Keine Familienbeihilfe während eines Verwaltungspraktikums des Landes Niederösterreich
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RV/7103316/2014-RS1 | Ein vierwöchiges Verwaltungspraktikum des Landes Niederösterreich ist keine Berufsausbildung. |
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch R in der Beschwerdesache Bf., E. gegen den Bescheid des Finanzamtes Lilienfeld St. Pölten vom , XX betreffend Rückforderung von Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträgen für die Monate August und September 2013 nach der am über Antrag in Abwesenheit der Beschwerdeführerin durchgeführten mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.
Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Gegenüber der Beschwerdeführerin, in der Folge Bf. genannt, erging am ein Bescheid betreffend Rückforderung von Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträgen bezüglich ihres Sohnes K , geb. XY , für die Monate August und September 2013.
Begründet wurde die Rückforderung damit, dass ein Verwaltungspraktikum keine B erufsausbildung darstelle, da es nicht zwingender Teil der Ausbildung für den angestrebten speziellen Beruf sei. Daran könne auch der Umstand nichts ändern, dass die im Praktikum gewonnen Erfahrungen für die künftige Berufsausbildung bzw.-ausübung wertvoll seien.
Gegen diesen Bescheid wurde mit Schriftsatz vom 20.1.02013 Beschwerde erhoben und zur Begründung folgendes vorgebracht:
Der Sohn der Bf. habe am das Studium der Rechtswissenschaften beendet. Von Mitte August bis Mitte September habe er ein Verwaltungspraktikum beim Land Niederösterreich absolviert. Seit Oktober 2013 sei er als Rechtspraktikant tätig. Ab diesem Zeitraum bestehe ein Beihilfenanspruch. Sie verweist auf die Rechtsprechung des VwGH () und des UFS, wonach es für die Beurteilung einer Tätigkeit (der Gerichtspraxis) nicht darauf ankommen kann, ob diese Tätigkeit Voraussetzung für eine weiteren Beruf ist. Genauso wie die Gerichtspraxis nach dem RPG diene die Verwaltungspraxis die erforderliche Qualifikation für den abgestrebten Beruf zu erlangen und sei ein „nach außen erkennbares Bemühen um den Erfolg gegeben gewesen und nachweisbar. Die Verwaltungspraxis vermittle nachweislich jene Qualifikationen , die für einen Beruf in der Verwaltung oder Justiz erforderlich seien. Hingegen sei ein Unterrichtspraktikum () eine typische Einschulung am Arbeitsplatz und daher keine Berufsausbildung. Das Verwaltungspraktikum solle eine möglichst umfassende praktische und theoretische Einsicht in das öffentliche Recht bzw. öffentlich-rechtliche Institutionen eröffnen, um den Absolventen eine Entscheidungshilfe zu geben.
Indem die Behörde zwei gleiche Sachverhalte, nämlich die Gerichtspraxis und die Verwaltungspraxis unterschiedlich behandle, nämlich in einem Fall die Familienbeihilfe gewähre und im anderen Fall nicht, werde das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Gleichheit vor dem Gesetz verletzt. Sowohl die Rechtspraxis als auch die Verwaltungspraxis erfüllten das Ziel einer Berufsausbildung dahingehend, dass beide Ausbildungsformen der Vermittlung von theoretischem und praktischem Wissen für angestrebte juristische Berufe dienten. Während die Rechtspraxis wertvolle Kenntnisse im Bereich des Zivil-und Strafrechts vermittle, sei die Verwaltungspraxis eine wertvolle Möglichkeit notwendiges Theorie-und Praxiswissen im Bereich des öffentlichen Rechts zu erwerben.
Nachdem die Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom als unbegründet abgewiesen worden war, stellte die Bf. mit Schriftsatz vom einen Vorlageantrag.
Diesen begründete sie damit, durch den Rückforderungsbescheid in dem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit vor dem Gesetz verletzt worden zu sein. Das FLAG definiere den Begriff „Berufsausbildung“ nicht. Der VwGH habe aber bereits im Erkenntnis vom , 87/13/0135 i.Z. mit Praktika ausgeführt, dass darunter „sicher alle Arten schulischer oder kursmäßiger Ausbildung zu verstehen seien, in deren Rahmen noch nicht berufstätige Personen ohne Bezugnahme auf die spezifischen Tätigkeiten an einem konkreten Arbeitsplatz für das künftige Berufsleben erforderliches Wissen vermittelt wird.“ Da die Familienbeihilfe Rechtspraktikanten jedenfalls gewährt werde, ohne zu prüfen, ob diese schulische oder kursmäßige Ausbildung gewährleistete sei und ob diese zwingender Bestandteil der Berufsausbildung sei, müsse die Verwaltungspraxis gleich behandelt werden, weil die jeweiligen Situationen die gleichen seien.
Das gegenständliche Verwaltungspraktikum wird auf der Homepage www.noe.g.vat wie folgt angekündigt:
Verwaltungspraktikum für Jus-Studenten "TopTen"
Im Sommer bietet das Land Niederösterreich engagierten Studenten(-innen) die Möglichkeit ein Verwaltungspraktikum zu absolvieren. Der Zugang zu diesem Praktikum ist streng limitiert. Nur die besten 10 Bewerber(innen) werden die Möglichkeit zur Teilnahme erhalten. Die Endauswahl unter den bestgeeigneten Kandidaten(-innen) erfolgt im Rahmen eines Assessments.
Organisatorische Eckdaten
klare Trennung von den sonstigen Ferialpraxisangeboten des Landes NÖ
Es stehen maximal zehn Praktikumsplätze in insgesamt fünf Bezirkshauptmannschaften zur Verfügung
Die Bezirkshauptmannschaften sind so ausgewählt, dass eine Erreichbarkeit aus allen Teilen des Bundeslandes gegeben ist (Amstetten, Baden, Krems, St. Pölten, Tulln); trotzdem wird eine gewisse geographische Flexibilität erwartet
Es sind zwei Turnusse vorgesehen (Mitte Juli-Mitte August; Mitte August-Mitte September - die Dauer ist mit 4 Wochen festgelegt)
Anfang März erfolgt die Auswahl in Form eines halbtägigen Assessments in St. Pölten
Ende Juni gibt es für die ausgewählten Kandidaten(-innen) einen gemeinsamen Einführungstag in St. Pölten
Auch der letzte Praktikumstag wird in St. Pölten verbracht und dient dem Feedback und der Evaluierung des Praktikums
Das "Anerkennungsgehalt" beträgt ca. € 1.000,-- brutto
Zulassung zum Assessment
Muss-Bedingungen
erfolgreiche Absolvierung des 1. Studienabschnittes
PC-Kenntnisse
Soll-Bedingungen (relevant für die Reihung der Bewerbungen)
Ablegung der Fächerübergreifenden Modulprüfung - Öffentliches Recht
anspruchsvolle Wahlfächer
guter Notendurchschnitt
guter Studienfortschritt
Zusatzqualifikationen oder -erfahrungen
geographische und terminliche Flexibilität
Ablauf des Praktikums
Einführungstag für alle Teilnehmer(innen) eines Jahrganges gemeinsam vor Beginn der einzelnen Turnusse
Kennen lernen der Bezirkshauptmannschaft und deren Organisation
Kennen lernen der juristischen Hauptbereiche einer Bezirkshauptmannschaft (Verkehr, Gewerbe, Anlagen, Polizeiangelegenheiten, Strafen)
Teilnahme an mündlichen Verhandlungen und juristische Aufarbeitung der Ergebnisse
Eigenständige Konzeption von Erledigungsentwürfen in den einzelnen Materien
Bewerbung
Die Bewerbungsfrist für das Jahr 2015 war mit Ende Jänner 2015 befristet.
Eine Bewerbung für das "TopTen"-Praktikum 2016 ist voraussichtlich ab Oktober 2015 wieder möglich.
Das Bewerbungsformular wird im Oktober unter Konkret offene Jobs veröffentlicht.
Weiterführende Informationen
Ihre Kontaktstelle des Landes
Amt der NÖ Landesregierung
Abteilung Personalangelegenheiten A Johannes Breiner E-Mail: post.lad2@noel.gv.at
Tel: 02742/9005-13582, Fax: 02742/9005-15090
3109 St. Pölten, Landhausplatz 1, Haus 6
Zu der für den über Antrag der Beschwerdeführerin anberaumten mündlichen Verhandlung ist die Beschwerdeführerin trotz nachweislich ordnungsgemäßer Ladung (Übernahme der Ladung durch die Bf. am ) nicht erschienen. Die Verhandlung wurde gem. § 274 Abs. 4 BAO in Abwesenheit der Bf. durchgeführt. Die Amtspartei verwies auf ihr bisheriges Vorbringen.
Über die Beschwerde wurde erwogen:
Strittig ist im gegenständlichen Fall, ob es sich bei dem vom Land Niederösterreich für Jusstudenten angebotenen Verwaltungspraktikum "Top Ten" um eine Berufsausbildung im Sinne des § 2 Abs. 1 lit. b FLAG handelt. Vom Finanzamt wird dies mit der Begründung verneint, dass das Paktikum nicht zwingender Teil einer Ausbildung sei. Die Bf. erachtet sich in dem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit vor dem Gesetz verletzt, weil ihr Sohn als Verwaltungspraktikant hinischtlich der Familienbeihilfe nicht gleich wie ein Rechtspraktikant, dem Familienbeihilfe auf Grund eines Ausbildungsverhältnisses zustehe, behandelt würde.
Anspruch auf Familienbeihilfe haben Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt haben, nach § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 (idF BGBl. I Nr. 111/2010 ab ) für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, und die für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist.
Was unter Berufsausbildung zu verstehen ist, wird im Gesetz nicht näher definiert. Der Verwaltungsgerichtshof hat jedoch hierzu in seiner ständigen Rechtsprechung die wesentlichen Kriterien entwickelt (vgl. etwa VwGH, , 2007/15/0050; ; ; Lenneis in Csaszar/Lenneis/Wanke (Hrsg), FLAG, § 2 Rz 35). Ziel einer Berufsausbildung ist es, die fachliche Qualifikation für die Ausübung des angestrebten Berufes zu erlangen. Es muss das ernstliche und zielstrebige, nach außen erkennbare Bemühen um den Ausbildungserfolg gegeben sein. Das Ablegen von Prüfungen, die in einer Ausbildungsvorschrift vorgesehen sind, ist essentieller Bestandteil der Berufsausbildung. Darunter fallen jedenfalls alle Arten schulischer oder kursmäßiger Ausbildung, in deren Rahmen noch nicht berufstätigen Personen das für das künftige Berufsleben erforderliche Wissen vermittelt wird (vgl. ).
Dass dem Sohn der Bf. Familienbeihilfe über das 24. Lebensjahr hinaus zusteht (geb. am XY) steht außer Streit.
Die maßgeblichen Bestimmungen des Rechtspraktikantengesetzes lauten:
§ 1 Abs. 1: Die Gerichtspraxis soll Personen, die die vorgesehene wissenschaftliche Berufsvorbereitungfür einen Beruf abgeschlossenen haben, für den die Gerichtspraxis gesetzlich als Berufs-, Ernennungs- oder Eintragungserfordernis vorgesehen ist, die Möglichkeit geben, ihre Berufsvorbildung durch eine Tätigkeit in der Gerichtsbarkeit fortzusetzen und dabei ihre Rechtskenntnisse zu erproben und zu vertiefen.
Zulassung zur Gerichtspraxis
§ 2 Abs. 1: Auf die Zulassung zur Gerichtspraxis besteht in dem Ausmaß ein Rechtsanspruch, in dem die Gerichtspraxis gesetzlich als Berufs-, Ernennungs- oder Eintragungserfordernis vorgesehen ist. Die Zulassung für einen längeren Zeitraum kann nach Maßgabe der budgetären, personellen und räumlichen Möglichkeiten erfolgen.
Abs. 4: Durch die Zulassung zur Gerichtspraxis und deren Ableistung wird kein Dienstverhältnis, sondern ein Ausbildungsverhältnis begründet.
Ablauf der Ausbildung
§ 5 Abs. 1: Der Präsident des Oberlandesgerichtes führt die Oberaufsicht über die Gerichtspraxis. Er hat zu bestimmen, wo, in welcher Dauer und in welchen Geschäftssparten ein Rechtspraktikant auszubilden ist (Ausbildungsplan).
Abs. 2: Die Ausbildung in der Dauer von fünf Monaten hat jedenfalls beim Bezirksgericht und beim Landesgericht zu erfolgen. Einer Ausbildung in Strafsachen bei Gericht steht jene bei einer Staatsanwaltschaft unter sinngemäßer Anwendung dieses Bundesgesetzes gleich. Für die Verwendung bei der Staatsanwaltschaft gelten sinngemäß die Bestimmungen der §§ 32 Abs. 3 und 38 Abs. 2 des Staatsanwaltschaftsgesetzes (StAG), BGBl. Nr. 164/1986.
Abs. 3: Der Vorsteher des Gerichtes führt die Aufsicht über die Gerichtspraxis. Er hat den Rechtspraktikanten gegebenenfalls einzelnen Gerichtsabteilungen zuzuweisen. Der Vorsteher des Gerichtes und der Leiter der Gerichtsabteilung haben für eine dem Zweck der Gerichtspraxis entsprechende Ausbildung des Rechtspraktikanten Sorge zu tragen.
Gestaltung der Ausbildung
§ 6 Abs. 1: Die Ausbildung ist so zu gestalten, daß der Rechtspraktikant durch Mithilfe an der Bearbeitung der bei Gericht vorkommenden Angelegenheiten der Rechtspflege einen möglichst umfassenden Einblick in die richterliche Tätigkeit sowie in die Aufgaben der Geschäftsstelle erhält und die sonstigen gerichtlichen Einrichtungen kennenlernt. Er ist soviel wie möglich zur Ausarbeitung von Entscheidungsentwürfen und zu anderer konzeptiver Vorarbeit heranzuziehen. Er ist – soweit dies mit dem Zweck der Ausbildung vereinbar ist – auch als Schriftführer einzusetzen. Die Verwendung als Schriftführer hat grundsätzlich nicht im bloßen Schreiben nach Ansage zu bestehen.
Abs. 2: Nach Absolvierung der Gerichtspraxis in jenem Ausmaß, in dem die Gerichtspraxis als Berufs-, Ernennungs- oder Eintragungserfordernis vorgesehen ist (§ 2 Abs. 1), gilt § 10 Abs. 1 RStDG sinngemäß.
§ 7: Rechtspraktikantinnen und Rechtspraktikanten haben – nach Maßgabe der organisatorischen, personellen und räumlichen Möglichkeiten – an den für Richteramtsanwärterinnen und Richteramtsanwärter eingerichteten Übungskursen (§ 14 RStDG) oder an für Rechtspraktikantinnen und Rechtspraktikanten eingerichteten eigenen Übungskursen teilzunehmen.
§ 8 Abs. 1: Für Rechtspraktikantinnen und Rechtspraktikanten ist ein Ausbildungsausweis zu führen, in dem jeweils nach Ablauf einer Zuweisung das Gericht bzw. die Staatsanwaltschaft, der Ausbildungszeitraum, die Geschäftssparten und die oder der mit der Ausbildung betraute Richterin oder Richter bzw. die oder der mit der Ausbildung betraute Staatsanwältin oder Staatsanwalt sowie die von dieser oder diesem abgegebene Beurteilung anzuführen sind.
Abs. 2: Die Beurteilung der jeweils erbrachten Leistungen hat unter sinngemäßer Anwendung der Bestimmungen der §§ 12 Abs. 1 und 2 sowie 54 Abs. 3 RStDG zu erfolgen.
Abs. 3: Bei Rechtspraktikantinnen und Rechtspraktikanten, die eine Aufnahme in den richterlichen Vorbereitungsdienst nicht anstreben, kann sich die Begründung der Beurteilung auf eine komprimierte Beschreibung und zusammenfassende Darstellung der Erwägungen beschränken.
Abs. 4: Nach Beendigung der Gerichtspraxis ist der Ausbildungsausweis von der Präsidentin bzw. vom Präsidenten des Oberlandesgerichts aufzubewahren.
§ 16: Den Rechtspraktikanten gebührt für die Dauer der Gerichtspraxis ein Ausbildungsbeitrag.
Wie auch der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom , 2008/13/0015 ausdrücklich betont, kommt es für die Klärung der Frage, ob eine bestimmte Tätigkeit als Berufsausbildung zu qualifizieren ist, auf den Inhalt der Tätigkeit an. Diesbezüglich ist auf § 1 Rechtspraktikantengesetz (RPG) zu verweisen. Das Gesetz definiert die Gerichtspraxis als Fortsetzung der Berufsvorbildung durch eine Ttätigkeit in der Gerichtsbarkeit. Diese Berufsvorbildung rührt aus dem Abschluss einer wissenschaftlichen Berufsvorbereitung für einen Beruf, für den die Gerichtspraxis gesetzlich als Berufs-,Ernennungs-oder Eintragungserfordernis vorgesehen ist. Diese wissenschaftliche Berufsvorbereitung wird durch eine Tätigkeit fortgesetzt, die es dem Praktikanten ermöglicht dieses erworbene Wissen zu "erproben und zu vertiefen".
Wie die Bf. richtig feststellt, ist für die Qualifikation als Berufsausbildung nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes nicht Voraussetzung, dass der Praktikant eine solchen Beruf, für den die Gerichtspraxis gesetzlich Berufs-, Ernennungs- oder Eintragungserfordernis ist, in der Folge tatsächlich ausübt, wohl aber, dass er eine entsprechende Berufsvorbereitung abgeschlossen hat. Dies trifft auf das Studium der Rechtswissenschaften jedenfalls zu.
§ 2 Abs. 2 RPG spricht ausdrücklich von einem Ausbildungsverhältnis.
Aber auch Ablauf und Gestaltung der Gerichtspraxis entsprechen den vom VwGH betreffend "Berufsausbildung" aufgestellten Kriterien: So ist gem. § 5 Abs. 1 vom Präsidenten des Oberlandesgerichtes ein Ausbildungsplan zu erstellen.
Gem. Abs. 2 dauert die Ausbildung fünf Monate und hat beim Bezirks-und beim Landesgericht zu erfolgen. Abs. 3 regelt die Aufsicht über den Rechstpraktikanten sowie die Verpflichtung für den Leiter des Gerichts und der Gerichtsabteilung für die Ausbildung entsprechend Sorge zu tragen.
In § 6 ist das Ziel der Ausbildung geregelt: ein "umfassender Einblick in die richterliche Tätigkeit sowie in die Aufgaben der Geschäftsstelle und die sonstigen gerichtlichen Einrichtungen". Dieses Ziel soll gemäß dem zweiten Satz dadurch erreicht werden, dass der Rechtspraktikant "soviel wie möglich zur Ausarbeitung von Entscheidungsentwürfen und anderer konzeptiver Vorarbeit heranzuziehen ist", in eventu auch als Schriftführer.
Auch durch die Abhaltung von Übungskursen, der Erstellung eines Ausbildungsausweises und der durch den mit der Ausbildung betrauten Richter zu erfolgenden Beurteilung erfüllt die Gerichtspraxis die vom VwGH aufgestellten Kriterien für das Vorliegen einer Berufsausbildung.
Auch muss der Rechtspraktikant gem. § 9 leg. cit. durch "Fleiß und Eifer, Gewissenhaftigkeit und Zielstrebigkeit" um den Ausbildungserfolg bemüht sein.
Wenn die Bf. vermeint, dass das Verwaltungspraktikum "Top Ten" ebeso wie die Gerichtspraxis eine Berufsausbildung darstelle, es sich um gleiche Sachverhalte handle, so sind nunmehr die aus der Ausschreibung dieses Praktikums zu ersehenden Kriterien dem RPG gegenüberzustellen. Eine andere (etwa gesetzliche) Grundlage bezüglich dieses Verwaltungspraktikums besteht nicht.
§ 1 RPG spricht von einer abgeschlossene Berufsvorbereitung als Voraussetzung die durch die Gerichstpraxis fortgesetzt wird. Demgegenüber richtet sich das Verwaltungspraktikum an Studenten, die lediglich den ersten Studienabschnitt abgeschlossen haben müssen. Dass der Sohn der Bf. das Verwaltungspraktikum erst nach Abschluss seines Studiums begonnen hat ändert nichts daran, dass er damit keine neue Berufsausbildung begonnen hat. Das Verwaltungspraktikum dient dem „Kennenlernen der Bezirkshauptmannschaft und deren Organisationen“ und dem „Kennenlernen der juristischen Hauptbereiche einer Bezirkshauptmannschaft“. Von der Ausbildung zu einem speziellen Beruf ist nicht die Rede. Im Erkenntnis vom , 2008/13/0015 verweist der Verwaltungsgerichtshof auf das Erkenntnis vom , 2006/15/0076 mit dem bestätigt wurde, dass ein Praktikum dann nicht Berufsausbildung ist, wenn es nicht darauf ausgerichtet ist, auf die Ergreifung eines bestimmten Berufes oder die Aufahme in einen schulischen Lehrgang vorzubereiten.Vielmehr geht es hier um ein „Kennenlernen“, „Hineinschnuppern“, ein Sammeln erster praktischer Arbeitserfahrungen. Demgegenüber geht es gem. § 6 RPG um eine „möglichst umfassenden Einblick in die richterliche Tätigkeit sowie in die Aufgaben der Geschäftsstelle und die sonstigen gerichtlichen Einrichtungen“. Zwar soll auch der Verwaltungspraktikant zu eigenständiger juristischer Tätigkeit herangezogen werden, jedoch spricht das RPG von „soviel wie möglich Ausarbeitung von Entscheidungsentwürfen und anderer konzeptiver Vorarbeit“ um das Ausbildungsziel zu erreichen. Hier spielt auch der zeitliche Faktor mit hinein: Es entspricht der Lebenserfahrung, dass in fünf Monaten Gerichtspraxis das Ergebnis der Befassung mit der richterlichen Tätigkeit ein viel umfassenderes sein wird, als dies bei einer vierwöchigen Tätigkeit, mag sie auch erste praktische juristische Tätigkeiten zum Inhalt haben, der Fall sein kann. Das Vorbringen der Bf. das Verwaltungspraktikum ermögliche eine umfassende praktische und theoretische Einsicht in das öffentliche Recht (S. 2 der Beschwerde) ist daher überzogen. Wenn die Bf. hingegen auch vorbringt, das Verwaltungspraktikum sei eine Entscheidungshilfe (für eine künftige Berufswahl) und eine wertvolle Möglichkeit notwendiges Theorie-und Praxiswissen im öffentlichen Recht zu erwerben, so mag dies zutreffen, macht das Praktikum jedoch gerade aus diesen Gründen nicht zu einer Berufsausbildung.
Von kursmäßiger oder schulischer Gestaltung des Praktikums (siehe die bereits zitierte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes) kann keine Rede sein. Es ist dem Sohn anzurechnen wenn er um einen Ausbildungserfolg bemüht war. Es gibt zwar ein Auswahlverfahren bezüglich Aufnahme es bleibt aber dem Praktikanten überlassen, inwieweit er sich dann weiter einbringt. Es gibt keine Überprüfung eines "Ausbildungserfolges" sondern es dient nur der letzten Tag dem Feedback und der Evaluierung. Es scheint daher sogar eher so, als ob das Praktikum auf dem Prüfstand stünde und nicht der Teilnehmer. Ein weiterer Gesichtspunkt ist, dass das Rechtspraktikantengesetz ausdrücklich einen Ausbildungsbeitrag regelt, der auch aus bestimmten Gründen entfallen kann, etwa bei Fernbleiben (§ 18 Abs. 3 RPG), also auch mit einem Ausbildungserfolg verknüpft ist, was beim sog."Anerkennungsgehalt" für Verwaltungspraktikanten augenscheinlich nicht der Fall ist.
Weiters ist auf die zahlreiche Rechtsprechung des Unabhängigen Finanzsenates zum Thema "Praktikum als Berufsausbildung" zu verweisen, in concreto etwa auf die Entscheidung RV/0479-W/12 vom , wonach ein Verwaltungspraktikum nach § 36a VBG in der Dauer von 12 Monaten keine Berufsausbildung darstelle. Nach dieser gesetzlichen Bestimmung gehe es um ein "Kennenlernen" der Verwendungen im Bundesdienst nicht hingegen um eine Tätigkeit, die zwingender Teil der Ausbildung für einen angestrebten speziellen Beruf sei (siehe auf ) oder bezügl. der Teilnahme am sog. "Da-Vinci-Programm" (etwa RV/0471-I/09 vom ).
Da es sich bei der Gerichtspraxis und dem Verwaltungspraktikum "Top Ten" somit entgegen dem Beschwerdevorbringen, nicht um den gleichen Sachverhalt handelt, ist die Bf. durch die Anwendung des § 2 Abs. 1 lit. b FLAG in der Weise, dass das Verwaltungspraktikum im Gegensatz zur Gerichtspraxis nicht unter den dort verwendeten Begriff "Berufausbildung" fällt, nicht in dem verfassungsgestzlich geregelten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz verletzt.
Gemäß § 26 Abs.1 FLAG 1967 hat, wer Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen hat, die entsprechenden Beträge zurückzuzahlen.
Diese Bestimmung normiert eine objektive Erstattungspflicht desjenigen, der Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen hat, ohne Rücksicht darauf, ob die bezogenen Beträge gutgläubig empfangen wurden oder ob die Rückzahlung eine Härte bedeutete. Die Verpflichtung zur Rückerstattung unrechtmäßiger Beihilfenbezüge ist von subjektiven Momenten unabhängig. Entscheidend ist nur, ob der Empfänger die Beträge objektiv zu Unrecht erhalten hat (vgl. z.B. VwGH31.10.2000, 96/15/0001, ).
Das Verwaltungspraktikum "Top Ten" des Landes Niederösrreich ist daher im Lichte der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, des Bundesfinanzgerichtes und des Unabängigen Finanzsenates keine Berufsausbildung im Sinne des § 2 Abs. 1 lit.b FLAG, sodass die Familienbeihilfe und die Kinderabsetzbeträge für die Monate August und September 2013 gem. § 26 Abs. 1 FLAG zu Recht zurückzufordern waren.
Die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil sie nicht von der Lösung einer Rechtsfrage, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird, abhängt. Mit der Frage, unter welchen Voraussetzungen eine Tätigkeit als Berufsausbildung im Sinne des § 2 Abs. 1 lit.b FLAG anzusehen ist, hat sich der Verwaltungsgerichtshof bereits mehrfach auseinandergesetzt.
Wien, am
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Materie | Steuer FLAG |
betroffene Normen | § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2015:RV.7103316.2014 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at