Deutsche Rente, Veranlagungsfreibetrag und Progressionsvorbehalt
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die RiMS in der Beschwerdesache Bf, betreffend Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes X vom , betreffend Einkommensteuer für das Jahr 2007 zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.
Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Laut Rentenbescheid der Deutschen Rentenversicherung Bund vom bezieht der in Österreich wohnhafte Beschwerdeführer (kurz Bf.) seit eine Altersrente für langjährig Versicherte. In seiner Einkommensteuererklärung für 2007 erklärte der Bf. neben geringen Einkünften aus Gewerbebetrieb folgende lohnsteuerpflichtige Einkünfte:
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Firmenpension
o
| 36.100,00 € |
Pension Österreich | 13.541,00 € |
Pension Deutschland | 3.192,00 € |
Im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung wurde die Einkommensteuer für 2007 mit Bescheid vom unter Berücksichtigung der ausländischen Einkünfte bei der Berechnung des Durchschnittssteuersatzes (Progressionsvorbehalt) in Höhe einer Abgabennachforderung festgesetzt.
Dagegen erhob der Bf. mit Schreiben vom Berufung und führte ins Treffen
a)die Einkünfte aus Gewerbebetrieb seien „steuerfreier Zuverdienst (Pensionen aus Österreich und Deutschland können nicht dazugerechnet werden)“
b)die Berechnung des Durchschnittssteuersatzes sei ob seiner Richtigkeit zu kontrollieren.
Mit Berufungsvorentscheidung vom wurde die Berufung unter Verweis auf die Bestimmung des § 41 Abs. 3 EStG 1988 als unbegründet abgewiesen.
In seinem dagegen gerichteten Vorlageantrag vom führte der Bf. aus:
"Der steuerfreie Zuverdienst sollte auch gewährt werden, neben einer deutschen Rente, die gleichzustellen ist mit der österreichischen Rente. Es wäre sonst nicht EU-konform."
Über die Beschwerde wurde erwogen:
Die für den Beschwerdefall maßgebende Rechtslage jeweils in der hier anzuwendenden Fassung stellt sich wie folgt dar:
Gemäß § 323 Abs. 38 BAO, BGBl. Nr. 194/1961, sind im Gefolge der Einrichtung des Bundesfinanzgerichtes ab die beim unabhängigen Finanzsenat als Abgabenbehörde zweiter Instanz am anhängigen Berufungen vom Bundesfinanzgericht als Beschwerden im Sinn des Art. 130 Abs. 1 B-VG zu erledigen.
Die Erledigung der gegenständlichen Berufung vom erfolgte demnach im Rahmen eines Beschwerdeverfahrens vor dem Bundesfinanzgericht.
Zufolge § 1 Abs. 2 EStG 1988, BGBl. Nr. 400/1988, sind unbeschränkt steuerpflichtig jene natürlichen Personen, die im Inland einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben. Die unbeschränkte Steuerpflicht erstreckt sich auf alle in- und ausländischen Einkünfte.
Gemäß § 2 Abs. 1 EStG 1988 ist der Einkommensteuer das Einkommen zugrunde zu legen, das der Steuerpflichtige innerhalb eines Kalenderjahres bezogen hat.
Nach § 2 Abs. 3 Z 4 EStG 1988 unterliegen der Einkommensteuer auch Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (§ 25 EStG).
Gemäß § 25 Abs. 1 Z 3 lit. c EStG 1988 sind Pe nsionen aus einer ausländischen gesetzlichen Sozialversicherung, die einer inländischen gesetzlichen Sozialversicherung entsprechen, Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (Arbeitslohn).
§ 41. Abs. 3 EStG 1988 bestimmt:
„Sind im Einkommen lohnsteuerpflichtige Einkünfte enthalten, ist von den anderen Einkünften ein Veranlagungsfreibetrag bis zu 730 Euro abzuziehen. Der Freibetrag vermindert sich um jenen Betrag, um den die anderen Einkünfte 730 Euro übersteigen.“
Nach Artikel 18 Abs. 2 des Abkommens zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen (kurz DBA Deutschland), BGBl. III Nr. 182/2002, dürfen Bezüge, die eine in einem Vertragsstaat ansässige Person aus der gesetzlichen Sozialversicherung des anderen Vertragsstaats erhält, nur in diesem anderen Staat besteuert werden.
Zufolge Artikel 23 Abs. 2 lit. d DBA Deutschland dürfen Einkünfte oder Vermögen einer in der Republik Österreich ansässigen Person, die nach dem Abkommen von der Besteuerung in der Republik Österreich auszunehmen sind, dürfen gleichwohl in der Republik Österreich bei der Festsetzung der Steuer für das übrige Einkommen oder Vermögen der Person einbezogen werden
Im vorliegenden Beschwerdefall ist zusammenfassend strittig, ob bzw. inwieweit
a)die vom Bf. von der Deutschen Rentenversicherung Bund bezogene Altersrente für langjährige Versicherte bei der Einkommensteuerberechnung des Streitjahres im Wege des so genannten Progressionsvorbehaltes einbezogen werden darf.
b)für diese ausländischen Rentenbezüge der Veranlagungsfreibetrag von € 730,00 zusteht.
Ad a):
Der Bf. hat seinen Wohnsitz unbestritten im Inland und ist damit in Österreich unbeschränkt steuerpflichtig (§ 1 Abs. 2 EStG 1988). Die unbeschränkte Steuerpflicht erstreckt sich grundsätzlich auf alle in- und ausländischen Einkünfte. Laut Rentenbescheid aus Deutschland erhielt der Bf. im Streitjahr neben anderen inländischen Einkünften Leistungen aus der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung.
Nun gehören gemäß § 25 Abs. 1 Z 3 lit. c EStG 1988 Pensionen aus einer ausländischen gesetzlichen Sozialversicherung dann zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit, wenn sie einer inländischen gesetzlichen Sozialversicherung entsprechen. Bei der Deutschen Rentenversicherung Bund ist dies der Fall (siehe dazu -I/10). Die daraus bezogene Altersrente unterliegt daher gemäß § 2 Abs 2 EStG 1988 der Einkommensteuer und ist somit grundsätzlich in Österreich steuerpflichtig.
Dennoch wurde die vom Bf. im Beschwerdejahr bezogene ausländische Pension vom Finanzamt nicht der Einkommensteuer unterzogen. Grund dafür ist, dass für Bezüge im Sinne des § 25 Abs. 1 Z 3 lit. c EStG 1988 eines in Österreich ansässigen Steuerpflichtigen gemäß Art. 18 Abs. 2 des oben angeführten DBA Deutschland das Besteuerungsrecht der Bundesrepublik Deutschland zukommt.
Wenngleich aber aufgrund des mit der Bundesrepublik Deutschland abgeschlossenen Abkommens Österreich als Ansässigkeitsstaat diese Einkünfte von der Besteuerung ausnimmt, so durften diese dennoch auf Grund der weiteren Regelung des Art. 23 Abs. 2 lit. d DBA zumindest für Zwecke der Bestimmung des Durchschnittsteuersatzes für die Besteuerung des übrigen (inländischen) Einkommens herangezogen werden (so genannter Progressionsvorbehalt).
Die innerstaatliche Rechtsgrundlage für den Progressionsvorbehalt findet sich in § 2 EStG 1988, wonach das gesamte in- und ausländische Einkommen der Einkommensteuer unterliegt. Bei der Anwendung des Progressionsvorbehaltes wird das (Gesamt)Einkommen nach den Vorschriften des österreichischen EStG ermittelt (vgl. , mwN), die auf dieses Einkommen entfallende österreichische Einkommensteuer eruiert, und sodann der Durchschnittssteuersatz errechnet. Dieser wird auf jenen Einkommensteil angewandt, welcher von Österreich besteuert werden darf (vgl. , unter Hinweis auf: unter Hinweis auf Hofstätter/Reichel, § 33 EStG 1988 Tz 18 und Lang/Schuch, Doppelbesteuerungsabkommen Deutschland/Österreich, Art. 15 Rz 51).
Durch die Anwendung des Progressionsvorbehaltes wird daher die deutsche Pension nicht besteuert, sondern nur für die Ermittlung desjenigen Steuersatzes dazugerechnet, mit dem in der Folge nur das österreichische Einkommen besteuert wird.
Weil aber das Gesamteinkommen nach österreichischem Steuerrecht zu ermitteln ist, bleibt auch kein Platz für die Berücksichtigung von steuerfreien Beträgen nach deutschem Recht. Da das österreichische Gesetz nicht vorsieht, dass die ausländischen Einkünfte nach § 25 Abs. 1 Z 3 lit. c EStG 1988 nur mit einem bestimmten Anteil bei der Berechnung des progressiven Steuersatzes einzubeziehen sind, kann der Hinweis des Bf., dass die Rente in Deutschland zum Teil als steuerfrei behandelt wird, nicht dazu führen, dass dies bei der Steuersatzermittlung zu berücksichtigen ist (vgl. , und , RV0122-G/12).
Bezogen auf den Beschwerdefall bedeutet dies, dass das Finanzamt zu Recht die deutschen Pensionsbezüge zur Ermittlung des auf die österreichischen Einkünfte anzuwendenden Durchschnittssteuersatzes herangezogen hat.
Mit der Thematik der durch nationale Regelungen vorgesehenen Einbeziehung ausländischer Einkünfte im Wege des Progressionsvorbehaltes hatte sich der Verwaltungsgerichtshof bereits im Erkenntnis vom , 2005/14/99, zu befassen, die dem angeführten Erkenntnis zu Grunde liegenden Zweifel an der Konformität mit dem Gemeinschaftsrecht jedoch im Ergebnis mit auszugsweise folgender Begründung nicht geteilt:
"Allerdings garantiert der EG-Vertrag einem Unionsbürger nicht, dass die Verlagerung seiner Tätigkeit in einen anderen Mitgliedstaat als demjenigen, in dem er bis dahin gewohnt hat, hinsichtlich der Besteuerung neutral ist. Auf Grund der Unterschiede im Steuerrecht der Mitgliedstaaten kann eine solche Verlagerung je nach dem Einzelfall auch Vor- oder Nachteile bei der Besteuerung haben (vgl das , Schempp).
Zudem ist zu beachten, dass das Gemeinschaftsrecht in seinem gegenwärtigen Stand in Bezug auf die Beseitigung der Doppelbesteuerung innerhalb der Gemeinschaft keine allgemeinen Kriterien für die Verteilung der Kompetenzen der Mitgliedstaaten untereinander vorschreibt. Von Bereichen abgesehen, die der Beschwerdefall nicht berührt (insbesondere Richtlinie 90/435/EWG des Rates vom über das gemeinsame Steuersystem der Mutter- und Tochtergesellschaften verschiedener Mitgliedstaaten, Abl. L 225, S. 6), ist bis heute im Rahmen des Gemeinschaftsrechts keine Maßnahme der Vereinheitlichung oder Harmonisierung zum Zweck der Beseitigung von Doppelbesteuerungstatbeständen erlassen worden (vgl. das , Mark Kerckhaert).
Die in Rede stehenden nationalen Regelungen betreffend die steuerliche Erfassung ausländischer Einkünfte im Wege des Progressionsvorbehaltes benachteiligen nicht Personen, weil sie von ihrem Recht Gebrauch gemacht haben, sich in Österreich oder in einem anderen Mitgliedstaat frei zu bewegen und aufzuhalten. Das österreichische Steuerrecht behandelt die aus anderen Mitgliedstaaten bezogenen Pensionen nicht schlechter als Pensionen aus Österreich. Entgegen dem Vorbringen des Beschwerdeführers verstößt damit die Berechnung des Progressionsvorbehaltes nicht gegen Gemeinschaftsrecht."
Vor diesem rechtlichen Hintergrund konnte dem diesbezügliche Beschwerdebegehren des Bf. aber kein Erfolg beschieden sein.
Ad b):
Hinsichtlich des Einwandes, der Veranlagungsfreibetrag sei nicht berücksichtigt worden, wird folgendes festgehalten:
Der Freibetrag ist einschleifend gestaltet und kein echter Veranlagungsfreibetrag, sondern ein "Mittelding" zwischen Freibetrag und Freigrenze. Der Betrag von 730 Euro vermindert sich um jenen Betrag, um den die anderen Einkünfte 730 Euro übersteigen und steht bei anderen Einkünften iHv. 1.460 Euro nicht mehr zu (Kanduth-Kristen, taxlex 07, 476).
Bei unbeschränkt Steuerpflichtigen zählen zu den "anderen Einkünften" auch solche, die zwar durch Doppelbesteuerungsabkommen einem anderen Staat zur Besteuerung zugewiesen, bei der österreichischen Besteuerung aber im Wege des Progressionsvorbehaltes zu berücksichtigen sind. Der Sinn und Zweck eines Doppelbesteuerungsabkommens erschöpft sich nämlich darin, dass die Steuer lediglich von gewissen Einkommensteilen, hinsichtlich deren das Besteuerungsrecht wie hier der BRD zusteht, nicht von Österreich erhoben werden darf. Es soll aber nicht dazu dienen, einen im Inland unbeschränkt Einkommensteuerpflichtigen von der Anwendung des progressiven Steuersatzes zu schützen ().
Wie im Vorigen ausgeführt wurde, sind die vom Bf. bezogenen Beträge aus der deutschen Alterspension für Zwecke der Einkommensteuersatzberechnung im Wege des Progressionsvorbehaltes heranzuziehen und daher in der Folge auch als „andere Einkünfte“ im Sinne des § 41 Abs. 3 EStG 1988 zu qualifizieren.
Da weiters im vorliegenden Fall die "anderen Einkünfte" mehr als 1.460 Euro betragen haben, konnte zu Recht kein Freibetrag abgezogen werden.
Die Beschwerde war daher auch in diesem Punkt abzuweisen.
Nichtzulässigkeit der Revision
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG die ordentliche Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Da das vorliegende Erkenntnis des BFG im Einklang mit der oben zitierten Rechsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zum Thema „Berücksichtigung der aus Deutschland bezogenen Altersrente für Zwecke des Progressionsvorbehaltes bzw. als "andere Einkünfte“ im Sinne des § 41 Abs. 3 EStG 1988" steht und demnach keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung nach Art. 133 Abs. 4 B-VG vorliegt, war eine ordentliche Revision nicht zuzulassen.
Es war daher insgesamt spruchgemäß zu entscheiden.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 41 Abs. 3 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2015:RV.7102564.2008 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at