weil der Gesetzgeber in der Wahl des Systems der Familienbesteuerung grundsätzlich frei sei und es (lediglich) darauf ankomme, dass im Ergebnis die Unterhaltsleistung für Kinder in den vom Gerichtshof angenommenen Grenzen steuerfrei bleibe, das heiße, dass die im Vergleich zu einer nicht unterhaltspflichtigen Person verminderte Leistungsfähigkeit durch entsprechende Verminderung der Steuerlast berücksichtigt werde. Die genannten Transferleistungen reichten im Effekt aus, um die Steuer auf jene Teile des Unterhaltes abzugelten, deren steuerliche Berücksichtigung nach der Judikatur des Gerichtshofes von Verfassungs wegen geboten sei ().

In diesem Erkenntnis (und zuvor bereits im Erkenntnis vom , G168/96) vertrat der VfGH darüber hinaus die Auffassung, dass der Gesetzgeber nicht etwa individuell-konkrete Leistungen oder Leistungspflichten berücksichtigen müsse, sondern vielmehr von einer Durchschnittsbetrachtung ausgehen dürfe und damit einen weiten Gestaltungsspielraum habe.

Im Zusammenhang mit Pauschalierungen verbietet das Gleichheitsprinzip nach Ansicht des Verfassungsgerichtshofes dem Gesetzgeber jedenfalls dann nicht, pauschalierende Regelungen zu treffen, wenn sie den Erfahrungen des täglichen Lebens entsprechen und im Interesse der Verwaltungsökonomie liegen, also sachlich begründet sind.

Es liege im Wesen der Pauschalierung, zum Zwecke der Vereinfachung der Steuererhebung von den tatsächlichen Verhältnissen des Einzelfalles abzusehen und Durchschnittswerte zu Grunde zu legen. Nicht jede Abweichung vom tatsächlichen Ergebnis erfordere daher ein Abgehen von der Pauschalierung. Andernfalls wäre die von einer Pauschalierung erwartete Vereinfachung sowohl auf Seiten des Steuerpflichtigen als auch auf Seiten der Verwaltung von vornherein nicht erreichbar ().

Nach Ansicht der Richterin ist auf Grund der dargestellten VfGH-Judikatur im derzeitigen System der (pauschalen) Berücksichtigung von Unterhaltspflichten für Kinder im EStG 1988 keine Gleichheitswidrigkeit erkennbar.

Die in den Raum gestellte EU-Rechtswidrigkeit auf Grund der Nichtanweisung einer (Halb)Waisenrente für den Unterhalt der Tochter nach sozialversicherungsrechtlichen Bestimmungen war im vorliegenden Beschwerdeverfahren, in welchem die Qualifikation der in Streit stehenden Aufwendungen als außergewöhnliche Belastung im Sinne des § 34 EStG 1988 zu beurteilen war, nicht zu prüfen.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine Revision nicht zulässig, da das Erkenntnis nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis nicht von der Rechtssprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Auf die in der Begründung angeführten Entscheidungen wird verwiesen.

Linz, am

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