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Bescheidbeschwerde – Senat – Erkenntnis, BFG vom 15.05.2015, RV/7103789/2010

Bürgschaften sind nicht nach Art. XXVII § 2 BGBl. 818/1993 von der Gebühr befreit.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Vorsitzende Frau V. und die weiteren Senatsmitglieder Herrn R., Herrn LR und Herrn RL in der Beschwerdesache der Bf., X., vertreten durch WP gegen den Bescheid des Finanzamtes für Gebühren und Verkehrsteuern Wien vom , Erf.Nr. xx/x, St.Nr. y/x, betreffend Rechtsgebühren in der Sitzung am zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird als unbegründet ab gewiesen.

Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) unzulässig.

Entscheidungsgründe

Mit Kurzmitteilung vom wurde dem Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern Wien der am 21. bzw. abgeschlossene Vertrag über die Gewährung einer atypischen stillen Beteiligung durch die Bf. , der Beschwerdeführerin, an der Ges übermittelt. Abgeschlossen wurde dieser Vertrag zwischen der Ges einerseits und der Bf andererseits unter Beitritt der Bürge .

Die Vertragsparteien vereinbarten mit Unterfertigung des Vertrages und Erfüllung der aufschiebenden Bedingungen die Begründung eines atypischen stillen Beteiligungsverhältnisses der Bf. an der Ges mit einer Kapitaleinlage von € 750.000,--. Eine der aufschiebenden Bedingungen ist die Bürge- und Zahlerhaftung gemäß § 1357 ABGB der Bürge gemäß Punkt VIII.2. des Vertrages durch Mitunterfertigung des Vertrages zugunsten der Bf. zur Besicherung sämtlicher Forderungen und Ansprüche der Bf. , insbesondere aus dem atypischen stillen Beteiligungsvertrag sowie der Annexfinanzierung. Mitunterfertigt wurde der Vertrag von der Bürge am .

Punkt VIII.2. dieses Vertrages lautet auszugsweise:

“…..

Die Bürge ( B ) hat den Inhalt dieser Vereinbarung zur Kenntnis genommen und übernimmt zur Sicherstellung aller gegenwärtigen und zukünftigen Forderungen, die der Bf. , in Folge ‘ b ’ aus dem vorerwähnten Finanzierungsverhältnis sowie der Prolongation dieses Finanzierungsverhältnisses zustehen bzw. zustehen werden, einschließlich aller Bezug habenden Zinsen und Kosten, die Haftung als Bürge und Zahler im Sinne des § 1357 ABGB.

…..”

Für die Bürgschaft wurde der Beschwerdeführerin vom Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern Wien mit Bescheid vom die Gebühr gemäß § 33 TP 7 Abs. 1 GebG in der Höhe von € 11.250,-- vorgeschrieben. Begründet wurde diese Vorschreibung im Wesentlichen damit, dass die Befreiungsbestimmung des Art. XXVII, § 2 BGBl. 818/1993 für Bürgschaften nicht gewährt werden kann, da es sich bei dieser nicht um eine Beteiligung im Sinne des § 6b Abs. 2 KStG handelt. Rechtsgeschäfte neben dem Erwerb der Beteiligung, die in einem bloß wirtschaftlichen Zusammenhang stehen, sind von dieser Befreiung nicht umfasst ().

In der gegen diesen Bescheid eingebrachten Berufung (nunmehr Beschwerde) wurde vorgebracht:

“I. Sachverhalt

Mit Vertrag vom 21./ hat sich unsere Mandantschaft als atypisch stille Gesellschafterin mit einer Einlage von EUR 750.000,00 am Unternehmen der Ges (im Folgenden Geschäftsherrin) beteiligt. Im vorgenannten Vertrag hat die Bürge gemäß Pkt. VIII Abs. 2 durch Mitunterfertigung eine Bürgschaft für die Zahlungensverpflichtungen der Geschäftsherrin abgegeben.

Der Erwerb der atypisch stillen Beteiligung durch unsere Mandantschaft stellt einen Erwerb einer Beteiligung im Finanzierungsbereich von Mittelstandsfinanzierungsgesellschaften iSd § 5 Z 14 KStG dar, der gemäß § 2 Artikel XXVII SteuerreformG 1993, BGBI 1993/818, von Stempel- und Rechtsgebühren sowie von der Kapitalverkehrsteuer befreit ist.

Mit oben angeführten Bescheid hat das Finanzamt eine Gebühr vom EUR 11.250,00 gemäß § 33 TP 7 Abs. 1 GebG festgesetzt und wie folgt begründet:

‚Bei der atypisch stillen Beteiligung handelt es sich um eine Beteilgung im Finanzierungsbereich, weshalb darauf die Befreiungsbestimmung gemäß Art. XXVII, § 2, BGBL. 818/1993 Anwendung findet. Dies gilt jedoch nicht für die abgegebene Bürschaft der ‚ Bürge ‘. Da es sich bei einer Bürgschaft nicht um eine Beteiligung im Sinne des § 6b Abs. 2 KStG handelt, kann die o.a. Befreiung nicht gewährt werden, insbesondere deshalb, weil Rechtsvorgänge neben dem Erwerb der Beteiligung, die in einem bloß wirtschaftlichen Zusammenhang stehen von dieser Befreiung nicht umfasst sind (). ...‘.

II. Offene Rechtsfragen

Strittig ist, ob eine durch Mitunterfertigung des atypisch stillen Beteiligungsvertrags abgegebene Bürgschaft für die Zahlungensverpflichtungen der Geschäftsherrin gebührenbefreit ist.

Das Finanzamt beruft sich in der Begründung auf eine VwGH-Erkenntnis, dem ein anders gelagerter Sachverhalt zugrunde lag, nämlich die Finanzierung des Erwerbs von Aktien durch eine Mittelstandsfinanzierungsgesellschaft und nicht eine im § 6b Abs. Z 1 lit. f KStG angeführte Geldveranlagung. Dabei hat eine Mittelstandsfinanzierungsgesellschaft einer Gesellschaft, an der sie beteiligt ist, ein Darlehen für den Erwerb von Aktien gewährt.

III. Rechtliche Beurteilung

Rechtsvorgänge über den Erwerb von Beteiligungen im Finanzierungsbereich von Mittelstandsfinanzierungsgesellschaften sind gemäß § 2 Artikel XXVII SteuerreformG 1993 von Rechtsgebühren befreit.

Zweck dieser Bestimmung ist, die Versorgung jener Unternehmen mit Kapital, die von der Kapitalaufbringung im Wege der Börse ausgeschlossen sind, durch eine Befreiung von Stempel- und Rechtsgebühren sowie von der Kapitalverkehrsteuer zu fördern, dh. die Förderung der Kapitalausstattung von mittelständischen Unternehmen.

Die Bürgschaft war eine Voraussetzung für unsere Mandantschaft der Geschäftsherrin atypisch stilles Kapital zur Verfügung zustellen. Bürgschaftserklärung und Erwerb der atypisch stillen Beteiligung sind wirtschaftlich aufs Engste miteinander verbunden und sind auch in einem einheitlichen Vertragswerk dokumentiert.

Aufgrund der engen wirtschaftlichen Verknüpfung und dem einheitlichen Vertragswerk bilden Erwerb der atypisch stillen Beteiligung und Bürgschaft eine Einheit und sind im Hinblick auf den Zweck der Befreiungsbestimmung gemäß § 2 Artikel XXVII SteuerreformG 1993 (Förderung der Kapitalausstattung von Mittelstandsunternehmen) als ein einheitlicher gebührenbefreiter Rechtsvorgang anzusehen.“

Der Akt wurde vom Finanzamt ohne Erlassung einer Berufungvorentscheidung dem Unabhängigen Finanzsenat vorgelegt. Über das vom Finanzamt an den damaligen Unabhängigen Finanzsenat vorgelegte Rechtsmittel hat nunmehr gemäß § 323 Abs. 38 BAO das Bundesfinanzgericht zu entscheiden.

In der am durchgeführten mündlichen Verhandlung wurde vom Vertreter der Beschwerdeführerin ergänzt, dass Ziel der Befreiung war, Unternehmen die Kapitalaufbringung zu erleichtern. Die Beschwerdeführerin ist der Meinung, dass diese Befreiungsbestimmung weiter auszulegen sei, als das vom Finanzamt erfolgte. In der Regel werden auch Darlehen hingegeben, und in der Praxis lässt sich der Finanzierer seine "Beteiligung" durch Bürgschaften absichern. Die Beteiligung selbst wurde ja befreit. Die Bürgschaft ist aber pflichtig, das heißt, die Kapitalaufbringung ist doch "nicht ganz" befreit. Die Beschwerdeführerin glaubt nicht, dass das vom Gesetzgeber so gemeint war. Außerdem war die Bürgschaft ja die Voraussetzung dafür, dass die Beteiligungen durch die Mittelstandsfinanzierungsgesellschaft zustande kommen, zumal die gesamten zusätzlichen Kosten vom zu finanzierenden Unternehmen noch getragen werden müssen.

Dem wurde vom Finanzamt entgegen gehalten, dass der Art XXVII § 2 Steuerreformgesetz 1993 Rechtsvorgänge über den Erwerb von Beteiligungen im Finanzierungsbereich erfasst und dafür eine Gebühren- und Kapitalverkehrsteuerbefreiung vorsieht. § 2 spricht die Beteiligungen im Finanzierungsbereich an und verweist auf das KStG. In § 6b KStG sind die Beteiligungen im Finanzierungsbereich aufgezählt. Von einer Bürgschaft ist dort nirgends die Rede. Weiters möchte das Finanzamt hinweisen, dass es zu einer Drittbesicherung bereits die Entscheidung des gibt. Hier ging es um die Rechtsgebühr für eine Hypothekarverschreibung. Der UFS hat mit dieser Entscheidung die damalige Berufung als unbegründet abgewiesen. Dann gibt es noch 2 Entscheidungen des UFS zum Thema Rechtsgebühr für Bürgschaften, und . In beiden Fällen hat der UFS die Befreiung für Bürgschaften abgelehnt. Und in allen drei Entscheidungen hat der UFS auf verwiesen, so wie es das Finanzamt in der Bescheidbegründung getan hat. Die Befreiungsbestimmung des Art XXVII sieht nur eine Befreiung im Finanzierungsbereich vor und diese ausdrückliche Regelung ist einer interpretativen Erweiterung über einen Förderungszweck nicht erweiterbar. Für die gegenständlichen Bürgschaften fällt daher Rechtsgebühr an.

Vom Vertreter der Beschwedeführerin wurde weiter ausgeführt, dass die reine Wortinterpretation nicht dem Telos des Gesetzes entspricht, man muss hier weitergehen und fragen, was ist der Sinn des Ganzen – und das ist die Förderung. Und diese Punkte sind weder im VwGH-Erkenntnis, noch in den UFS-Entscheidungen behandelt. Es sollte nicht die Mittelstandsfinanzierungsgesellschaft gefördert werden, sondern das Beteiligungsunternehmen und das ist von Art. XXVII umfasst. Es muss weiter gesehen werden, weil darin der Fördergedanken verwirklicht wird.

Vom Finanzamt wurde noch ausgeführt, dass sich Art XXVII nur mit der Mittelstandsfinanzierungsgesellschaft selbst beschäftigt. So gesehen ist der Telos Förderung die Befreiung bei der Mittelstandsfinanzierungsgesellschaft selbst und deren Beteiligung, aber nicht, wenn Drittbesicherungen gewünscht werden. Die Bürgschaft ist in diesem Fall eine Sicherung, die die Mittelstandsfinanzierungsgesellschaft von sich aus festgelegt hat. Und solche zusätzlichen Erfordernisse konnte der Gesetzgeber gar nicht vorhersehen. Und wenn, hätte er die Befreiungsbestimmung komplett anders formulieren müssen, er hätte umfassende sachliche Befreiungen festlegen müssen.

Erwägungen

1993 wurde mit dem Steuerreformgesetz in Artikel XXVII die Begünstigung für Mittelstandsfinanzierungen geschaffen. Nach diesem Gesetz sind nach § 1 die Ausgabe von Aktien und Genussrechten (§ 174 des Aktiengesetzes) durch Mittelstandsfinanzierungsgesellschaften (§ 5 Z. 14 des Körperschaftsteuergesetzes 1988) sowie sonstige bei diesen als Steuerschuldner (§ 9 Abs. 1 Kapitalverkehrsteuergesetz) verwirklichte Rechtsvorgänge gemäß § 2 des Kapitalverkehrsteuergesetzes von der Gesellschaftsteuer befreit und nach § 2 sind Rechtsvorgänge über den Erwerb von Beteiligungen im Finanzierungsbereich von Mittelstandsfinanzierungsgesellschaften (§ 5 Z. 14 des Körperschaftsteuergesetzes 1988) von den Stempel- und Rechtsgebühren sowie von der Kapitalverkehrsteuer befreit.

Nach Artikel XXVII § 2 Steuerreformgesetz 1993, BGBl. 1993/818, sind die Vorgänge zwischen der Mittelstandsfinanzierungsgesellschaft und ihren Beteiligungsunternehmen (Rechtsvorgänge über den Erwerb von Beteiligungen im Finanzierungsbereich von Mittelstandsfinanzierungsgesellschaften) von den Stempel- und Rechtsgebühren sowie von der Kapitalverkehrsteuer befreit.

Aus Artikel XXVII § 2 Steuerreformgesetz 1993 ergibt sich, dass (allein) Rechtsvorgänge von den genannten Abgaben befreit sind, mit denen Beteiligungen im Finanzierungsbereich von derartigen Mittelstandsfinanzierungsgesellschaften erworben wurden. Dem Gesetz kann kein Anhaltspunkt entnommen werden, dass neben Rechtsvorgängen über den Erwerb von derartigen Beteiligungen auch weitere Rechtsvorgänge von den bezeichneten Abgaben befreit sein sollten, die in einem bloß wirtschaftlichen Zusammenhang mit dem Erwerbsvorgang selbst stehen. Rechtsgeschäfte, die der Finanzierung des Beteiligungserwerbs dienen, sind damit nach Art. XXVII § 2 Steuerreformgeseetz 1993 nicht von den Abgaben befreit (vgl. Fellner, Gebühren und Verkehrsteuern, Band I, Stempel- und Rechtsgebühren, Gebührenbefreiungen außerhalb des Gebührengesetzes 1957, Rz 131 unter Verweis auf ).

Im Erkenntnis vom , 99/16/0521, wird vom Verwaltungsgerichtshof ausgeführt:

„Nach Art XXVII § 2 Steuerreformgesetz (StRefG) 1993, BGBl. Nr. 818, sind Rechtsvorgänge über den Erwerb von Beteiligungen im Finanzierungsbereich von Mittelstandsfinanzierungsgesellschaften (§ 5 Z. 14 KStG) von den Stempel- und Rechtsgebühren sowie von der Kapitalverkehrsteuer befreit.

Die - eine Befreiung von der unbeschränkten Körperschaftsteuerpflicht beinhaltende - Bestimmung des § 5 Z. 14 KStG verweist zur Begriffsbestimmung von Mittelstandsfinanzierungsgesellschaften auf § 6b KStG. Nach Abs. 1 Z. 6 der letztgenannten Vorschrift umfasst der Finanzierungsbereich die Veranlagung des jeweiligen Eigenkapitals der Aktiengesellschaft nach Maßgabe des Abs. 2. In Z. 1 des Abs 2 dieser Bestimmung sind die einzelnen Beteiligungen im Sinne dieser Begünstigungsbestimmungen angeführt.

Aus Art XXVII § 2 StRefG 1993 ergibt sich, dass (allein) Rechtsvorgänge von den genannten Abgaben befreit sind, mit denen Beteiligungen im Finanzierungsbereich von derartigen Mittelstandsfinanzierungsgesellschaften erworben wurden. Dem Gesetz kann kein Anhaltspunkt entnommen werden, dass neben Rechtsvorgängen über den Erwerb von derartigen Beteiligungen auch weitere Rechtsvorgänge von den bezeichneten Abgaben befreit sein sollten, die in einem bloß wirtschaftlichen Zusammenhang mit dem Erwerbsvorgang selbst stehen. Rechtsgeschäfte, die der Finanzierung des Beteiligungserwerbs dienen, sind damit nach Art XXVII § 2 StRG 1993 nicht von den Abgaben befreit.

Diesem Ergebnis steht im Beschwerdefall auch nicht entgegen, dass nach § 6b Abs 2 Z. 1 lit. f KStG als Beteiligung auch die Geldveranlagung neben Beteiligungen im Sinne der lit. a bis d in Form von Darlehen, Schuldverschreibungen usw gilt. Dem Beschwerdefall liegt nämlich gerade nicht ein im § 6b Abs. 2 Z. 1 lit. f KStG angeführter Fall zu Grunde, wonach neben den in den vorhergehenden litterae angeführten Beteiligungen auch eine Geldveranlagung erfolgen kann; im Beschwerdefall erfolgte nach dem übereinstimmenden Vorbringen der Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens die Finanzierung des Beteiligungserwerbes der Beschwerdeführerin (durch ihre Gesellschafterin), gerade nicht aber eine zusätzliche Darlehensgewährung durch den Erwerber der Beteiligung. Daraus, dass nach § 6b Abs. 2 Z. 1 lit. f KStG als Beteiligung eine neben einer (echten) Beteiligung erbrachte Geldveranlagung in Form von Darlehen etc, also die Hingabe von einem das Engagement des Beteiligten unterstützenden Darlehens, gilt, kann somit keinesfalls geschlossen werden, dass die für die Finanzierung des Beteiligungserwerbes erforderliche Aufnahme eines Darlehens oder Kredites nach der in Rede stehenden Bestimmung gebührenfrei ist.

Soweit die Beschwerdeführerin schließlich meint, im Falle der Beschränkung der Abgabenbefreiung auf Vorgänge des Beteiligungserwerbes bliebe für die Anwendung des Art. XXVII § 2 StRefG 1993 kein Raum, übersieht sie zunächst - abgesehen von der Kapitalverkehrsteuerfreiheit - , dass diese Befreiungsbestimmung erst durch die Aufhebung der Gebührentatbestände des § 33 TP 16 sowie TP 21 Abs. 1 Z. 2 GebG aF durch das Bundesgesetz BGBl. Nr. 629/1994 in weiten Bereichen des Gebührenrechts den Anwendungsbereich verloren hat. Überdies ist aus den vorhergehenden Ausführungen ersichtlich, dass die neben Beteiligungen zusätzlich abgeschlossenen Rechtsgeschäfte im Sinne des § 6b Abs. 2 Z. 1 lit. f KStG dem Grunde nach einer der (verbliebenen) Tarifposten des § 33 GebG unterliegen können.“

Damit hat der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, dass nur Rechtsvorgänge befreit sind, mit denen Beteiligungen im Finanzierungsbereich von derartigen Mittelstandsfinanzierungsgesellschaften erworben werden. Dem Gesetz kann kein Anhaltspunkt entnommen werden, dass neben Rechtsvorgängen über den Erwerb von derartigen Beteiligungen auch weitere Rechtsvorgänge von den Gebühren und Kapitalverkehrsteuern, die in einem bloßen Zusammenhang mit dem Erwerbsvorgang selbst stehen, befreit sind.

In der Regierungsvorlage (1237 der Beilagen zu den stenographischen Protokollen des Nationalrates XVIII. GP) wird zu § 5 Z 14 KStG ausgeführt:

“Um das seit 1982 auf Grund des Beteiligungsfondsgesetzes geschaffene und ab 1993 abreifende Genußscheinkapital für die Wirtschaft weiter verfügbar zu erhalten, soll eine neue Form der Beteiligungsfinanzierung geschaffen werden, die in erster Linie jene Unternehmen mit Kapital versorgen soll, die von der Kapitalaufbringung im Weg der Börse ausgeschlossen sind.

Die Mittelstandsfinanzierungsgesellschaft soll in einer sechsjährigen Anlaufphase zur Gänze und in der Folge hinsichtlich des auf den Finanzierungsbereich entfallenden Einkommensteiles von der unbeschränkten Steuerpflicht ausgenommen werden. Im Wege einer Übergangsregelung wird sichergestellt, daß bestehende von Kreditinstituten gegründete Aktiengesellschaften ab 1994 unter die sechsjährige Gründungsbefreiung fallen können, wenn sie die gesellschaftsrechtlichen Voraussetzungen des § 6 b Abs. 1 bis herstellen.”

Zu § 6b KStG enthält die Regierungsvorlage:

“In § 6 b sollen die Voraussetzungen für die Steuerbefreiung der Mittelstandsfinanzierungsgesellschaften und die Wirkungen einer Verletzung der Voraussetzungen verankert werden.

Abs. 1 Z. 1 bis 5 umschreibt die gesellschaftsrechtlichen Voraussetzungen für die Steuerbefreiung, Z 6 den für die Befreiung maßgebenden Finanzierungsbereich und Z 7 den ‘freien’ Veranlagungsbereich der Gesellschaft. …..”

Laut Regierungsvorlage hatte die Ziffer 6 des § 6b Abs. 1 KStG folgenden Inhalt:

“Der Finanzierungsbereich umfaßt die Veranlagung des jeweiligen Eigenkapitals der Aktiengesellschaft nach Maßgabe des Abs. 2. Die Veranlagung erfolgt nachhaltig zu mindestens 70 % in Beteiligungen an gewerblichen Betrieben. Der Gesamtbetrag der Veranlagung in Beteilungen umfaßt zu mindestens zwei Dritteln solche mit Beteiligungen an den stillen Reserven und am Firmenwert. Der Gesamtbetrag der Veranlagung in Beteiligungen erfolgt schwerpunktmäßig in österreichischen Klein- und Mittelbetrieben, deren überwiegende Tätigkeit im Inland liegt.”

Als Beteiligungen gelten nach § 6b Abs. 2 Z. 1 KStG laut dieser Regierungsvorlage:

“a) Kommanditanteile einer Kommanditgesellschaft oder einer Kommandit-Erwerbsgesellschaft, wenn damit die Stellung als Mitunternehmer verbunden ist;
b) stille Beteiligungen im Sinne des § 178 des Handelsgesetzbuches, wenn damit die Stellung als Mitunternehmer verbunden ist;
c) Aktien und Geschäftsanteile einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung;
d) Genußrechte im Sinne des § 174 des Aktiengesetzes, wenn damit das Recht auf Beteiligung am Gewinn und am Liquidationsgewinn einer Kapitalgesellschaft verbunden ist;
e) die Geldveranlagung neben Beteiligungen im Sinne der lit. a bis d in Form von Darlehen, Schuldverschreibungen, nicht unter lit. b fallenden stillen Beteiligungen oder nicht unter lit. d fallenden Genußrechten, sowie in Form von Zuzahlungen in wirtschaftlich begründeten Fällen.”

Im Vorblatt zu Artikel XIV, XVI und XXVII findet man:

“Befreiungen im Gebühren- und Kapitalverkehrssteuerrecht sind für die ertragsteuerlich begünstigte Mittelstandsfinanzierung vorgesehen.”

Zu Artikel XXVII gibt es in der Regierungsvorlage keine Erläuterungen.

Durch das Steuerreformgesetz 1993 wurde als Nachfolgemodell für die Beteiligungsfondsgesellschaften für Beteiligungsgesellschaften, die sich unter Einhaltung bestimmter Veranlagungsvorschriften vorrangig an mittelständischen Unternehmen beteiligen, eine Steuerbefreiung eingeführt. Die Voraussetzungen für die Steuerbefreiung der Mittelstandsfinanzierungsgesellschaften sind in § 6b KStG verankert. Demnach kann jede Aktiengesellschaft körperschaftssteuerfrei sein, wenn sie die in § 6b KStG 1988 genannten statutarischen und geschäftsbetrieblichen Voraussetzungen erfüllt. Die Grundidee ist insoweit der Genussscheinförderung nachempfunden, als Investoren als Gesellschafter der AG gefunden werden sollen, die AG das insoweit aufgebrachte Eigenkapital in bestimmten Beteiligungen anlegt und aus den Beteiligungserträgen und aus Abschichtungsgewinnen die Dividenden für die Investoren finanziert.

Als Beteiligung kommen im Normalfall Aktien, GmbH-Anteile, Substanzgenussrechte, Kommanditanteile, atypisch stille Beteiligungen und als Beimischungsmöglichkeit die Darlehensgewährung, die Zeichnung von Schuldverschreibungen, die typische stille Beteiligung, das Nominalgenussrecht und in wirtschaftlich begründeten Fällen die Zuzahlung in Betracht (Wiesner, Die Körperschaftsteuernovellen 1993, SWK 1993, A 553).

Festgestellt wird, dass Bürgschaften weder im § 6b KStG bei den Beteiligungen in der damaligen Fassung noch in der heute geltenden Fassung enthalten sind. Weder dem Gesetz, noch den Erläuterungen zur Regierungsvorlage kann entnommen werden, dass nach Artikel XXVII § 2 BGBl. 1993/818 auch Rechtsvorgänge von den Abgaben befreit wären, die mit dem Erwerb der Beteiligung in einem Zusammenhang stehen. Nach dieser Gesetzesstelle sind nur Rechtsvorgänge über den Erwerb von Beteiligungen im Finanzierungsbereich befreit.

Eine Bürgschaft (iSd § 33 TP 7 GebG) ist keine Beteiligung, kein Darlehen, sie stellt auch grundsätzlich keine Geldveranlagung dar und führt nicht zu einer Mittelzufuhr an die mittelständische Kapitalgesellschaft. Die Befreiung für den Erwerb von Beteiligungen von Mittelstandsfinanzierungsgesellschaften ist daher auf Bürgschaften nicht anwendbar (vgl. Fellner aaO, Rz 131 und die dort zitierte Judikatur). Bemerkt wird, dass im Gebührengesetz Befreiungen für Sicherungsgeschäfte vorgesehen sind, nämlich im § 19 Abs. 2 GebG und im § 20 Z. 5 GebG. Bürgschaften zu Beteiligungserwerben sind jedoch in diesen beiden Bestimmungen nicht erfasst.

Im gegenständlichen Fall wurden Bürgschaften eingegangen, um die Beteiligung, deren „Gläubiger“ die Beschwerdeführerin ist, abzusichern. Art XXVII § 2 Steuerreformgesetz BGBl 1993/818 gewährt sachliche Befreiungen für Rechtsvorgänge. Rechtsvorgang ist die Anstrengung, um in den Besitz der Beteiligung der Gesellschaftsrechte zu kommen. Diese drittgesicherte Bürgschaft für die Beteiligung ist keine Beteiligung und kein Darlehen der Mittelstandsfinanzierungsgesellschaft selbst, sie stellt auch keine Geldveranlagung der Beschwerdeführerin dar und führt nicht zu einer Mittelzufuhr an die mittelständische Kapitalgesellschaft. Die Befreiung ist daher auf die Bürgschaftsgebühr gemäß § 33 TP 7 GebG für eine Bürgschaft, die ein Dritter für die Absicherung der Beteiligung der Mittelstandsfinanzierungsgesellschaft eingegangen ist, nicht anwendbar.

Aus diesen Gründen war spruchgemäß zu entscheiden.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine Revision nicht zulässig, da im gegenständlichen Fall keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu klären war und die getroffene Entscheidung der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes entspricht (vgl. ).

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 33 TP 7 Abs. 1 GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957
§ 2 Sonderregelungen zur Mittelstandsfinanzierung, BGBl. Nr. 818/1993
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2015:RV.7103789.2010

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at