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Bescheidbeschwerde – Einzel – Beschluss, BFG vom 25.03.2015, RV/5100492/2015

Behauptete Befangenheit eínes Richters aufgrund seiner Zuständigkeit nach Punkt 3.3.3. der GV des BFG

Entscheidungstext

BESCHLUSS

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Außenstellenleiterin Richterin Ri über den Antrag des KR XY, Adresse Linz, vertreten durch Rechtsanwälte , eingebracht mittels FAX am , auf Ablehnung des Richters X wegen Befangenheit im Beschwerdeverfahren gegen den Bescheid des Finanzamtes Linz vom betreffend Wiederaufnahme des Verfahrens beschlossen:

Der Antrag wird als unbegründet abgewiesen.

Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verwaltungsgeschehen:

Mit dem am  mittels Telefax eingebrachten Schriftstück stellte der Beschwerdeführer (Bf) über seinen steuerlichen Vertreter an das Bundesfinanzgericht den Antrag, im gegenständlichen Beschwerdeverfahren den zuständigen Richter wegen Befangenheit gemäß §§ 268 iVm 76 Abs. 1 lit.c BAO abzulehnen.
Begründend wurde ausgeführt:
Gegen den Bf ist in seiner Funktion als Geschäftsführer der GmbH vom FA zu St.Nr. 000 am ein Haftungsbescheid über einen Betrag von 478.875,03 € erlassen worden. Der Bf bekämpfte diesen Bescheid mit Berufung, die mit Bescheid vom vom Finanzamt als verspätet eingebracht zurückgewiesen wurde. Im Berufungsverfahren vor dem Unabhängigen Finanzsenat wurde dem Bf ein Vorhalt übermittelt, wobei mit dem Berufungsverfahren vor dem UFS bereits der nunmehr zuständige Richter betraut war. Dieser wies mit Berufungsentscheidung vom die Berufung ab. Gegen diesen Bescheid wurde Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof eingebracht und der damals und nunmehr im Verfahren vor dem Bundesfinanzgericht wieder zuständige Richter führte in der Gegenschrift aus, dass der Bf dem Vorhalt vom nicht nachgekommen sei, weshalb letzten Endes die Bescheidbeschwerde vom VwGH abgewiesen wurde.
Zugleich mit der Beschwerde an den VwGH stellte der Bf den nunmehr verfahrensgegenständlichen Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens. In diesem wäre allein maßgeblich, dass der Bf den Vorhalt vom im Verfahren vor dem UFS entgegen der Auffassung der Behörde sehr wohl beantwortet habe. Die Beantwortung wäre jedoch aus nicht vom Bf zu vertretenden Gründen bei der Behörde nicht eingelangt, weshalb ein Fall des § 303 BAO vorliege. Das Finanzamt wies den Wiederaufnahmeantrag mit dem Argument ab, dass den Bf ein grobes Verschulden daran treffe, dass die Vorhaltsbeantwortung nicht bereits im Verfahren über den Zurückweisungsbescheid Eingang gefunden hätte. Gegenstand des nunmehrigen Verfahrens ist die Beschwerde gegen den Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens.
Gemäß § 76 Abs 1 BAO haben sich Organe der Abgabenbehörden der Ausübung ihres Amtes wegen Befangenheit zu enthalten und ihre Vertretung zu veranlassen, wenn sonstige wichtige Gründe vorliegen, die geeignet sind, ihre volle Unbefangenheit in Zweifel zu ziehen (lit.c). Gemäß 268 Abs 1 BAO steht den Parteien das Recht zu, ein Mitglied des Berufungssenates mit der Begründung abzulehnen, dass einer der im § 76 Abs 1 aufgezählten Befangenheitsgünde vorliege.
Dies sei gegenständlich der Fall. Sinn und Zweck eines Berufungsverfahrens sei es, das bisherige Verfahren sowie die aus diesem Verfahren resultierende Entscheidung einer unparteiischen und objektiven Überprüfung zu unterziehen. Indem der hier zuständige Richter auch für das Verfahren vor dem UFS zuständig war, wäre völlig klar und vorhersehbar, welche Entscheidung der zuständige Richter dieses Mal treffen werde. Er werde aussprechen, dass vom Bf der seinerzeitige Vorhalt vom nicht beantwortet worden sei. Die Frage, wie dieser Umstand rechtlich zu würdigen sein werde, sei daher lediglich von untergeordneter Bedeutung, weil alleine die Voreingenommenheit im tatsächlichen Bereich zur Befangenheit ausreichen würde. Es könne schließlich vom hier zuständigen Richter nicht verlangt werden, nunmehr entgegen seiner ursprünglichen Auffassung eine Entscheidung zu treffen. Die Entscheidung wäre somit quasi vorprogrammiert. Von einer Objektivität und Unvoreingenommenheit könne somit unter keinen Umständen mehr gesprochen werden.
Der Sachverhalt liege zudem aufgrund der Verbundenheit der Verfahren den Zurückweisungsbescheid und den hier gegenständlichen Bescheid betreffend an der Grenze zum Befangenheitsgrund des § 76 Abs 1 lit.d und es müsse auch dies Berücksichtigung finden.
Der Bf lehne daher den hier zuständigen Richter gemäß § 268 Abs 1 BAO aus dem Grund des § 76 Abs 1 lit. c BAO ab.

In einem an die Leiterin der Außenstelle gerichteten Schreiben gab der mit der gegenständlichen Rechtssache befasste Richter eine Schilderung des bisherigen Verfahrensganges ab. Zu den Befangenheitsgründen, die laut Antrag des Bf vorliegen würden, nahm er (zusammengefasst) folgendermaßen Stellung:
Der Befangenheitsgrund des § 76 Abs 1 lit d BAO liege deshalb nicht vor, da er an der Erlassung des angefochtenen Bescheides nicht mitgewirkt habe. Er habe den betreffenden Bescheid weder ausgefertigt noch approbiert.
Die behauptete Befangenheit nach § 76 Abs 1 lit c BAO liege deshalb nicht vor, weil die Frage der Beantwortung des Vorhaltes im Verfahren vor dem Unabhängigen Finanzsenat im gegenständlichen Verfahren keinerlei Entscheidungsrelevanz habe.

II. Entscheidungswesentlicher Sachverhalt, Beweiswürdigung:

Gegenständlich ist aufgrund des Inhaltes der Akten des offenen Beschwerdeverfahren, des Inhaltes der Akten des Verfahrens vor dem Unabhängigen Finanzsenat betreffend Haftungsbescheid, dem Befangenheitsantrag des Bf und der Darstellung des bisherigen Verfahrens  durch den zuständigen Richter von folgendem Sachverhalt auszugehen:

a) Verfahren vor dem Unabhängigen Finanzsenat, Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes:

Richter Mag. Ri1 hat als Referent des Unabhängigen Finanzsenates über die vom Bf mit Eingabe vom  erhobene Berufung gegen den vom Finanzamt mit erlassenen Bescheid, mit welchem die Abgabenbehörde die vom Bf gegen den Haftungsbescheid vom , nachweislich zugestellt am , erhobene Berufung als verspätet zurückwies, mit Berufungsentscheidung zu GZ. RV/0714-L/08 vom  abweislich entschieden.
Dies, nachdem Mag. Ri1 den Bf in einem Vorhalteverfahren aufgefordert hatte, binnen zwei Wochen ab Zustellung des Vorhaltes den Nachweis dafür zu erbringen, dass die Berufung vom rechtzeitig zur Post gegeben wurde. Als Begründung dafür wies der Referent darauf hin, dass die Berufung gegen den Haftungsbescheid zwar mit datiert, aber erst am beim Finanzamt eingelangt ist. Auf dem Briefkuvert befindet sich lediglich der Abdruck einer Absender-Freistempelmaschine (F542022) der Firma M . Dieser Abdruck weist zwar als Datum den "" aus, aber dieser Stempelabdruck stellt nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes lediglich ein Zeichen der Gebührenentrichtung dar, dem weder die Wirkung zukommt, den Postlauf in Gang zu setzen, noch ein Beweiswert in der Richtung hat, dass das Poststück an dem im Freistempelaufdruck genannten Tag tatsächlich von der Post in Behandlung genommen wurde. 
Eine Stellungnahme des Bf zu diesem Vorhalt langte beim Unabhängigen Finanzsenat nicht ein, weshalb Mag. Ri1 die Berufung gegen den Zurückweisungsbescheid vom als unbegründet abgewiesen hat.

Dagegen wurde mit Schriftsatz vom Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof erhoben.
Der Gerichtshof forderte die belangte Behörde zur Erstattung einer Gegenschrift auf. In dieser führte Mag. Ri1 unter anderem aus, dass dem Unabhängigen Finanzsenat bis zum Abschluss des Verfahrens keine Stellungnahme zum Vorhalt vom zugekommen ist.

Mit Erkenntnis vom , 2009/15/0133 wies der Gerichtshof die Beschwerde als unbegründet ab.
In den Entscheidungsgründen führte der VwGH im Wesentlichen aus:
"Für den Beginn des Postenlaufes ist maßgeblich, wann das Schriftstück von der Post in Behandlung genommen wird. Zur Feststellung dieses Zeitpunktes ist grundsätzlich der von der Post angebrachte Datumsstempel heranzuziehen. Der Beweis, dass der Postenlauf nicht an dem im Poststempel bezeichneten Tag, sondern an einem anderen Tag begonnen hat, ist zulässig. Dem Freistempelaufdruck kommt weder die Wirkung zu, den Postenlauf in Gang zu setzen, noch ein Beweiswert in der Richtung, dass das Poststück an dem im Freistempelaufdruck genannten Tag von der Post in Behandlung genommen wurde (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom , 2000/17/0165).
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist es Sache der Partei, die rechtzeitige Überreichung eines Rechtsmittels bzw. dessen rechtzeitige Aufgabe zur Post nachzuweisen. Es ist nicht Sache der Behörde, durch umfangreiche Erhebungen die Rechtzeitigkeit eines Rechtsmittels festzustellen (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 2000/16/0645).
Die Behörde hat im angefochtenen Bescheid die Feststellung getroffen, dass der Beschwerdeführer keinen Beweis dafür erbracht habe, wann und auf welchem Wege die Berufung der Post zur Bearbeitung übergeben worden sei.
Die belangte Behörde hat insbesondere die Feststellung getroffen, der Beschwerdeführer habe (bis zur Erlassung des angefochtenen Bescheides) nicht auf den Vorhalt vom reagiert.
Mit dem hinsichtlich der Art der Übergabe an die belangte Behörde nicht näher substantiierten Beschwerdevorbringen, es sei eine Vorhaltsbeantwortung samt einer eidesstättigen Erklärung eines Angestellten des Beschwerdeführers eingereicht worden, wird nicht aufgezeigt, dass die belangte Behörde diese - mit dem Akteninhalt übereinstimmende - Feststellung unter Verletzung von Verfahrensvorschriften getroffen hat. In der Beschwerde wird insbesondere nicht dargelegt, auf welche Weise der belangten Behörde eine solche Vorhaltsbeantwortung zugekommen sein soll.
Auf der Grundlage des von der belangten Behörde angenommenen Sachverhaltes, ist es aber nicht als rechtswidrig zu erkennen, dass die belangte Behörde die Berufung im Instanzenzug zurückgewiesen hat. Ausgehend von der oben dargestellten Rechtslage wäre es Sache des Beschwerdeführers gewesen, im Verwaltungsverfahren zu beweisen, dass der Postenlauf vor Ablauf des in Gang gesetzt worden ist."

b)  Antrag gemäß § 300 Abs 1 lit. b BAO auf Wiederaufnahme des Verfahrens:

Gleichzeitig mit der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof stellte der Bf beim Unabhängigen Finanzsenat unter Bezugnahme auf die UFS-Geschäftszahl RV/0714-L/08 "den Antrag betreffend der im Rubrum angeführten Aktenzahl auf Wiederaufnahme gem.
§ 303/lit b BAO". 
In diesem Antrag, der vom UFS an das Finanzamt  zuständigkeitshalber weitergeleitet wurde, führte der Bf im Wesentlichen aus, dass er den gegenständlichen Vorhalt der Abgabenbehörde zweiter Instanz sehr wohl mit Schreiben vom beantwortet und der Beantwortung auch eine eidesstattliche Erklärung des Zeugen Z beigelegt habe. Zum Beweis dafür legte er dem Wiederaufnahmeantrag eine Kopie einer an den Unabhängigen Finanzsenat adressierten Vorhaltsbeantwortung  und die Kopie einer "Sachverhaltsdarstellung" des Zeugen bei.

Nachdem der Verwaltungsrichtshof über die Beschwerde betreffend Haftungsbescheid entschieden hatte, wies das Finanzamt nach Durchführung eines Mängelbehebungsverfahrens, zu dem sich der Bf mit einer Stellungnahme vom äußerte, mit Bescheid vom den Antrag auf Wiederaufnahme ab.
Gegen diesen mit Berufung vom bekämpften Bescheid richtet sich die verfahrensgegenständliche Beschwerde, die an den Unabhängigen Finanzsenat mit Vorlagebericht vom vorgelegt und vom zuständigen Senatsvorsitzenden wiederum Mag. Ri1 zur Entscheidung zugeteilt wurde.
Mit der Einführung des Bundesfinanzgerichtes am ging die Zuständigkeit zur Weiterführung der noch offenen Rechtssache auf das Bundesfinanzgericht, laut Punkt 3.3.3. der Geschäftsverteilung des BFG, auf die Gerichtsabteilung XXX, zuständiger Richter Mag. Ri1 , über.

In der (nunmehr) Beschwerde, führte der Bf  im Wesentlichen aus, dass ihn kein "grobes" Verschulden treffe, da er als Geschäftsführer für einen ordnungsgemäßen täglichen Postlauf gesorgt habe. Das zu führende Postbuch sei von ihm ständig kontrolliert und abgezeichnet worden und Herr Z wäre über Jahre ein verlässlicher Mitarbeiter gewesen und es hätte niemals Anstände gegeben.

Da im gegenständlichen Beschwerdeverfahren vom  Bf in der Beschwerde die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt worden war, wurden mit Ladungen vom der Bf, die belangte Behörde und der als Zeuge namhaft gemachte Z vom Richter Mag. Ri1 für den , 9.00 Uhr, vorgeladen.
Am , nach Erhalt der Ladung zur mündlichen Verhandlung, ersuchte der Rechtsvertreter des Bf telefonisch um Akteneinsicht. Dies bejahte der zuständige Richter mit der Aussage, dass der Bf gerne nach einem kurzen vorherigen Anruf - Anwesenheit des Richters - "nächste Woche" vorbeikommen könne (Gesprächsnotiz vom ).
Eine solcher Anruf des Bf oder eine Vorsprache zwecks Akteneinsicht erfolgten nicht.

Am  rief der Rechtsvertreter neuerlich beim zuständigen Richter an und teilte mit, dass der seinerzeitige Sachbearbeiter, Mag. P , im Jahr 2011 ausgeschieden sei. Er, als der nunmehr verantwortliche Rechtsvertreter, würde zur Vorbereitung auf die mündliche Verhandlung noch diese Woche gerne Akteneinsicht nehmen. Daraufhin schlug der Richter vor, dass er alle relevanten Aktenteile eingescannt mittels E-Mail an ihn übermitteln würde. Diesem Vorschlag stimmte der Vertreter zu.
In der Folge wurden alle relevanten Aktenteile das bisherige Verfahren betreffend ab Erlassung des Haftungsbescheides bis zur gegenständlichen Beschwerde bezüglich Wiederaufnahme des Verfahrens mit E-Mail an den Rechtsvertreter übermittelt (Gesprächsnotiz und E-mail vom ).
Am teilte der Rechtsvertreter, Mag. B , dem Richter telefonisch mit, dass er in der für den nächsten Tag anberaumten mündlichen Verhandlung eine Befangenheitsanzeige erstatten und ihn als Richter ablehnen werde. Als Grund führte Mag. B an, dass Mag. Ri1 bereits das Verfahren vor dem Unabhängigen Finanzsenat zu GZ. RV/0714-L/08, betreffend Zurückweisung der Berufung gegen den Haftungsbescheid als verspätet, geführt hat. Der Richter hätte bereits in der von ihm erstatteten Gegenschrift erkennen lassen, was er vom Vorbringen des Bf halten würde, weshalb daher auch mit einer Abweisung der gegenständlichen Berufung (nunmehr Beschwerde) betreffend Wiederaufnahme des Verfahrens zu rechnen sei.
Auf Befragen des Richters, ob es zur Klärung der weiteren Vorgangsweise - Abberaumung oder Vertagung der mündlichen Verhandlung - möglich wäre, diese Befangenheitsanzeige zur schon am Vortag der anbaraumten Verhandlung mit FAX an das Gericht zu übermitteln, sagte der Rechtsvertreter dies zu (Gesprächsnotiz vom ).
Mit Telefax vom selben Tag wurde um 14:54 Uhr der gegenständliche Ablehnungsantrag an das Bundesfinanzgericht gesandt. Zusätzlich sandte Mag. B den Ablehnungsantrag auch mit Mail an den persönlichen Mail-Postkorb des Richters.

III. Rechtslage:

Gemäß § 76 Abs 1 Bundesabgabenordnung (BAO) haben sich Organe der Abgabenbehörden und der Verwaltungsgerichte der Ausübung ihres Amtes wegen Befangenheit zu enthalten und ihre Vertretung zu veranlassen,
lit c) wenn sonstige wichtige Gründe vorliegen, die geeignet sind, ihre volle Unbefangenheit in Zweifel zu ziehen;
lit d ) im Beschwerdeverfahren vor den Verwaltungsgerichten überdies, wenn sie an der Erlassung des angefochtenen Bescheides oder der Beschwerdevorentscheidung (§ 262) mitgewirkt oder eine Weisung im betreffenden Verfahren erteilt haben oder wenn einer der in lit. a genannten Personen dem Beschwerdeverfahren beigetreten ist.

Nach § 268 Abs 1 BAO steht den Parteien das Recht zu, den Einzelrichter oder ein Mitglied des Senates mit der Begründung abzulehnen, dass einer der im § 76 Abs. 1 aufgezählten Befangenheitsgründe vorliegt.
Abs 3: Anträge nach Abs. 1 und 2 sind beim Verwaltungsgericht einzubringen. Die Gründe für die Ablehnung sind glaubhaft zu machen.

Punkt 3.3.3. der vom bis (Stand ), gültigen Geschäftsverteilung des Bundesfinanzgerichtes regelt für beim Unabhängigen Finanzsenat am anhängige Rechtsangelegenheiten und Folgeverfahren Folgendes:
Jede Gerichtsabteilung ist für jene Rechtsangelegenheiten zuständig, die beim Unabhängigen Finanzsenat am anhängig waren und für die die  Leiterin oder der Leiter der jeweiligen Gerichtsabteilung gemäß § 270 Abs. 3 BAO in der Fassung vor dem BGBl. I 2013/14 zur Referentin oder zum Referenten bestellt worden ist (§ 28 Abs. 4 BFGG).

Sinngemäßes gilt, wenn eine Erledigung des Unabhängigen Finanzsenates vom Verwaltungsgerichtshof oder vom Verfassungsgerichtshof aufgehoben wurde und die Rechtsangelegenheit im fortgesetzten Verfahren wieder dem Bundesfinanzgericht vorgelegt wird oder der UFS gemäß § 289 Abs. 1 BAO in der Fassung vor dem BGBl. I 2013/14 einen Bescheid aufgehoben und die Sache zurückverwiesen hat. Die Zuteilung wird nicht bei der AVS-Zuteilung berücksichtigt.

IV. Erwägungen:

1. Befangenheit gemäß § 76 Abs. 1 lit. d BAO (absolute Befangenheit:
Unter Mitwirkung an der Erlassung des angefochtenen Bescheides (iSd § 76 Abs 1 lit d) versteht der VwGH (zB , 94/17/0344) die Teilnahme an der Erzeugung des den förmlichen Verwaltungsakt darstellenden Spruches, nicht aber eine bloße Beteiligung an dem der Erlassung des Bescheides vorangegangenen Verfahren. Eine solche Mitwirkung liegt zB bei jenen Organwaltern vor, die den angefochtenen Bescheid ausgefertigt oder approbiert haben (Ritz, BAO, 5. Auflage, § 76 Tz 7).

Eine Mitwirkung bei der Erlassung des beschwerdegegenständlichen Bescheides vom , mit dem das Finanzamt den Wiederaufnahmeantrag abgewiesen hat, hat durch den Richter Mag. Ri1 nicht stattgefunden.
Es liegt daher weder ein Fall der Befangenheit gemäß § 76 Abs. 1 lit. d BAO vor, noch besteht die gegenständliche Fallkonstellation "an der Grenze zum Befangenheitsgrund des § 76 Abs. 1 lit. d", wie dies im Ablehnungsantrag durch den Bf zum Ausdruck gebracht wurde (siehe dazu auch unter 2.).

2. Vorliegende sonstige Befangenheitsgründe gemäß § 76 Abs. 1 lit. c BAO:

Nach Ritz (a.a.O. § 76 Tz 8) sind sonstige wichtige Gründe im Sinne dieser Bestimmung Umstände, die es nach objektiver Prüfung und Beurteilung rechtfertigen, die Unbefangenheit des Organwalters in Zweifel zu ziehen (, RZ 1984, 252). Dabei genügt die Besorgnis, dass bei der Amtshandlung andere als rein sachliche Überlegungen eine Rolle spielen könnten (vgl zB ). Es reicht, dass der Anschein einer Voreingenommenheit entstehen könnte (vgl zB 9 Ob A 135, 136/89, JBl 1990, 122). Die Befangenheit ist nicht restriktiv auszulegen, sodass im Zweifelsfall Befangenheit anzunehmen sein wird (, JBl 2004, 325).
Ausschlaggebend ist in diesem Zusammenhang, ob die Partei von ihrem Standpunkt aus gesehen auf Grund konkreter Gegebenheiten, Umstände, Ereignisse und Verhältnisse bei Anlegung eines objektiven Maßstabes Anlass hat, Voreingenommenheit zu befürchten. Dies wird vielfach angenommen, wenn sich aus dem Verhalten des Organwalters, aus Äußerungen anlässlich von Vorsprachen, Besprechungen, Verhandlungen, eine Voreingenommenheit erkennen läßt und wenn deutlich erkennbar ist, der Organwalter bringe dem Begehren und Anliegen der Partei gegenüber von vornherein eine negative Haltung entgegen, wobei aber Befangenheit diesfalls nur angenommen werden kann, wenn die (vorgefasste) Meinung des Organwalters so festgefügt erscheint, dass zu befürchten ist, sie werde den Ergebnissen des weiteren Verfahrens mit einer endgültigen (eben vorgefassten und voreingenommenen) Beurteilung gegenüberstehen, wenn also der zwingende Eindruck bestehen muss, das entscheidende Organ hätte sich vorweg ohne Rücksicht auf den künftigen Verfahrensverlauf aus nicht in der Sache gelegenen Gründen auf eine Meinung zum Gegenstand festgelegt und werde heivon nicht mehr abweichen (Stoll, BAO, 756 f, mit Judikaturnachweisen).

Wie aus dem der Beschlussfindung zugrundeliegenden Sachverhalt unzweifelhaft hervorgeht, hat sich der für das Verfahren zuständige Richter weder gegenüber dem Bf, noch gegenüber seinem Rechtsvertreter bisher inhaltlich zur gegenständlichen Beschwerde bzw. deren Erfolgsaussichten geäußert. Er ist lediglich dem Ersuchen des Rechtsvertreters um Akteneinsicht durch Übermittlung der eingescannten Aktenteile an diesen nachgekommen.
Im Ablehnungsantrag wird auch nicht behauptet, dass Mag. Ri1 sich inhaltlich zur Beschwerde bereits geäußert hätte. Anhaltspunkte für eine Voreingenommenheit des zur Entscheidung berufenen Richters vermutet der Rechtsvertreter des Bf allein aus dem Umstand, dass er das Verfahren vor dem Unabhängigen Finanzsenat zur GZ RV/0714-L/08 geführt hat. 

Dies bringt er mit folgenden Ausführungen zum Ausdruck:
Es sei daher "völlig klar und vorhersehbar", welche Entscheidung der Richter "dieses Mal treffen" werde. Er werde "aussprechen, dass vom Einschreiter der seinerzeitige Vorhalt vom nicht beantwortet worden ist". Es könne von ihm "auch nicht verlangt werden, nunmehr entgegen" seiner "ursprünglichen Auffassung eine Entscheidung zu treffen".
Damit verkennt aber der Rechtsvertreter des Bf (wie schon das Finanzamt in der Begründung des angefochtenen Bescheides), den Gegenstand des vorliegenden Beschwerdeverfahrens.
Im Wiederaufnahmeantrag vom wurde die Wiederaufnahme des mit Berufungsentscheidung vom abgeschlossenen, zur GZ. RV/0714-L/08, beim Unabhängigen Finanzsenat anhängig gewesenen Verfahrens, beantragt. Gegenstand dieses Verfahrens war der Bescheid des Finanzamtes vom , mit dem die Berufung gegen den Haftungsbescheid vom als verspätet zurückgewiesen wurde.
Gegenstand des Wiederaufnahmeantrages ist daher nicht das "Haftungsverfahren" oder "das Verfahren vor dem UFS", sondern das mit Bescheid vom eingeleitete und mit Berufungsentscheidung vom beendete Verfahren betreffend Zurückweisung einer Berufung als verspätet.
Zur Entscheidung über diesen Wiederaufnahmeantrag war gemäß § 305 BAO das Finanzamt zuständig, da dieses den angefochtenen Bescheid (Zurückweisungsbescheid vom )  in erster Instanz erlassen hatte.
Allein für die Wiederaufnahme dieses Verfahrens betreffend Zurückweisung der Berufung als verspätet wurde auch ein Wiederaufnahmegrund (die vorgelegte eidesstättige Erklärung des Zeugen) geltend gemacht, die vom Beschwerdeführer als Nachweis für eine zeitgerechte Einbringung des Rechtsmittels ins Treffen geführt wird. Dieser Zeuge wurde daher auch zur mündlichen Verhandlung geladen.

Ob der Beschwerdeführer im Verfahren vor dem Unabhängigen Finanzsenat eine Vorhaltsbeantwortung erstattet hat - wie dies von ihm bisher ohne jeden Nachweis lediglich behauptet wurde und tatsächlich nicht der Fall war - ist im gegenständlichen Verfahren völlig belanglos.
Einen Nachweis für die behauptete zeitgerechte Vorlage dieser eidesstättigen Erklärung im Rahmen einer Beantwortung des Vorhaltes des Unabhängigen Finanzsenates hätte der Beschwerdeführer im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof zur Zl. 2009/15/0133 erbringen müssen. Dies war jedoch nicht der Fall, wie auch aus den unter Punkt II.)a) wörtlich zitierten Entscheidungsgründe des VwGH hervorgeht.
Wäre ein solcher Nachweis erfolgreich erbracht worden, wäre der damaligen Beschwerde des Bf Folge gegeben und die angefochtene Entscheidung aufgehoben worden. Der gegenständliche Wiederaufnahmeantrag wäre damit obsolet gewesen.
Würde ein solcher Nachweis im gegenständlichen Verfahren erbracht werden, würde damit zwar eine Rechtswidrigkeit der Entscheidung des Unabhängigen Finanzsenates aufgezeigt werden, diese wäre aber schon im Beschwerdeverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof zu belegen gewesen und würde keinen Grund für eine Wiederaufnahme des abgeschlossenen Zurückweisungsbescheidverfahrens bilden (vgl. ; ebenso Stoll, BAO, 2922 mit weiteren Judikaturnachweisen).

Zusammenfassend ist festzuhalten, dass im gegenständlichen Beschwerdeverfahren keine neuen Beweismittel für die behauptete zeitgerechte Vorhaltsbeanwortung im gegenständlichen Verfahren vorgebracht wurden. Das vorgelegte neue Beweismittel, die eidesstättige Erkärung des Zeugen, bezieht sich allein auf die Frage der zeitgerechten Einbringung der Berufung gegen den Haftungsbescheid.

Wie aus all diesen Ausführungen hervorgeht, kommt der Frage der Beantwortung des Vorhaltes im Verfahren vor dem Unabhängigen Finanzsenat im gegenständlichen Verfahren keinerlei Entscheidungsrelevanz zu.
Daher kann  auch der geltend gemachte Befangenheitsgrund des § 76 Abs. 1 lit. c BAO gar nicht vorliegen und die Ausführungen des Bf bzw. seines Rechtsvertreters gehen ins Leere.

Abschließend ist zur Klärung der Rechtmäßigkeit der Zustellung dieser verfahrensleitenden Verfügung an den Bf bzw. seinen Rechtsvertreter noch festzuhalten:
Als Zustelladresse hat der Bf im bisherigen Verfahren stets " Adr1 " (ehemaliger Firmensitz der Primärschuldnerin) angegeben. Daher erfolgten alle Zustellungen, einschließlich der Ladung zur mündlichen Verhandlung, (erfolgreich) an diese Adresse.
Im Ablehnungsantrag wird als Anschrift des Beschwerdeführers " Adr2 " ausgewiesen.
Laut Abfrage im Zentralen Melderegister vom  hat der Bf in Adr3 , einen Nebenwohnsitz und in Adr , seinen Hauptwohnsitz.
Der Rechtsvertreter des Bf hat sich im Ablehnungsantrag auf die ihm erteilte Vollmacht berufen.
Eine allgemeine Vollmacht umfasst auch in diesem Fall die Zustellungsbevollmächtigung (Ritz, a.a.O., § 9 ZustellG Tz 20 f). Erledigungen an den Beschwerdeführer sind daher zu Handen seines ausgewiesenen Vertreters zuzustellen.

Aufgrund der obenstehenden Ausführungen war daher spruchgemäß zu entscheiden.

V. Zulässigkeit einer Revision:

Die Abweisung des Befangenheitsantrages ist ein nur das Verfahren leitender Beschluss.
Dagegen ist gemäß § 25a Abs 3 Verwaltungsgerichthofgesetz idF BGBl. I Nr. 122/2013 ein abgesondertes Rechtsmittel nicht zulässig. Verfahrensleitende Beschlüsse können erst in der Revision gegen das die Angelegenheit abschließende Erkenntnis angefochten werden.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 268 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 76 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
ECLI
ECLI:AT:BFG:2015:RV.5100492.2015

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at