Umschulungskosten
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin R. in der Beschwerdesache Bf gegen den Bescheid des FA Judenburg Liezen vom , betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2007 zu Recht erkannt:
Die Berufung (nunmehr) Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) unzulässig.
Entscheidungsgründe
Im Beschwerdefall ist strittig, ob die Kosten für die Ausbildung zum Beruf einer staatlich geprüften Schilehrerin, welche die Beschwerdeführerin (in der Folge :Bf.), eine Bankangestellte, im Jahr 2007 absolviert hat, steuerlich abzugsfähig sind.
Die Bf. begründet die Ausbildung mit der Sicherung ihres künftigen Lebensunterhalts, da durch den ständigen Stellenabbau im Bankensektor die weitere Einkünfteerzielung im derzeitigen Beruf nicht gewährleistet sei.
Im Rahmen der Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 2007 beantragte die Bf. den Abzug von Aufwendungen in Höhe von € 3.692,90.
Das Finanzamt setzte mit Einkommensteuerbescheid vom die Einkommensteuer abweichend von der Erklärung fest. Begründend wurde ausgeführt, dass eine Umschulungsmaßnahme auf die tatsächliche Ausübung einer anderen Haupttätigkeit abzielen müsse. Wegen der Beschäftigung bei der Bank sei die Einkünfteerzielung nicht gefährdet.
Zudem sei fraglich, ob die Tätigkeit als Schilehrerein geeignet sei, als Haupteinkunftsquelle zu dienen. Nach dem Gesamtbild der Verhältnisse sei nach Ansicht des Finanzamtes der Grund für die Ausbildung zur Schilehrerin in einer hobbymäßigen Verwertung zu sehen, weshalb diese Aufwendungen vorerst nicht zu berücksichtigen seien.
In der dagegen rechtzeitig eingebrachten (nunmehr als Beschwerde zu wertenden) Berufung wurde ausgeführt, dass entsprechend den Lohnsteuerrichtlinien als wesentliche Voraussetzungen für die Abzugsfähigkeit von Umschulungskosten das Bestehen einer beruflichen Tätigkeit sei. Darüber hinaus müsse die Umschulung so umfassend sein, dass eine vom bisherigen Beruf verschiedene Tätigkeit ausgeübt werden könne. Der UFS habe klargestellt, dass es ausreichend sei, wenn die geplante neue Tätigkeit neben den bisherigen alten Beruf trete (RV/0044-S/08 vom ).
Die Ausbildungskosten könnten steuerlich berücksichtigt werden, da die erworbenen Kenntnisse tatsächlich berufsmäßig und zur Erzielung eines Gesamtgewinnes umgesetzt werden würden.
Die Abgabenbehörde erließ keine Berufungsvorentscheidung und legte das Rechtsmittel sogleich (damals noch) dem UFS zur Entscheidung vor.
Mit Vorhalt vom wurde die Bf. aufgefordert, zu folgenden Fragen Stellung zu nehmen:
1) Üben Sie weiterhin die Tätigkeit einer Schilehrerin aus? Gibt es Pläne, diese Tätigkeit auszuweiten?
2) In welcher Höhe wurden Einnahmen als Schilehrerin in den Jahren 2008-2012 erzielt?
3) Sind diese Einnahmen geeignet zur Sicherung des Lebensunterhalts beizutragen?
4) Sind Sie weiterhin als Bankangestellte (Vollzeit) beschäftigt?
Diese Fragen wurden von der Bf. wie folgt beantwortet:
"1) Ja, ich übe auch derzeit noch die Tätigkeit einer Skilehrerin aus.
Ich arbeite bei keiner Skischule, jedoch übe ich die Tätigkeit als Skilehrerin im Rahmen von
entgeltlichen Vereinstätigkeiten für den Österreichischen Alpenverein weiterhin aus.
Der Zeitumfang entspricht ca. 4 bis 8 Tage pro Jahr.
Es gibt Pläne, die Arbeit als Skilehrerin in Zukunft auszuweiten - die Möglichkeit der Gründung einer Skischule steht im Raum.
Die Gründung einer Skischule ist nicht in der Gewerbeordnung geregelt, sondern muss beim Land Steiermark beantragt werden. Folgende Voraussetzungen müssen gegeben sein:
Positiver Abschluss der Österreichischen Diplomskilehrerausbildung
Positiver Abschluss der Österreichischen Skiführerausbildung
Skischulbüro
Sammelplatz
Aufstiegshilfe (Lift)
In den Jahren 2012 und 2013 habe ich die Ausbildung als Skiführerin gemacht und positiv abgeschlossen, welche eine Voraussetzung für die Gründung einer Skischule ist.
Da in unserer Region bereits sehr viele, alteingesessene Skischulbetriebe bestehen, welche bereits die vorhandenen Sammelplätze und Übungslifte in Anspruch nehmen, ist es eher schwierig, die geforderten Voraussetzungen (Sammelplatz, Übungslift) zu erfüllen.
2) In den Jahren 2008 bis 2012 wurden Einnahmen aus den Vereinstätigkeiten erzielt, jedoch wurde die Grenze für Nebeneinkommen von EUR 730 pro Jahr nicht überschritten.
3) Diese Einnahmen sind jedenfalls geeignet, zur Sicherung meines Lebensunterhaltes beizutragen.
4) Derzeit bin ich noch vollzeitig als Bankangestellte tätig. Jedenfalls stellt diese Nebentätigkeit als Skilehrerin für mich schon jetzt eine finanzielle Besserstellung dar.
Da aufgrund der aktuellen Wirtschaftslage bzw. diverser Einsparungsmaßnahmen von Banken die Tätigkeit als Bankangestellte heutzutage keineswegs mehr als gesicherter Arbeitsplatz gilt, habe ich in den letzten Jahren versucht, mir ein "zweites Standbein" aufzubauen.
2009 wurde in unserem Bankinstitut eine Kündigungswelle durchgeführt, derzeit stehen weitere personelle Einsparungsmaßnahmen im Raum.
Die Tätigkeit als Skilehrerin bzw. die Möglichkeit zur Gründung einer Skischule dient in jedem Fall der Sicherung meiner Einkünfte."
Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
Gemäß § 16 Abs. 1 Z 10 erster Satz EStG 1988 und § 4 Abs. 4 Z 7 erster Satz EStG 1988 in der ab der Veranlagung 2003 geltenden Fassung des AbgÄG 2004 (BGBl. I Nr. 180/2004) sind Werbungskosten bzw. Betriebsausgaben auch Aufwendungen für Aus- und Fortbildungsmaßnahmen im Zusammenhang mit der vom Steuerpflichtigen ausgeübten oder einer damit verwandten beruflichen Tätigkeit und Aufwendungen für umfassende Umschulungsmaßnahmen, die auf eine tatsächliche Ausübung eines anderen Berufes abzielen.
Als Umschulungsmaßnahme begünstigt sind nur umfassende Bildungsmaßnahmen, die den Einstieg in einen anderen Beruf auch tatsächlich ermöglichen, wobei das Gesetz verlangt, dass die Umschulungsmaßnahme auf die tatsächliche Ausübung eines anderen Berufs "abzielt". Daraus ist abzuleiten, dass ein konkreter Zusammenhang der Bildungsmaßnahme mit geplanten nachfolgenden (Betriebs-)Einnahmen erforderlich ist. Es müssen somit Umstände vorliegen, die über eine bloße Absichtserklärung zur künftigen Einnahmenerzielung hinausgehen (vgl. Atzmüller/Herzog/Mayr , RdW 2004/581, 622, und Hofstätter/Reichel , EStG 1988, § 16 Abs. 1 Z 10 Tz 2 und § 4 Abs. 4 Z 7 Tz 2).
Der Begriff der "Umschulung" setzt voraus, dass der Steuerpflichtige eine Tätigkeit ausübt oder ausgeübt hat. Kosten der Erstausbildung ohne gleichzeitige oder früher bestehende Berufstätigkeit stellen daher auch nach der durch das AbgÄG 2004 gestalteten Rechtslage nicht abziehbare Aufwendungen der Lebensführung dar (vgl. Doralt , EStG13, § 16 Tz 203/5).
Der Gesetzgeber verwendet nicht den Begriff der "Umschulung", sondern spricht von "umfassenden Umschulungsmaßnahmen". Er knüpft damit an den Vorgang der Umschulung an und normiert sodann, von welchen subjektiven Absichten die Umschulung getragen sein müsse. Während es der Gesetzestext idF des HWG 2002, BGBl. I Nr. 155/2002, noch ausreichen ließ, dass die Umschulungsmaßnahmen "eine Tätigkeit in einem neuen Berufsfeld ermöglichen", verlangt die rückwirkend geänderte Fassung des AbgÄG 2004, dass die Umschulungsmaßnahme auf "eine tatsächliche Ausübung eines anderen Berufes abzielt".
Für eine erwerbsorientierte Umschulung spricht es, wenn der Steuerpflichtige seine bisherige Tätigkeit aufgibt oder wesentlich einschränkt. Dass die steuerliche Berücksichtigung von Umschulungskosten aber auf diesen Fall beschränkt wäre, ergibt sich weder aus dem Wortlaut der Bestimmung noch führt eine am Zweck der Bestimmung orientierte Auslegung zu diesem Verständnis ().
Absicht des Gesetzgebers war es, die Berücksichtigung von Aufwendungen für umfassende Umschulungsmaßnahmen als vorweggenommene Betriebsausgaben bzw. Werbungskosten zu ermöglichen (vgl. die Erläuterungen zum AbgÄG 2004, 686 BlgNR, XXII. GP, 11).
Die ausdrücklich genannte Voraussetzung, dass die (umfassenden) Umschulungsmaßnahmen auf die tatsächliche Ausübung eines anderen Berufes abzielen müssen, ist in Verbindung mit dem allgemeinen Abzugsverbot von Aufwendungen für die Lebensführung gemäß § 20 Abs. 1 Z 2 EStG 1988 zu sehen. Bildungsmaßnahmen, die aus Gründen des persönlichen Interesses getätigt werden, sind vom Abzug ausgeschlossen. Sie stellen Kosten der Lebensführung dar. Abzugsfähig sind Aufwendungen, die - auch unter Berücksichtigung der zunächst angefallenen Ausbildungskosten - zur Sicherung des künftigen Lebensunterhaltes des Steuerpflichtigen beitragen sollen und daher künftiges Steuersubstrat darstellen. Ob der Wille des Steuerpflichtigen darauf gerichtet ist, sich eine neue Einkunftsquelle durch die Ausübung eines anderen Berufes zu verschaffen, ist im Einzelfall an Hand objektiver Kriterien nach dem Gesamtbild der Verhältnisse zu beurteilen.
1) umfassende Umschulungsmaßnahme:
Im vorliegenden Fall unterzog sich die Beschwerdeführerin einer zweisemestrigen Ausbildung mit einer Abschlussprüfung. Das dabei erworbene Wissen unterscheidet sich klar vom derzeit ausgeübten Beruf als Bankangestellte. Im konkreten Fall liegt somit unzweifelhaft eine umfassende Umschulungsmaßnahme vor.
1.1. Abzielen auf die Ausübung eines Berufes
Die Bf. begann ihre Tätigkeit als Schilehrerin nach Abschluss der Diplomskilehrerausbildung im Jahr 2007. Die "alte" Tätigkeit wurde in den Jahren 2007-2012 nach wie vor als Vollzeitkraft ausgeübt. Nach Angaben der Bf. war sie in diesen Jahren an 4 bis 8 Tagen pro Jahr als Schilehrerin beschäftigt. Obwohl das grundsätzlich beweist, dass die Bf. die angestrebte Tätigkeit tatsächlich zur Einnahmenerzielung nutzt, ist damit nicht eindeutig geklärt, ob die Ausbildungsmaßnahme auf die Ausübung eines Berufes abzielt oder ob sie primär der Befriedigung privater Interessen und der Ermöglichung der Ausübung eines Hobbys dient. Für diese Beurteilung spielen der geplante Umfang und die Ausgestaltung der Tätigkeit sowie die geplante Dauer eine große Rolle.
Für das ernsthafte Bemühen, die erworbenen Kenntnisse im Rahmen eines neuen Berufes zu nutzen, würde beispielsweise die deutliche Reduktion der Arbeitszeit im bisherigen Beruf und die Verwendung dieser Zeit im neuen Betätigungsfeld sprechen. Gerade diese Umstände liegen bei der Beschwerdeführerin nicht vor, obwohl sie von der Bf. angekündigt wurden. Ausgehend davon, dass ein durchschnittlicher Wintersportler in Österreich rund 5 bis 10 Tage pro Saison auf den Pisten verbringt, geht die Schilehrertätigkeit der Beschwerdeführerin in den vergangenen 5 Jahren nicht über diesen zeitlichen Rahmen hinaus. Nach Ansicht des BFG kann dieses Ausmaß daher nur mehr als geringfügig beurteilt werden und spricht damit gegen die steuerliche Abzugsfähigkeit der Ausbildungskosten ().
Die Bf. steht nach wie vor in einem ungekündigten Beschäftigungsverhältnis als Bankangestellte. Die Gründung einer eigenen Schischule ist wegen der alteingesessenen Schischulbetriebe nach Ausführungen der Bf. eher schwierig. Für die Abzugsfähigkeit der Aufwendungen als Umschulungskosten wäre erforderlich, dass die Bf. ernsthaft bemüht ist, den Beruf tatsächlich auszuüben und damit relevante und nicht nur geringfügige Einnahmen zu erzielen. Die in den Jahren 2007 - 2012 erzielten Einkünfte aus der Schilehrertätigkeit von durchschnittlich rund 400 Euro pro Jahr sind als geringfügig zu beurteilen. Bei dieser Sachlage konnten die für das Jahr 2007 beantragten Umschulungkosten iHv 3.692,90 Euro nicht zum Abzug zugelassen werden.
Zur Unzulässigkeit der Revision:
Da im Erkenntnisfall keine Fragen von grundsätzlicher Bedeutung iSd Art. 133 Abs. 4 B-VG angesprochen sind, war die Zulässigkeit der Revision zu verneinen. Das BFG konnte sich in seiner Entscheidung auf die oben zitierte Rechtsprechung von VwGH und UFS stützen
Graz, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 16 Abs. 1 Z 10 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 20 Abs. 1 Z 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2014:RV.2100743.2010 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at