Aussetzung der Einhebung bei Gefährdungshandlung
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R in der Beschwerdesache Bf, vertreten durch PWC PricewaterhouseCoopers WP u StB, Erdbergstraße 200, 1030 Wien, gegen den Bescheid des Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel vom betreffend Aussetzung der Einhebung gemäß § 212a BAO zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.
Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Mit Bescheid vom wies das Finanzamt den Antrag der Beschwerdeführerin (Bf) vom um Bewilligung einer Aussetzung der Einhebung gemäß 212a BAO ab.
Die Aussetzung sei unzulässig, wenn das Verhalten des Abgabepflichtigen auf eine Gefährdung der Einbringlichkeit der Abgabe gerichtet sei (§ 212a Abs. 2 lit. c BAO; ; ). Entscheidend sei, ob ein Sachverhalt vorliege, der die Schlussfolgerung der Abgabenbehörde zu tragen vermöge, das Verhalten des Abgabepflichtigen sei auf eine Gefährdung der Einbringlichkeit der Abgabe gerichtet.
Die Abgabenbehörde habe nicht nur ein gefährdendes Verhalten zu berücksichtigen, das mit dem Aussetzungsantrag in engem zeitlichem Zusammenhang stehe; sie habe vielmehr auch zeitlich davor liegendes Verhalten zu berücksichtigen. Entscheidend sei die mit dem Verhalten verbundene objektive Gefährdungseignung, nicht jedoch das Motiv des Abgabepflichtigen ().
Im gegenständlichen Fall habe die Abgabenschuldnerin den Betrieb eingestellt bzw. den Betrieb an eine andere Gesellschaft übertragen und die Zweigniederlassung im Firmenbuch mit gelöscht. Dies stelle ein auf die Gefährdung der Einbringlichkeit von Abgaben gerichtetes, der Aussetzung der Einhebung von Abgaben entgegenstehendes Verhalten dar ().
In der dagegen eingebrachten Beschwerde führte die Bf aus, dass im Zuge der Berufung der zugrunde liegenden Abgabenbescheide betreffend die Festsetzung von Glücksspielabgaben im Zeitraum Jänner 2011 bis September 2011 vom der Betrag von € 3.896.361,30 an Glücksspielabgabe 1/2011 - 09/2011, der aus der Festsetzung von Glücksspielabgaben resultiere, zur Aussetzung der Einhebung gemäß § 212a BAO beantragt worden sei.
Der Rechtsansicht der Finanzverwaltung sei entgegen zu halten, dass die Bf ihre Geschäftstätigkeit bis September 2011 auf Grundlage einer vertretbaren Rechtsansicht unter Anwendung der Übergangsregelung des § 60 Abs. 25 GSpG ausgeübt habe. Die Geschäftstätigkeit habe sich auf die in der Berufung vom gegen den Sachbescheid vom angeführten Gutachten gestützt und habe aufgrund der vorgesetzten (gemeint wohl: fortgesetzten) europarechtswidrigen und verfassungswidrigen Vorgehensweise der Verwaltungsbehörden, die in einer Vielzahl - mittlerweile sich als rechtswidrig erwiesenen - Verwaltungstrafen gegen die Gesellschaft und ihre Geschäftsführung verhängt hätten, eingestellt werden müssen. Dieser Zeitpunkt liege ein Jahr vor dem Zeitpunkt des Abschlusses der zu Grunde liegenden Betriebsprüfung und sei dem Finanzamt auch bekannt gewesen. Zwischen dem Tag der Einstellung der Geschäftstätigkeit, der Einbringung der Berufung sowie des Aussetzungsantrages bis zum heutigen Tag sei diese, der Finanzverwaltung bekannte Situation unverändert. Ein Zusammenhang mit der Einstellung des Geschäftsbetriebes - in diesem Zeitpunkt sei die Festsetzung von Glücksspielabgaben aufgrund der neuen Rechtslage nicht konkret gewesen - und der erst mehr als ein Jahr später erfolgten Festsetzung von Glücksspielabgaben seitens des Finanzamtes sei nicht zu erkennen, ein diesbezüglicher Zusammenhang sei daher nicht gegeben. Unzutreffend sei daher der Einwand des Finanzamtes, dass das Verhalten der Bf deshalb auf die Gefährdung der Einbringlichkeit gerichtet wäre, da die Tätigkeit der Bf eingestellt worden wäre. Dabei übersehe das Finanzamt, dass der Geschäftsbetrieb (gemeint wohl: die Einstellung des Geschäftsbetriebes) de facto behördlich - in rechtswidriger Art und Weise - erzwungen worden sei, da die Geschäftstätigkeit aus Sicht der Bf unter den angeführten Gegebenheiten in dieser Form nicht weiter zu führen gewesen wäre.
Demgegenüber stehe die Gefährdung der Einbringlichkeit der Abgabenschuld an sich der Aussetzung der Einhebung nicht entgegen, wie der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom (94/14/0096) ausgeführt habe.
Weiters sei angemerkt, dass die Löschung der Zweigniederlassung nicht durch aktives Zutun der Bf, sondern amtswegig erfolgt sei. Somit könne keinerlei Verhalten der Bf erblickt werden, das im Widerspruch zu § 212 Abs. 2 lit. c BAO stehe.
Der Antrag gemäß § 272 Abs. 2 Z 1 lit. a und lit. b BAO idgF auf Entscheidung über die Beschwerde durch den gesamten Berufungssenat und der Antrag gemäß § 274 Abs. 1 Z 1 lit. a. und lit. b BAO idgF auf mündliche Verhandlung wurde mit Eingabe vom zurückgezogen.
Über die Beschwerde wurde erwogen:
Gemäß § 212a Abs. 1 BAO ist die Einhebung einer Abgabe, deren Höhe unmittelbar oder mittelbar von der Erledigung einer Bescheidbeschwerde abhängt, auf Antrag des Abgabepflichtigen von der Abgabenbehörde insoweit auszusetzen, als eine Nachforderung unmittelbar oder mittelbar auf einen Bescheid, der von einem Anbringen abweicht, oder auf einen Bescheid, dem kein Anbringen zugrunde liegt, zurückzuführen ist, höchstens jedoch im Ausmaß der sich bei einer dem Begehren des Abgabepflichtigen Rechnung tragenden Beschwerdeerledigung ergebenden Herabsetzung der Abgabenschuld. Dies gilt sinngemäß, wenn mit einer Bescheidbeschwerde die Inanspruchnahme für eine Abgabe angefochten wird.
Gemäß § 212a Abs. 2 ist die Aussetzung der Einhebung nicht zu bewilligen,
a) soweit die Beschwerde nach Lage des Falles wenig erfolgversprechend erscheint, oder
b) soweit mit der Bescheidbeschwerde ein Bescheid in Punkten angefochten wird, in denen er nicht von einem Anbringen des Abgabepflichtigen abweicht, oder
c) wenn das Verhalten des Abgabepflichtigen auf eine Gefährdung der Einbringlichkeit der Abgabe gerichtet ist.
Laut Aktenlage übernahm die am gegründete Bf im August 2010 von der V-GmbH alle von dieser aufgestellten und betriebenen term. und betrieb diese von diesem Zeitpunkt an auf eigenen Namen und Rechnung.
Laut Aktenvermerk vom anlässlich der USO-Prüfung bei der E-GmbH (Vertragspartner der V-GmbH ) war bisheriger Vertragspartner des Firmenkreises als Automatenaufsteller die Fa. V-GmbH . Wegen der neuen und laut Herrn P sehr unsicheren Gesetzeslage sowie zahlreicher Beschlagnahmen von Geräten (mit seiner Aussage nach völlig offener Fragen hinsichtlich Zuständigkeiten) durch Behörden der Länder Vorarlberg und Tirol musste man entsprechend reagieren und hat die Aktivitäten der V-GmbH auf die neu gegründete Fa. Bf (Alteingesellschafterin Fr. HK) übertragen. Nach Aussage des Herrn P ging es dabei nicht um steuerliche Vorteile, sondern um eine rechtliche Absicherung der Tätigkeiten bzw. um mögliche Einsprüche zu gewährleisten. Da EU-Bürger (hier Frau BN als Geschäftsführerin) wegen der geltenden Niederlassungs- und Betätigungsfreiheit bessere Chancen hätten, gegen Glückspieleinschränkungen anzukämpfen, hat man diesen Weg gewählt.
Die Bf stellte den Betrieb mit September 2011 ein, sämtliche Geräte wurden zu diesem Zeitpunkt an die Firma RH übertragen. Die Veranstaltung der Ausspielungen erfolgte in den Folgezeiträumen durch die Firma NH (in B ). Die Zweigniederlassung wurde im Firmenbuch mit gelöscht.
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes () macht die bloße Gefährdung der Einbringlichkeit allein die Aussetzung nach § 212a Abs. 2 lit. c BAO nicht unzulässig. Erst ein bestimmtes auf eine Gefährdung der Einbringlichkeit gerichtetes Verhalten des Abgabepflichtigen schließt die Bewilligung der Aussetzung aus. Weder aus dem Wortlaut der Gesetzesstelle noch aus ihrem Zweck lässt sich aber ableiten, dass die Behörde in diesem Zusammenhang nur ein Verhalten des Abgabepflichtigen berücksichtigen darf, das in engem zeitlichem Zusammenhang mit dem Aussetzungsantrag steht. Die Behörde hat vielmehr auch zeitlich davor liegendes Verhalten zu berücksichtigen. Entscheidend ist allein, dass das Verhalten den Schluss zulässt, der Abgabepflichtige gefährde damit die Einbringlichkeit der Abgaben. Daraus folgt, dass auch Gefährdungsverhalten des Abgabepflichtigen als Ausschließungsgrund im Sinne des § 212a Abs. 2 lit. c BAO in Betracht kommt, das im zeitlichen Zusammenhang mit einer der Abgabenfestsetzung durch das Finanzamt vorausgegangenen abgabenbehördlichen Prüfung gesetzt wurde. Entscheidend ist dabei die mit dem Verhalten verbundene objektive Gefährdungseignung, nicht jedoch das Motiv des Abgabepflichtigen.
In Hinblick auf die laut Aktenvermerk bereits am anlässlich der USO-Prüfung bei der E-GmbH getroffenen Feststellungen hinsichtlich der Übertragung der Aktivitäten (und Übergang der Steuerpflicht) auf die neu gegründete Bf und die mit September 2011 erfolgte Einstellung des Geschäftsbetriebes und Übertragung sämtlicher Geräte zu diesem Zeitpunkt an die Firma RH ist entgegen der wegen der erst mehr als ein Jahr später erfolgten Festsetzung der Glücksspielabgaben seitens des Finanzamtes erfolgten Bestreitung eines Zusammenhanges durch die Bf sehr wohl ein zeitlicher Zusammenhang zwischen dem Gefährdungsverhalten und einer der Abgabenfestsetzung durch das Finanzamt vorausgegangenen abgabenbehördlichen Prüfung zu erkennen.
Dem Einwand, dass die Einstellung des Geschäftsbetriebes de facto behördlich - in rechtswidriger Art und Weise - erzwungen worden sei, da die Geschäftstätigkeit aus Sicht der Bf unter den angeführten Gegebenheiten in dieser Form nicht weiter zu führen gewesen wäre, ist zu entgegnen, dass nach der zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die mit dem Verhalten verbundene objektive Gefährdungseignung, nicht jedoch das Motiv des Abgabepflichtigen entscheidend ist.
Aufgrund der Einstellung des Geschäftsbetriebes und Übertragung sämtlicher Geräte zu diesem Zeitpunkt an die Firma RH durch die Bf ist zweifelsfrei von einem bestimmten auf eine Gefährdung der Einbringlichkeit gerichteten Verhalten der Bf und nicht nur von einer bloßen Gefährdung der Einbringlichkeit auszugehen.
Dass die Löschung der Zweigniederlassung amtswegig erfolgte, vermag wegen des schon aufgrund der Einstellung des Geschäftsbetriebes und Übertragung sämtlicher Geräte an die RHvorliegenden auf eine Gefährdung der Einbringlichkeit gerichteten Verhaltens der Bf daran und somit am Vorliegen des Tatbestandes des § 212 Abs. 2 lit. c BAO ebenso wenig zu ändern wie der Einwand, dass die Festsetzung von Glücksspielabgaben in diesem Zeitpunkt aufgrund der neuen Rechtslage nicht konkret gewesen sei.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Zulässigkeit einer Revision:
Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine Revision nicht zulässig, da das Erkenntnis nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt.
Einer Rechtsfrage kommt grundsätzliche Bedeutung zu, wenn das Erkenntnis von vorhandener Rechtsprechung des VwGH abweicht, diese uneinheitlich ist oder fehlt.
Da die Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht erfüllt sind (siehe die in der Begründung zitierten Entscheidungen), ist eine ordentliche Revision nicht zulässig.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 212a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2015:RV.7100117.2015 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at