Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 28.05.2015, RV/5100045/2012

Voraussetzungen für einen Zusammenschluss nach Art IV UmgrStG

Beachte

Revision eingebracht (Amtsrevision). Beim VwGH anhängig zur Zl. Ro 2015/15/0033. Mit Erk. v. wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschrift aufgehoben. Fortgesetztes Verfahren mit Beschluss v. erledigt.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Mag. Bernhard Renner in der Beschwerdesache XY_KG vertreten durch Dr. Norbert Orthner Steuerberatungs GmbH, Reinprechtenstraße 22, 4048 Puchenau, gegen den Bescheid des Finanzamts Braunau Ried Schärding, vertreten durch ADir Peter Bernroider, vom , betreffend Feststellung von Einkünften für 2010,

zu Recht erkannt:

Entscheidungsgründe

Verfahrensablauf

(1) Die beschwerdeführende KG mit dem Unternehmensgegenstand Physiotherapie (im Folgenden: Bf) wurde mit Gesellschaftsvertrag vom errichtet und am in des Firmenbuch eingetragen.

Mit Eingabe vom wurde seitens des steuerlichen Vertreters der belangten Behörde ein Zusammenschluss der natürlichen Personen A und B nach den Bestimmungen des Art IV UmGrStG mit Zusammenschließungsstichtag vom gemeldet und darauf hingewiesen, dass die Gewinnermittlung der Bf in Form einer Einnahmen-/Ausgabenrechnung erfolge. Dieser Eingabe waren der Zusammenschlussvertrag sowie der Status der einbringenden Einzelfirma des A beigelegt.

(2) Der mit datierte Zusammenschlussvertrag hat folgenden Inhalt:

Zusammenschlussvertrag gem. Art IV Umgründungssteuergesetz

... schließen sich nach den Bestimmungen des § 24 ivm §§ 1315 Umgründungssteuergesetz zu einer Mitunternehmerschaft ... zusammen.

Die Firma wurde am beim Flrmenbuchgericht ... eingetragen.

1) Herr A bringt sein Einzelunternehmen, das den Gewinn gem. § 4 (3) EStG in Form einer Einnahmen-Ausgaben-Rechnung ermittelt, laut beiliegendem Status zum in die Kommanditgesellschaft ein.

Laut Status weist das Einzelunternehmen ein Eigenkapital in Höhe von € 22.859,01 aus, der Übergangsgewinn beträgt € 10.713,39.

Der Verkehrswert des Einzelunternehmens wird mit € 45.000,00 einvernehmlich festgesetzt.

2) Frau B bringt eine Kommanditelnlage in Höhe von € 30.000,00 in die Bw ein.

3) Als Zeitpunkt des Zusammenschlusses wird der vereinbart.

4) Die Bw ist Gesamtrechtsnachfolger der nicht protokollierten Einzelfirma A .

5) Es wird vereinbart, dass die Bw den Gewinn in Form einer Einnahmen-Ausgaben-Rechnung gem. § 4 (3) EStG ermittelt.

(3) Der Status der bisherigen Einzelfirma des A weist zum Stichtag folgende Werte auf:


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Aktiva
Passiva
Anlagevermögen
 
1.342,00
Einbringungskapital
 
 
Umlaufvermögen
 
 
Verbindlichkeiten
 
 
Forderungen
 
10.803,75
Verbindlichkeiten aus
Lieferungen und Leistungen
90,36
 
Kassabestand,
Bankguthaben
 
 
Bankverbindlichkeiten
4,037,33
4.127,69
Kassa
794,50
 
 
 
 
Bankguthaben
14.046,45
14.056,45
 
 
 
 
 
26.986,70
 
 
26.986,70

(4) Mit weiterer Eingabe, ebenfalls vom , wurde seitens des steuerlichen Vertreters der belangten Behörde ua ein Auszug aus dem Firmenbuch, der Gesellschaftsvertrag sowie die Eröffnungsbilanz zum übermittelt.

(5) Der Gesellschaftsvertrag hat auszugsweise folgenden Inhalt:

㤠I. Firma

Herr A und Frau B schließen sich hiermit zu einer Kommanditgesellschaft ... zusammen.

...

§ III. Unternehmensgegenstand

Unternehmensgegenstand ist der Betrieb eines physiotherapeutischen und Massage-Institutes nach den Bestimmungen des MTD Gesetzes. ...

§ IV: Beginn und Dauer der Gesellschaft

Die Gesellschaft beginnt am Tag ihrer Eintragung in das Firmenbuch. Die Gesellschaft wird auf unbestimmte Zeit errichtet.

Die Gesellschafter verzichten bis auf die Kündigung der Gesellschaft.

Ab dem Jahr 2015 kann unter Einhaltung einer 6-monatigen Kündigungsfrist zum Ende eines jeden Geschäftsjahres die Gesellschaft mittels eingeschrieben Briefes aufgekündigt werden, wobei für die Rechtzeitigkeit der Kündigung das Datum des Poststempels maßgeblich ist.

§ V. Stellung der Gesellschafter

Herr A ist persönlich haftender Gesellschafter.

Frau B kommt die Stellung einer Kommanditistin zu.

Die Haftung der Kommanditistin gegenüber Gesellschaftsgläubigern ist auf € 30.000,-- beschränkt.

§ VI. Einlagen

Die Gesellschafter leisten nachstehende Einlagen:

Herr A bringt sein Einzelunternehmen zu Buchwerten unter Beachtung des Art. IV des Umgründungssteuergesetzes in die Gesellschaft ein.

Frau B bringt eine Bareinlage in Höhe von € 30.000,-- in die Gesellschaft ein. ...

Eine Nachschusspflicht der Kommanditistin über die Einlage wird ausdrücklich ausgeschlossen.

§ VII. Geschäftsführung und Vertretung

Die Geschäftsführung und Vertretung der Gesellschaft obliegt dem persönlich haftenden Gesellschafter, Herrn A .

Die Befugnis zur Geschäftsführung erstreckt sich auf alle Handlungen, die der gewöhnliche Betrieb der Gesellschaft mit sich bringt. Der Geschäftsführer ist verpflichtet die Geschäfte mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns zu führen.

Zur Vornahme von Geschäften, die über den gewöhnlichen Betrieb der Gesellschaft hinausgehen,  ist ein Gesellschafterbeschluss im Sinne des § 9 dieses Vertrages einzuholen.

§ VIII. Wettbewerbsverbot

Die Gesellschafter dürfen ohne Einwilligung des anderen Gesellschafters im Bereich des Unternehmensgegenstandes der Gesellschaft keine Geschäfte betreiben und sich auch nicht an anderen gleichartigen Gesellschaften als persönlich haftende Gesellschafter beteiligen.

...

§ X. Geschäftsjahr

Das Geschäftsjahr  entspricht  dem Kalenderjahr.

§ XI. Buchführung, Ergebnisermittlung

Die Gesellschaft führt die Bücher entsprechend der einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen. Am Ende des Geschäftsjahres ist vom persönlich haftenden Gesellschafter  das Jahresergebnis zu ermitteln.

Für die Gesellschafter werden drei Konten geführt:

a) Fixes Kapitalkonto

Auf dem fixen Kapitalkonto  wird die Gesellschaftseinlage verbucht.

b) Gewinn- und Verlustkonto

Auf diesem Konto werden die Gewinne bzw. Verluste der Gesellschafter verbucht.

c) Entnahmen-Einlagenkonto

Auf diesem Konto werden die Entnahmen bzw. Einlagen der Gesellschafter verbucht.

§ XII. Ergebnisverteilung, Beteiligung am Vermögen

a) Beteiligung am Gewinn

Der Komplementär ist mit 60% am Gewinn beteiligt. Die Kommanditistin ist mit 40% am Gewinn beteiligt.

Frau B bringt neben ihrer Kommanditeinlage ihre gesamte Arbeitskraft in die Gesellschaft ein.

Für diese Leistungen wird zwischen der KG und Frau B ein gesonderter Dienstvertrag abgeschlossen.

b) Beteiligung am Verlust

Herr A ist am Verlust mit 60% beteiligt, Frau B ist am Verlust mit 40% beteiligt.

c) Beteiligung am Vermögen

Herr A ist am Vermögen mit 60% beteiligt, Frau B ist am Vermögen mit 40% beteiligt.

§ XIII. Entnahmen

Die Gesellschafter sind berechtigt die erzielten Gewinne zu entnehmen, darüber hinaus gehende Entnahmen bedürfen eines Gesellschafterbeschlusses.

Es ist zwischen den Gesellschaftern vereinbart, dass der laut gesondertem Dienstvertrag vereinbarte Gehalt von Frau B vorweg entnommen werden darf.

...

§ XVII. Auseinandersetzung

a) Ausscheiden eines Gesellschafters

Scheidet ein Gesellschafter aus der Gesellschaft durch ordentliche Kündigung aus, hat der Gesellschafter Anspruch auf seinen anteiligen Wert des Gesellschaftsvermögens entsprechend seinem Anteil am Vermögen gem. § 12 lit c dieses Vertrages.

...

b) Ausschluss eines Gesellschafters

Bei Ausschluss aus der Gesellschaft hat der ausgeschlossene Gesellschafter lediglich Anspruch auf den Saldo seiner fixen und variablen Kapitalkonten.

Ein positiver Saldo ist dem ausgeschlossenen Gesellschafter innerhalb von 12 Monaten in drei Raten auszubezahlen.

Bei einem negativen Saldo ist der ausgeschlossene Gesellschafter verpflichtet den Saldo innerhalb von drei Monaten an die Gesellschaft zu bezahlen.

...“

(6) Die Eröffnungsbilanz der Bf zum lautet folgendermaßen:


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Aktiva
Passiva
Ausstehende Einlage
30.000,00
Einlage Komplementär
Einlage Kommanditist
0,00
30.000,00
 
30.000,00
 
30.000,00

(7) Mit Bescheid vom über die Feststellung von Einkünften gemäß § 188 BAO wurden die Einkünfte aus Gewerbebetrieb der Bf erklärungsgemäß mit 48.129,63 € festgestellt. Von diesen Einkünften entfielen auf A (unter Berücksichtigung des Grundfreibetrags für investierte Gewinne gemäß § 10 EStG 1988 von 3.900 €) 28.926,41 € sowie auf B 19.203,22 €.

(8) Mit weiterem Bescheid vom wurde der ursprüngliche Feststellungsbescheid gemäß § 299 BAO aufgehoben und mit selben Datum ein geänderter Feststellungsbescheid gemäß § 188 BAO erlassen. Die Einkünfte der Bf wurden nunmehr mit 50.529,63 € angesetzt, wovon auf A ein Gewinn von 57.399,29 € (unter Berücksichtigung eines Freibetrags für investierte Gewinne von 3.900 €) sowie auf B ein Verlust von 6.869,68 € entfielen. In der Begründung dieses Bescheides wurde ausgeführt:

Wegen Fehlens wesentlicher Voraussetzungen des Art IV UmgrStG sei bei der übernehmenden Bf von einem entgeltlichen Betriebserwerb auszugehen. Der Ansatz der AfA für den erworbenen Firmenwert (gem Pkt 1. dritter Satz des Zusammenschlussvertrages vom sei um 1.500 € erhöht worden.

Die Beteiligte B könne am Betriebsergebnis erst ab Abschlusstag des Zusammenschlussvertrages () teilnehmen; die Gewinnverteilung sei entsprechend anzupassen gewesen. Für deren Vergütungen aus der Tätigkeit im Dienste der Bw. gelte bis zum (Datum der Eintragung in das Firmenbuch) § 26 Abs 2 UmgStG, danach seien die Einkünfte gemäß § 23 Abs 2 EStG 1988 zu erfassen.

Hinsichtlich der von B an die Bw vermieteten Praxisräume werde festgehalten, dass diese betrieblich genutzten Grundstücksanteile ab Datum Zusammenschlussvertrag Sonderbetriebsvermögen darstellten ().

Im Zusammenhang mit der Vermögensübertragung sei die Gewinnermittlungsart gewechselt worden. Laut Zusammenschlussvertrag habe der Übergangsgewinn 10.713,39 € betragen. Zur Vermeidung einer Verschiebung von Steuerwirkungen sei der Übergang von der Gewinnermittlung nach § 4 Abs 3 zu jener nach § 4 Abs 1 EStG 1988 und zurück rechnerisch vorzunehmen und den Beteiligten entsprechend zuzuordnen. Da dies unterblieben sei, habe bei A ein Gewinnzuschlag von 4.285,36 € und bei B ein Gewinnabschlag in derselben Höhe amtswegig vorgenommen werden müssen.

(9) Mit Eingabe vom verwies die Bf darauf, dass im Bescheid das Fehlen der wesentlichsten Anwendungsvoraussetzungen nicht begründet worden sei und ersuchte insoweit um eine Ergänzung der Bescheidbegründung.

(10) Die belangte Behörde ergänzte am die Bescheidbegründung folgendermaßen:

Ein Zusammenschluss iSd UmgrStG liege vor, wenn Vermögen ausschließlich gegen Gewährung von Gesellschafterrechten auf Grundlage eines schriftlichen Zusammenschlussvertrages und einer Zusammenschlussbilanz einer Personengesellschaft tatsächlich übertragen wird (§ 23 Abs 1 UmgrStG).

Gemäß § 23 Abs 2 UmgrStG zählen zum Vermögen nur Betriebe, Teilbetriebe und Mitunternehmeranteile iSd § 12 Abs 2 UmgrStG. Gemäß § 12 Abs 2 UmgrStG zählen wiederum nur Betriebe oder Teilbetriebe zum einbringungs-/zusammenschlussfähigen Vermögen, wenn es zu einem Stichtag eingebracht werden, zu dem eine Bilanz für den gesamten Betrieb des Einbringenden vorliegt.

Es fehlten im Zusammenschlussvertrag folgende Anwendungsvoraussetzungen:

  • Die Bestimmung, dass die Übertragung des Vermögens ausschließlich gegen die Gewährung von Gesellschaftsrechten an der übernehmenden Personengesellschaft erfolge,

  • eine eindeutige Regelung der Beteiligungsverhältnisse an der übernehmenden Personengesellschaft,

  • eine Bestimmung über die Gegenleistung.

Ferner fehlten

  • eine Zusammenschlussbilanz,

  • ein Jahres-/Zwischenabschluss gemäß § 12 Abs. 2 UmgrStG, welcher aber durch den vorliegenden Status ersetzt werden könne.

(11) Die steuerlichen Auswirkungen nach Nichtanerkennung des Zusammenschlusses nach Art IV UmgrStG wurden in einer Beilage zur ergänzenden Bescheidbegründung dargestellt.

(12) Gegen diesen Bescheid wurde am mit folgender Begründung Berufung erhoben:

Gemäß § 23 UmgrStG liege ein Zusammenschluss vor, wenn Vermögen ausschließlich gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten auf Grundlage eines Zusammenschlussvertrages (Gesellschaftsvertrages) einer Personengesellschaft tatsächlich übertragen werde.

Das Vermögen müsse zum Zusammenschluss-Stichtag, jedenfalls aber am Tag des Abschlusses des Zusammenschlussvertrages, einen positiven Verkehrswert besitzen.

Gemäß § 23 Abs. 2 UmgrStG zählten zum Vermögen zählen nur Betriebe, Teilbetriebe und Mitunternehmeranteile iSd § 12 Abs. 2 UmgrStG.

Vom Finanzamt werde die Nichtanerkennung des Zusammenschlusses damit begründet, dass im Zusammenschlussvertrag die Bestimmung, dass die Übertragung des Vermögens ausschließlich gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten an der übernehmenden Personengesellschaft erfolge, somit eine eindeutige Regelung der Beteiligungsverhältnisse und eine Bestimmung über Gegenleistung nicht enthalten sei.

Der am abgeschlossene Zusammenschlussvertrag sei lediglich die Ergänzung des Gesellschaftsvertrages, im Zusammenschlussvertrag sei ausdrücklich darauf hingewiesen, dass sich die Partner unter der im Firmenbuch eingetragenen Firma der Bf zusammenschlössen. Der Gesellschaftsvertrag sei somit die Grundlage des Zusammenschlussvertrages und es sei zu überprüfen, ob dieser den Bestimmungen des Art IV UmgrStG entspreche.

Der Vertrag über die Errichtung einer Kommanditgesellschaft sei am im Firmenbuch eingetragen worden.

Im § VI des Gesellschaftsvertrages seien die Einlagen genau bestimmt, A bringe sein Einzelunternehmen zu Buchwerte unter Beachtung des Art IV des UmgrStG in die Gesellschaft ein; B bringe eine Bareinlage in Höhe von € 30.000,-- in die Gesellschaft ein.

Im § XII des Gesellschaftsvertrages sei die Beteiligung am Gewinn, Verlust und Vermögen genau geregelt. Im § 23 UmgrStG werde im Klammer-Ausdruck ausdrücklich darauf hingewiesen, dass auch ein Gesellschaftsvertrag eine vertragliche Grundlage für einen Zusammenschluss darstelle.

Da gemäß § VI in Verbindung mit § 12 des Gesellschaftsvertrages eindeutig festgelegt sei, dass Vermögen gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten eingebracht werde, einer der Zusammenschlusspartner ein positives Vermögen in Form eines Betriebes im Sinne des § 12 Abs. 2 UmgrStG einbringe, wie aus der Zusammenschlussbilanz hervorgehe, sei die Begründung der Finanzverwaltung für die Nichtanerkennung des Zusammenschlusses nicht nachvollziehbar.

Die offensichtlich irrtümlicherweise nicht übermittelte Zusammenschlussbilanz sei kein Grund den Zusammenschluss entsprechend der Bestimmung des Art. IV UmgrStG nicht anzuerkennen.

(13) Dem Rechtsmittel war ua die bislang nicht vorgelegte Zusammenschlussbilanz per angeschlossen, die folgende Werte aufweist


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Aktiva
Passiva
Anlagevermögen
 
1.342,00
Kapital
 
 
Umlaufvermögen
 
 
Kapital Komplementär
 
22.859,01
Forderungen
 
10.803,75
Einlage Kommanditist
 
30.000
Kassabestand,
Bankguthaben
 
 
ausstehende Einlage
Kommanditist
 
- 30.000
Kassa
794,50
 
Verbindlichkeiten
 
 
Bankguthaben
14.046,45
14.056,45
Bankverbindlichkeiten
 
4.127,69
 
 
26.986,70
 
 
26.986,70

Maßgeblicher Sachverhalt

(14) Das Bundesfinanzgericht legt seinem Erkenntnis folgenden Sachverhalt zugrunde:

Die beschwerdeführende KG mit Unternehmensgegenstand Physiotherapie entstand aus dem Zusammenschluss von zwei natürlichen Personen unter Inanspruchnahme der Bestimmungen des Art IV UmGrStG mit Gewinnermittlung in Form einer Einnahmen-Ausgabenrechnung. Der Betrieb wurde zuvor vom Kommanditisten als Einzelunternehmen geführt, in welchem die Komplementärin als Dienstnehmerin tätig war.

Der diesbezüglich geschlossene Zusammenschlussvertrag enthält keine Bestimmung, dass die Übertragung des Vermögens ausschließlich gegen die Gewährung von Gesellschaftsrechten an der übernehmenden Personengesellschaft erfolgt, keine eindeutige Regelung der Beteiligungsverhältnisse an der übernehmenden Personengesellschaft (Bf) sowie keine Bestimmung über die zu erbringende Gegenleistung.

Laut Gesellschaftsvertrag brachte ein Gesellschafter sein bisheriges Einzelunternehmen zu Buchwerten, die weitere Gesellschafterin eine Bareinlage in Höhe von € 30.000,-- in die Gesellschaft ein und stellt dieser ihre gesamte Arbeitskraft zur Verfügung. Die Gewinnverteilung bzw die Aufteilung des Vermögens erfolgt im Verhältnis 60 (einbringender Gesellschafter, Kommanditist) zu 40 (Arbeitsgesellschafterin, Komplementärin). Weder der Zusammenschlussvertrag noch der Gesellschaftsvertrag enthalten Regelungen, dass weitere Gegenleistungen gewährt wurden.

Die Zusammenschlussbilanz wurde erst im Zuge der Einbringung des Rechtsmittels vorgelegt, es erfolgte aber auch keine entsprechende aufforderung durch die belangte Behörde hiezu; eine Jahres-/Zwischenabschluss gemäß § 12 Abs. 2 UmgrStG wurde nicht eingereicht.

Beweiswürdigung

(15) Der angenommene Sachverhalt ist unstrittig und basiert insbesondere auf den in den Verwaltungsakten der belangten Behörde aufliegenden Unterlagen, wie Bescheiden, Verträgen oder Bilanzen.

Rechtslage

(16) Gemäß § 23 Abs 1 UmgrStG liegt ein Zusammenschluss vor, wenn Vermögen iSd Abs 2 ausschließlich gegen Gewährung von Gesellschafterrechten auf Grundlage eines schriftlichen Zusammenschlussvertrages (Gesellschaftsvertrages) und einer Zusammenschlussbilanz einer Personengesellschaft tatsächlich übertragen wird. Voraussetzung ist, dass das übertragene Vermögen am Zusammenschlussstichtag, jedenfalls aber am Tag des Abschlusses des Zusammenschlussvertrages, für sich allein einen positiven Verkehrswert besitzt.

Gemäß Abs 2 leg.cit zählen zum Vermögen nur Betriebe, Teilbetriebe und Mitunternehmeranteile iSd § 12 Abs 2.

Gemäß § 24 Abs 2 UmgrStG ist die Buchwertfortführung nur zulässig, wenn für die weitere Gewinnermittlung Vorsorge getroffen wird, dass es bei den am Zusammenschluss beteiligten Steuerpflichtigen durch den Vorgang der Übertragung zu keiner endgültigen Verschiebung der Steuerbelastung kommt. Ist keine Buchwertfortführung zulässig, ist der Teilwert der Wirtschaftsgüter einschließlich selbstgeschaffener unkörperlicher Wirtschaftsgüter anzusetzen.

Erwägungen des Bundesfinanzgerichts

(17) Im gegenständlichen Fall ist zusammengefasst strittig, ob der Zusammenschlussvertrag als für die Anwendung des Art IV UmgrStG erforderlichen Anwendungsvoraussetzungen (a) die Bestimmung, dass die Übertragung des Vermögens ausschließlich gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten an der übernehmenden Personengesellschaft als Gegenleistung erfolgt, (b) eine eindeutige Regelung der Beteiligungsverhältnisse an der übernehmenden Personengesellschaft und (c) Vorsorgemaßnahmen zur Vermeidung einer endgültigen Verschiebung von Steuerlasten iSd § 24 Abs 2 UmgrStG enthält. Weiters wurde die für die Anwendung des Art IV UmgrStG erforderliche Zusammenabschlussbilanz erst im Nachhinein und zwar als Beilage zur Rechtsmittelschrift vorgelegt.

(18) Die Bf hält den nach Ansicht der belangten Behörde bestehenden Mängeln im Zusammenschlussvertrag sinngemäß entgegen, dass dieser Vertrag lediglich die Ergänzung des Gesellschaftsvertrages sei, sodass zu überprüfen sei, ob dieser die erforderlichen Voraussetzungen enthalte, wovon ihrer Ansicht nach auszugehen sei.

Zur Ansicht der belangten Behörde und den Entgegnungen der Bf ist festzuhalten, dass Grundlage für einen Zusammenschluss iSd UmgrStG in der Tat ein schriftlicher Zusammenschlussvertrag darstellt, dessen Existenz also zwingend erforderlich ist (Walter, Umgründungssteuerrecht 2014, Tz 566). Bei neu errichteten Personengesellschaften geht die Verwaltungspraxis diesbezüglich davon aus, dass der Zusammenschlussvertrag der Gesellschaftsvertrag der übernehmenden Personengesellschaft selbst oder ein eigener Vertrag sein wird (vgl UmgrStR 2002 Rz 1302; ähnlich Hübner-Schwarzinger/Six in Kofler [Hrsg], UmgrStG4 § 23 Rz 47 sowie Walter, Umgründungssteuerrecht 2014, Tz 565).

Somit sind im gegenständlichen Fall nach Ansicht des BFG - entgegen der offenkundigen, wenn auch im angefochtenen Bescheid nicht eindeutig zum Ausdruck gebrachten, Ansicht der belangten Behörde - die notwendigen Voraussetzungen für die Anwendung des Art IV aus dem Zusammenhalt des Zusammenschlussvertrags und des Gesellschaftsvertrags zu beurteilen, beide Verträge sind daher als Einheit zu sehen. Hieraus ergibt sich hinsichtlich der strittigen Punkte für den gegenständlichen Fall:

(a) Übertragung des Vermögens ausschließlich gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten an der übernehmenden Personengesellschaft

(19) Damit das UmgrStG auf einen Zusammenschluss anwendbar ist, dürfen dem Übertragenden ausschließlich Gesellschafterrechte an der übernehmenden Gesellschaft gewährt werden. Der Begriff „Gesellschafterrechte“ ist im Art IV UmgrStG nicht definiert und somit nach dem Einkommensteuerrecht auszulegen (Hübner-Schwarzinger/Six in Kofler [Hrsg], UmgrStG4 § 23 Rz 46). Jede positive Veränderung der Rechtsstellung des Gesellschafters ist insoweit als Gewährung von Gesellschafterrechten anzusehen. Durch die Gewährung von Vermögensrechten in Form einer Substanzbeteiligung wird der Anwendungsvoraussetzung der ausschließlichen Gewährung von Gesellschafterrechten entsprochen (Hübner-Schwarzinger/Six in Kofler [Hrsg], UmgrStG4 § 23 Rz 37). Um das Umtauschverhältnis und damit die zu gewährenden Gesellschafterrechte fixieren zu können, muss weiters die Höhe der Einlagenleistung zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses bekannt sein und im Zusammenschluss- bzw Gesellschaftsvertrag ausgewiesen werden. Eine unzulässige Gegenleistung wäre etwa die Gewährung von Bargeld oder anderen Vermögenswerten anstelle oder neben Gesellschafterrechten (Hübner-Schwarzinger/Six in Kofler [Hrsg], UmgrStG4 § 23 Rz 41). Diese führt zu den Folgen des allgemeinen Steuerrechts (Walter, Umgründungssteuerrecht 2014, Tz 583).

(20) Der oben zitierte streitgegenständliche Zusammenschlussvertrag enthält die Bestimmung, dass A sein bisheriges, einvernehmlich bewertetes Einzelunternehmen laut beiliegendem Status und B eine Kommanditelnlage iHv € 30.000 wie auch ihre gesamte Arbeitskraft in die Bf einbringt. Dem Gesellschaftsvertrag ist zu entnehmen, dass die Gesellschafter an Einlagen ein Einzelunternehmen zu Buchwerten unter Beachtung des Art IV des UmgrStG (A) bzw eine Bareinlage iHv € 30.000 (B) in die Gesellschaft einbrachten. Weiters ist nach dem Gesellschaftsvertrag der Komplementär mit 60% bzw die Kommanditistin mit 40% am Gewinn bzw am Verlust sowie am Vermögen beteiligt.

(21) Nach den Bestimmungen im Zusammenschluss- wie insbesondere im Gesellschaftsvertrag ist somit die für die Anwendung des Art IV erforderliche Voraussetzung, dass die Übertragung des Vermögens ausschließlich gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten an der übernehmenden Personengesellschaft erfolgt, nach Ansicht des Bundesfinanzgerichts jedenfalls erfüllt: die Verträge enthalten einerseits die prozentuelle Beteiligung der Gesellschafter am Gewinn/Verlust bzw Vermögen der Bf; andererseits ist die Höhe der jeweiligen Einlagenleistung ausgewiesen. Unzulässige Gegenleistungen etwa in der beispielhaft erwähnten Form wurden nicht gewährt. Die Gewährung einer prozentuellen Beteiligung am Vermögen einer Gesellschaft kann aber zumindest in der Gründungsphase durchaus einer Gewährung von Geselchaftsrechten gleichgesetzt werden.

(b) Eindeutige Regelung der Beteiligungsverhältnisse an der übernehmenden Personengesellschaft

(22) Nach Ansicht der Verwaltungspraxis (UmgrStR 2002 Rz 1302), auf welche die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid offenkundig Bezug nimmt, hat der Zusammenschlussvertrag insbesondere die Beteiligungsverhältnisse an der übernehmenden Personengesellschaft zu regeln. Eine solche Regelung enthalte allerdings der Zusammenschlussvertrag nicht.

(23) Der belangten Behörde ist beizupflichten, dass, wie auch schon oben dargestellt, weder der Zusammenschlussvertrag noch der Gesellschaftsvertrag ausdrücklich die Beteiligungsverhältnisse der beiden Gesellschafter als solche, etwa im Rahmen einer Formulierung, die Gesellschafter seien an der Bf in einem bestimmten Prozentausmaß beteiligt, enthalten. Allerdings enthält, wie bereits ausgeführt, der Gesellschaftsvertrag explizite Bestimmungen über das Ausmaß der Beteiligten am Vermögen der Bf (60 % bzw 40 %), welche idR, insbesondere wenn sich aus dem Vertrag nichts Entsprechendes ergibt, auch dem Beteiligungsverhältnis entsprechen werden. Insoweit ist daher nach Ansicht des Bundesfinanzgerichts auch dieser Voraussetzung des UmgrStG Genüge getan.

(c) Vorsorgemaßnahme gegen eine endgültige Verschiebung der Steuerlasten

(24) Gemäß § 24 Abs 2 UmgrStG ist eine Buchwertfortführung in Anwendung des § 16 Abs 1 leg.cit nur zulässig, wenn für die weitere Gewinnermittlung Vorsorge getroffen wird, dass es bei den am Zusammenschluss beteiligten Steuerpflichtigen durch den Vorgang der Übertragung zu keiner endgültigen Verschiebung der Steuerlasten kommt. Ist dafür keine oder keine ausreichende Vorsorge getroffen, ist zwar Art IV des UmgrStG prinzipiell anwendbar, jedoch kommt es zu keiner Buchwertfortführung, sondern es ist der Teilwert der Wirtschaftsgüter anzusetzen (Hübner-Schwarzinger/Six in Kofler [Hrsg], UmgrStG4 § 24 Rz 131).

Eine Vorsorgemaßnahme ist dann als geeignet anzusehen, wenn die Steuerlastverhältnisse vor und nach dem Zusammenschluss ident sind. Von der Vorsorgemaßnahme betroffen sind nur persönliche Ertragsteuern, wobei die tarifliche Belastung grundsätzlich unerheblich ist.

Im gegenständlichen Fall wurde von einem Gesellschafter ein Betrieb (Einzelunternehmen), dessen Verkehrswert zwischen den beiden Gesellschaftern einvernehmlich festgesetzt wurde und hinsichtlich dessen es unstrittig ist, dass er positiv ist, eingebracht, die weitere Gesellschafterin leistete eine Bareinlage. Der jeweilige Anteil der Gesellschafter am Vermögen der Bf entspricht jenem der sich auch aus dem Verhältnis zwischen Verkehrswert und Bareinlage ergibt.

(25) Für das Finanzgericht ist nicht ersichtlich, inwieweit aus dieser Konstellation eine endgültigen Verschiebung der Steuerlasten eintreten sollte. Überdies erfolgte im angefochtenen Bescheid kein entsprechendes Vorbringen der belangten Behörde (etwa im Rahmen einer Eventualbegründung), sodass auch das Bundesfinanzgericht insoweit keine Abänderung des angefochtenen Bescheids vornimmt.

(d) Vorlage der Zusammenschlussbilanz

(26) Die Vorlage einer Zusammenschlussbilanz ist wesentliche Voraussetzung für die Anwendung des Art IV UmGrStG (vgl Hübner-Schwarzinger/Six in Kofler [Hrsg], UmgrStG4 § 23 Rz 31 ff; Walter, Umgründungssteuerrecht 2014, Tz 567a). Wird die Zusammenschlussbilanz nicht innerhalb der Neunmonatsfrist dem Finanzamt übermittelt, hat das Finanzamt die Vorlage innerhalb einer zweiwöchigen Verbesserungsfrist aufzutragen. Kommt der Übertragende dieser Aufforderung fristgerecht nach, wird der rückwirkende Zusammenschlussstichtag anerkannt (Walter, Umgründungssteuerrecht 2014, Tz 567a  mit Verweis auf UmgrStR 2002 Rz 791, zweiter Absatz, zur Einbringung).

(27) Im gegenständlichen Fall ist es jedenfalls zutreffend, dass die Zusammenschlussbilanz gegenüber der Abgabenbehörde im Zuge der Bekanntgabe der Umgründungsmaßnahme (noch) nicht, sondern erst im Zuge des Beschwerdeverfahrens und somit auch außerhalb der Neunmonatsfrist erfolgt ist. Allerdings hat die belangte Abgabenbehörde gegenüber der Bf vor Erlassung des angefochtenen Feststellungsbescheides keine Aufforderung zur Nachreichung dieser Bilanz erteilt, sondern dies erst in diesem Bescheid als der Anwendung des Art IV UmgrStG entgegenstehend angeführt. Insoweit ist nach Ansicht des Bundesfinanzgerichts die Vorlage erst im Zuge des Rechtsmittelverfahrens als nicht verspätet anzusehen, zumal auch die belangte Behörde offenbar nicht davon ausgegangen ist, dass die Zusammenschlussbilanz nicht fristgerecht erstellt worden wäre.

(28) Der Beschwerde war daher aus den angeführten Gründen stattzugeben.

Zulässigkeit der Revision

(29) Gemäß Art 133 Abs 4 ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes eine Revision nur zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des VwGH abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des VwGH nicht einheitlich beantwortet wird.

(30) Im gegenständlichen Fall existiert zu den Fragen,

  • inwieweit bei der Prüfung der Anwendungsvoraussetzungen des Art IV UmgrStG alleine auf den Zusammenschlussvertrag abzustellen ist, und

  • in diesem Zusammenhang etwa ersichtlich ist, ob die Übertragung des Vermögens ausschließlich gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten an der übernehmenden Personengesellschaft erfolgt und

  • wie die diesbezügliche vertragliche Regelung der Beteiligungsverhältnisse an der übernehmenden Personengesellschaft gestaltet zu sein hat,

  • welche konkreten Vorsorgemaßnahmen gegen eine endgültige Verschiebung der Steuerlasten zutreffen sind und

  • bis wann die Vorlage der Zusammenschlussbilanz zu erfolgen bzw inwieweit hiezu eine Aufforderung der Abgabenbehörde zu erfolgen hat,

keine Rechtsprechung und werden die daraus resultierenden Rechtsfragen in Teilen der Lehre einerseits und der offenkundigen Verwaltungspraxis unterschiedlich beurteilt. Aus diesem Grund war daher die Revision zuzulassen.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Zitiert/besprochen in
Hirschler/Sulz/Oberkleiner in BFGjournal 2015, 376
Rzepa/Wild in RWZ 2015/66
ECLI
ECLI:AT:BFG:2015:RV.5100045.2012

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at