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Bescheidbeschwerde – Senat – Erkenntnis, BFG vom 19.05.2015, RV/2200004/2014

Entziehung aus der zollamtlichen Überwachung durch Verbringung der in der Rechtsstellung der vorübergehenden Verwahrung befindlichen Waren vom zugelassenen Warenort.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Vorsitzenden Richter R1 und die weiteren Senatsmitglieder Richter R2, Laienrichter L1 und Laienrichter L2 in der Beschwerdesache der Bf, Adresse1, vertreten durch die A, Adresse2, gegen den Bescheid des Zollamtes Graz vom , Zl. 700000/xx/2013, betreffend die Entstehung einer Einfuhrzollschuld (Eingangsabgaben u. Nebenabgaben) in der Sitzung am nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

Die als Beschwerde zu wertende Berufung vom gegen den Bescheid des Zollamtes Graz vom , Zl. 700000/xx/2013, wird als unbegründet abgewiesen.
Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Sachverhalt

Das Zollamt Graz, Zollstelle Leoben, hat der Bf, Adresse1, als nunmehriger Beschwerdeführerin mit Bescheid vom , Zl. 700000/aa/2009, die Bewilligung eines zugelassenen Empfängers im New Computerised Transit System (NCTS - EORI: bb) gemäß Art. 406 bis Art. 408 der ZK-DVO und gemäß Art. 64 bis Art. 66 der Anlage I des Übereinkommens über ein gemeinsames Versandverfahren vom , den "Status eines zugelassenen Empfängers" erteilt.
Die Bewilligung gilt nur im Zusammenhang mit einer Bewilligung zur Teilnahme am Informatikverfahren sowie der Gestellung und Abfertigung von Waren an zugelassenen Warenorten.
Aus der Anlage zur Bewilligung geht insbesondere hervor, dass die Versandverfahren für bestimmte Waren, deren Ankunft der zugeordneten Zollstelle anzuzeigen ist, bei den in der e-zoll-Bewilligung, Anlage 2 und 3 angeführten Warenorten beendet werden.

Das Zollamt Graz, Zollstelle Leoben, hat der Beschwerdeführerin mit Bescheid vom , Zl. 700000/cc/2011, die "Bewilligung zur Teilnahme am Informatikverfahren" gemäß § 55 Abs. 2 ZollR-DG sowie der "Gestellung und Abfertigung an zugelassenen Warenorten" gemäß § 11 Abs. 7 ZollR-DG (e-Zoll-Bewilligung) erteilt.
In der Anlage 2 ist festgelegt, dass der zugelassene Warenort gemäß § 18 Abs. 1 ZollR-DG der Zollaufsicht unterliegt. 
Für die Dauer von drei Kalendertagen wird im Bedarfsfall eine Einzelverwahrung zugelassen. Für die Dauer der Einzelverwahrung werden die vom zugelassenen Empfänger zu führenden Aufzeichnungen (Eingangsregister) anerkannt. 
Die am zugelassenen Warenort gestellten Nichtgemeinschaftswaren haben bis zum Erhalt einer zollrechtlichen Bestimmung die Rechtsstellung von Waren in vorübergehender Verwahrung. 
Die vorübergehend verwahrten Waren sind spätestens mit Ablauf des dritten auf die Gestellung folgenden Kalendertages entweder einer zollrechtlichen Bestimmung zuzuführen, oder sind in den Fällen, in denen der zugelassene Warenort auch als Verwahrlager zugelassen ist, in das Verwahrlager zu verbringen und in den Bestandsaufzeichnungen zu erfassen.
In der Anlage 3 zum Bescheid sind als für die Beschwerdeführerin zugelassene Warenorte für die bewilligten Förmlichkeiten Import, Export und Versandverfahren folgende Warenorte angeführt:
- Adresse1 (TIN ATdd)
und
- Adresse3 (TIN ATee).

Am um 13:13 Uhr wurde von der Beschwerdeführerin als Anmelderin im Informatikverfahren mit Ankunftsanzeige mitgeteilt, dass die im Versandverfahren mit MRN ff beförderte Ware - ein Stück Rezipient mit einer angegebenen Rohmasse von 31.160 kg und einem angegebenen Wert von USD 447.457 - am zugelassenen Warenort der Bf in "Adresse3" eingelangt sei.
Die Zollstelle Leoben hat der Anmelderin um 13:23 Uhr die Entladeerlaubnis erteilt. Um 13:25 Uhr hat die Anmelderin der Zollstelle Leoben die Entladevermerke übermittelt. Um 13:28 Uhr erfolgte von der Zollstelle Leoben die Freigabe vom Versand.

Die Ware erhielt nicht sofort eine zollrechtliche Bestimmung, sondern befand sich im Status der vorübergehenden Verwahrung.

Die Ware wurde nicht an dem in der Bewilligung angeführten zugelassenen Warenort "Adresse3" entladen, sondern noch am  nach der Beendigung des Versandverfahrens auf das 4,5 km vom zugelassenen Warenort entfernte Werksgelände der Beschwerdeführerin, Adresse1, einen weiteren zugelassenen Warenort verbracht.

Am wurde die Ware um 8:02 Uhr von der Anmelderin mit Zollanmeldung CRN gg zum Zollverfahren der aktiven Veredelung angemeldet. In Feld 30 der Zollanmeldung hat die Anmelderin erklärt, dass sich die gemäß Art. 37 ZK unter zollamtlicher Überwachung stehende und zum Zollverfahren der aktiven Veredelung angemeldete Ware (noch) am zugelassenen Warenort der Anmelderin in "Adresse3" befindet.
In der Folge erging an die Anmelderin automatisiert eine formelle Annahmebestätigung. Die Zollanmeldung wurde von der Zollstelle Leoben einer Dokumentenkontrolle unterzogen. Um 8:09 Uhr hat die Zollstelle Leoben entschieden eine Warenkontrolle durchzuführen. Um 8:32 Uhr erfolgte an die Zollstelle Leoben seitens der Beschwerdeführerin die telefonische Mitteilung, dass sich die Ware nicht mehr am zugelassenen Warenort der Anmelderin in "Adresse3" befindet. Die Nachricht, es werde eine Kontrolle durchgeführt werden, wurde der Beschwerdeführerin um 9:00 Uhr übermittelt.

Dem Zollorgan konnte am um 10:00 Uhr die Ware am zugelassenen Warenort in "Adresse3" nicht vorgeführt werden.

Am hat die Zollstelle Leoben mit B, Angestellte der A und für die ordnungsgemäße Abwicklung der der Beschwerdeführerin erteilten Bewilligung zur Teilnahme am Informatikverfahren in Vertretung verantwortlich, eine Niederschrift zur Sache aufgenommen. B gab im Wesentlichen an, ein Vorführen der Ware im Gesamtgewicht von 31.160 kg am zugelassenen Warenort "Adresse3" sei aus transporttechnischen Gründen nicht möglich gewesen. Der Versandschein sei am zugelassenen Warenort mit "konform" beendet worden. Eine anschließende Abgabe der Warenanmeldung zu aktiven Veredelung wäre an der Unlesbarkeit der Rechnung gescheitert. Die Ware sei aufgrund des Umstandes, dass es sich um einen Schwertransporter handelte und weil der Fahrer angegeben habe, er müsse noch am selben Tag abladen, auf ihre Anordnung hin bereits am nach der Beendigung des Versandverfahrens auf das 4,5 km vom zugelassenen Warenort entfernte Werksgelände der Beschwerdeführerin, Adresse1, verbracht worden.

Das Zollamt Graz, Zollstelle Leoben, hat mit Bescheid vom , Zl. 700000/xx/2013, festgestellt, es sei für die Beschwerdeführerin eine Abgabenschuld in der Höhe von € 73.468,67 (darin enthalten an Zöllen € 4.089,66 und an Einfuhrumsatzsteuer € 69.379,01) nach Art. 203 Abs. 1 und Abs. 3 erster Anstrich ZK iVm mit § 2 Abs. 1 und § 108 Abs. 1 ZollR-DG hinsichtlich des mit Versandbegleitdokument T1 ff im externen gemeinschaftlichen Versandverfahren beförderten Versandgutes entstanden.
Das Zollamt Graz, Zollstelle Leoben, hat seine Entscheidung nach dem Hinweis auf die, seine Entscheidung tragenden gesetzlichen Bestimmungen im Wesentlichen damit begründet, die Beschwerdeführerin habe die Ware unerlaubt vom zugelassenen Warenort entfernt und dadurch am im Zeitpunkt des unerlaubten Entfernens der Ware diese der zollamtlichen Überwachung entzogen.

Dagegen wendet sich die als Beschwerde zu wertende Berufung vom . Die Beschwerdeführerin bringt in dieser im Wesentlichen vor, die betroffene Sendung sei von ihr mit der Zollanmeldung CRN gg (am ) zum Verfahren der aktiven Veredelung angemeldet worden. Für diese Anmeldung habe sie um 7:41 Uhr eine Dokumentenanforderung erhalten. Diese Dokumente seien um 7:47 Uhr übermittelt worden. Nachfolgend habe B den Kontrollmanager um 8:32 Uhr telefonisch darüber informiert, dass sich die Ware nicht mehr, wie in der Anmeldung angeführt, am zugelassenen Warenort in C(= Adresse3), sondern am (zweiten) zugelassenen Warenort in D (= Adresse1) befinde. Der Kontrollmanager habe daraufhin das Kontrollorgan der Zollstelle Leoben über diesen Umstand informiert und es sei dem Kontrollorgan der Zollstelle Leoben zum Zeitpunkt des Eintreffens in ihrem Büro dieser Umstand bekannt gewesen, weil B die Verbringung der Behörde telefonisch angezeigt habe. Die Kontrollentscheidung habe die Beschwerdeführerin erst um 9:00 Uhr erhalten, weshalb davon ausgegangen werden könne, die Anzeige der Verbringung habe vor der an sie übermittelten Kontrollentscheidung stattgefunden. Sie habe die betroffene Ware zu keiner Zeit der zollamtlichen Überwachung entzogen, da sich beide Warenorte nicht nur am gleichen geografischen Ort befinden, sondern beide Warenorte der Zuständigkeit des Zollamtes Graz, Zollstelle Leoben, unterliegen . Das Erkenntnis des Unabhängigen Finanzsenates mit der Zl. ZRV/0195-Z3K/10 sollte in die Beurteilung einfließen.

Das Zollamt Graz, Zollstelle Leoben, hat über die als Beschwerde zu wertende Berufung vom mit der als Beschwerdevorentscheidung zu wertenden Berufungsvorentscheidung vom , Zl. 700000/hh/2013, entschieden und die Beschwerde als unbegründet abgewiesen. Nach dem Hinweis auf die zur Anwendung gekommenen gesetzlichen Bestimmungen, insbesondere Art. 4 Z 13, Art. 37, Art. 50, Art. 51 Abs. 1 und Art. 203, alle ZK, hat das Zollamt Graz, Zollstelle Leoben, seine Entscheidung im Wesentlichen darauf gestützt, es sei das Entziehen aus der zollamtlichen Überwachung eine reine Tathandlung und es werde derjenige zum Zollschuldner, der bewirkt habe, dass die zollamtlichen Überwachungsmaßnahmen nicht mehr vorgenommen werden konnten.

Dagegen wendet sich die als Vorlageantrag zu wertende Beschwerde vom .
Die Beschwerdeführerin hat, um die näheren Umstände des Falles klarer darstellen zu können, die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung und die Vorlage an einen Zollsenat beantragt und um Aufhebung des bekämpften Bescheides ersucht. Sie begründet ihren Vorlageantrag im Wesentlichen damit, sie habe die betroffene Sendung (am ) mit der Anmeldung CRN gg zum Verfahren der aktiven Veredelung angemeldet. Für diese Anmeldung habe sie um 7:41 Uhr eine Dokumentenanforderung erhalten. Diese Dokumente habe sie um 7:47 Uhr der Zollstelle Leoben übermittelt. Nachfolgend habe B den Kontrollmanager um 8:32 Uhr telefonisch darüber informiert, dass sich die Ware nicht mehr, wie in der Anmeldung angeführt, am zugelassenen Warenort der Beschwerdeführerin in C, sondern am zugelassenen Warenort der Beschwerdeführerin in D befindet.
Der Kontrollmanager habe daraufhin das behördliche Kontrollorgan über diesen Umstand informiert und habe das behördliche Kontrollorgan zum Zeitpunkt seines Eintreffens im Büro der Beschwerdeführerin in C darüber Bescheid gewusst, da B der Behörde den Umstand der Verbringung telefonisch noch vor Zugang der Kontrollentscheidung angezeigt habe. Die Kontrollentscheidung sei der Beschwerdeführerin erst um 9:00 Uhr zugegangen, sodass davon ausgegangen werden könne, die Anzeige der Verbringung habe vor der Übermittlung der Kontrollentscheidung stattgefunden.
Gemäß Punkt 1.3.1.3. ZK-1890 (Anmerkung: der Richtlinie des Bundesministeriums für Finanzen) liege eine Entziehung aus der vorübergehenden Überlassung dann vor, wenn bereits konkret begonnene Überwachungsmaßnahmen nicht weiter durchgeführt werden können und die Zollstellen keinen Zugriff mehr auf die Waren haben. Dieser Umstand sei im gegenständlichen Fall nicht gegeben, da sich die Ware noch immer in einem räumlichen Naheverhältnis befunden habe, Aufzeichnungen über die Verbringung geführt worden seien, dieser Umstand auch der Behörde vor dem Erhalt der Kontrollentscheidung angezeigt worden sei und vom anwesenden Kontrollorgan beschaut sowie die Nämlichkeit festgestellt worden sei. Es befinden sich beide zugelassenen Warenorte im Bereich der Zollstelle Leoben, sodass keinesfalls von einer Entziehung aus der zollamtlichen Überwachung gesprochen werden könne. Es sei aus diesen Gründen nicht von einer Entziehung aus der zollamtlichen Überwachung, sondern von einer Pflichtverletzung auszugehen, zumal ihr eine entsprechende Überführung von einem zugelassenen Warenort an einen anderen zugelassenen Warenort bei einem formellen Ansuchen jedenfalls genehmigt worden wäre.

In der mündlichen Verhandlung vom haben der Vertreter der Beschwerdeführerin und der Vertreter des Zollamte Graz gegen den vom Berichterstatter vorgetragenen Sachverhalt sowohl im Hinblick auf den  als auch im Hinblick auf den  keinen Einwand erhoben.

B wurde als Auskunftsperson befragt und hat den Inhalt der mit ihr aufgenommenen Niederschrift vom  als richtig wiedergegeben bestätigt. Sie hat im Wesentlichen ausgesagt, ihr seien der Inhalt der Informatikbewilligung und der Inhalt der Bewilligung betreffend den Status der Beschwerdeführerin als zugelassener Empfänger bekannt. Sie ist danach für die ordnungsgemäße Abwicklung verantwortlich und vertritt dabei die Beschwerdeführerin.
Eine ordnungsgemäße Abwicklung ist im Wesentlichen eine solche, bei der die Vorgaben der Informatikbewilligung und der Bewilligung betreffend den Status der Beschwerdeführerin als zugelassener Empfänger eingehalten werden.
Sie hat gewusst, dass die Ware ohne Zustimmung der Zollstelle Leoben nicht vom zugelassenen Warenort C weggebracht werden darf. Der Zwang, dass der Fahrer unbedingt abladen wollte und das Gewicht der Ware - sie hätte sonst einen Kranwagen aufnehmen müssen - haben sie dazu veranlasst, die Ware ausnahmsweise von C in die Adresse1, verbringen zu lassen.
Die Zollstelle Leoben wurde davon am nicht verständigt bzw. es wurde ihr am eine Zustimmung durch die Zollstelle Leoben, die Ware im Rahmen der vorübergehenden Verwahrung von C in die Adresse1, verbringen zu dürfen, nicht erteilt.
Der Zollstelle Leoben wurden Entladevermerke betreffend eine Entladung in C übermittelt, obwohl dort keine Entladung stattgefunden hat. Eine Mitteilung über ein Verbringen sei technisch nicht möglich.
B hat weder in das Eingangsregister noch in das Verwahrregister vermerkt bzw. vermerken lassen, dass die Ware über ihre Veranlassung im Rahmen der vorübergehenden Verwahrung von C in die Adresse1, verbracht und dort abgeladen wurde. 
In der Anmeldung zur aktiven Veredelung vom ist in Feld 30 der Hinweis angebracht, dass sich die Ware noch in C befindet, obwohl das nicht gestimmt hat. Dies habe seine Ursache darin, dass dies nur so im Programm möglich ist.

Zum Entladevermerk bzw. dass eine Verbringung nicht mitgeteilt werden könne, hat das Zollamt Graz bemerkt, dies habe eben den Sinn, dass die Ware im Rahmen der vorübergehenden Verwahrung nicht verbracht, sondern am zugelassenen Warenort verbleiben soll, um dort allenfalls überprüft werden zu können.
Der Vertreter der Beschwerdeführerin gab dazu an, es würde das Übersenden von Entladevermerken nicht zwingend ein Entladen nach sich ziehen.

E - Bediensteter des Zollamtes in Graz - wurde als Auskunftsperson befragt und hat im Wesentlichen ausgesagt, er habe am gegen 8:30 Uhr von seinem Vorgesetzten den Auftrag erhalten, nach C zu fahren, um dort einen Rezipienten im Rahmen eines Verfahrens der aktiven Veredelung zu kontrollieren. Sofort danach habe er sich auf den Weg gemacht und sei in C gegen 10:00 Uhr eingetroffen. Dass sich die Ware nicht mehr dort befunden hat, habe er nicht gewusst. Er sei von der Zollstelle Leoben nicht darüber informiert worden, dass sich die Ware nicht mehr in C befindet. Erst beim Eintreffen in C und nachdem ihm - wie immer üblich - eine Besucherkarte ausgefolgt wurde, sei ihm auf Nachfrage mitgeteilt worden, dass sich die Ware nicht mehr in C, sondern in der Adresse1, befindet. Aufzeichnungen und Register habe er dort nicht geprüft. Ihm seien solche auch nicht vorgelegt worden.
Die Ware hat er im Rahmen des Verfahrens der aktiven Veredelung in der Adresse1, beschaut und dort deren Nämlichkeit festgestellt.

Der Vertreter der Beschwerdeführerin hat vorgebracht, es sei die Zollstelle Leoben rechtzeitig informiert worden, sodass die Ware nicht der zollamtlichen Überwachung entzogen wurde. Auf den Fall sei Art. 859 Abs. 5 ZK-DVO anzuwenden. Es sei durch den nicht bewilligten Ortswechsel eine Verfehlung, die sich nachweislich nicht ausgewirkt habe, begangen worden. Dem Zollbeamten habe die Ware auf sein Verlangen hin ohne größere Probleme vorgeführt werden können und es habe dieser sie auch beschaut und deren Nämlichkeit feststellen können.
Es bestehe ein räumliches Naheverhältnis zwischen den zugelassenen Warenorten "Adresse1" und "Adresse3". 
Beide zugelassene Warenorte befinden sich im Zuständigkeitsbereich der Zollstelle Leoben.
Auf den Fall seien zwei jeweils einen vergleichbaren Sachverhalt betreffende namentlich beschriebene Entscheidungen des Unabhängigen Finanzsenates anzuwenden und sollten daher in die Entscheidung einfließen.

Nach Ansicht des Vertreters des Zollamtes Graz sei die Ware in der vorübergehende Verwahrung aus der zollamtlichen Überwachung entzogen worden. Es reiche, wenn die zuständige Zollbehörde auch nur zeitweise daran gehindert ist, eine unter zollamtlicher Überwachung stehende Ware zu prüfen. Von der Beschwerdeführerin sei Art. 203 ZK erfüllt worden und damit kein Platz mehr für eine Anwendung des Art. 204 in Verbindung mit Art. 859 ZK-DVO.
Der Entladevermerk vom (13:25 Uhr) sei ein formalrechtlicher Verfahrensschritt gewesen, wie auch die Ankunftsanzeige oder die Entladeerlaubnis. Erst nach Übersendung des Entladevermerkes könne die Freigabe vom Versand erfolgen und das Versandverfahren enden.

Die Beschwerdeführerin hat abschließend um Stattgabe ihre Beschwerde, das Zollamt Graz um Abweisung der Beschwerde ersucht.

Beweiswürdigung

Das Bundesfinanzgericht gründet den festgestellten Sachverhalt vor allem auf den Inhalt der vorgelegten Verwaltungsakten des Zollamtes Graz, Zollstelle Leoben, auf die Ausführungen der Auskunftspersonen B und  E in der mündlichen Verhandlung und auf die Verantwortung der Verfahrensparteien im Rechtszug und in der mündlichen Verhandlung.

Rechtslage

Gemäß Art. 4 Z 13 ZK bedeutet zollamtliche Überwachung im Sinne des Zollkodex allgemeine Maßnahmen der Zollbehörden, um die Einhaltung des Zollrechts und gegebenenfalls der sonstigen für Waren unter zollamtlicher Überwachung geltenden Vorschriften zu gewährleisten.

Gemäß Art. 37 Abs. 1 ZK unterliegen Waren, die in das Zollgebiet der Gemeinschaft verbracht werden, vom Zeitpunkt des Verbringens an der zollamtlichen Überwachung. Sie können nach dem geltenden Recht zollamtlich geprüft werden.
Gemäß Abs. 2 leg. cit. bleiben sie so lange unter zollamtlicher Überwachung, wie es für die Ermittlung ihres zollrechtlichen Status erforderlich ist, und im Fall von Nichtgemeinschaftswaren unbeschadet des Art. 82 Abs. 1, bis sie ihren zollrechtlichen Status wechseln, in eine Freizone oder ein Freilager verbracht, wiederausgeführt oder nach Art. 182 vernichtet oder zerstört werden.

Gemäß Art. 48 ZK müssen die gestellten Nichtgemeinschaftswaren eine der für Nichtgemeinschaftswaren zulässigen zollrechtlichen Bestimmungen erhalten.

Gemäß Art. 50 ZK haben die gestellten Waren bis zum Erhalt einer zollrechtlichen Bestimmung die Rechtsstellung von Waren in vorübergehender Verwahrung. Diese Waren werden nachstehend als vorübergehend verwahrte Waren bezeichnet.

Gemäß Art. 51 Abs. 1 ZK dürfen die vorübergehend verwahrten Waren ausschließlich an den von den Zollbehörden zugelassenen Orten und unter den von diesen Zollbehörden festgelegten Bedingungen gelagert werden.

Gemäß Art. 92 Abs. 1 ZK endet das externe Versandverfahren und die Verpflichtungen des Inhabers des Verfahrens sind erfüllt, wenn die in dem Verfahren befindlichen Waren und die erforderlichen Dokumente entsprechend den Bestimmungen des betreffenden Verfahrens am Bestimmungsort der dortigen Zollstelle gestellt werden.

Gemäß Art. 203 Abs. 1 ZK entsteht eine Einfuhrzollschuld, wenn eine einfuhrabgabepflichtige Ware der zollamtlichen Überwachung entzogen wird.

Gemäß Art. 203, Abs. 3 ZK sind Zollschuldner
- die Person, welche die Ware der zollamtlichen Überwachung entzogen hat;
- die Personen, die an dieser Entziehung beteiligt waren, obwohl sie wussten oder billigerweise hätten wissen müssen, dass sie die Ware der zollamtlichen Überwachung entziehen.

Erwägungen

Am um 13:13 Uhr hat die Beschwerdeführerin als Anmelderin dem Zollamt Graz, Zollstelle Leoben, im Informatikverfahren mit Ankunftsanzeige mitgeteilt, dass ein im Versandverfahren mit MRN ff beförderter Rezipient am für sie zugelassenen Warenort in "Adresse3" eingelangt ist. Die Zollstelle Leoben hat um 13:23 Uhr der Anmelderin die Entladeerlaubnis erteilt. Um 13:25 Uhr hat die Anmelderin der Zollstelle Leoben die Entladevermerke übermittelt und es erfolgte um 13:28 Uhr von der Zollstelle Leoben die Freigabe vom Versand. Durch die Gestellung der im Versandverfahren befindlichen Ware und der erforderlichen Dokumente am zugelassenen Warenort hat das Versandverfahren geendet und waren die Verpflichtungen des Inhabers des Versandverfahrens erfüllt.

Im Zeitraum zwischen der Gestellung (Art. 40 ZK) und dem Erhalt der zollrechtlichen Bestimmung (Art. 4 Nr. 15 Buchstabe a ZK iVm Art. 4 Nr. 16 ZK) erhalten die Waren eine eigene Rechtsstellung, sie sind "vorübergehend verwahrte Waren". Dieser weitere Status, der mit der Gestellung beginnt, dient der Konkretisierung der Pflichten zwischen Gestellung und Erhalt einer zollrechtlichen Bestimmung, also für den Zeitraum, in dem sich Waren grundsätzlich in der Obhut einer Zollstelle befinden. In dieser Phase treffen den Beteiligten zahlreiche Pflichten.

Wird die vorübergehende Verwahrung als Ausdruck zollamtlicher Überwachung ohne Zustimmung der Zollbehörden beendet, so entsteht die Zollschuld gemäß Art. 203 Abs. 1 ZK (siehe Witte, ZK6, Art. 51, Rz 2).

Der gestellte Rezipient hatte ab der Gestellung bis zum Erhalt der zollrechtlichen Bestimmung der "Überführung in die aktive Veredelung" die Rechtsstellung von Waren in vorübergehender Verwahrung und sollte nicht vom zugelassenen Warenort in "Adresse3" entfernt, auch nicht an einen anderen zugelassenen Warenort, verbracht werden.

Die Ware wurde jedoch nicht an dem in der Bewilligung zur Teilnahme am Informatikverfahren angeführten zugelassenen Warenort "Adresse3", entladen, sondern noch am nach der Beendigung des Versandverfahrens auf das 4,5 km vom zugelassenen Warenort entfernte Werksgelände der Beschwerdeführerin, Adresse1, einen anderen zugelassenen Warenort verbracht.

Dieser im Hinblick auf den festgestellte Sachverhalt ist unstrittig. Ebenso unstrittig ist, dass das gegenständliche Versandverfahren am durch die Gestellung des Rezipienten und der zugehörigen Dokumente am zugelassenen Warenort geendet hat, die Ware danach den Status einer in der vorübergehenden Verwahrung befindlichen unter zollamtlicher Überwachung stehenden Ware erhielt und nicht ohne Bewilligung der Zollstelle Leoben vom zugelassenen Warenort "Adresse3" weggebracht werden durfte.

Am wurde die Ware um 8:02 Uhr von der Anmelderin, um ihr eine zollrechtliche Bestimmung zu geben, mit Zollanmeldung CRN gg zum Zollverfahren der aktiven Veredelung angemeldet. In Feld 30 der Zollanmeldung hat die Anmelderin erklärt, dass sich die gemäß Art. 37 ZK unter zollamtlicher Überwachung stehende und zum Zollverfahren der aktiven Veredelung angemeldete Ware am zugelassenen Warenort der Anmelderin in "Adresse3" befindet.
In der Folge erging an die Anmelderin automatisiert eine formelle Annahmebestätigung. Die Zollanmeldung zur aktiven Veredelung wurde von der Zollstelle Leoben einer Dokumentenkontrolle unterzogen. Um 8:09 Uhr hat die Zollstelle Leoben entschieden, eine Warenkontrolle durchzuführen. Um 8:32 Uhr erfolgte an die Zollstelle Leoben seitens der Beschwerdeführerin die telefonische Mitteilung, dass sich die Ware nicht mehr am zugelassenen Warenort der Anmelderin in "Adresse3" befindet. Die Nachricht, es werde eine Kontrolle durchgeführt werden, wurde der Beschwerdeführerin um 9:00 Uhr übermittelt. Dem Zollorgan konnte am um 10:00 Uhr die Ware am zugelassenen Warenort in "Adresse3" nicht vorgeführt werden.

Auch dieser im Hinblick auf den festgestellte Sachverhalt ist unstrittig.

Ebenso ist unstrittig, dass die dem Zollamt Graz zugeordnete Zollstelle Leoben örtlich und sachlich für die zollamtliche Überwachung der in vorübergehender Verwahrung befindlichen Ware an dem in der Bewilligung vom angeführten zugelassenen Warenort "Adresse3" zuständig war.

Strittig ist jedoch, ob durch die (erst) am erfolgte Verständigung der Zollbehörde diese jederzeit Zugang zu der ab der Beendigung des Versandverfahrens (schon) am  im Status der vorübergehenden Verwahrung befindlichen unter zollamtlicher Überwachung stehenden Ware hatte und an der Durchführung von Zollkontrollen nicht gehindert wurde.

Nach der Rechtsprechung des EuGH umfasst das Entziehen aus der zollamtlichen Überwachung jede Handlung oder Unterlassung, die dazu führt, dass die zuständige Zollbehörde auch nur zeitweise zu einer unter zollamtlicher Überwachung stehenden Ware und der Durchführung der nach den gemeinschaftlichen Zollvorschriften vorgesehenen Prüfungen gehindert wird. Ob im konkreten Fall eine derartige Prüfung tatsächlich durchgeführt werden sollte, ist unerheblich. Es kommt nicht darauf an, ob die Zollbehörde tatsächlich eine solche Prüfung durchzuführen beabsichtigt oder der Beteiligte die Ware der Zollbehörde zu einer solchen Prüfung zur Verfügung stellen könnte.

Entscheidend ist, dass die Zollbehörde - wenn auch nur vorübergehend - objektiv nicht in der Lage ist, die zollamtliche Prüfung sicherzustellen (zB. C-430 und 431/08; , C-66/99; , C-371/99; , C-337/01; , 2008/16/0097).

Beim Entziehen aus der zollamtlichen Überwachung im Sinne des Art. 203 Abs. 1 ZK ist ein Verschulden an der Erfüllung des objektiven Tatbestandes nicht erheblich. Es kommt dabei allein auf den Realakt, auf die Erfüllung objektiver Voraussetzungen an ().

Der zollrechtliche Staus der Ware braucht dem Handelnden nicht bekannt zu sein ().

Die Ware wurde nach der Sachlage nicht an dem in der Bewilligung angeführten zugelassenen Warenort "Adresse3" entladen, sondern noch am nach der Beendigung des Versandverfahrens auf Anweisung der für die Beschwerdeführerin handelnden B auf das 4,5 km vom zugelassenen Warenort entfernte Werksgelände der Beschwerdeführerin, Adresse1, verbracht. Eine Verständigung der Zollstelle Leoben vor der Wegbringung der unter zollamtlicher Überwachung stehenden Waren vom erstangeführten bewilligten Warenort ist aber unterblieben. Eine entsprechende Bewilligung hierfür hat die Zollstelle Leoben der Beschwerdeführerin nicht erteilt.

Der Zollstelle Leoben wurde die Wegbringung der Ware von der Anmelderin erst am  mitgeteilt, nachdem die Ware um 8:02 Uhr zum Zollverfahren der aktiven Veredelung angemeldet und in Feld 30 der Zollanmeldung erklärt wurde, dass sich die gemäß Art. 37 ZK unter zollamtlicher Überwachung stehende und zum Zollverfahren der aktiven Veredelung angemeldete Ware am zugelassenen Warenort der Anmelderin in "Adresse3" befindet.

Die örtlich und sachlich zuständige Zollstelle Leoben hatte somit in der Zeit zwischen der Wegbringung der unter zollamtlicher Überwachung stehenden Waren vom zugelassenen Warenort am bis zur am um 8:32 Uhr erfolgten telefonischen Mitteilung der Beschwerdeführerin an die Zollstelle Leoben, dass sich die Ware nicht mehr am für das gegenständliche Versandverfahren zugelassenen Warenort der Anmelderin in "Adresse3", sondern am Werksgelände der Beschwerdeführerin in der Adresse1, befindet, keinen Zugang zu der unter zollamtlicher Überwachung stehenden Ware und war somit objektiv an der Durchführung von Zollkontrollen gehindert. Eine Zollbehörde ist nicht verhalten zu prüfen, ob sich eine Ware möglicherweise an einem anderen zugelassenen Warenort befindet.

Gemäß Art. 203 Abs. 3 erster Anstrich ZK ist Zollschuldner die Person, welche die Ware der zollamtlichen Überwachung entzogen hat. Demnach wird zunächst derjenige Zollschuldner, der durch sein Tun oder Unterlassen persönlich bewirkt hat, dass zollamtliche Überwachungsmaßnahmen nicht mehr möglich sind. Auf subjektiver Merkmale kommt es dabei nicht an. Der zollrechtliche Status braucht dem Handelnden nicht bekannt zu sein.

Die der Beschwerdeführerin erteilte Bewilligung zur Teilnahme am Informatikverfahren vom hat ua zum Inhalt, dass B vertretungsweise die für die ordnungsgemäße Abwicklung des Informatikverfahrens verantwortliche Person ist. Ihr Verhalten ist der Beschwerdeführerin zuzurechnen.

B hat - dazu am und in der mündlichen Beschwerdeverhandlung befragt - angegeben, dass ein Vorführen der Ware im Gesamtgewicht von 31.160 kg am zugelassenen Warenort in "Adresse3" aus transporttechnischen Gründen nicht möglich war. Der Versandschein wurde am zugelassenen Warenort mit "konform" beendet. Eine anschließende Abgabe der Warenanmeldung zu aktiven Veredelung scheiterte an der Unlesbarkeit der Rechnung. Die Ware wurde aufgrund des Umstandes, dass es sich um einen Schwertransporter handelte und weil der Fahrer angegeben hat, er müsse noch am selben Tag abladen, auf ihre Anordnung hin bereits am nach der Beendigung des Versandverfahrens auf das 4,5 km vom zugelassenen Warenort entfernte Werksgelände der Beschwerdeführerin, Adresse1, verbracht.

Im gegenständlichen Fall hat die Beschwerdeführerin durch das ihr zurechenbare Handeln der B, nämlich die angeordnete Verbringung der unter zollamtlicher Überwachung stehenden Ware vom zugelassenen Warenort ohne Zustimmung der Zollbehörde bewirkt, dass ab diesem Zeitpunkt die zollamtlichen Überwachungsmaßnahmen nicht mehr durchgeführt werden konnten.

Zum Vorbringen der Beschwerdeführerin, gemäß Punkt 1.3.1.3. ZK-1890, der Richtlinie des BMF liege eine Entziehung dann vor, wenn bereits konkret begonnene Überwachungsmaßnahmen nicht weiter durchgeführt werden können und die Zollstellen keinen Zugriff mehr auf die Waren haben, ist zunächst grundsätzlich zu bemerken, dass das Bundesfinanzgericht an die erlassmäßigen Ausführungen in der Zolldokumentation des BMF nicht gebunden ist. Es trifft jedoch zu, dass der Beginn des Anwendungsbereiches des Art. 203 ZK tatsächlich konkret begonnene Überwachungsmaßnahmen voraussetzt. Entziehen verlangt logisch, dass konkrete Maßnahmen der Zollbehörden begonnen haben. Mit der Gestellung beginnt regelmäßig die konkrete Überwachung durch die Zollstellen (siehe Witte, ZK6, Art. 203, Rz 5).

Durch die Teilnahme am Informatikverfahren (e-zoll) wird die Gestellung der Ware und die Überführung von Waren in ein Zollverfahren auch außerhalb des Amtsplatzes an einem Ort ermöglicht, der von der Zollbehörde über Antrag des am Informatikverfahren Teilnehmenden bewilligt wird.

Der Beschwerdeführerin wurde die Teilnahme am Informatikverfahren bewilligt. Die Abfertigung an einem zugelassenen Warenort erhält durch diese Bewilligung denselben Stellenwert wie die am Amtsplatz. Es können demnach - wie im Gegenstand geschehen - am zugelassenen Warenort - in beispielsweise einem Versandverfahren - Waren gestellt werden.

Es wurde bereits dargestellt, dass sich Waren nach der Beendigung eines Versandverfahrens bis zur Überlassung in ein beantragtes Verfahren in der vorübergehenden Verwahrung befinden. Es kommt in Übereinstimmung mit dem (deutschen) Bundesfinanzhof nicht darauf an, ob die Zollstelle tatsächlich Zollkontrollen durchzuführen beabsichtigt und ob der Beteiligte die Waren der Zollbehörde zu einer solchen Prüfung zur Verfügung stellen könnte. Mithin kann es nach der Gestellung selbstverständlich auch dann zum Entziehen kommen, wenn in der vorübergehenden Verwahrung oder im darauf folgenden Zollverfahren keine weiteren konkreten zollamtlichen Prüfungsmaßnahmen stattfinden. Entziehen bedeutet folglich nicht, dass die Ware aus einer konkreten Zollkontrolle entfernt worden sein muss (siehe Witte, ZK6, Art. 203, Rz 5 ff und die dort zitierte Judikatur des BFH).

Der Vertreter der Beschwerdeführerin hat vorgebracht, es sei die Zollstelle Leoben rechtzeitig informiert worden, sodass die Ware nicht der zollamtlichen Überwachung entzogen wurde. Auf den Fall sei Art. 859 Abs. 5 ZK-DVO anzuwenden. Es sei durch den nicht bewilligten Ortswechsel zwar eine Verfehlung, die sich aber nachweislich nicht ausgewirkt habe, begangen worden. Dem Zollbeamten habe die Ware auf sein Verlangen hin ohne größere Probleme vorgeführt werden können und es habe dieser sie beschaut und deren Nämlichkeit feststellen können. Es bestehe ein räumliches Naheverhältnis zwischen den beiden für die Beschwerdeführerin zugelassenen Warenorten. Beide zugelassenen Warenorte befinden sich im Zuständigkeitsbereich der Zollstelle Leoben.

Dem Vorbringen des Vertreters der Beschwerdeführerin ist zunächst entgegen zu halten, dass es zu beachten gilt, dass die Ware in einem Versandverfahren befördert und danach am  bis zum Erhalt einer zollrechtlichen Bestimmung die Rechtsstellung von Waren in vorübergehender Verwahrung hatte. Die Ware sollte am die zollrechtliche Bestimmung einer Ware in aktiver Veredelung erhalten. 

Verfahrensgegenständlich war zudem die Frage zu beantworten, ob die Ware dadurch, dass sie ohne Zustimmung durch die Zollbehörde vom zugelassenen Warenort entfernt wurde, bereits am aus der vorübergehenden Verwahrung und nicht erst am aus der aktiven Veredelung entzogen wurde.

Ein Entziehen von Waren aus der vorübergehenden Verwahrung ohne Zustimmung durch die Zollbehörden ist eine geradezu typische Entziehungshandlung im Sinne von Art. 203 Abs. 1 ZK (siehe Witte, ZK6, Art. 203, Rz 6).

Eine Einfuhrzollschuld gemäß Art. 204 Abs. 1 ZK wegen Pflichtverletzungen wird von Art. 203 Abs. 1 ZK verdrängt, sodass nicht beide Tatbestände gleichzeitig vorliegen können. Der Zollschuldentstehungstatbestand des Art. 204 Abs. 1 ZK kann nur Anwendung finden, wenn der Zollschuldentstehungstatbestand des Art. 203 Abs. 1 ZK nicht greift (argumentum: Eine Einfuhrzollschuld gemäß Art. 204 Abs. 1 ZK entsteht in anderen als den in Art. 203 genannten Fällen [...]; siehe Witte, ZK6, Art. 203, Rz 23 und die dort genannte Judikatur des BFH).

Weil im Gegenstand die Zollschuld bereits nach Art. 203 Abs. 1 ZK entstanden ist, ist eine Zollschuldentstehung nach Art. 204 Abs. 1 ZK ausgeschlossen und damit auch die Anwendung des Art. 859 Abs. 5 ZK-DVO, wenn es in Art. 859 ZK-DVO heißt, dass als Verfehlungen im Sinne des Art. 204 [...] gelten.

Dem Zollbeamten wurde die Ware im Rahmen des Verfahrens der aktiven Veredelung vorgeführt.  

Mit dem Hinweis auf die in der Beschwerde zitierte Entscheidung des Unabhängigen Finanzsenates ist für die Beschwerdeführerin nichts zu gewinnen, insbesondere nicht dahingehend, dass es zu einer Zollschuldentstehung nach Art. 203 Abs. 1 ZK dann nicht kommen kann, wenn sich zugelassene Warenorte (hier: zwei) im Zuständigkeitsbereich eines Zollamtes und/oder einer Zollstelle (hier: Zollstelle Leoben) befinden.

Die Beschwerdeführerin ist daher Zollschuldnerin nach Art. 203 Abs. 3 erster Anstrich ZK.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zur Unzulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Die ordentliche Revision ist im vorliegenden Fall unzulässig, da das Bundesfinanzgericht in rechtlicher Hinsicht der in der Entscheidung dargestellten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes betreffend die Entziehung von im Status der vorübergehenden Verwahrung befindlichen Waren gefolgt ist.

Klagenfurt am Wörthersee, am

Zusatzinformationen


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Materie
Zoll
betroffene Normen
Art. 37 Abs. 1 ZK, VO 2913/92, ABl. Nr. L 302 vom S. 1
Art. 48 ZK, VO 2913/92, ABl. Nr. L 302 vom S. 1
Art. 50 ZK, VO 2913/92, ABl. Nr. L 302 vom S. 1
Art. 859 Abs. 5 ZK-DVO, VO 2454/93, ABl. Nr. L 253 vom S. 1
Art. 92 Abs. 1 ZK, VO 2913/92, ABl. Nr. L 302 vom S. 1
Art. 203 Abs. 1 ZK, VO 2913/92, ABl. Nr. L 302 vom S. 1
Art. 203 Abs. 3 ZK, VO 2913/92, ABl. Nr. L 302 vom S. 1
Art. 204 Abs. 1 ZK, VO 2913/92, ABl. Nr. L 302 vom S. 1
Art. 51 Abs. 1 ZK, VO 2913/92, ABl. Nr. L 302 vom S. 1
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2015:RV.2200004.2014

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at