Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 06.05.2015, RV/7102102/2015

Zurechnung eines Kinderfreibetrages, obwohl bei der Veranlagung des Ehegatten bereits ein Kinderfreibetrag iHv 220 € je Kind berücksichtigt wurde

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/7102102/2015-RS1
Wurde einem Steuerpflichtigen der Kinderfreibetrag für ein Kind nach § 106 Abs. 1 EStG 1988 iHv 220 € zuerkannt und macht der Ehepartner ebenfalls einen Kinderfreibetrag iHv 220 € geltend, so steht diesem nur ein Freibetrag von 132 € zu. Bei dem bereits veranlagten Ehepartner ist der Kinderfreibetrag, nach Maßgabe der verfahrensrechtlichen Möglichkeiten auf 132 € zu reduzieren.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Dr. R in der Beschwerdesache Bf, Adr, gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 2/20/21/22 vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2013 zu Recht erkannt:

Der Beschwerde wird teilweise stattgegeben.

Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.

Die Bemessungsgrundlage und die Höhe der Einkommensteuer 2013 betragen:


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Bemessungsgrundlage
Abgabe
Jahr
Art
Höhe
Art
Höhe
2013
Einkommen
  15.625,38 €  
Einkommensteuer
1.463,92 €
 
 
 
anrechenbare Lohnsteuer
-1.656,65 €
Festgesetzte Einkommensteuer (gerundet gem. § 39 Abs. 3 EStG 1988)
-193,00 €

Die Berechnung der Bemessungsgrundlage und der Höhe der Abgabe ist dem als Anlage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen, das einen Bestandteil dieses Beschwerdespruches bildet.

Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Die Beschwerdeführerin (Bf.) reichte am die Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 2013 beim Finanzamt Wien 2/20/21/22 ein. Mit Bescheid des Finanzamtes vom wurde die Einkommensteuer für das Jahr 2013 mit 0,00 Euro festgesetzt.

Gegen diesen Bescheid erhob die Bf. fristgerecht Beschwerde und beantragte die Zuerkennung der Kinderfreibeträge iHv jeweils 220 Euro für ihre vier Kinder. Die Kinderfreibeträge seien nicht von ihrem Ehegatten beantragt worden. Weiters brachte sie vor, dass sie im Jahr 2013 auch Anspruch auf den Mehrkindzuschlag habe. Diesen habe sie bereits im Rahmen der Arbeitnehmerveranlagung beantragt.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde vom Finanzamt als unbegründet abgewiesen und ausgeführt, dass die Kinderfreibeträge bereits im Erstbescheid des Ehegatten berücksichtigt worden wären.

Mit Eingabe vom beantragte die Bf. die Entscheidung über die Bescheidbeschwerde durch das Bundesfinanzgericht und legte dem Antrag die Anträge zur Berücksichtigung der Kinderbeiträge bei.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt und Beweiswürdigung

Die Arbeitnehmerveranlagung der Bf. für das Jahr 2013 wurde erklärungsgemäß durchgeführt und die Einkommensteuer mit Bescheid des Finanzamtes vom  mit 0,00 Euro festgesetzt. In der Beschwerde beantragte die Bf. die Gewährung des Kinderfreibetrages iHv jeweils 220 Euro für ihre vier mj. Kinder. Die Arbeitnehmerveranlagung 2013 des Ehegatten der Bf., A, wurde mit Bescheid des Finanzamtes Wien 2/20/21/22 vom  durchgeführt und führte zu einer Gutschrift. Dabei wurden Kinderfreibeträge iHv insgesamt 880 Euro (für vier haushaltszugehörige Kinder) vom Gesamtbetrag der Einkünfte in Abzug gebracht.

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus dem Akteninhalt und ist insoweit unstrittig.

Rechtslage

Gemäß § 106a Abs. 1 EStG 1988 steht für ein Kind im Sinne des § 106 Abs. 1 ein Kinderfreibetrag zu. Dieser beträgt

- 220 Euro jährlich, wenn er von einem Steuerpflichtigen geltend gemacht wird;

- 132 Euro jährlich pro Steuerpflichtigem, wenn er für dasselbe Kind von zwei (Ehe-)Partnern, die mehr als sechs Monate im Kalenderjahr in einem gemeinsamen Haushalt leben, geltend gemacht wird,

- 132 Euro jährlich pro Steuerpflichtigem, wenn einem anderen nicht im selben Haushalt lebenden Steuerpflichtigen für dasselbe Kind ein Kinderfreibetrag nach Abs. 2 zusteht.

Gem. Abs. 4 leg.cit. wird der Kinderfreibetrag im Rahmen der Veranlagung zur Einkommensteuer berücksichtigt. In der Steuererklärung ist die Versicherungsnummer (§ 31 ASVG) oder die persönliche Kennnummer der Europäischen Krankenversicherungskarte (§ 31a ASVG) jedes Kindes, für das ein Kinderfreibetrag geltend gemacht wird, anzuführen.

Der Gesetzgeber hat vorgesehen, dass der Kinderfreibetrag aufgeteilt werden kann. Es liegt in der Disposition der (Ehe-)Partner, ob nur ein Partner einen Freibetrag von 220 € beanspruchen will oder ob beide Partner einen Freibetrag von je 132 €, zusammen 264 €, geltend machen. Durch den erhöhten Freibetrag (von in Summe 120%) bei beidseitiger Inanspruchnahme sollen Anreize für das Erwerbsleben der Frau, insbesondere für die Aufnahme einer existenzsichernden Vollzeittätigkeit gesetzt werden (Erläuterungen zur Regierungsvorlage des StRefG 2009).

Wie sich aus dem Akteninhalt ergibt, wurden im Rahmen der Arbeitnehmerveranlagung des A die Freibeträge iHv 220 Euro für alle vier Kinder, insgesamt 880 Euro, berücksichtigt. Ungeachtet dessen beantragt auch die Bf. die Gewährung des Kinderfreibetrages iHv 220 Euro für jedes Kind.

Der Kinderfreibetrag steht in unterschiedlicher Höhe zu: er beträgt 220 Euro, wenn er "von einem Steuerpflichtigen" (dh. einem einzigen Steuerpflichtigen) in Anspruch genommen wird, hingegen 132 Euro jährlich pro Steuerpflichtigen, wenn er "für dasselbe Kind von zwei Ehepartnern" in Anspruch genommen wird.

Da die Geltendmachung des Freibetrags in der Disposition der Ehegatten steht, verlangt das Gesetz auch eine dahin gehende Äußerung des bzw. der Steuerpflichtigen. Die Geltendmachung des Freibetrags ist weder befristet noch unwiderruflich.

Im vorliegenden Fall wird der Kinderfreibetrag von zwei Anspruchsberechtigten geltend gemacht, sodass er nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut pro Steuerpflichtigem 132 Euro je Kind beträgt. Durch die bereits erfolgte Gewährung der Kinderfreibeträge iHv insgesamt 880 Euro bei der Einkommensteuerveranlagung des Ehegatten der Bf. verliert diese den Anspruch auf Zuerkennung des Kinderfreibetrages nicht. Machen beide Elternteile den Kinderfreibetrag geltend, dann steht vielmehr beiden Ehepartnern ein Betrag von 132 Euro pro Kind jährlich zu.

Da die Voraussetzungen für die Gewährung eines Kinderfreibetrages iHv 132 Euro je Kind, insgesamt 528 Euro, bei der Bf. vorliegen, war der Einkommensteuerbescheid entsprechend abzuändern.

Allerdings werden die im Zuge der Einkommensteuerveranlagung des A in voller Höhe zuerkannten Kinderfreibeträge nach Maßgabe der verfahrensrechtlichen Möglichkeiten (§ 295a BAO) auf 132 Euro je Kind zu reduzieren sein (Wanke in Wiesner/Grabner/Wanke, EStG, § 106a, Anm 12)  

Was den Antrag auf Gewährung des Mehrkindzuschlages betrifft, so wird darüber mit einem gesonderten, vom Einkommensteuerbescheid unabhängigen Bescheid abgesprochen, der auch gesondert rechtsmittelfähig ist (vgl. Csaszar/Lenneis/Wanke, FLAG, § 9c, Rz 13).

Unzulässigkeit einer Revision

Eine Revision ist nicht zulässig, da die Rechtsfrage im Gesetz so eindeutig geklärt und gelöst ist, dass nur eine Möglichkeit der Auslegung in Betracht zu ziehen ist.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Schlagworte
Kinderfreibetrag
Zitiert/besprochen in
ECLI
ECLI:AT:BFG:2015:RV.7102102.2015

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at