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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 22.04.2015, RV/3100198/2015

Grundstücksschenkung unter Zurückbehaltung Wohnrecht: Wohnrecht ist keine "Minderung der Leistung", sondern Gegenleistung iSd GrEStG

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin R in der Beschwerdesache K, Adr, vertreten durch Rechtsanwalt, gegen den Bescheid des Finanzamtes für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel vom , ErfNr, betreffend Grunderwerbsteuer zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid wird abgeändert:
Die Grunderwerbsteuer wird ausgehend von der Bemessungsgrundlage von € 78.725,19 mit 2 v. H., sohin im Betrag von € 1.574,50, festgesetzt.

Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Laut "Schenkungs- und Übergabsvertrag" vom , Punkt II., schenkt und übergibt "mit diesem Vertrag" Frau J , geb. 1946, die ihr gehörigen 88/1375el Liegenschaftsanteile an EZ1 , verbunden mit Wohnungseigentum an der Wohnung X , sowie 4/840el-Anteile an der Liegenschaft in EZ2 (= Autoabstellplatz Y ) an ihre Tochter (nunmehr verehelichte) K (= Beschwerdeführerin, Bf). Unter Vertragspunkt III. wird beurkundet, dass die "wirkliche Übergabe" der betr. Liegenschaften unmittelbar vor Vertragsunterfertigung durch Betretung, Begehung und Übergabe der Hausakte erfolgte und "mit heutigem Tage" alle damit verbundenen Rechte und Pflichten auf die Bf übergehen. Laut Vertragspunkt IV. behält sich die Geschenkgeberin das lebenslange, unentgeltliche Wohnungsgebrauchsrecht (Dienstbarkeit gem. § 521 ABGB) an der Wohnung vor, das im Falle ihres Vorversterbens an Herrn F , geb. 1933, unentgeltlich und bis zu dessen Ableben übergeht. Die Bf erklärt dazu ausdrücklich ihr Einverständnis sowie die Zustimmung zur grundbücherlichen Sicherstellung dieser Dienstbarkeit. Herr F tritt zur Bekräftigung der ihn betreffenden Dienstbarkeitsregelung dem Vertrag bei und unterfertigt die Urkunde mit. Alle mit dem Vertrag verbundenen Kosten und Abgaben, insbesondere die Grunderwerbsteuer, trägt die Geschenknehmerin (Punkt VII.).

Der zuletzt festgestellte Einheitswert der betr. Liegenschaftsanteile beträgt zusammen anteilig € 11.570,72, der dreifache anteilige Einheitswert sohin € 34.712,16.

Der Kapitalwert/Barwert des Nutzungsrechtes (Wohnungsgebrauchsrecht) wurde vom Finanzamt im Rahmen der Bemessung einer "Einzelrente" (bezogen allein auf die Übergeberin) gem. §§ 16 und 17 Bewertungsgesetz unter Zugrundelegung eines mtl. Nutzwertes (ortsüblicher Mittelpreis) von € 500 mit gesamt € 77.696,13 (€ 500 x 12 x Kapitalisierungsfaktor 12,949355) ermittelt.

Das Finanzamt hat daraufhin der Bf mit Bescheid vom , StrNr , ausgehend von der Gegenleistung von € 77.696,13 (= kapitalisiertes Wohnrecht) die 2%ige Grunderwerbsteuer im Betrag von € 1.553,92 vorgeschrieben.

In der dagegen erhobenen Beschwerde wird vorgebracht, nach § 4 Abs. 2 Z 1 lit a GrEStG 1987 sei die Steuer bei Grundstücksübertragungen im Familienkreis, wie hier an die Tochter, lediglich vom dreifachen Einheitswert zu bemessen. Zudem handle es sich bei dem vorbehaltenen Wohnungsgebrauchsrecht nicht um eine Gegenleistung, sondern um ein Minus bei der Leistung. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung wurde beantragt.

Die abweisende Beschwerdevorentscheidung (BVE) wurde dahin begründet, dass in der bis zum geltenden Fassung des GrEStG die Steuer von der Gegenleistung zu berechnen sei, wozu ua. dem Veräußerer vorbehaltene Nutzungen (§ 5 Abs. 1 Z 1) zählten. Das vorbehaltene Wohnrecht mindere nicht die Gegenleistung, sondern sei die Gegenleistung.

Im Vorlageantrag vom wurde zunächst gerügt, dass die BVE anstelle an den ausgewiesenen Rechtsvertreter an die Bf direkt zugestellt worden sei. Die Hinzurechnung des vorbehaltenen Wohnungsrechtes als Gegenleistung zum Wert der unbelasteten Schenkung sei für einen wirtschaftlich denkenden Normalbürger nicht nachvollziehbar.

Das Bundesfinanzgericht (BFG) hat der Bf im Vorhaltschreiben vom die geltende Rechtslage in Zhg. mit dem Umfang der Gegenleistung bei gemischten Grundstücks­schenkungen im Grunderwerbsteuerrecht eingehend dargelegt. Weiters wurde zur Kenntnis gebracht, dass die Kapitalisierung des Wohnrechtes gegenständlich zutreffenderweise ausgehend von einer "Verbindungsrente" vorzunehmen wäre, woraus sich laut dazu übermittelten Berechnungsblättern gemäß § 16 Bewertungsgesetz eine Erhöhung des Barwertes und folglich der Grunderwerbsteuer ergebe. Zwecks konkreter Berechnung wurde um Bekanntgabe der Wohnnutzfläche ersucht.

In der Stellungnahme vom wurde seitens der Bf erwidert, sie halte ihr Beschwerdevorbringen vollinhaltlich aufrecht, da es sich gegenständlich um eine Minderung des Geschenkwertes handle. Als Gegenleistung sei nur eine aus dem Vermögen des Übernehmers erbrachte Leistung zu veranschlagen, wozu auf eine Vielzahl von wiedergegebener, einhelliger OGH-Judikatur sowie einen ABGB-Kommentar zu § 938 verwiesen werde. Der beiderseitige Vertragswille sei auf Schenkung bzw. Übernahme der um das zurückbehaltene Wohnungsgebrauchsrecht geminderten Wohnungseigentumseinheit gerichtet gewesen. Falls das BFG an diesem Parteiwillen zweifle, werde der Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung aufrecht erhalten. Zur Wohnungsgröße wurden keine Angaben gemacht.

Vom BFG wurde durch Einsichtnahme in das Grundbuch und die dortige Urkundensammlung erhoben, dass laut Verkauf einer vergleichbaren Wohnung im Jahr 2014 auf der Liegenschaft in EZ1 , dh. einer Wohnung mit demselben Nutzwert von 88/1375-Anteilen (siehe B-Lnr1 ), gegenständlich geschenkte Wohnung eine Nutzfläche von ca. 77 m² aufweist.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

1.) Anzuwendendes Gesetz:

In der Beschwerde wird auf "§ 4 Abs 2 Z 1 lit a GrEStG 1987" verwiesen, wonach die Steuer bei Grundstücksübertragungen an "den im § 7 Abs 1 Z 1 und 2 leg. cit. angeführten Personenkreis" (= Familienverband) abweichend vom Wert der Gegenleistung (§ 5) vom dreifachen Einheitswert der Liegenschaft zu berechnen sei.

Festgehalten wird, dass es sich hiebei um eine durch BGBl I Nr. 36/2014, in Geltung ab , novellierte Gesetzesbestimmung handelt. Zufolge den Übergangsbestimmungen in § 18 Abs. 2m GrEStG 1987 ist ua. § 4 Abs. 1 und Abs. 2 Z 1 idF BGBl I Nr. 36/2014 (erst) auf alle Erwerbsvorgänge anzuwenden, die nach dem verwirklicht werden oder für die die Steuerschuld nach dem entsteht.

Nach § 8 Abs. 1 GrEStG 1987 entsteht die Steuerschuld, sobald der steuerpflichtige Erwerbsvorgang verwirklicht wird. Ein Schenkungsvertrag kommt durch die übereinstimmende Willenserklärung von Schenker und Beschenktem zustande. Mit der wirklichen Übergabe des Schenkungsobjektes ist der Erwerbsvorgang verwirklicht und damit die Steuerschuld entstanden. Wirkliche Übergabe liegt dann vor, wenn dieser Akt nach außen erkennbar und so beschaffen ist, dass aus ihm der Wille des Geschenkgebers hervorgeht, das Objekt sofort aus seiner Gewahrsame in den Besitz des Beschenkten zu übertragen (). Bei Liegenschaften genügt für die wirkliche Übergabe die außerbücherliche Übergabe (vgl. ).

Gegenständlich wurde in dem von den Vertragsparteien am geschlossenen, allseits unterfertigten Vertrag vereinbart, dass "mit diesem Vertrag" die Geschenkgeberin die Liegenschaft an die Tochter überträgt und diese die Schenkung dankend annimmt und die Liegenschaftsanteile in ihr Eigentum übernimmt (siehe Punkt II.). Unter Punkt III. "Wirkliche Übergabe" wird festgeschrieben, dass die Übergabe der Liegenschaftsanteile "unmittelbar vor Vertragsunterfertigung" erfolgte, und zwar durch Begehung und Übernahme der Hausakte zum Zwecke der "tatsächlichen Besitzergreifung".

Für das Bundesfinanzgericht besteht daher kein Zweifel, dass mit Vertragsunterfertigung auch die wirkliche/tatsächliche Liegenschaftsübergabe stattgefunden hat und somit der Erwerbsvorgang zum Zeitpunkt verwirklicht wurde. Die angezogene Gesetzesbestimmung § 4 Abs. 2 Z 1 GrEStG idF BGBl I Nr. 36/2014, anzuwenden auf ab dem verwirklichte Erwerbsvorgänge, kann daher im Beschwerdefall nicht zur Anwendung gelangen.

2.) Gesetzliche Bestimmungen des GrEStG 1987 in der geltenden Fassung des BGBl I Nr. 2012/116:

"§ 4 Art der Berechnung
(1) Die Steuer ist vom Wert der Gegenleistung zu berechnen
(Anm.: Besteuerungsgrundsatz).
(2) Die Steuer ist vom Wert des Grundstückes (Anm.: vom 3fachen Einheitswert) zu berechnen,
1. wenn eine Gegenleistung nicht vorhanden oder nicht zu ermitteln ist oder die Gegenleistung geringer ist als der Wert des Grundstückes …

§ 5 Gegenleistung
(1) Gegenleistung ist
1. bei einem Kauf
der Kaufpreis einschließlich der vom Käufer übernommenen sonstigen Leistungen und der dem Verkäufer vorbehaltenen Nutzungen. …"

3.) Der Gegenleistungsbegriff im GrEStG 1987:

Der Begriff der Gegenleistung im Sinne der §§ 4 und 5 GrEStG ist ein dem Grunderwerbsteuerrecht eigentümlicher Begriff, der über den bürgerlich-rechtlichen Begriff der Gegenleistung – etwa im Sinne der §§ 879 Abs. 2 Z 4 oder 917 ABGBhinausgeht (vgl. ; ; ; u.v.a.). Das Grunderwerbsteuerrecht kennt vielmehr einen eigenständigen grunderwerbsteuerrechtlichen Gegenleistungsbegriff, der durch verwandte Begriffe in anderen Rechtsgebieten, auch in anderen Steuerrechtsgebieten, nicht vorgeprägt wird (vgl. BFH , II R 28/86).

Die Gegenleistung bildet jede nur denkbare, geldwerte und entgeltliche Leistung, die vom Erwerber für den Erwerb des Grundstückes versprochen wird, oder mit anderen Worten alles, was der Käufer (Erwerber) einsetzen muss, um das Grundstück zu erhalten (vgl. ; ; u.v.a.). Die Bestimmung des § 5 Abs. 1 Z 1 GrEStG, wonach bei einem Kauf Gegenleistung der Kaufpreis einschließlich der vom Käufer übernommenen sonstigen Leistungen und der dem Verkäufer vorbehaltenen Nutzungen ist, gilt auch für andere, einen Übereignungsanspruch begründende Rechtsgeschäfte (; siehe zu vor: Fellner, Kommentar Gebühren und Verkehrsteuern, Band II, Grunderwerbsteuer, Rzn 1 – 6 zu § 5 mit einer Vielzahl an weiterer Judikatur).

Eine Auflage ist nichts anderes als eine Gegenleistung (vgl. ). Unter einer Auflage ist nicht nur die Gegenleistung im Sinne des Privatrechtes, sondern jede dem Beschenkten überhaupt auferlegte Leistung – die in einem Tun oder Unterlassen bestehen kann – zu verstehen (vgl. ). Unter einer Auflage ist daher auch jede dem Geschenknehmer auferlegte Leistung zu verstehen, die zwar keine vertragliche Gegenleistung bildet, jedoch die Bereicherung des Bedachten vermindert.
Wenn daher die Schenkung einer Liegenschaft unter der Auflage der Einräumung der Dienstbarkeit der Wohnung (zB an einen Dritten) erfolgt, vermindert diese Belastung zwar die Bereicherung des Geschenknehmers, die Auflage der Dienstbarkeit ist aber eine Gegenleistung im grunderwerbsteuerlichen Sinn; diesfalls ist die Grunderwerbsteuer vom kapitalisierten Wert des Wohnrechtes festzusetzen (siehe ; siehe zu vor: Fellner, aaO, Rz 20 zu § 5).

Ist die Steuer von der Gegenleistung zu erheben (§ 4 Abs. 1 GrEStG), ist diese Gegenleistung nach den Bestimmungen des ersten Teiles des Bewertungsgesetzes (§§ 217 BewG) zu bewerten.
Besteht die Gegenleistung in der Gewährung von Nutzungsrechten (Dienstbarkeiten, Wohnrecht, Leibrente etc.), so setzt sie sich aus dem wiederkehrenden Entgelt und den allenfalls weiter vereinbarten, auch nur einmaligen Leistungen zusammen. Nach § 16 Abs. 1 Bewertungsgesetz (idF BGBl. I 2003/71, in Geltung ab ) ist der Wert von Renten, wiederkehrenden Nutzungen oder Leistungen, die vom Ableben einer oder mehrerer Personen abhängen, nach versicherungsmathematischen Grundsätzen (Rentenbarwert nach Erlebenswahrscheinlichkeit) zu berechnen.

4.) Grundstücksschenkung, gemischte Schenkung:

a) Rechtslage bis :

Gemäß § 1 Abs. 1 Z 2 Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz (ErbStG), BGBl. 1955/141 idF VOR BGBl I 2007/9 (in Geltung ab ) unterlagen Schenkungen unter Lebenden der Schenkungssteuer.
Nach § 3 Abs. 1 Z 2 Grunderwerbsteuergesetz (GrEStG), BGBl 1987/309, idF. VOR BGBl I 2008/85 (SchenkMG) waren ua. Rechtsgeschäfte unter Lebenden, die teils entgeltlich und teils unentgeltlich sind (sog. gemischte Schenkungen), insoweit von der Grunderwerbsteuer ausgenommen - dh. unterlagen insoweit zusätzlich der Schenkungssteuer - als der Wert des Grundstückes (dreifacher Einheitswert) den Wert der Auflage oder Gegenleistung übersteigt. Bei dieser sog. gemischten Schenkung wird eine Sache teils entgeltlich, teils unentgeltlich übertragen und besteht aus einem Kauf und einer Schenkung (vgl. ). Ein solches Rechtsgeschäft liegt vor, wenn der Leistung des einen Teiles eine geringere Leistung des anderen Teiles gegenübersteht. Die Beurteilung, ob überhaupt dem Grunde nach eine gemischte Schenkung vorlag, war dabei in Gegenüberstellung der maßgebenden Verkehrswerte von Leistung (bei Grundvermögen mit geschätzt ca. dem 10-fachen Einheitswert) und Gegenleistung vorzunehmen. Die Bemessung der Grunderwerbsteuer (vom entgeltlichen Teil der Zuwendung) und der Schenkungssteuer (vom unentgeltlichen Teil, insoweit der Wert des Grundstückes das Entgelt übersteigt) richtete sich hingegen nach den steuerlichen Werten.

b) Rechtslage ab :

Zufolge VfGH-Erk. v. , G 23/07 (Aufhebung des § 1 Abs. 1 Z 2 ErbStG), unterliegen sämtliche Grundstücksschenkungen als "andere Rechtsgeschäfte" iSd § 1 Abs. 1 Z 1 GrEStG, die den Anspruch auf Übereignung begründen, mit Wirkung ab der Grunderwerbsteuer.

5.) Rechtliche Beurteilung:

Bei der im Beschwerdefall vorliegenden Hingabe eines Grundstückes, wofür sich im Gegenzug die Geschenknehmerin (Bf) zur Einräumung einer Dienstbarkeit (des Wohnungsgebrauches) bereit erklärt bzw. die Geschenkgeberin diese für sich und (nach ihrem Ableben) für eine weitere Person zurück behält, stehen sich – wie oben dargelegt – Leistung und Gegenleistung gegenüber. Diesfalls ist die Steuer gemäß dem Besteuerungsgrundsatz nach § 4 Abs. 1 GrEStG idgF vom Wert der Gegenleistung zu berechnen. Zu dieser Gegenleistung zählen nach § 5 Abs. 1 Z 1 GrEStG auch vom Käufer übernommene sonstige Leistungen und dem Verkäufer vorbehaltene Nutzungen.

Es trifft zwar – wie seitens der Bf eingewendet - zu, dass diese "Auflage" bzw. das zurückbehaltene Wohnrecht als Belastung die Bereicherung der Bf vermindert, was jedoch nichts daran ändert, dass im Rahmen der grunderwerbsteuerrechtlichen Betrachtung, wonach laut dem Obgesagten von einem völlig eigenständigen Gegenleistungsbegriff auszugehen ist, der über jenen nach Zivilrecht hinausgeht, im Umfang des eingeräumten bzw. zurückbehaltenen Nutzungsrechtes eine Gegenleistung für den Erwerb der Liegenschaftsanteile vorliegt.

Festzuhalten ist in diesem Zusammenhang noch, dass das BFG an dem im Schenkungs- und Übergabsvertrag geäußerten Parteiwillen, dass (bloß) die um das zurückbehaltene Wohnungsgebrauchsrecht geminderte Wohnungseigentumseinheit geschenkt wird, in keinster Weise zweifelt. Aus diesem Grund kann vom BFG zufolge der Stellungnahme vom auch von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung Abstand genommen werden. Dennoch ist nach der oben dargestellten Rechtslage das Nutzungsrecht als Gegenleistung iSd GrEStG 1987 zu qualifizieren.

6.) Bewertung Wohnrecht; Einzelrente – Verbindungsrente:

Die Bewertung der sohin vorhandenen und ermittelbaren Gegenleistung ist gemäß § 16 Abs. 1 BewG vorzunehmen und das Wohnungsgebrauchsrecht nach dem Lebensalter der Nutzungsberechtigten nach versicherungsmathematischen Grundsätzen zu kapitalisieren. Da die Gegenleistung (= Kapitalwert Wohnrecht, bislang errechnet mit € 77.696,13) auch nicht geringer ist als der Wert des Grundstückes (= dreifacher Einheitswert gesamt € 34.712,16), kommt eine Bemessung nach § 4 Abs. 2 Z 1 GrEStG idgF. (nur vom dreifachen Einheitswert) jedenfalls nicht zum Tragen.

Der Kapitalwert des Nutzungsrechtes iSd § 16 BewG wird in der Weise ermittelt, dass - neben dem Lebensalter des Berechtigten – ein "Mittelpreis des Verbrauchsortes" (gem. § 17 Abs. 2 BewG) als fiktiver Mietpreis, gestützt auf den geltenden Richtwert (ds. zum Zeitpunkt : € 6,58/m²), in Ansatz gelangt.
Das Finanzamt hat diesen mtl. Mietwert mit € 500 angenommen, welcher Schätzwert zum Einen unbestritten geblieben und zum Anderen unter Bedachtnahme auf die vom BFG erhobene Wohnungsgröße von ca. 77 m² als durchaus zutreffend zu erachten ist (77 m² x Richtwert € 6,58/m² = € 506,66).
Ausgehend hievon hatte das Finanzamt unter Zuhilfenahme des vom Bundesministerium für Finanzen zur Verfügung gestellten Berechnungsprogrammes (in www.bmf.gv.at) den Kapitalwert/Barwert mit € 77.696,13 errechnet, wobei allerdings die Bewertung einer "lebenslangen Einzelrente", abgestellt allein auf die Geschenkgeberin, vorgenommen worden war. Tatsächlich wurde im Vertragspunkt IV. des Schenkungs- und Übergabsvertrages vereinbart, dass im Falle des Vorversterbens der Geschenkgeberin das lebenslange und unentgeltliche Wohnungsgebrauchsrecht weiters für Herrn F bestehen bleibt bzw. auf ihn bis zu dessen Ableben übergeht, welcher Regelung zugestimmt wurde und aus welchem Grund Herr F den Vertrag (als weiterer Dienstbarkeitsberechtigter) mitunterfertigt hat.
Bei einer solchen Regelung handelt es sich aber zutreffend um eine sog. "Verbindungsrente"; diesfalls errechnet sich der Kapitalwert des Wohnungsgebrauchs­rechtes – unter ansonsten gleichbleibenden Parametern – in Höhe von € 78.725,19, welcher Wert richtigerweise der Bemessung der Grunderwerbsteuer zugrunde zu legen ist.

Beide bezughabenden Berechnungsblätter wurden der Bf bereits zusammen mit dem BFG-Vorhaltschreiben vom zur Kenntnis gebracht; diesbezüglich wurde in der Stellungnahme vom kein Einwand erhoben.

7.) Abschließend wird zur geäußerten Verfahrensrüge nochmals (wie bereits im BFG-Vorhaltschreiben) festgehalten:

Es trifft zu, dass dem Vertreter RA aufgrund des Verweises auf § 8 RAO auch Zustellvollmacht erteilt wurde, somit die Zustellung der Beschwerdevorentscheidung zu Unrecht an die Beschwerdeführerin persönlich erfolgte.

Wenn die Behörde, trotz erteilter Zustellvollmacht, nicht an diesen Bevollmächtigten zustellt, so gilt aber die Zustellung als in dem Zeitpunkt bewirkt, in dem das Dokument dem Zustellungsbevollmächtigten tatsächlich zugekommen ist (§ 9 Abs. 3 Zustellgesetz).

Die Einbringung des Vorlageantrages an sich sowie die dortigen Ausführungen lassen nach Ansicht des BFG deutlich darauf schließen, dass die BVE dem Vertreter auch tatsächlich zugekommen ist, womit der gerügte Zustellmangel saniert wurde.

In Anbetracht obiger Sach- und Rechtslage konnte daher der Beschwerde kein Erfolg beschieden sein und war spruchgemäß zu entscheiden.

Zulässigkeit einer Revision:

Zu der im Beschwerdefall im Wesentlichen strittigen Frage, was als "Gegenleistung" im Sinne des Grunderwerbsteuerrechtes zu betrachten ist, existiert eine jahrzehntelange und einhellige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (siehe die in obiger Begründung sowie in Fellner, aaO, noch weitaus umfangreicher zitierte hg. Judikatur), sodass eine Rechtsfrage von "grundsätzlicher Bedeutung" nicht vorliegt. Aus diesem Grund ist eine Revision nicht zulässig.

Innsbruck, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2015:RV.3100198.2015

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at