Verspätungszuschlag
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch Ri in der Beschwerdesache Bf gegen den Bescheid des FA Graz-Stadt vom , betreffend Verspätungszuschlag zu Recht erkannt:
Der Beschwerde wird teilweise Folge gegeben.
Der Verspätungszuschlag wird in Höhe von 1% von 369.530,92 Euro, somit in Höhe von 3.695,31 Euro festgesetzt.
Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) unzulässig.
Entscheidungsgründe
Die Beschwerdeführerin (Bf) betreibt ein Unternehmen in Deutschland.
Für die Jahre 2008 und 2009 machte sie Vorsteuern im Erstattungsverfahren geltend. Eine Zustellvollmacht bestand ( und besteht) für eine Steuerberatungsgesellschaft in Österreich.
Mit Schreiben vom , beim FA am eingelangt, gab die Bf dem Finanzamt Graz - Stadt für 2009 den Kauf eines Unternehmens sowie dessen Weiterverkauf an ein anderes Unternehmen bekannt und teilte mit, dass der daraus entstehende Mehrwertsteuerüberhang am auf das Finanzamtskonto überwiesen worden sei.
Sie verfüge über keine österreichische Steuernummer. Mit diesem Geschäft werde erstmals österreichische USt berechnet und an das Finanzamt abgeführt. Weitere innerösterreichische Geschäfte seien nicht geplant. Aus einer dem Schreiben beiliegenden „Aufstellung zur Umsatzsteuerschuld" sind vier Rechnungen und eine Gutschrift der Bw sowie zwei an die Bw gelegte Rechnungen ersichtlich.
Die Rechnungen samt Anlagen waren in Kopie beigelegt und betrafen Umsätze an die Bf aus dem September und Umsätze der Bf aus dem Dezember 2009 sowie eine Gutschrift der Bf vom Dezember 2009. Die Rechnungen der Bw waren mit 20% USt ausgestellt und enthielten den Hinweis (innerösterreichische Lieferung). Aus den Anlagen geht hervor, dass der Standort der ge- und verkauften MO war.
Eine beiliegende Berechnung durch die Bf wies Vorsteuern in Höhe von 224.305,68 Euro sowie Umsatzsteuer in Höhe von 369.544,24 Euro aus.
Mit Ergänzungsersuchen vom wurde die Bf durch das Finanzamt unter Hinweis auf die im Schreiben vom bekannt gegebenen Umsätze aufgefordert, bis zum für die Monate September und Dezember 2009 Umsatzsteuervoranmeldungen abzugeben und eine Unternehmerbescheinigung zu übermitteln.
Per Mail wurde die Bf nach einem diesbezüglichen Telefongespräch durch das Finanzamt betreffend die Umsatzsteuer auf die unterschiedlichen Voraussetzungen für ein Vorsteuererstattungsverfahren einerseits und ein Veranlagungsverfahren andererseits hingewiesen.
Die angeforderten Voranmeldungen langten am beim Finanzamt ein.
Daraus ergab sich Vorsteuer für September 2009 in Höhe von 224.292,36 Euro sowie Umsatzsteuer für Dezember 2009 in Höhe von 369.544,24 Euro.
Davon hatte die Bf am an das Finanzamt 145.238,56 Euro entrichtet.
Mit Bescheid vom wurde der Bf ein Verspätungszuschlag in Höhe von 18.107,01 Euro, das sind 4,9 % von 369.530,92 Euro, vorgeschrieben.
In der Beschwerde wird durch die steuerliche Vertretung der Bf eingewendet, für September 2009 betrage das Umsatzsteuerguthaben 224.292,36 Euro, die Umsatzsteuerzahllast für Dezember 2009 betrage 369,530,92 Euro. Es ergebe sich insgesamt eine Nachzahlung von 145.238,56 Euro.
Die Bf sei irrtümlich der Meinung gewesen, dass sie durch das Schreiben hinsichtlich der Umsätze in Österreich und die Zahlung des Mehrwertsteuer-Überhanges von 145.238,56 Euro allen Meldungs- und Zahlungsverpflichtungen ordnungsgemäß nachgekommen sei. Die Bf habe bis dato nur Erstattungen von Vorsteuern in Österreich beantragt und keine spezifischen Kenntnisse über die österreichischen Meldungsverpflichtungen gehabt. Sie habe bei ihrer Steuerberatung keine Auskünfte bezüglich des Wechsels ins Veranlagungsverfahren eingeholt. Die Steuerberatung habe erst mit Einlangen des Ergänzungsersuchens vom erfahren, dass die Bf Umsatzsteuervoranmeldungen nicht abgegeben hat.
Die Bf sei nur aufgrund ihres mangelnden Wissens über die österreichische Rechtslage ihrer Meldungsverpflichtung nicht fristgerecht nachgekommen. Daher werde um Stornierung des Verspätungszuschlages ersucht, in eventu werde um eine prozentuelle und ziffernmäßige Herabsetzung des Ausmaßes des Verspätungszuschlages ersucht. Das gewählte Ausmaß von 4,9 % scheine hoch in Hinblick auf das erstmalige Versehen und das (zwar nicht gemeldete) Umsatzsteuerguthaben aus September 2009 von 224.292,36 Euro. Es werde daher ersucht, als Bemessungsgrundlage für den Verspätungszuschlag den Betrag von 145.238,56Euro heranzuziehen.
Über die Beschwerde wurde erwogen:
§ 21 Abs. 1 UStG 1994 bestimmt, dass der Unternehmer spätestens am 15. Tag (Fälligkeitstag) des auf einen Kalendermonat (Voranmeldungszeitraum) zweitfolgenden Kalendermonates eine Voranmeldung bei dem für die Erhebung der Umsatzsteuer zuständigen Finanzamt einzureichen hat, in der er die für den Voranmeldungszeitraum zu entrichtende Steuer (Vorauszahlung) oder den auf den Voranmeldungszeitraum entfallenden Überschuss unter entsprechender Anwendung des § 20 Abs. 1 und 2 und des § 16 UStG 1994 selbst zu berechnen hat. Die Voranmeldung gilt als Steuererklärung.
Gemäß VO des Bundesministers für Finanzen BGBl II 1988/206, § 1 entfällt für Unternehmer, deren Umsätze gem. § 1 Abs. 1 Z 1 und 2 UStG 1994 im vorangegangenen Kalenderjahr 30.000 Euro nicht überstiegen haben, die Verpflichtung zur Einreichung der Voranmeldung, wenn sich für einen Voranmeldungszeitraum keine Vorauszahlung ergibt.
Gemäß § 135 der Bundesabgabenordnung (BAO) kann die Abgabenbehörde Abgabepflichtigen, welche die Frist zur Einreichung einer Abgabenerklärung nicht wahren, einen Zuschlag bis zu 10% der festgesetzten Abgabe auferlegen (Verspätungszuschlag), wenn die Verspätung nicht entschuldbar ist.
Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. Erkenntnis vom , Zl. 98/17/0292 mwN) ist der Gesetzeszweck des Verspätungszuschlages darin zu erblicken, dass der Abgabepflichtige zur Erfüllung der ihm gesetzlich obliegenden Pflichten zur rechtzeitigen Einreichung von Abgabenerklärungen angehalten werden soll. Bei der Ermessensübung ist demnach die grundsätzliche Zielrichtung des Verspätungszuschlages sowie Art und Ausmaß der unbestreitbaren objektiven Pflichtwidrigkeit des säumigen Abgabepflichtigen nicht außer Betracht zu lassen (VwGH 2002/17/0267).
Eine Verspätung ist nach ständiger VwGH - Rechtsprechung zu § 135 Abs. 1 BAO dann entschuldbar, wenn der Abgabepflichtige die Versäumung der Frist zur Einreichung einer Abgabenerklärung weder vorsätzlich noch fahrlässig herbeigeführt hat. Bereits leichte Fahrlässigkeit schließt die Entschuldbarkeit aus.
Gesetzesunkenntnis oder irrtümliche, objektiv fehlerhafte Rechtsauffassungen sind nur dann entschuldbar und nicht als Fahrlässigkeit zuzurechnen, wenn die objektiv gebotene, der Sache nach pflichtgemäße, nach den subjektiven Verhältnissen zumutbare Sorgfalt nicht außer Acht gelassen wurde (; ).
Dem Vorbringen des steuerlichen Vertreters, wonach die Verspätungen entschuldbar seien, da der Bf als ausländischem Unternehmen die Verpflichtung zur Abgabe von monatlichen Voranmeldungen nicht bekannt gewesen sei, ist zu entgegnen, dass einem Steuerpflichtigen, der in einem Land außerhalb seines Sitzes tätig wird, zuzumuten ist, sich über die steuerlichen Vorschriften desjenigen Landes zu orientieren, in dem er seine Geschäfte abwickelt (siehe zu einem ähnlichen Sachverhalt: VwGH 2006/15/0054).
Dass die Bf diese Erkundigung unterließ, war ihr als Verschulden zuzurechnen.
Für die Ermessensübung zur Festlegung der Höhe des Verspätungszuschlages von 1% der Abgabenschuld sind vor allem
a) das Ausmaß der Fristüberschreitung,
b) die Höhe des durch die verspätete Einreichung der Abgabenerklärung erzielten finanziellen Vorteils,
c) das bisherige steuerliche Verhalten des Abgabepflichtigen sowie
d) der Grad des Verschuldens
zu berücksichtigen (vgl. Ritz, Bundesabgabenordnung, Kommentar, 4. Auflage, § 135 Tz 13, mit Hinweisen auf VwGH- Judikatur).
Im vorliegenden Fall bildet die verspätete Einreichung der Umsatzsteuervoranmeldung für Dezember 2009 die Grundlage für die Festsetzung des Säumniszuschlages.
Diese Umsatzsteuervoranmeldung hatte bis zum zu erfolgen. Durch die Bf wurde diese Voranmeldungen nach Aufforderung durch das Finanzamt erst mit Schreiben vom eingereicht.
Wenn die Bf meint, bei der Festsetzung des Verspätungszuschlages sei zu berücksichtigen, dass sie die Vorsteuern für September 2009 nicht geltend gemacht habe, ist ihr zu entgegnen, dass dieser Umstand nicht bei der grundsätzlichen Frage der Festsetzung eines Verspätungszuschlages zu berücksichtigen ist.
Die Bf hatte zwar versucht, allenfalls gegebenen Pflichten durch die Einzahlung eines saldierten Umsatzsteuerbetrages für das Jahr 2009 nachzukommen, hatte die Pflicht zur Einreichung einer Voranmeldung für Dezember 2009 aber nicht erfüllt.
Die Frist wurde um zweieinhalb Monate überschritten. Bei der Bemessung des Verspätungszuschlages ist hinsichtlich der verspäteten Abgabe der Umsatzsteuervoranmeldung von einer relativ geringen Fristüberschreitung auszugehen.
Hinsichtlich der Höhe des durch die verspätete Einreichung der Abgabenerklärung erzielten finanziellen Vorteils ist zu berücksichtigen, dass das Zinsniveau im Jahr 2010 niedrig war, woraus sich ein geringer finanzieller Vorteil für die Bf ergibt. Dieser Vorteil war durch die mangelnde Geltendmachung der Vorsteuer für September 2009 noch geringer.
Hinsichtlich des steuerlichen Verhaltens der Bf ist zu beachten, das sie zwar die Vorsteuern für September 2009 nicht geltend gemacht, dafür aber nur den Saldo aus der Mehrwertsteuer für Dezember 2009 und den Vorsteuer für September 2009 eingezahlt hat.
Da eine Verpflichtung der Bf zur Abgabe einer Umsatzsteuervoranmeldung für September 2009 aufgrund § 1 der VO des Bundesministers für Finanzen BGBl II 1988/206 nicht bestand, ist zu berücksichtigen, dass die Bf erstmalig eine Abgabenerklärung verspätet eingereicht hat. Dass dieser Umstand durch das Fehlen von Umsätzen in Österreich bedingt war, ändert nichts an der vorliegenden Fahrlässigkeit.
Gesamt gesehen ist bei der Berechnung des Verspätungszuschlages von der Höhe der nicht erfolgten Umsatzsteuervoranmeldung - das sind 369.530,92 Euro - auszugehen, bei der Bemessung des angewendeten Prozentsatzes jedoch zu berücksichtigen, dass die Bf Vorsteuern, die ihr zugestanden wären, nicht geltend gemacht hat.
Deshalb erachtet das Bundesfinanzgericht die Berechnung mit einem Prozent der nicht erklärten Abgabe als angemessen.
Zulässigkeit einer Revision
Gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes ist gemäß Art. 133 B-VG die Revision (nur) zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Da diese Voraussetzungen im Beschwerdefall nicht vorliegen, war auszusprechen, dass die Revision unzulässig ist.
Graz, am
Zusatzinformationen
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 21 Abs. 1 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994 § 16 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994 § 1 Abs. 1 Z 1 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994 § 135 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2015:RV.2100679.2010 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at