Ist ein die Gebrauchsabgabe festsetzender Bescheid berichtigt worden?
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RV/7400037/2014-RS1 | Das Bundesfinanzgericht hat die Beschwerde gegen einen Berichtigungsbescheid wegen fehlender Zuständigkeit zurückzuweisen, wenn mit dem berichtigten Bescheid keine Gebrauchsabgabe vorgeschrieben, sondern eine Gebrauchsbewilligung erteilt wird. |
Entscheidungstext
BESCHLUSS
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin R über die Beschwerde der Q J , Adresse1 , vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Z J, Adresse2 vom gegen den Berichtigungsbescheid des Magistrates der Stadt Wien vom , zugestellt am , MA 46/P90/01565/2008, beschlossen:
Gemäß § 260 Abs 1 lit. a Bundesabgabenordnung – BAO idgF iVm § 24 Abs 1 Bundesfinanzgerichtsgesetz – BFGG wird die Beschwerde als unzulässig zurückgewiesen.
Gemäß Art 133 Abs 9 B-VG iVm § 25a Abs 2 VwGG sind die ordentliche Revision und die außerordentliche Revision nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Als der im Spruch angeführte Bescheid angefochten wurde, war die Abgabenberufungskommission Wien für die Rechtsmittelerledigung zuständig. Die Abgabenberufungskommission Wien hat ihre Tätigkeit am beendet.
Seit ist das Bundesfinanzgericht (BFG) für die Rechtsmittelerledigung zuständig. Das Bundesfinanzgericht verwendet in seinen Verfahren die verwaltungsgerichtsübliche Terminologie: „Berufungen“ werden als „Beschwerden“ bezeichnet, „Berufungsvorentscheidungen“ als „Beschwerdevorentscheidungen“ und „Berufungswerberinnen“ als „Beschwerdeführerinnen (Bf.).
Aus den Verwaltungsakten:
1. Am hat der Magistrat der Stadt Wien zwei Bescheide zur Geschäftszahl MA 46/P90/01565/2008 erlassen.
1.1. Mit dem gemäß § 90 Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO) iVm § 1 Gebrauchsabgabegesetz 1966 (GAG) erlassenen Bescheid hat der Magistrat der Stadt Wien Dr. Z J das Benützen öffentlicher Verkehrsflächen in Adresse1, im Zeitraum bis bewilligt. In Pkt. I. des Bescheides ist diese Bewilligung nach der Straßenverkehrsordnung 1960 erteilt worden; in Pkt. II. nach dem Gebrauchsabgabegesetz 1966. Im Spruch des Bescheides steht, dass die Bewilligung wegen eines Hausneubaus erteilt worden ist und dass der Antragsteller Dr. Z J gewesen ist.
In Pkt. II. (letzter Satz) des Bescheides steht: „Für die Erlaubnis zum Gebrauch des öffentlichen Grundes ist gegebenenfalls eine Gebrauchsabgabe zu entrichten. Diese wird mit gesondertem Bescheid vorgeschrieben.“
Der Gebrauchserlaubnisbescheid ist innerhalb von 2 Wochen ab Zustellung anfechtbar gewesen.
1.2. Mit dem gemäß § 9 GAG iVm § 10 GAG erlassenen Bescheid hat der Magistrat der Stadt Wien für die Dr. Z J erteilte Gebrauchserlaubnis eine einmalige Gebrauchsabgabe iHv EUR 870,00 festgesetzt. Den Gebrauchsabgabenbescheid hat der Magistrat der Stadt Wien wie folgt begründet:
„Da der Träger einer Gebrauchserlaubnis eine Gebrauchsabgabe zu entrichten hat, war unter Heranziehung der entsprechenden Tarifpost des Gebrauchsabgabegesetzes die Gebrauchsabgabe vorzuschreiben.“
Der Gebrauchsabgabenbescheid ist innerhalb 1 Monat ab Zustellung anfechtbar gewesen.
2. Am hat Dr. Z J beantragt, den die Gebrauchsabgabe festsetzenden Bescheid wegen Nichtigkeit gemäß § 68 AVG aufzuheben und hat begründend vorgebracht, dass er – im Gegensatz zu Q J – nicht Partei dieses Verfahrens gewesen ist.
3. Am hat der Magistrat der Stadt Wien folgenden, innerhalb von 2 Wochen ab Zustellung anfechtbaren, Bescheid erlassen:
„MA 46/P90/01565/2008 …. Richtigstellung des Bescheides
BESCHEID
Spruch
Gemäß § 62 Abs 4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 (AVG), BGBI.Nr.51/1991, wird von Amts wegen der gemäß § 90 Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO) erteilte Bescheid der MA 46 vom , Zl. w.o. wie nachstehend richtig gestellt:
FALSCH: Hr. Dr. Z J, …
RICHTIG: Fr. Q J …“
Nach Zitieren des Gesetzestextes von § 62 Abs 4 AVG wird im Begründungsteil des Bescheides ausgeführt: „Im oben angeführten Spruch handelte es sich um Schreibfehler (Protokollfehler).“
4. Nach dem Konzeptausdruck wollte der Magistrat der Stadt Wien folgenden, innerhalb von 2 Wochen ab Zustellung anfechtbaren, Bescheid vom erlassen:
„MA 46/P90/01565/2008 …. Richtigstellung des Bescheides
BESCHEID
Spruch
Gemäß § 62 Abs 4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 (AVG), BGBI.Nr.51/1991, wird von Amts wegen der gemäß § 90 Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO) erteilte Bescheid der MA 46 vom , Zl. w.o. wie nachstehend richtig gestellt:
FALSCH: Hr. Dr. Z J, …
RICHTIG: Fr. Q J …“
Nach Zitieren des Gesetzestextes von § 62 Abs 4 AVG wird im Begründungsteil des Bescheides ausgeführt: „Im oben angeführten Spruch handelte es sich um Schreibfehler (Protokollfehler).“
5. Am hat Q J den Berichtigungsbescheid vom , zugestellt am , angefochten, weil die Gebrauchsabgabe für den Zeitraum bis festgesetzt worden ist und hat beantragt, die Gebrauchsabgabe nur für den Zeitraum bis festzusetzen, da sie die Gebrauchserlaubnis 6 Monate nicht ausüben konnte.
6. Am hat der Magistrat der Stadt Wien die Beschwerde () mit Beschwerdevorentscheidung abgewiesen. Der Entscheidung ist die Sachlage zugrunde gelegt worden, dass die Gebrauchsabgabe unter Pkt. II. des Gebrauchserlaubnisbescheides vorgeschrieben worden ist. Nach Zitieren der Gesetzestexte von § 1 Abs 1-2 GAG, § 9 Abs 1 GAG und § 4 Abs 4 GAG wird festgestellt, dass die Voraussetzungen für die Gebrauchsabgabepflicht vorliegen.
Die am erlassene Beschwerdevorentscheidung ist am zugestellt worden. Ein Antrag auf Vorlage der Beschwerde an die Abgabenbehörde II. Instanz ist innerhalb 1 Monats ab Zustellung der Beschwerdevorentscheidung zulässig gewesen.
7. Am hat Q J den Vorlageantrag an die Abgabenbehörde II. Instanz gestellt. Sie hat beantragt, Ermessen zu üben und den Bescheid vom ersatzlos aufzuheben.
8. BFG-Ermittlungsverfahren:
8.1. Ein mit datierter Bescheid, mit dem der Gebrauchsabgabebescheid vom berichtigt worden ist, befindet sich nicht in den Verwaltungsakten.
8.2. Unterlagen, aus denen hervorgeht, ob der Bescheidadressat ausgetauscht oder be-richtigt worden ist, gibt es nicht. Der Antrag vom über die Verlängerung der Gebrauchserlaubnis befindet sich nicht im Verwaltungsakt; er konnte weder vom Vertreter der Bf. noch vom Magistrat der Stadt Wien vorgelegt werden. Ein Aktenvermerk über einen mündlich gestellten Antrag ist nicht auffindbar. Der Magistrat der Stadt Wien schließt eine mündliche Antragstellung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit aus, da Antragsteller wegen des komplexen Sachverhalts grundsätzlich gebeten werden, ihre Anträge schriftlich zu stellen.
9. Aus der Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom :
„… Der Vertreter der Bf. legt eine Ablichtung des Antrages vom und ein Schreiben über die Anberaumung einer Verhandlung vom vor. Beide Schreiben werden zum Akt genommen.
Es war ein Versäumnis des Magistrats, dass kein Berichtigungsbescheid für die Gebrauchsabgabe ausgestellt wurde. Antragstellerin und Bauwerberin ist Q J gewesen. Dr. Z J ist nicht Bauwerber gewesen. Der Bescheid ist unrichtig. Die Vorschreibung der Gebrauchsabgabe ist verjährt. Verwiesen wird auf den ursprünglichen Antrag und darauf, dass die Verlängerung mündlich beantragt worden ist. Dr. Z J ist nicht der richtige Bescheidadressat und Q J hat keine Vorschreibung der Gebrauchsabgabe bekommen. Im ersten Bescheid vom , mit dem die Baustelleneinrichtungen und Kranaufstellungen bewilligt worden sind, ist Frau Q J als Bescheidadressatin angeführt.
Der Vertreter der Bf. bringt vor wie im bisherigen Verfahren.
Vertreterin des Magistrats: Ein Originalantrag für die Verlängerung der Gebrauchserlaubnis ist beim Magistrat nicht auffindbar. Der Gebrauchsabgabebescheid musste nicht extra berichtigt werden, da er gemeinsam mit dem Gebrauchserlaubnisbescheid berichtigt worden ist. Der bei Anlegung des elektronischen Aktes eingegebene Vertreter ist automatisch in den Bescheid übernommen worden. Eine nachträgliche Änderung des Bescheidadressaten ist technisch nicht möglich gewesen. Auf die VwGH-Rechtsprechung nach der der Gebrauchsabgabenbescheid nicht extra berichtigt werden musste, wird verwiesen ( u.a.). Ein Ausdruck aus dem ELAK wird vorgelegt und zum Akt genommen. Die letzten drei Seiten des Konvoluts sind ein Ausdruck aus dem "P 90" = eine Formulardatenbank, die sehr starr ist und nur wenig Freitext für Eingaben durch den Referenten hat; sie übernimmt die Daten aus dem ELAK. Es wird darauf verwiesen, dass sämtliche Bescheide auch Q J zugestellt worden sind.
Vertreter der Bf.: Beantragt wird die Zeugeneinvernahme von …, dem Sachbearbeiter im Bewilligungsverfahren, zum Beweisthema: Verlängerungsantrag und Bauverzögerung durch Baubehörde, da er derjenige gewesen ist, der dieses Verfahren geleitet hat.
Vertreterin des Magistrats: Das Beweisthema ist nicht Gegenstand dieses Verfahrens, da bei einem Berichtigungsbescheid keine Einwendungen in der Sache zulässig sind.
Der Vertreter der Bf. verweist auf seine Ausführungen in der Beschwerde vom .
Der Vertreter der Bf. legt vor eine Ablichtung der Berufung gegen die Festsetzung einer Gebrauchsabgabe vom und eine Ablichtung des Berufungsbescheides vom der Abgabenberufungskommission über den Bescheid vom .
Der Vertreter der Bf. beantragt die Beischaffung des MA 46 - Aktes, Geschäftszahl MA 46-ALLG/34724/2008/SUF/FEE vom und des Aktes der Abgabenberufungskommission ABK-149/10.
10. In der mündlichen Verhandlung vom wurde vorgelegt:
10.1. – Schreiben vom , gerichtet an den Magistrat der Stadt Wien: Mit diesem Schreiben hat Q J die Bewilligung für die Lagerung von Baumaterial und die Aufstellung eines Baucontainers beantragt.
10.2. – Schreiben vom über die Anberaumung einer Verhandlung: Als Antragsteller wird Dr. Z J angegeben.
10.3. – Berufung der Bauwerberin Q J vom wegen Festsetzung einer Gebrauchsabgabe.
10.4. – Berufungsbescheid vom , Geschäftszahl ABK – 149/10: Mit dieser Entscheidung wurde über den Zurückweisungsbescheid vom entschieden.
10.5. – Ablichtungen von Screenshots aus dem elektronischen Akt …
10.6. – Ablichtungen von Konzeptbescheiden (anonymisiert)
11. Nach der mündlichen Verhandlung vom wurde vorgelegt:
11.1. – Gleichschrift der Berufung vom gegen den Bescheid des Magistrats der Stadt Wien, MA 46, MA 46 – ALLG/34724/2008/SUF/FEE vom
11.2. – Schreiben der MA 46, worin mitgeteilt wird, dass die vermissten Aktenteile nicht auffindbar sind. Mit diesem Schreiben wurde vorgelegt:
11.3. – Schreiben der MA 46 an die MA 6 vom mit dem Ersuchen, die de dato nicht bezahlte Gebrauchsabgabe einzuheben.
11.4. – Berufungsbescheid vom , ABK – 149/10
11.5. – E-Mail vom betreffend Aktenrücksendung
11.6. – Zurückweisungsbescheid vom , MA 46 – ALLG/34724/2008/SUF/FEE
11.7. – Berufung vom
Über Vorlageantrag und Beschwerde wurde erwogen:
Mit dem Vorlageantrag () hat die Bf. eine am zugestellte Beschwerdevorentscheidung angefochten. Da diese Beschwerdevorentscheidung innerhalb eines Monats ab Zustellung anfechtbar gewesen und – wie aus den v.a. Daten ersichtlich – innerhalb offener Vorlageantragsfrist angefochten worden ist, hat das Bundesfinanzgericht über die Beschwerde () zu entscheiden.
Beschwerdegegenstand; Sachlage:
In der Beschwerde vom hat die Bf. beantragt, die Gebrauchsabgabe nur für den Zeitraum bis festzusetzen, da sie die Gebrauchserlaubnis 6 Monate nicht ausüben konnte; im Vorlageantrag () hat sie beantragt, Ermessen zu üben und den Bescheid vom aufzuheben. Diese Anträge hat die Bf. in der Beschwerde gegen den Berichtigungsbescheid vom gestellt, in dessen Spruch steht, dass mit diesem Bescheid der am gemäß § 90 StVO erlassene Bescheid dadurch gemäß § 62 AVG richtig gestellt wird, dass Dr. Z J als falscher Bescheidadressat bezeichnet wird und Q J als richtige Bescheidadressatin.
Da der Beschwerdegegenstand der Berichtigungsbescheid vom ist, sind der Entscheidung über die Beschwerde vom die aus seinem Inhalt sich ergebende Sachlage und insb. die im Spruch angeführten Rechtsgrundlagen (§ 62 Abs 4 AVG und § 90 StVO) zugrunde zu legen.
Rechtslage:
Gemäß § 62 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz – AVG idgF kann die Behörde Schreib- und Rechenfehler oder diesen gleichzuhaltende, offenbar auf einem Versehen oder offenbar ausschließlich auf technisch mangelhaftem Betrieb einer automationsunterstützten Datenverarbeitungsanlage beruhende, Unrichtigkeiten in Bescheiden jederzeit von Amts wegen berichtigen.
Gemäß § 90 Abs 1 Straßenverkehrsordnung – StVO idgF ist unbeschadet sonstiger Rechtsvorschriften eine Bewilligung der Behörde erforderlich, wenn durch Arbeiten auf oder neben der Straße der Straßenverkehr beeinträchtigt wird.
Gemäß § 5 Gesetz über das Wiener Abgabenorganisationsrecht – WAOR idF LGBl. der Stadt Wien Nr. 45/2013 entscheidet das Bundesfinanzgericht über Beschwerden in Angelegenheiten der Landes- und Gemeindeabgaben und den abgabenrechtlichen Verwaltungsübertretungen zu diesen Abgaben.
Rechtliche Würdigung:
Da Wiener Landes- und Gemeindeabgabenangelegenheiten und dazu gehörende Verwaltungsübertretungen in Wiener Landes- und Gemeindegesetzen geregelt werden, darf das Bundesfinanzgericht nur über Beschwerden gegen Bescheide des Magistrats der Stadt Wien entscheiden, deren Rechtsgrundlage Wiener Landes- und Gemeindeabgabengesetze sind. Die im Berichtigungsbescheid zitierte „StVO“ ist die Straßenverkehrsordnung; sie ist kein Landes- oder Gemeindeabgabengesetz sondern ein gemäß § 1 Abs 1 StVO für Straßen mit öffentlichem Verkehr geltendes Bundesgesetz, weshalb darin auch keine Wiener Landes- und Gemeindeabgabenangelegenheiten und dazu gehörende Verwaltungsübertretungen geregelt werden. Wird daher ein Berichtigungsbescheid angefochten, mit dem ein gemäß § 90 StVO erlassener Bescheid berichtigt worden ist, fällt die Entscheidung über die gegen den Berichtigungsbescheid gerichtete Beschwerde nicht in die Zuständigkeit des Bundesfinanzgerichtes.
Die Verfahrensparteien bestreiten nicht, dass es keinen am erlassenen 2. Berichtigungsbescheid gibt, mit dem der die Gebrauchsabgabe vorschreibende Bescheid vom richtig gestellt wird. Sie bringen jedoch vor, dass mit dem Berichtigungsbescheid vom auch jener Bescheid vom berichtigt worden ist, mit dem der Magistrat der Stadt Wien eine Gebrauchsabgabe iHv EUR 870,00 vorgeschrieben hat.
Diesem Beschwerdevorbringen wird entgegen gehalten:
Ob der die Gebrauchsabgabe vorschreibende Bescheid mit dem Berichtigungsbescheid vom berichtigt worden ist oder nicht, ist eine durch Auslegung des Berichtigungsbescheides zu beantwortende Sachfrage.
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH) sind für die Auslegung eines Bescheides – im Hinblick auf dessen Normqualität – die für Gesetze geltenden, in §§ 6 ff Allgemeines Bürgerliches Gesetzbuch – ABGB normierten, Auslegungsregeln heranzuziehen (Ritz, BAO5, § 92, Tz 6, , ZfVB 1994/1/253).
Nach diesen Auslegungsregeln sind Gesetze wörtlich, systematisch – logisch, nach der Absicht des Gesetzgebers und objektiv – teleologisch auszulegen (Bydlinski in Rummel3, § 6, Rz 16 ff). Fehlt eine gesetzliche Regelung, liegt eine Gesetzeslücke vor, die durch analoge Anwendung anderer gesetzlicher Regelungen oder nach den natürlichen Rechtsgrundsätzen zu schließen ist (Bydlinski in Rummel3, § 7, Rz 2 ff).
Für die Auslegung eines Bescheides ist sein normativer Gehalt maßgebend (). „Normativ“ und damit rechtsgestaltend ist der Spruch eines Bescheides. Was Gegenstand eines Bescheides ist, ist daher ausschließlich dem Inhalt des Bescheidspruches zu entnehmen. Die Bescheidbegründung darf zur Auslegung (= Deutung) des Bescheidspruches nach den Auslegungsregeln der §§ 6 ff herangezogen werden. Ein Heranziehen der Bescheidbegründung setzt jedoch gedanklich voraus, dass der Bescheidspruch unklar formuliert oder mehrdeutig ist (). Da ein Bescheidspruch nach seinem Wortlaut jedenfalls gesetzeskonform auszulegen ist, darf die Bescheidbegründung nicht zur Ergänzung eines in sich unklaren oder mehrdeutigen Bescheidspruches verwendet werden ().
Die Prüfung des Regelungsinhaltes des Berichtigungsbescheides vom hat ergeben:
I. Im Spruch des Berichtigungsbescheides vom 07.12.20110 steht, dass der gemäß § 90 StVO erlassener Bescheid vom berichtigt worden ist. Dieser Bescheidspruch ist nach seinem Wortlaut klar und eindeutig formuliert; er bedarf daher keiner weiteren Auslegung. „§ 90 StVO“ ist die Rechtsgrundlage für die in Pkt. I. des Bescheides vom erteilte Bewilligung nach der Straßenverkehrsordnung. Durch die Nennung von § 90 StVO in beiden Bescheiden steht zweifelsfrei fest, dass Pkt. I. des Bescheides vom berichtigt worden ist.
Der Bescheid vom enthält einen Pkt. II., in dem die Bewilligung nach dem Gebrauchsabgabegesetz – GAG 1966 idF LGBl. der Stadt Wien Nr. 45/2013 erteilt wird und ist damit ein Schriftstück mit 2 Bescheidsprüchen.
Nach dem in Pkt. II. als Rechtsgrundlage angeführten § 1 GAG benötigt Derjenige, der öffentlichen Grund für seine Zwecke nützen möchte, eine Gebrauchserlaubnis. Da mit Erteilen der Gebrauchserlaubnis noch keine Gebrauchsabgabe vorgeschrieben wird, ist das Erteilen einer Gebrauchserlaubnis keine Landes- oder Gemeindeabgabenangelegenheit und keine abgabenrechtliche Verwaltungsübertretung zu diesen Abgaben, weshalb das Bundesfinanzgericht nicht über Beschwerden entscheiden darf, deren Gegenstand das Erteilen der Gebrauchserlaubnis nach § 1 GAG ist. Ob der Bescheid vom in Pkt. II. berichtigt worden ist oder nicht, ist daher im Beschwerdeverfahren vor dem Bundesfinanzgericht nicht entscheidungsrelevant.
Pkt. II. (letzter Satz) – Für die Erlaubnis zum Gebrauch des öffentlichen Grundes ist gegebenenfalls eine Gebrauchsabgabe zu entrichten. Diese wird mit gesondertem Bescheid vorgeschrieben – ist seinem Wortlaut nach ein rechtlicher Hinweis. Rechtliche Hinweise sind nicht rechtsgestaltend, weshalb mit Pkt. II. (letzter Satz) die Gebrauchsabgabe nicht vorgeschrieben wird.
Die v.a. Ausführungen zusammenfassend wird festgestellt, dass mit der Nennung von § 90 StVO im Spruch des Berichtigungsbescheides vom der die Gebrauchsabgabe vorschreibende Bescheid nicht (mit)berichtigt wird.
II. Gemäß § 9 Abs 1 GAG hat der Träger einer Gebrauchserlaubnis für öffentlichen Grund eine Gebrauchsabgabe zu entrichten, deren Form und Höhe in § 10 GAG geregelt ist. Ein die Gebrauchsabgabe vorschreibender Bescheid ist daher dadurch erkennbar, dass er gemäß § 9 GAG iVm § 10 GAG erlassen wird. Ein die Gebrauchsabgabe gemäß § 9 GAG iVm § 10 GAG vorschreibender Bescheid enthält einen Spruch, eine Begründung und eine Rechtsmittelbelehrung; er ist daher ein eigenständiger, von anderen Bescheiden unabhängiger Bescheid. Da der die Gebrauchsabgabe vorschreibende Bescheid ein eigenständiger Bescheid ist, muss er in einem Berichtigungsbescheid eindeutig bezeichnet werden, damit er mit diesem Berichtigungsbescheid berichtigt wird. Wie bereits ausgeführt, wird ein die Gebrauchsabgabe vorschreibender Bescheid durch Nennung seiner Rechtsgrundlagen – und damit durch § 9 GAG iVm § 10 GAG – eindeutig bezeichnet. Da „§ 9 GAG iVm § 10 GAG“ im Spruch des Berichtigungsbescheides nicht zitiert wird, steht nach dessen Wortlaut fest, dass der die Gebrauchsabgabe vorschreibende Bescheid nicht berichtigt worden ist.
III. Für die Aussage im Spruch ist maßgebend, wie der Inhalt objektiv zu verstehen ist, und nicht, wie ihn die Behörde verstanden wissen wollte oder wie ihn der Empfänger verstand (). Eine unrichtige oder unvollständige Willensbildung ist nicht berichtigungsfähig (, 90/13/0243, , 89/13/0113)
Da sich der Bescheidwille aus dem Spruch des Berichtigungsbescheides ergibt und da in diesem Spruch „§ 9 GAG iVm § 10 GAG“ nicht zitiert wird, hat die nach dem Beschwerdevorbringen offenbar gewollte gemeinsame Berichtigung aller am erlassener Bescheide nicht stattgefunden. Es mag sein, dass dem Berichtigungsbescheid eine nicht vollständige Willensbildung zugrunde liegt; sie ist jedoch nach der vorzit. VwGH-Rechtsprechung nicht berichtigungsfähig und wäre – sollte sie dennoch durchgeführt werden – eine nach ständiger VwGH-Rechtsprechung nicht zulässige Ergänzung des Bescheidspruches. In Anwendung der vorzit. VwGH-Rechtsprechung stellt das Bundesfinanzgericht fest, dass der die Gebrauchsabgabe vorschreibende Bescheid durch bloßes „berichtigen wollen“ nicht (mit)berichtigt worden ist.
IV. In , hat der Verwaltungsgerichtshof entscheiden, dass der in der Originalfassung eines Bescheides richtig geschriebene und in seiner vervielfältigten Ausfertigung falsch geschriebene Name des Vorsitzenden eines Landesagrarsenates, der einer Berichtigung nach § 62 Abs 4 AVG zugänglich wäre, auch dann in der „richtigen“, von der Unrichtigkeit bereinigten Fassung zu lesen ist, wenn eine Bescheidberichtigung unterblieben ist.
Die Originalfassung des Berichtigungsbescheides vom ist sein Konzeptausdruck, der dem Bundesfinanzgericht vorliegt. Ein Vergleich des Bescheidspruches aus dem Konzeptausdruck mit dem Bescheidspruch in der vervielfältigten Ausfertigung ergibt eine 100%-ige Übereinstimmung. Da sich der Wortlaut des Bescheidspruches in der Originalfassung des Konzeptausdruckes nicht vom Wortlaut in der vervielfältigten Ausfertigung unterscheidet, ist der Bescheidspruch des Berichtigungsbescheides nicht gemäß § 62 Abs 4 AVG berichtigungsfähig und er ist auch nicht in der Fassung zu lesen, dass der die Gebrauchsabgabe vorschreibende Bescheid berichtigt worden ist.
V. Aus den vor und nach der Verhandlung vorgelegten Unterlagen haben sich keine Anhaltspunkte dafür ergeben, dass der die Gebrauchsabgabe vorschreibende Bescheid mit dem Berichtigungsbescheid richtig gestellt worden ist.
VI. Der in der Verhandlung gestellte Antrag auf Zeugeneinvernahme wird abgewiesen, da die Bf. beantragt hat, diesen Zeugen zum in diesem Beschwerdeverfahren nicht entscheidungsrelevanten Bewilligungsverfahren einzuvernehmen.
VII. Das in der Verhandlung beschriebene edv-Problem ist bei der Eingabe des Bescheidadressaten und nicht bei der in diesem Beschwerdeverfahren entscheidungsrelevanten Eingabe des Bescheidspruches aufgetreten. Für die Entscheidung in diesem Beschwerdeverfahren ist daher dieses edv-Problem nicht entscheidungsrelevant.
Entscheidung:
In dieser Beschwerdesache steht eindeutig fest, dass dem Bundesfinanzgericht eine Beschwerde gegen einen Berichtigungsbescheid vorgelegt worden ist, mit dem ein Bewilligungsbescheid richtig gestellt worden ist. Da Bewilligungsbescheide nicht zu den in § 5 WAOR aufgezählten Rechtssachen gehören, fällt die Entscheidung über die gegen den Berichtigungsbescheid gerichtete Beschwerde nicht in die Zuständigkeit des Bundesfinanzgerichtes.
Gemäß § 260 Abs 1 lit. a Bundesabgabenordnung – BAOidgF ist eine Beschwerde mit Beschluss zurückzuweisen, wenn sie nicht zulässig ist. Eine Beschwerde ist bspw. nicht zulässig, wenn sie bei einem nicht zuständigen Verwaltungsgericht eingebracht oder einem nicht zuständigen Verwaltungsgericht vorgelegt wird.
Von dieser Rechtslage ausgehend ergeht iVm der ggstl. Aktenlage die Entscheidung, dass die Beschwerde vom gemäß § 260 Abs 1 lit a BAO idgF als unzulässig zurück gewiesen wird.
Revision
Da die Beschwerde wegen Unzuständigkeit des Bundesfinanzgerichtes zurückzuweisen ist, sind die ordentliche und die außerordentliche Revision nicht zulässig (Kolonovits/Muzak/Stöger, Verwaltungsverfahrensrecht10 (2014), Rz 1368).
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Landesabgaben Wien |
betroffene Normen | § 90 Abs. 1 StVO 1960, Straßenverkehrsordnung 1960, BGBl. Nr. 159/1960 § 5 WAOR, Wiener Abgabenorganisationsrecht, LGBl. Nr. 21/1962 § 62 Abs. 4 AVG, Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl. Nr. 51/1991 § 260 Abs. 1 lit. a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2015:RV.7400037.2014 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at