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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 30.04.2015, RV/7500298/2014

Virtuelle Hunde- und Pferderennen und Verkürzung der Vergnügungssteuer

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter X in der Verwaltungsstrafsache gegen DN, XY, vertreten durch Rechtsanwältin Dr. Maria Brandstetter, 1010 Wien, Stephansplatz  4/VIII, wegen der Verwaltungsübertretung der Verkürzung der Vergnügungssteuer nach § 19 Abs. 1 Vergnügungssteuergesetz 2005 (VGSG) iVm §§ 14 Abs. 2, 17 Abs. 3 VGSG über die als Beschwerde weiterwirkende Berufung der Beschuldigten vom gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien vom , Zlen MA 6/DII/R2-4736/2012 bis MA 6/DII/R2-4774/2012, nach der am in Anwesenheit der Beschuldigten, ihrer Vertreterin, sowie der Schriftführerin Diana Engelmaier durchgeführten mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

Der als Beschwerde weiterwirkenden Berufung vom wird gemäß § 50 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) iVm § 38 VwGVG, § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, § 24 Abs. 1 Bundesfinanzgerichtsgesetz und § 5 Gesetz über das Wiener Abgabenorganisationsrecht (WAOR) stattgegeben.

Gemäß § 45 Abs. 1 Z 1 zweiter Fall VStG wird die Einstellung des Strafverfahrens verfügt.

Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) unzulässig.

Entscheidungsgründe

Mit Sammelstraferkenntnis vom sprach der Magistrat der Stadt Wien die Beschwerdeführerin (Bf.) schuldig, es als Lokalinhaberin und Aufstellerin bis zum unterlassen zu haben, den im Betrieb in XY, gehaltenen Apparat der Type "Spielapparat mit virtuellen Hunde- und Pferderennen" für die Monate Mai 2009 bis Juli 2012 mit dem Betrag von jeweils € 1.400,00 zur Vergnügungssteuer anzumelden und diese zu entrichten. Sie habe dadurch die Vergnügungssteuer für diese neununddreißig Monate mit dem Gesamtbetrag von € 54.600,00 gemäß §§ 14 Abs. 2, 17 Abs. 3 iVm § 19 Abs. 1 VGSG verkürzt.

Aus diesem Grund wurde über sie gemäß § 19 Abs. 1 VGSG eine Geldstrafe in Gesamthöhe von € 27.300,00 und für den Fall der Uneinbringlichkeit dieser Geldstrafe eine Ersatzfreiheitsstrafe von 32 Tagen und 12 Stunden verhängt.

Gemäß § 64 VStG wurde ein Kostenersatz in Gesamthöhe von € 2.730,00 ausgesprochen.

In der Berufung (nunmehr Beschwerde) wurde vorgebracht, dass die im Lokal der Bf. betriebene Ausstattung zur Vermittlung von Wetten auf virtuelle Hunde- und Pferderennen nicht der Vergnügungssteuer unterliege. Im weiteren Vorbringen nenne die Bf. der Einfachheit halber nur virtuelle Hunderennen. Ihre Ausführungen würden sich jedoch vollinhaltlich auch auf die in ihrem Lokal angebotenen Wetten auf virtuelle Pferderennen beziehen. Der einzige Unterschied liege in der Anzahl der Teilnehmer an den einzelnen Rennen.

In ihrem Lokal übe die Bf. das freie Gewerbe "Vermittlung von Wettkunden zu einem befugten Buchmacher/Wettbüro unter Ausschluss der den Buchmachern und Totalisateuren vorbehaltenen Tätigkeiten" aus. In Ausübung dieses Gewerbes habe sie einen Vermittlungsvertrag für Wetten mit der  B s.a. abgeschlossen. Die für die Wettannahme und -vermittlung erforderlichen EDV-Geräte habe die Bf. von der P-GmbH gemietet. Diese sei auch Herstellerin der auf diesen Hardwaregeräten verwendeten Wettsoftware. Unter Einsatz dieser Geräte und der Wettsoftware vermittle die Bf. die von den Kunden gewünschten Wetten zur B s.a. Diese habe ihren Sitz in Uruguay und nehme die Wetten dort an. Der jeweilige Wettabschluss erfolge somit in Uruguay.

Als technische Ausstattung seien im Lokal einerseits die genannte EDV-Anlage zur Vermittlung von Wetten und andererseits eine Vielzahl von Fernsehgeräten vorhanden, welche im Eigentum der Bf. stünden. Die Fernsehgeräte würden einerseits dazu verwendet, Informationen des Buchmachers für die Wettkunden anzuzeigen, und andererseits, um die Ereignisse darzustellen, auf die gewettet werden könne.

Sowohl bei der technischen Anlage im Lokal als auch bei der dort ausgeübten Vermittlungstätigkeit sei strikt zu unterscheiden zwischen den Ereignissen (beispielsweise Fußballspiele), auf die gewettet werde, und den Wetten, die von den Wettkunden mit dem Buchmacher geschlossen werden könnten.

Interessierte an einem Fußballspiel könnten auf Fernsehgeräten zu Hause oder in Lokalen – wie auch im Lokal der Bf. – dieses Spiel verfolgen. Im Lokal der Bf. könnten Wettkunden auf dieses Spiel Wetten über dessen Ausgang mit dem Buchmacher B s.a. abschließen. Parteien des jeweiligen Wettvertrages seien dann der jeweilige Wettkunde und die  B s.a. Die Bf. als Vermittlerin der Wetten wie auch die  P-GmbH als Herstellerin der Wettsoftware bzw. Eigentümerin der Hardware hätten dabei mit dem Ereignis, auf das gewettet werde, nichts zu tun. Es bestehe auch kein Zusammenhang zwischen dem Ausgang des Spieles und der für die Wettvermittlung im Lokal verwendeten EDV-Anlage.

Völlig gleichartig stelle sich die Situation bei den virtuellen Hunderennen dar, welche von der Bf. zur B s.a. vermittelt würden. Die als Wettereignisse angezeigten virtuellen Hunderennen würden von S veranstaltet. Von dort hätten sie bis Mitte Jänner 2012 über Fernsehsatellitenprogramm mit entsprechendem Satelitendecoder bzw. im Internet unter der Homepage www.s.com von jedermann und jederzeit aufgerufen werden können. Mitte Jänner 2012 sei das Fernsehsatellitenprogamm eingestellt worden. Seither gebe es die Rennen nur noch auf der genannten Homepage für jedermann zu betrachten. In den Wettbestimmungen der B s.a., die im Lokal der Bf. aushängen würden, werde der Wettkunde auf die Informationsmöglichkeiten dieser Internetseite hingewiesen. Die Hunderennen auf der genannten Homepage würden täglich rund um die Uhr stattfinden. Sie würden jeweils im Intervall von etwa drei Minuten starten, ein Rennen dauere jeweils etwa 30 Sekunden. Die Rennen würden von einem fixen Bestand von 1080 Hunden bestritten. Die zu diesem Bestand gehörigen Hunde seien je durch bestimmte Merkmale charakterisiert und würden abwechselnd in Konstellationen zu je sechs Hunden gegeneinander in die Wettbewerbe geschickt. Jeder Hund habe einen fixen Namen, unter dem er immer wieder in die Rennen geschickt werde, und eine diesem entsprechende eigene Identität. Die Informationen (Name, Nummer, Trainer, Form), die jeweils zu den einzelnen Hunden erteilt würden, würden sich durch nichts von jenen Informationen, die auch bei realen Rennen zugänglich seien, unterscheiden.

Entgegen den Ausführungen der Behörde könne der Wettkunde sehr wohl die Leistungsstärke der am virtuellen Rennen teilnehmenden Hunde einschätzen und daraus eine ernsthafte Voraussage des wahrscheinlichen Rennausganges treffen. Zu diesem Zweck müsse er lediglich die in der Vergangenheit über einen längeren Zeitraum erreichten Ergebnisse beobachten und daraus seine Schlüsse ziehen – wie auch bei realen Rennen. So könne er beispielsweise feststellen, welcher Hund öfter gewinne oder unter den ersten drei zu finden sei und welcher Hund eher im Mittelfeld anzutreffen sei. Fakten wie diese würden Buchmachern und Wettpartnern grundsätzlich bei allen Wetten zur Verfügung stehen. Sie würden erst eine realistische Einschätzung der Chancenverteilung bei einem Wettereignis ermöglichen. Es sei die Erfahrung, resultierend aus der Beobachtung über einen längeren Zeitraum, die zu dieser Einschätzbarkeit der Chancen führe. Durch Beobachtung der Ergebnisse der Rennen könne sich der interessierte Wettpartner ein klares Bild über die jeweilige Leistungsstärke der virtuellen Hunde verschaffen. Jedenfalls habe der interessierte Wettpartner aufgrund der ihm zugänglichen Ergebnisse aus der Vergangenheit die Möglichkeit einer realistischen Einschätzung der Chancen für die zukünftigen Rennen. Die Rennen und deren jeweiligen Starter würden zumindest zwei Stunden vor Beginn feststehen und auf der Homepage angezeigt werden. Eine weitere wesentliche Informationsquelle zur Chanceneinschätzung sei für den Wettkunden die von der  B s.a. festgesetzte Quote, die jeweils auf gesonderten Fernsehgeräten dargestellt werde. Die Quote drücke die Wahrscheinlichkeit eines Erfolges für den jeweiligen Hund aus, auf den gewettet werde. Die Quote bestimme ferner den Faktor für die Gewinnauszahlung. Der interessierte Wettkunde könne sich neben der Quote, die der Buchmacher B s.a. anbiete und die über die Wettsoftware auf einem Monitor angezeigt werde, auch über die  im Rahmen der Übertragung der Rennen angezeigte Quote des Buchmachers S informieren und bei seinen Einschätzungen berücksichtigen. Die genannten Quoten seien zwar ähnlich, aber nicht ident. Der Buchmacher B s.a. erstelle jeweils eigene Quoten, zu denen er Wetten auf den Ausgang der Rennen anbiete und abschließe. Diese Quoten würden über einen eigenen Quotenfernseher den Wettkunden angezeigt. S sei ein englischer Buchmacher, auf dessen Homepage Wettkunden auch auf die virtuellen Hunde- und Pferderennen mit S selbst wetten könnten. Der Wettvermittler, der Buchmacher  B s.a. und auch die  P-GmbH  hätten mit S keinerlei Geschäftsbeziehung. Es werde lediglich die für jedermann aufrufbare Homepage auf Fernsehgeräten gezeigt. Darauf würden zwischen Wettkunden und dem Buchmacher B s.a. Wetten abgeschlossen.

Weder die beiden Parteien des Wettvertrages noch die Bf. als Vermittlerin und ebensowenig die P-GmbH als Hestellerin der Wettsoftware hätten etwas mit dem Wettereignis zu tun. Es bestehe kein technischer Zusammenhang zwischen dem Ausgang des virtuellen Rennens und der EDV-Anlage, welche der Wettvermittlung diene. Der Wettkunde könne die virtuellen Hunderennen auf Fernsehschirmen betrachten, sich auf der Homepage über die künftigen Rennen informieren, die von S unabhängigen Quoten der  B s.a. wählen und dann den Filialmitarbeiter mit der Ermittlung der Wette beauftragen. Dieser gebe die Wette in das EDV-System ein. Nach dem Zustandekommen der Wette erfolge als Beweis für den Abschluss ein Ticketausdruck, der auch einen Barcode enthalte, welcher die Überprüfung eines Gewinnes für den Mitarbeiter erleichtere.

Die Wettkunden könnten unabhängig von jeglicher Abgabe einer Wette im Lokal die virtuellen Hunde- und Pferderennen auf den Fernsehbildschirmen betrachten.

In genau umgekehrter Weise könnten Wettkunden die von der B s.a. angebotenen Wetten auf virtuelle Hunderennen jederzeit abschließen, ohne dass die tatsächlichen Rennen über die Fernsehgeräte von den Wettkunden verfolgt würden. Das komme in der Praxis der  B s.a. auch immer wieder vor, insbesondere bei Störungen der Fernsehanlage.

Da keine technische Verbindung zwischen der Vorführung der Rennen über Fernsehgeräte und der Wettanlage bestehe, müsse jedes einzelne virtuelle Rennen von den Mitarbeitern des Buchmachers B s.a. manuell in die Wettsoftware eingegeben werden. Dabei lege die B s.a. für jedes virtuelle Rennen und für jeden einzelnen virtuellen Starter die Quote fest. Erst durch die manuelle Eingabe in das Wettsystem könne das Ereignis von Kunden "bewettet" werden. Gleichfalls manuell erfolge die Bewertung des Ergebnisses jedes einzelnen Rennens. Die Mitarbeiter der B s.a. müssten jedes einzelne virtuelle Rennen über Fernsehgeräte bzw. auf der genannten Homepage verfolgen, manuell die Möglichkeit zur Wettannahme durch die Filialen stoppen (beim Start der Rennen) und nach Beendigung der Rennen manuell die Sieger in das Wettsystem eingeben. Erst dann könnten Wettgewinne ausgezahlt werden.

Somit liege kein Spielapparat im Sinne des VGSG vor.

Dies werde durch das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes, Zl. V6/96, vom zweifelsfrei bestätigt. In diesem treffe der VfGH unter Punkt II., Z 1 lit. b Feststellungen zu einem Brieflosausgabeautomaten, die sich exakt auf die gegenständliche Wettanlage umlegen ließen. Die Wettanlage diene weder der Unterhaltung noch dem Vergnügen des Kunden, sondern ausschließlich dem Vorgang des Abschlusses der Wette und der Dokumentation dieses  Wettabschlusses. Das spannende bzw. den Wettkunden unterhaltende Element sei nicht der Abschluss des Wettvertrages, sondern ausschließlich das im Anschluss in jeder Beziehung völlig unabhängig vom Wettabschluss stattfindende virtuelle Rennen. Die Wettanlage sei ausschließlich ein technisches Hilfsmittel zum Abschluss der Wetten.

Insofern liege den hier dargestellten Wetten auf virtuelle Hunderennen ein anderer Sachverhalt zu Grunde als jenen Vorgängen, die bisher Gegenstand von Höchstgerichtsentscheidungen zu Spielautomaten bzw. Hunde- und Pferderennen gewesen seien. Dies sei umfangreich beschrieben und durch ein technisches Gutachten (Beilage) untermauert.

Im Lokal der Bf. würden mit der gleichen technischen Anlage unter Vornahme der gleichen manuellen Handlungen monatlich ca. 14.700 Wetten auf virtuelle Hunde- und Pferderennen angeboten. Dem Sachverhalt würden auch keine Spiele zu Grunde liegen. Es würden legal Wetten im Sinne des § 1270 ABGB abgeschlossen. Allen Beteiligten sei der Ausgang der Ereignisse, auf die gewettet werden könne, vorher nicht bekannt. Das Ergebnis sei für alle Beteiligten in der Zukunft liegend. Die Beteiligten hätten auch keinen Einfluss auf den Ablauf der Ereignisse und die Ergebnisse. Ein wesentlicher Unterschied zwischen Wette und Spiel sei, dass beim Spiel zumindest einer der Teilnehmer aktiv an der Erzielung des Ergebnisses beteiligt sei. Dieser entscheidende Unterscheidungsfaktor zwischen Wette und Glücksspiel ziehe sich auch durch die gesamte rechtliche Entwicklung des Glücksspielwesens in Österreich. Die Bf. sei überdies der Ansicht, dass Wettabschlüsse schon grundsätzlich nicht mit Vergnügungssteuer belegt werden könnten, da Wetten dem Gebührengesetz, und somit ausschließlich einer Bundesabgabe unterliegen würden.

Zur Darstellung der technischen Funktionsweise der Wettannahme werde weiters ein Befund und Gutachten zum verfahrensgegenständlichen "Wettkassensystem der P-GmbH zum Abschluss oder zur Vermittlung von Wetten zur B s.a.", erstellt von Ing. MT, vorgelegt. Weiters werde ein mathematisches Gutachten vorgelegt, welches nachweise, dass die Ergebnisse der verfahrensgegenständlichen Wetten nicht ausschließlich oder überwiegend vom Zufall abhängig seien.

Die Bf. habe in keinem Fall vorsätzlich Vergnügungssteuer verkürzt. Ihre Ausführungen würden zeigen, dass sie absolut davon überzeugt sei, dass keine Vergnügungssteuerpflicht bestehe. Unter Beachtung des Verwaltungsgerichtshof-Erkenntnisses vom , Zl. 93/17/0130, seien alle verhängten Strafen somit verjährt, da bei Fahrlässigkeit ein fortgesetztes Delikt nicht in Frage komme.

Mit Schreiben vom sei die Bf. erstmalig zur Rechtfertigung für den Zeitraum Mai bis Juli 2012 aufgefordert worden. Zu diesem Zeitpunkt sei für die Strafen, Zlen MA 6/DII/RII-4736/2012 bis MA 6 DII/RII-4740/2012 (Mai 2009 bis September 2009), bereits "volle" Verjährung und für die Strafen, Zlen MA 6/DII/RII-4741/2012 bis MA 6 DII/RII-4764/2012 (Oktober 2009 bis September 2011), bereits Verfolgungsverjährung eingetreten gewesen. Die Strafen für diese Zeiträume seien daher auch aus diesen Gründen rechtswidrig.

Die Bf. beantrage die ersatzlose Aufhebung des angefochtenen Bescheides. Es werde die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt.

Im Schreiben vom an den Magistrat der Stadt Wien brachte die Bf. vor, dass sie gegen den die Vergnügungssteuer vorschreibenden Bescheid der Abgabenberufungskommission Beschwerde beim VwGH erhoben habe. In der Beilage werde die vom VwGH geforderte und am eingebrachte Mängelbehebung zur weiteren Begründung der Berufung übermittelt. Außerdem werde ein weiteres statistisch-mathematisches Gutachten vom übermittelt. Dieses Gutachten und das bereits mit der Berufung übermittelte Gutachten kämen zu den folgenden Ergebnissen: Der Ausgang der verfahrensgegenständlichen virtuellen Hunde- und Pferderennen und somit auch die Vorhersehbarkeit des bewetteten Ereignisses sei nicht ausschließlich oder überwiegend vom Zufall abhängig. Dieser Ausgang sei sogar besser vorhersagbar als bei echten Wetten auf Hunde- und Pferdewetten (sog. Sportwetten). Selbst ein nur durchschnittlicher Wetteilnehmer könne den Erhalt des eingesetzten Nettokapitals erreichen. Ein Wettkunde mit Erfahrung könne langfristig Gewinne erzielen.

Der Magistrat der Stadt Wien legte die Berufung am dem damaligen Unabhängigen Verwaltungssenat Wien (UVS) zur Entscheidung vor.

Das Verwaltungsgericht Wien übermittelte den Akt am (beim BFG eingelangt am ) gemäß § 5 WAOR zuständigkeitshalber dem BFG.

Im Schreiben vom an das BFG brachte die Bf. vor, dass sie ergänzend zur Berufung das VwGH-Erkenntnis vom , Zl. 2013/17/0593-6, welches zu einem völlig identen Sachverhalt ergangen und mit welchem der Bescheid der (damals zuständigen) Abgabenberufungskommission betreffend Vorschreibung von Vergnügungssteuer aufgehoben worden sei, übermittle. Idente Entscheidungen seien in 11 weiteren gleichgelagerten Fällen ergangen. Unter Hinweis auf G 6/12, ersehe der VwGH aufgrund des in den angefochtenen Bescheiden jeweils festgestellten Sachverhalts keine Berechtigung der Behörde zur Einhebung der Vergnügungssteuer. Demnach sei auch zugunsten der Bf. zu werten, dass die Vorschreibung der Vergnügungssteuer durch die Behörde offenkundig unzulässig gewesen sei. Die Bf. habe einen strafrechtlichen Tatbestand gar nicht gesetzt, wenn sie keine Anmeldung zur Vergnügungssteuer und keine Zahlungen vorgenommen habe. Die Bf. verweise weiters auf das am zur GZ. RV/7500015/2014 ergangene Erkenntnis des BFG, mit welchem – unter Bedachtnahme auf VwGH, Zl. 2013/17/0593-6 – in einem wiederum identen Sachverhalt das Straferkenntnis aufgehoben und das Strafverfahren eingestellt worden sei.

Am fand über Antrag der Bf. eine mündliche Verhandlung statt.

Die Vertreterin der Bf. gab in der mündlichen Verhandlung, zu der die Bf. nicht erschienen war, an, dass die Bf. als Pflegehilfe arbeite und ein Gehalt von € 1.000,00 beziehe. Das im Jahr 2008 eröffnete Lokal der Bf. sei keine Einnahmequelle der Bf. mehr. Nunmehr gebe es dort nur mehr normale Sportwetten. Die Vertreterin der Bf. verwies auf das bereits genannte, an die Bf. ergangene, Erkenntnis des VwGH, Zl. 2013/17/0594, und im Übrigen auf ihr umfangreiches Vorbringen.

Dem Zeugen ST wurde in der mündlichen Verhandlung vom Richter der Inhalt der Beschwerde vom zur Kenntnis gebracht. Auf die Frage des Richters, ob dieser Inhalt mit den Feststellungen des Zeugen vom übereinstimmen würde, gab  der Zeuge an, dass die technische Ausführung durchaus möglich sei. Der Zeuge sagte außerdem aus, dass er in beinahe allen " Wetten Y" Lokalen gewesen sei und die diesbezüglichen Wettanlagen jeweils ident gewesen seien. Seiner Meinung nach sei der Ausgang der virtuellen Rennen jeweils vom Zufall abhängig. Es bestehe ein Zusammenhang zwischen diesen Rennen und der EDV-Anlage. Es sei schwer zu sagen, ob die Wettanlage ausschließlich ein technisches Hilfsmittel zum Abschluss der Wetten sei. Die Revisionsbeamten hätten sich die Funktionsweise der Wettanlage nie genau angeschaut und sich diese auch nie erklären lassen. Sie hätten auch nicht feststellen können, ob es ein mit der B s.a. bzw.  S gemeinsames EDV-System gebe. Zwischen den Fernsehgeräten und der Wettanlage bestehe schon ein Zusammenhang. Die Wettanlage setze sich aus den Bildschirmen, dem EDV-System und dem Mitarbeiter, der die Anlage bediene sowie die Wette annehme, zusammen.  

Der Magistratsbeauftragte erklärte in der mündlichen Verhandlung, dass sich aus seiner Sicht die Funktionsweise der Wettanlage der Bf. genauso darstelle, wie es der VwGH in seinem, die Steuerpflicht bejahenden, Erkenntnis vom , Zl. 2011/17/0222 ausführe. Ein Unterschied zum verfahrensgegenständlichen Sachverhalt sei für den Magistratsbeauftragten nicht ersichtlich. Der Magistratsbeauftragte gab auch bekannt, dass die Bf. bis dato € 1.500,00 entrichtet habe.

Mit E-Mail vom übermittelte der Magistratsbeauftragte dem BFG zur Information das Erkenntnis des Zl. 2013/17/0876 (Aufhebung des Bescheides des UVS vom , UVS-07/F/61/15082/2012, betreffend Übertretung des VGSG, wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften).  

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Die Bf. übte in dem o. g. Lokal das freie Gewerbe "Vermittlung von Wettkunden zu einem befugten Buchmacher/Wettbüro unter Ausschluss der den Buchmachern und Totalisateuren vorbehaltenen Tätigkeiten" aus. In Ausübung ihres Gewerbes hatte sie einen Vermittlungsvertrag für Wetten mit der B s.a. abgeschlossen.

Die für die Wettannahme und -vermittlung erforderlichen handelsüblichen EDV-Geräte (PC, Monitor, Ticketdrucker, Maus, Tastatur etc.) hatte die Bf. von der P-GmbH gemietet. Diese war auch Herstellerin der auf diesen Geräten verwendeten Wettsoftware.

Die Bf. vermittelte unter Einsatz dieser Geräte und der Wettsoftware die von den Kunden gewünschten Wetten zur B s.a. Diese hat ihren Sitz in Uruguay und nimmt die Wetten dort an, weshalb der Wettabschluss in Uruguay erfolgte.

Als technische Ausstattung waren im Lokal neben der o. g. EDV-Anlage (zur Vermittlung von Wetten) eine Vielzahl an Fernsehgeräten (Flachbildschirmen) vorhanden, welche im Eigentum der Bf. standen, sowie Decoder um das Satellitenprogramm SV (später S) empfangen zu können. Die Fernsehgeräte wurden einerseits dazu verwendet, Informationen des Buchmachers wie Quoten und Resultate für die Wettkunden anzuzeigen, und andererseits, um Ereignisse wie z. B. Fußballspiele oder virtuelle Hunde- und Pferderennen darzustellen, auf die gewettet werden konnte.

Unter den von der Bf. vermittelten Wetten befanden sich auch Wetten auf virtuelle Hunde- und Pferderennen. Diese virtuellen Hunde- und Pferderennen wurden von S veranstaltet. S ist ein englischer Buchmacher, auf dessen Homepage www.s.com auch direkt auf die virtuellen Rennen gewettet werden kann.

Die virtuellen Rennen fanden täglich rund um die Uhr regelmäßig in einem Abstand von ca. drei Minuten statt. Innerhalb dieser drei Minuten war anfänglich am Bildschirm der Beginn des darauffolgenden Rennens ersichtlich. Weiters wurden die teilnehmenden virtuellen Hunde mit ihrem jeweiligen Namen und der Startnummer vorgestellt.

Zu jedem Tier wurden Informationen wie der Name, die Startbox, der Trainer, die aktuelle, in einer vierstelligen Zahl ausgedrückte Form und die Wettquote von SV bzw. S angezeigt.

Diese vierstellige Zahl (Form) zeigte die vom jeweiligen Tier in den letzten vier Rennen erreichten Plätze an. Diese Angaben wurden täglich aktualisiert. Zu Beginn des Rennens verschwanden die Quotenanzeigen.

Auf der Homepage www.s.com bestand die Möglichkeit, sich über die beginnenden Rennen und die vergangenen zehn Rennen zu informieren. Die Rennen konnten von jedermann auch jederzeit auf dieser Homepage aufgerufen werden.

Auf den Fernsehgeräten im Lokal der Bf. wurde ein Ausschnitt der Homepage bzw. des Programms SV bzw. S gezeigt, auf welchem jeweils das virtuelle Rennen zu sehen war.

Informationsquelle für den Wettkunden war neben Namen, Startbox, Trainer, Form und der von S für das jeweilige Tier festgesetzten Quote weiters die vom Buchmacher (B s.a.) festgesetzte Quote.

Dieser Buchmacher errechnete selbst eine Wettquote aufgrund der prinzipiellen Leistungsstärke, der aktuellen Form, des Trainers und der aktuell konkurrierenden Tiere. Diese Informationen standen auf gesonderten Bildschirmen im Lokal der Bf. zur Verfügung.

Die Buchmacherquoten der B s.a. waren durch die Bf. nicht veränderbar. Sie orientierten sich an den Wettquoten von S, waren jedoch bei höheren Gewinnmöglichkeiten häufig etwas niedriger.

Zwischen der Vorführung der virtuellen Rennen über Fernsehgeräte und der für die Wettannahme und -vermittlung erforderlichen EDV-Anlage bestand keine technische Verbindung.

Die Rennen fanden unter einem fixen Bestand von ca. 1080 virtuellen Hunden statt. Diese Hunde hatten jeweils einen individuellen Namen. Es gab Hunde, die bessere und Hunde, die schlechtere Rennleistungen erbrachten.

Mehrere Hunde waren jeweils einem bestimmten Trainer zugeordnet. Dabei gab es Trainer mit tendenziell eher erfolgreichen und Trainer mit tendenziell eher erfolglosen Hunden. Diese Hunde wurden abwechselnd in Konstellationen zu je sechs Hunden gegeneinander in die Wettbewerbe geschickt.

Es handelte sich bei diesen virtuellen Rennen um jeweils elektronisch erzeugte (computergenerierte) Rennen und nicht um Aufzeichnungen.

Die Vermittlung der Wetten auf die virtuellen Rennen im Lokal der Bf. erfolgte ausnahmslos über Filialmitarbeiter.

Der Wettabschluss erfolgte, indem der Wettkunde einen Mitarbeiter im Lokal der Bf. mit der Vermittlung einer Wette auf ein virtuelles Rennen beauftragte. Dieser Filialmitarbeiter gab die Wette manuell in das EDV-System der Bf. ein und händigte dem Kunden einen Ticketausdruck mit einem Barcode aus. Im Fall eines Gewinnes wurde mittels eines Barcode-Scanners der Wettschein überprüft, verbucht und ausbezahlt.

Der Mindesteinsatz betrug € 1,00.

Der Wettvorgang unterschied sich für den Kunden nicht vom Vorgang bei anderen Wetten, etwa Wetten auf Rennen von echten Hunden oder Pferden oder z. B. auf Fußballspiele. Mit der genannten EDV-Anlage wurden unter Vornahme der gleichen manuellen Handlungen auch die im Lokal angebotenen Sportwetten und Sport-Livewetten erfasst.

Der Ausgang der von S veranstalteten virtuellen Hunde- und Pferderennen und die Vorhersagbarkeit des bewetteten Ereignisses waren nicht ausschließlich oder überwiegend vom Zufall abhängig.

Mit entsprechendem Geschick konnten die Gewinnchancen entsprechend der Erfahrung des Wetteilnehmers deutlich vom Mittelwert abweichen.

Bei den virtuellen Rennen gab es vereinfacht drei Gruppen von Hunden bzw. Pferden:

(1) Top-Performer: jene Hunde bzw. Pferde, die in 75 % der Fälle die Ränge 1-3 belegten.

(2) Underdogs: jene Hunde bzw. Pferde, die in 75 % der Fälle die Ränge 4-6 oder mehr belegten.

(3) Mittelmaß: jene Hunde bzw. Pferde, die weder in Gruppe 1 oder Gruppe 2 lagen.

Die Ergebnisse des einzelnen Hundes bzw Pferdes schwankten innerhalb der jeweiligen Gruppe. Diese Schwankungen wurden innerhalb der jeweiligen Gruppe mittels eines Zufallsgenerators simuliert. Dabei kamen die elektronisch erzeugten Rennen den "natürlichen" Rennen mehr als nahe, da diese "natürlichen" Rennen weit größere Schwankungen innerhalb der gleichen Gruppen ausweisen, weil Einflüsse des Wetters und der Tagesverfassung des einzelnen Tieres erheblich sein können.

Aus den zur Verfügung gestellten Informationen ließ sich die Leistungsstärke der an den virtuellen Rennen teilnehmenden Tiere einschätzen und damit eine ernsthafte Voraussage des wahrscheinlichen Rennausgangs treffen.

Es bestand kein technischer Zusammenhang zwischen dem Ausgang der virtuellen Rennen und der EDV-Anlage, welche der Wettvermittlung diente. Auf den Inhalt des übertragenen Fernsehprogrammes bzw. der wiedergegebenen Homepage hatte weder die Bf. noch der Buchmacher Einfluss. Das Abspielen der Rennen auf den Bildschirmen im Lokal erfolgte unabhängig von diesbezüglichen Wettabschlüssen.

Die Bf., der Buchmacher und die P-GmbH hatten keinen Einfluss auf den Ausgang der Rennen. Dieser Ausgang war ihnen nicht bekannt, ebensowenig den Kunden.

Der Ausgang des virtuellen Rennens lag bei Wettabschluss für alle Beteiligten in der Zukunft.

Die Bf. meldete die Wettanlage beim Magistrat nicht an. 

Von diesem Sachverhalt geht das BFG bei seiner Entscheidung aus.

Am führte der Magistrat der Stadt Wien im o. g. Lokal eine Revision durch. In ihrem Bericht vom führten die Revisionsbeamten Mag. KB und ST aus:

"Bei einer Erhebung am wurde festgestellt, dass im Betrieb eine Anlage zur Durchführung von Ausspielungen auf sogenannte 'Virtuelle Hunde- und Pferderennen' betrieben wird. Auf einem Bildschirm wird die Quote für die nächste Ausspielung angezeigt, auf einem anderen Bildschirm wird der Satellitensender SV gezeigt. Ein Probespiel wurde durchgeführt. Es wird diesbezüglich auf die beiliegende Spielbeschreibung verwiesen. Zum Erhebungszeitpunkt wurden Computergenerierte Virtuelle Pferderennen auf der computergenerierten Rennbahn 'Fortune meadows' angeboten. Dabei wird keine Videoaufzeichnung eines Rennens mit echten Tieren wiedergegeben, sondern eine Computeranimation eines Rennens. Ansonsten gibt es keine Unterschiede zur beiliegenden Spielbeschreibung. Laut Angaben der vor Ort angetroffenen Lokalinhaberin wird die Anlage zumindest seit einem Jahr (5/09) betrieben. Die Anlage ist als Spielapparat gem. § 6 Abs 1 VGSG daher für 05/09 – 05/10 mit EUR 18.200,00 zu bemessen.

...

Spielbeschreibung

'Virtuelle Hunde- und Pferderennen' über SV in 'Wetten Y' Wettlokalen. In den Standorten werden neben echten Sportwetten auch Spieleinsätze auf sogenannte 'Virtuelle Hunde- und Pferderennen' entgegengenommen. Diese Ausspielungen stellen keine Sportwetten dar.

Zur Abgrenzung zwischen Sportwette und Glücksspiel ist auf den Artikel von Wilfried Lehner, Wette, Sportwette und Glücksspiel, taxlex 2007, S 337 ff, hinzuweisen. Eine 'Wette' im Zusammenhang mit der Wiedergabe einer Aufzeichnung ist nicht eine 'Wette' aus Anlass sportlicher Veranstaltungen, sondern aus Anlass der Wiedergabe einer Aufzeichnung. Ob der Wettlustige gewinnt oder verliert, hängt bei einer solchen 'Wette' nicht vom Zutreffen eines vermuteten Ausganges einer sportlichen Veranstaltung, sondern davon ab, welches der aufgezeichneten Ereignisse von einem EDV-Programm nach Wettannahmeschluss ausgewählt und wiedergegeben wird.

Für die Durchführung der Ausspielung dienen in der Regel zwei Bildschirme sowie ein EDV-System in dem die Wetteinsätze und etwaige Gewinnauszahlungen verbucht werden.

Auf einem Bildschirm werden die Gewinnquoten für die nächste Ausspielung (nächstes Rennen) kundgemacht. Auf einem weiteren Bildschirm werden die Uhrzeit des nächsten Rennens und der Countdown bis zum Start angezeigt. Weiters wird Startnummer und Name der startenden Hunde und Pferde angezeigt. Die Rennen werden über den Satellitensender SV übertragen. Laut Internetrecherche werden auf diesem Sender täglich 'Virtuelle Hunderennen' übertragen. Zur Teilnahme an der Ausspielung wendet man sich an den hinter dem Annahmeschalter sitzenden Mitarbeiter, der den Spieleinsatz entgegennimmt und im System verbucht. Der Spieler erhält einen Beleg, mit dem ein etwaiger Gewinn einzulösen ist. Der Mindestspieleinsatz beträgt EUR 1,00. Nach Ende des Countdowns endet die Möglichkeit zur Einsatzabgabe und ein Video eines Hunderennens bzw. Pferderennens wird abgespielt. Nach Abspielen des Videos wird das Ausspielungsergebnis (Rennergebnis) angezeigt und der Countdown für die nächste Ausspielung beginnt zu laufen. Auf dem Beleg, den man für den Spieleinsatz erhält ist als Vermittler der Vermerk 'wird vermittelt an B s.a. XY1'. Es handelt sich um ein Unternehmen in Uruguay. Die technische Anlage zur Veranstaltung von Ausspielungen auf Basis von Wetten auf das Ergebnis von sogenannten 'Virtuellen Hunderennen' bzw 'Virtuellen Pferderennen' durch visuelle Anzeige der Gewinnmöglichkeiten und optischer Darstellung der Rennen mittels Bildschirmen sowie die EDV-mäßige Erfassung der Spieleinsätze und Gewinnauszahlungen ist als Spielapparat gem. § 6 Abs 1 VGSG zu werten."

Mit Schreiben vom  forderte der Magistrat der Stadt Wien die Bf. zur Anmeldung der Anlage auf. Die Bf. reagierte nicht auf dieses Schreiben.

Am stellte der Magistrat der Stadt Wien bei einer Nachschau im o. g. Lokal fest, dass bei der Überprüfung virtuelle Hunde- und Pferderennen jeweils über einen eigenen Bildschirm übertragen und angeboten worden seien.

Mit Bescheid vom (zugestellt am ) schrieb der Magistrat der Stadt Wien der Bf. für die Monate Mai 2009 bis Juli 2012 die Vergnügungssteuer in Gesamthöhe von € 54.600,00 (sowie einen Säumnis- und einen Verspätungszuschlag) vor.

Gegen diesen Bescheid erhob die Bf. Berufung. 

Mit Berufungsvorentscheidung vom wies der Magistrat der Satdt Wien die Berufung als unbegründet ab.

Dagegen richtete sich der Vorlageantrag der Bf. vom an die Abgabenberufungskommission der Stadt Wien, ergänzt durch das Schreiben der Bf. vom

Mit Aufforderung zur Rechtfertigung vom teilte der Magistrat der Stadt Wien der Bf. die zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen mit.

In der Rechtfertigung vom wendete die Bf. (teilweise) Verjährung ein und legte das o. g. Gutachten von Ing. MT vom vor. Sie beantragte die Beiziehung eines technischen Sachverständigen zum Nachweis dafür, dass die dargestellte Funktionsweise der verwendeten Geräte sowie der verwendeten Software den Tatsachen entspreche und führte dazu an, dass die Funktionsweise der EDV-Anlage und der verwendeten Software von den Sachverständigen jederzeit am Firmensitz der P-GmbH in XY2 Wien überprüft werden könne. Weiters beantragte die Bf. die Auswertung der Rennen seit August 2012 zur weiteren Untermauerung des Vorbringens, dass es sich vorliegend um künftige Rennen handle und die Leistungsstärke der Starter wie bei echten Rennen sehr wohl einschätzbar sei. Die Bf. führte dazu an, dass die P-GmbH seit dem August 2012 lückenlos jedes Hunderennen und die dazu auf der Homepage angezeigten Informationen aufgezeichnet und ausgewertet habe. Vom bis zum hätten ca. 30.000 unterschiedliche Rennen stattgefunden. Kein einziges Rennen habe sich dabei wiederholt. Die zum Nachweis erstellten Ausdrucke in Papierform (Umfang je Monat jeweils ca. 30.000 Seiten) könnten jederzeit vorgelegt werden. Es werde somit auch die Einsichtnahme in diese, von der P-GmbH seit erstellten Aufzeichnungen der Homepage www.s.com beantragt. Aufgrund des Umfanges der Aufzeichnungen würden diese der Rechtfertigung nicht angeschlossen, deren Vorlage (in Form der erstellten Papierausdrucke, Zurverfügungstellung der erstellten Excel-Dateien zur Überprüfung durch Sachverständige) werde jedoch angeboten. Im Übrigen führte die Bf. in der Rechtfertigung aus wie in der Berufung gegen das Straferkenntnis.

Die Abgabenberufungskommission der Stadt Wien wies die Berufung gegen die Abgabenvorschreibung mit Berufungsbescheid vom als unbegründet ab.

Gegen diesen Berufungsbescheid erhob die Bf. Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof.

Der VwGH hob den o. g. Berufungsbescheid wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften auf (; erledigt im gleichen Sinn: ).

Im "Befund und Gutachten über das Wettkassensystem der P-GmbH zum Abschluss oder zur Vermittlung von Wetten zur B s.a." vom , stellt Ing. MT zunächst den technischen Aufbau des Wettvermittlungssystems und die typischen Abläufe im Lokal des Wettvermittlers dar. Im Gutachten zieht er die Schlussfolgerung, dass es sich bei den hier in Rede stehende Wetten auf Hunde- und Pferderennen schon deshalb nicht um Glücksspiele handeln könne, weil keiner der an der Wette Beteiligten den Wettausgang durch eigenes spielendes Verhalten beeinflussen oder verändern könne. Die Beobachtung der laufenden Rennen, unterstützt durch die Ergebnisse von Sieg und Platz der vorangegangenen Hunderennen und der Zuordnung von Qualitäten der Mitbewerber im Rennen, würden identische Informationen wie bei einer Live-TV Matchwette geben. Bei dieser Art der Wette entscheide ein von den Wettteilnehmern völlig unabhängiges und unbeeinflussbares Ereignis über Gewinn und Verlust. Es gebe daher kein "Glücksspielprogramm", bei welchem z. B. der Apparat selbständig über Gewinn und Verlust entscheide, dies anhand einer Software, welche den Zufall herbeiführe. Das sei bei diesen Wetten nicht möglich. Es liege auch keine zentralseitige Ausspielung im Sinne des § 12a Glücksspielgesetz vor.

Die Bf. legte weiters ein "Statistisch-mathematisches Gutachten über Wetten auf elektronisch erzeugte Hunde- und Pferderennen" vom 31. Mai 3013 und ein "Statistisch-mathematisches Gutachten über Geschicklichkeit oder Zufall von Wetten auf elektronisch erzeugte Hunde- und Pferderennen" vom vor. In diesen Gutachten kommt Univ.Doz. Dr. WE jeweils zum Ergebnis, dassder Ausgang der virtuellen Hunde- und Pferderennen und somit auch die Vorhersagbarkeit des bewetteten Ereignisses nicht ausschließlich oder überwiegend vom Zufall abhängig sei. Dieser Ausgang sogar besser vorhersagbar sei als bei Wetten auf echte Hunde- und Pferderennen. Daher könne selbst ein nur durchschnittlicher Wettteilnehmer den Erhalt des eingesetzten Nettokapitals erreichen und ein Wettkunde mit Erfahrung langfristig Gewinne erzielen.

Der Sachverhalt resultiert aus den Feststellungen der Revisionsbeamten, dem Bemessungsverfahren, dem Vorbringen der Bf. und den Gutachten der beiden Sachverständigen.

Der Revisionsbeamte ST hat in der mündlichen Verhandlung als Zeuge die Richtigkeit des sich auf den technischen Aufbau der Wettanlage der Bf. beziehenden Vorbringens der Bf. bestätigt.

Die Schlussfolgerungen der beiden Sachverständigen sind nachvollziehbar. Der Magistrat der Stadt Wien hat keine Beweismittel vorgelegt, die den o. g. Gutachten widersprechen.

§ 31 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG) lautet:

"(1) Die Verfolgung einer Person ist unzulässig, wenn gegen sie binnen einer Frist von einem Jahr keine Verfolgungshandlung (§ 32 Abs. 2) vorgenommen worden ist. Diese Frist ist von dem Zeitpunkt zu berechnen, an dem die strafbare Tätigkeit abgeschlossen worden ist oder das strafbare Verhalten aufgehört hat; ist der zum Tatbestand gehörende Erfolg erst später eingetreten, so läuft die Frist erst von diesem Zeitpunkt.

(2) Die Strafbarkeit einer Verwaltungsübertretung erlischt durch Verjährung. Die Verjährungsfrist beträgt drei Jahre und beginnt in dem in Abs. 1 genannten Zeitpunkt. ..."

 § 19 Abs. 1 VGSG lautet:

"Handlungen oder Unterlassungen, durch welche die Steuer mit einem Betrag von höchstens 21 000 Euro verkürzt wird, sind als Verwaltungsübertretungen mit Geldstrafen bis 42 000 Euro zu bestrafen; für den Fall der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe ist eine Ersatzfreiheitsstrafe bis zu sechs Wochen festzusetzen. Handlungen oder Unterlassungen, durch welche die Steuer mit einem Betrag von mehr als 21 000 Euro fahrlässig oder vorsätzlich verkürzt wird, sind vom ordentlichen Gericht mit Freiheitsstrafen bis zu neun Monaten oder mit Geldstrafen bis zum Zweifachen des Verkürzungsbetrages zu bestrafen; für den Fall der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe ist eine Ersatzfreiheitsstrafe bis zu sechs Monaten festzusetzen. Die Verkürzung dauert so lange an, bis der Steuerpflichtige die Selbstbemessung nachholt oder die Abgabenbehörde die Steuer bescheidmäßig festsetzt."

Die bescheidmäßige Festsetzung der Vergnügungssteuer ist im vorliegenden Fall am erfolgt. Das angefochtene Straferkenntnis ist am , und somit innerhalb von weniger als einem Jahr nach dem Beginn der Fristen nach § 31 Abs. 1 und Abs. 2 VStG () ergangen. Es ist daher weder die Verfolgung der Bf. gemäß § 31 Abs. 1 VStG unzulässig gewesen noch ist die Strafbarkeit der Verwaltungsübertretungen, die der Bf. angelastet worden sind, gemäß § 31 Abs. 2 VStG durch Verjährung erloschen.

§ 1 VGSG lautet:

"(1) Folgende im Gebiet der Stadt Wien veranstaltete Vergnügungen unterliegen einer Steuer nach Maßgabe dieses Gesetzes:

...

3. Halten von Spielapparaten und von Musikautomaten (§ 6);

..."

§ 6 Abs. 1 VGSG lautet:

"Für das Halten von Spielapparaten, durch deren Betätigung ein Gewinn in Geld oder Geldeswert (so zB Jeton- oder Warengewinn) erzielt werden kann und für die keine Bewilligung oder Konzession nach den §§ 5, 14 oder 21 Glücksspielgesetz, BGBl. Nr. 620/1989, in der Fassung BGBl. I Nr. 111/2010, erteilt wurde, beträgt die Steuer je Apparat und begonnenem Kalendermonat 1 400 Euro. Die Steuerpflicht besteht unabhängig davon, ob die Entscheidung über das Spielergebnis durch den Apparat selbst, zentralseitig oder auf eine sonstige Art und Weise herbeigeführt wird."

§ 13 Abs. 1 VGSG lautet:

"Steuerpflichtig ist der Unternehmer der Veranstaltung. Unternehmer der Veranstaltung im Sinne dieses Gesetzes ist jeder, in dessen Namen oder auf dessen Rechnung die Veranstaltung durchgeführt wird oder die Entgelte gefordert werden. Sind zwei oder mehrere Unternehmer (Mitunternehmer) vorhanden, so sind sie als Gesamtschuldner steuerpflichtig. In den Fällen des § 1 Abs. 1 Z 3 gelten auch der Inhaber des für das Halten des Apparates benützten Raumes oder Grundstückes und der Eigentümer des Apparates als Gesamtschuldner."

§ 14 Abs. 2 VGSG lautet:

"Das Halten von Apparaten (§ 6) ist spätestens einen Tag vor deren Aufstellung beim Magistrat anzumelden. Die Anmeldung haben alle Gesamtschuldner (§ 13 Abs. 1) gemeinsam vorzunehmen und dabei auch den Unternehmer festzulegen, der die Zahlungen zu leisten hat."

§ 17 Abs. 3 VGSG lautet:

"Die Anmeldung von Apparaten (§ 14 Abs. 2) gilt als Steuererklärung für die Dauer der Steuerpflicht. ... Die Steuer ist erstmals zum Termin für die Anmeldung und in der Folge jeweils bis zum Letzten eines Monats für den Folgemonat zu entrichten. ..."

Der finanzausgleichsrechtliche Begriff der Vergnügung bzw. Lustbarkeit ist dahingehend auszulegen, dass zwar nicht zwingend eine Veranstaltung vorliegen muss. Seitens des Anbieters muß aber eine Art von Unterhaltung geboten werden. Bei der Betätigung eines Apparates ist darauf abzustellen, ob diese Betätigung selbst die Eignung besitzt, den Benützer zu unterhalten, ob also die von ihm ausgeübte Tätigkeit im Wesentlichen einem Spiel, also einer bloß dem Vergnügen und Zeitvertreib dienenden Vorgangsweise, gleichkommt. Bei Wettterminals, die keine über eine dezentrale elektronische Wettannahmestelle hinausgehende Funktion erfüllen, tritt das spannende und unterhaltende Element erst nach Vertragsschluss ein, nämlich in dem Zeitpunkt, wenn das Sportereignis, auf das die Wette abgeschlossen worden ist, stattfindet. Bei (der Betätigung von) solchen Geräten handelt es sich daher nicht um eine Lustbarkeit im Sinn des § 14 Abs. 1 Z 8 und 9 Finanzausgleichsgesetz 2008, die der Landesgesetzgeber unter diesem Titel einer Vergnügungssteuer unterwerfen darf. Von der in § 1 Abs 1 Z 3 VGSG festgelegten Steuerpflicht für die "veranstaltete Vergnügung" des Haltens von Spielapparaten sind somit nur Spielapparate umfasst, denen nach ihrer Funktion ein ausreichender Unterhaltungswert (eine Vergnügungskomponente) im Sinne des finanzausgleichsrechtlichen Begriffsverständnisses innewohnt (vgl. , und ).

Der im Streitfall vorliegende Sachverhalt weicht in den wesentlichen Punkten nicht von dem Sachverhalt, der dem Erkenntnis des , zugrundeliegt, ab.

Für den Wettkunden ist es möglich gewesen, eine ernsthafte Voraussage des wahrscheinlichen Rennausganges zu treffen. Das spannende und unterhaltende Element ist somit erst nach dem Abschluss des Wettvertrages eingetreten, nämlich im Zeitpunkt des Stattfindes des Rennes, das auf die Wette abgeschlossen worden ist. Die Wettanlage der Bf. hat somit keine über eine dezentrale Wettannahmestelle hinausgehende Funktion erfüllt, sie hat lediglich dazu gedient, den Wettvertrag abzuschließen. Der Wettanlage der Bf. hat folglich ihrer Funktion nach kein ausreichender Unterhaltungswert innegewohnt.

Bei der Wettanlage der Bf. hat es sich daher nicht um einen Spielapparat im Sinne des § 1 Abs. 1 Z 3 iVm § 6 VGSG gehandelt. Mangels Vergnügungssteuerpflicht bilden die der Bf. angelasteten Taten keine Verwaltungsübertretungen.

Der Beschwerde ist daher stattzugeben und das Strafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z 1 zweiter Fall VStG einzustellen.

Aufgrund dieser Ausführungen war spruchgemäß zu entscheiden.

Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Der VwGH hat in seinen Erkenntnissen vom , Zl. 2013/17/0593, , Zl. 2013/17/0894, und , Zl. 2013/17/0876, entschieden, dass von § 1 Abs. 1 Z 3 VGSG nur Spielapparate umfasst seien, denen nach ihrer Funktion ein ausreichender Unterhaltungswert (eine Vergnügungskomponente) innewohne, was nur bei Anlagen der Fall sei, die eine über eine dezentrale Wettannahme hinausgehende Funktion erfüllen würden. Von dieser Rechtsprechung ist das BFG nicht abgewichen. Die Revision ist daher nicht zulässig.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Verwaltungsstrafsachen Wien
betroffene Normen
§ 31 VStG, Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52/1991
§ 19 Abs. 1 VGSG, Wiener Vergnügungssteuergesetz 2005, LGBl. Nr. 56/2005
§ 1 Abs. 1 Z 3 VGSG, Wiener Vergnügungssteuergesetz 2005, LGBl. Nr. 56/2005
§ 6 Abs. 1 VGSG, Wiener Vergnügungssteuergesetz 2005, LGBl. Nr. 56/2005
Verweise

G 6/12

ECLI
ECLI:AT:BFG:2015:RV.7500298.2014

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at