Bescheidbeschwerde – Einzel – Beschluss, BFG vom 28.05.2015, RV/5200050/2012

Aufhebung unter Zurückverweisung an die Abgabenbehörde wegen unterlassener Ermittlungen

Entscheidungstext

BESCHLUSS

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Ri. in der Beschwerdesache A., AdrA, vertreten durch Doralt Seist Csoklich, Rechtsanwalts-Partnerschaft, Währingerstraße 2-4, 1090 Wien, gegen den Bescheid des Zollamtes Feldkirch Wolfurt vom , Zl. 920000/0/2009, betreffend Vorschreibung Einfuhrumsatzsteuer zu CRN 1, 2, 3 und 4, beschlossen:

Der angefochtenen Bescheid (und die Berufungsvorentscheidung vom , Zl. 920000/5/2009) werden, soweit sie die Vorschreibung Einfuhrumsatzsteuer zu CRN 1, 2, 3 und 4, betreffen, gem. § 278 Abs. 1 BAO unter Zurückverweisung der Sache an die Abgabenbehörde aufgehoben.


Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Mit Bescheid vom , Zl. 920000/0/2009, forderte das Zollamt Feldkirch Wolfurt betreffend der Anmeldungen CRN 1, 2, 3 und 4 Einfuhrumsatzsteuer gem. Art. 204 ZK nach.

Begründend wurde ausgeführt, dass vom 14.4.bis von der Beschwerdeführerin (Bf.) Mobiltelefone zur Überführung in den freien Verkehr mit anschließender innergemeinschaftlicher Lieferung (Versender: CH, Lugano/Empfänger: CH Ausl. Steuerkonto UID DE), angemeldet worden seien.

Die Waren seien lt. Rechnungen der CH, Lugano, an die in P-AdrMadeira ansässige Fa. PT verkauft worden. Zustelladresse sei die Spedition IT, in Fiumicino/Italien.

Aus den Akten sei zu entnehmen, dass zwar CH als Empfänger in den Anmeldungen eingetragen, Rechnungsempfänger sei aber die Fa. PT, bei der es sich laut Auskunft der portugiesischen Behörden um eine conduit company, die fast ausschließlich an Firmen in Italien weiterfakturiere, gehandelt habe. Eine conduit company (oder internationaler Buffer) sei eine Firma, die Waren ohne oder mit geringem Aufschlag in einen anderen Mitgliedsstaat verkauft. Die Abnehmer seien entweder ebenfalls conduits oder häufiger missing trader.
Eine mißbräuchliche Berufung auf das Gemeinschaftsrecht sei nicht erlaubt ( und C-440/04, Rn 54).

Nach dem Urteil des deutschen Bundesgerichtshof vom , 5 StR 550/97, liegen die Voraussetzungen für die EUSt-freie Abfertigung von Waren nach §§ 5, 6a (deutsches) UStG nicht vor, wenn die Warenbewegungen nur zum Schein vorgenommen werden, diesen also keine echten Handelsgeschäfte zugrunde liegen. In diesen Fällen handeln die Lieferanten und Empfänger nur als Strohmännder der Hinterleute, die diese Geschäfte organisieren und beherrschen. Sie sind keine Unternehmer im Sinne der vorbezeichneten Umsatzsteuervorschriften. Im Anschluß an die Einfuhrabfertigungen werden somit auch nicht die vorgeschriebenen innergemeinschaftlichen Lieferungen ausgeführt. Die Voraussetzungen für die Steuerbefreiung gem. Art. 6 (3) iVm. Art. 7 (1) Z 2 a) bzw. (2) Z1 UStG seien nicht gegeben. Die Steuerschuld sei daher gem. Art. 204 (1) ZK  iVm. § 2 (1) ZollR-DG entstanden.

Gem. § 74 (2) ZollR-DG betrage die Verjährungsfrist für hinterzogene Abgaben zehn Jahre, wenn im Zusammenhang mit diesen Abgabenansprüchen ein ausschließlich vor einem Gericht oder einem Spruchsenat zu verfolgendes Finanzvergehen begangen werde. Hinterzogen sind die Abgaben dann, wenn Vorsatz vorliege, dieser sei hier zu bejahen. Daher seien auch die Fälle von 2006 vorzuschreiben.

In der gegen den Bescheid erhobenen Berufung (nunmehr Beschwerde) vom brachte die Beschwerdeführerin (Bf). betreffend der Warenempfängerin Fa. CH vor, eine Vorschreibung hätte wegen eingetretener Verjährung nicht erfolgen dürfen. Vom Zollamt seien keine Feststellungen getroffen worden, dass im Zusammenhang mit den verfahrensgegenständlichen Sendungen ein vorsätzliches Finanzvergehen begangen worden sei.

Mit Berufungsvorentscheidung vom , Zl. 920000/5/2009, wies das Zollamt die Berufung (betreffend der Vorschreibungen zu den o.a. Anmeldungen) unter Hinweis auf Entscheidungen des UFS zur Vertrauensschutzbestimmung sowie zur Steuerschuldentstehung nach Art. 201 ZK als unbegründet ab. Zur Verjährungseinrede wurde auf die Begründung des Erstbescheides und auf die Begründung in der Entscheidung des UFS ZRV/0130-Z2L/10 verwiesen, ohne auf den Einwand der Bf. näher einzugehen.

In der dagegen eingebrachten Beschwerde (Vorlageantrag) brachte die Bf. vor, das Zollamt habe, ohne Beweisergebnisse konkret anzuführen, den Bescheid unter Hinweis auf den Anmeldungen zu Grunde liegenden Umsatzsteuerkarussellbetrug als unbegründet abgewiesen. Weiters wurden noch umfangreiche Ausführungen zum Vertrauensschutz nach Art. 7 Abs. 4 UStG sowie der ihrer Ansicht zu Unrecht nicht angewandten Bestimmung des § 71 a ZollR-DG ausgeführt.

Dazu wurde erwogen:

1. Zuständigkeit:

Gemäß § 323 Abs. 38 erster Satz BAO idF BGBl I Nr. 70/2013 sind die am bei dem unabhängigen Finanzsenat als Abgabenbehörde zweiter Instanz anhängigen Berufungen und Devolutionsanträge vom Bundesfinanzgericht als Beschwerden im Sinn des Art. 130 Abs. 1 B-VG zu erledigen.

Entsprechend dieser Übergangsbestimmung fällt die am beim unabhängigen Finanzsenat anhängig gewesene Beschwerde vom nunmehr in den Zuständigkeitsbereich des Bundesfinanzgerichtes und ist von diesem als Beschwerde im Sinn des Art. 130 Abs. 1 B-VG zu erledigen.

2. Sachverhalt:

Am 14., 21. und sowie am beantragte die Bf., ein Speditionsunternehmen, unter Verwendung ihrer in Österreich erteilten Sonder UID Nr. ATU6 als indirekte Vertreterin der CH, AdrCH Lugano, mit deutscher UID Nr. DE, Mobiltelefone zur Überführung in den freien Verkehr mit anschließender innergemeinschaftlicher Lieferung.

Als Versender/Ausführer (Feld 2) wurde jeweils die Fa. CH, AdrCH Lugano, und als Warenempfänger ebenfalls die CH, AdrCH Lugano, jedoch mit ihrer in Deutschland erteilten UID Nr. DE erklärt.

Als Bestimmungsland (Feld 17) wurde Portugal (PT) angegeben.

Den den Anmeldungen beigelegten Rechnungen ist zu entnehmen, dass die Mobiltelefone von der Fa. CH, AdrCH Lugano an die PT, AdrM, P-9000001 Funchal-Madeira, verkauft wurden. Als Lieferadresse war die Spedition IT, AdrIT, 00054 Fiumicino, Lieferbedingung: FOB Franco Lugano, angegeben.

Der Vertreter der Bf. legte eine Kopie der Umsatzsteuer Anmeldung (zusammenfassende Meldung für das 1. und 2. Quartal 2006, UID Nr DE) der CHvor,worin diese innergemeinschaftliche Warenlieferungen an die der PT erteilten UID Nr. 7 aufscheinen.

3. Gesetzliche Grundlagen:

Art. 204 ZK lautet:

(1) Eine Einfuhrzollschuld entsteht, wenn in anderen als den in Artikel 203 genannten Fällen a) eine der Pflichten nicht erfüllt wird, die sich bei einer einfuhrabgabenpflichtigen Ware aus deren vorübergehender Verwahrung oder aus der Inanspruchnahme des Zollverfahrens, in das sie übergeführt worden ist, ergeben, oder b) eine der Voraussetzungen für die Überführung einer Ware in das betreffende Verfahren oder für die Gewährung eines ermäßigten Einfuhrabgabensatzes oder einer Einfuhrabgabenfreiheit aufgrund der Verwendung der Ware zu besonderen Zwecken nicht erfüllt wird, es sei denn, dass sich diese Verfehlungen nachweislich auf die ordnungsgemäße Abwicklung der vorübergehenden Verwahrung oder des betreffenden Zollverfahrens nicht wirklich ausgewirkt haben.

(2) Die Zollschuld entsteht in dem Zeitpunkt, in dem die Pflicht, deren Nichterfüllung die Zollschuld entstehen lässt, nicht mehr erfüllt wird, oder dem Zeitpunkt, in dem die Ware in das betreffende Zollverfahren übergeführt worden ist, wenn sich nachträglich herausstellt, dass eine der Voraussetzungen für die Überführung dieser Ware in das Verfahren oder für die Gewährung eines ermäßigten Einfuhrabgabensatzes oder einer Einfuhrabgabenfreiheit aufgrund der Verwendung der Ware zu besonderen Zwecken nicht wirklich erfüllt war.

(3) Zollschuldner ist die Person, welche die Pflichten zu erfüllen hat, die sich bei einer einfuhrabgabenpflichtigen Ware aus deren vorübergehender Verwahrung oder aus der Inanspruchnahme des betreffenden Zollverfahrens ergeben, oder welche die Voraussetzungen für die Überführung der Ware in dieses Zollverfahren zu erfüllen hat.

Gem. § 71a ZollR-DG schuldet in den Fällen einer Befreiung von der Einfuhrumsatzsteuer nach Art. 6 Abs. 3 UStG 1994 eine nach Art. 204 Abs. 1 ZK entstandene Einfuhrumsatzsteuerschuld auch der Anmelder, wenn er nicht bereits nach Art. 204 Abs. 3 ZK als Schuldner in Betracht kommt. Die Bf. war im Beschwerdefall die Anmelderin der in Rede stehenden Waren und damit Gesamtschuldnerin.

Gem. Art. 221 Abs. 3 ZK darf die Mitteilung an den Zollschuldner nach Ablauf einer Frist von drei Jahren nach dem Entstehen der Zollschuld nicht mehr erfolgen.

Ist die Zollschuld aufgrund einer Handlung entstanden, die zu dem Zeitpunkt, als sie begangen wurde, strafbar war, so kann die Mitteilung unter den Voraussetzungen, die im geltenden Recht festgelegt sind, noch nach Ablauf der Dreijahresfrist nach Abs. 3 erfolgen.

Die Verlängerung der Festsetzungsfrist richtet sich nach einzelstaatlichem Recht.

Gem. §§ 207 Abs. 2, 209 BAO iVm. § 74 Abs. 2 ZollR-DG beträgt die Frist für hinterzogenen Abgaben 10 Jahre. "Hinterzogen" bedeutet in diesem Zusammenhang, dass es sich um ein vorsätzliches Finanzvergehen handeln muss, welches im Zusammenhang mit den Abgabenansprüchen verfolgt wird.

Ob eine Abgabe als hinterzogen anzusehen ist, ist eine Vorfrage, für deren Beantwortung ein rechtskräftiger Schuldspruch im Finanzstrafverfahren nicht erforderlich ist. Nicht erforderlich ist, dass bei Vorliegen eines Gesamtschuldverhältnisses alle beteiligten Gesamtschuldner die Abgaben hinterzogen haben ().

Gemäß § 35 Abs. 2 FinStrG macht sich der Hinterziehung von Eingangs- oder Ausgangsabgaben schuldig, wer, ohne den Tatbestand des Abs. 1 zu erfüllen, vorsätzlich unter Verletzung einer zollrechtlichen Anzeige-, Offenlegungs- oder Wahrheitspflicht eine Verkürzung von Eingangs- oder Ausgangsabgaben bewirkt. Die Abgabenverkürzung ist bewirkt, wenn eine entstandene Eingangs- oder Ausgangsabgabenschuld bei ihrer Entstehung nicht oder zu niedrig festgesetzt wird und in den Fällen des § 33 Abs. 3 lit. b bis f.

Nicht nur der unmittelbare Täter begeht das Finanzvergehen, sondern gemäß § 11 FinStrG auch jeder, der einen anderen dazu bestimmt, es auszuführen, oder sonst zu seiner Ausführung beiträgt.

4. Durchführung eines Ermittlungs- und Beweisverfahrens:

Die Abgabenbehörden haben gemäß § 115 BAO die abgabepflichtigen Fälle zu erforschen und von Amts wegen die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse zu ermitteln, die für die Abgabepflicht und die Erhebung der Abgaben wesentlich sind. Angaben der Abgabepflichtigen und amtsbekannte Umstände sind auch zugunsten der Abgabepflichtigen zu prüfen und zu würdigen.

Nach § 183 Abs. 1 BAO sind Beweise von Amts wegen oder auf Antrag aufzunehmen.

Das Zollamt geht davon aus, dass die CH sowie die Fa. PT vorsätzlich an einem Umsatzsteuerkarussell beteiligt waren.

In der Begründung des angefochtenen Bescheides stellte das Zollamt fest, dass es sich bei der PT "nach den Auskünften der PT-Behörden um eine conduit company handelt, die fast ausschließlich an Firmen in Italien weiterfakturierte".

Im Bericht der auf der Grundlage der VO 413/98 ergangenen Ermittlungen der portugiesischen Behörden zur Fa. PT wurde unter Pkt. 4.3 Stand der Buchhaltung und Erfüllung der Erklärungspflichten festgestellt:

"Die Erklärungspflichten wurden rechtzeitig erfüllt."

Unter 5.1 Bezüglich der Tätigkeit der Gesellschaft "PTT".

4. "Die Art der praktizierten Geschäftstätigkeiten und deren Merkmale verweisen in starkem Maße auf die Möglichkeit, dass "PTT" der Betreiber (event. auch: Beteiligte) einer "conduit company" (etwa: Durchlaufgesellschaft) ist."

Die seitens des Zollamtes getroffene Feststellung, bei der Fa. PT handle es sich um eine conduit company entspricht daher in dieser Form nicht dem Ermittlungsergebnis. Die portugiesischen Behörden haben lediglich von der auf Grund der festgestellten Geschäftstätigkeit sich ergebenden Hinweise auf eine conduit Gesellschaft gesprochen, aber keine gesicherten Beweise für diese Annahme mitgeteilt.

Da die portugiesischen Behörden lediglich auf die Möglichkeit, dass die PT eine conduit Gesellschaft ist, hingewiesen haben, müssen diese Angaben erneut in Portugal überprüft werden. Insbesondere deshalb, da die Abfrage der der PT erteilten UID Nr. 7 am ergeben hat, dass diese UID Nr. seit bis lfd. nach wie vor gültig ist.

Hinsichtlich der im Schreiben an den Vertreter der Bf. vom , 920000/8/2009, angekündigten Ermittlungsergebnisse betreffend CH (auf Grund eines dtsch. AHE am soll eine Hausdurchsuchung stattgefunden und der Geschäftsführer einvernommen worden sein) konnte das Zollamt diese Unterlagen bis dato nicht vorlegen. Im übrigen können Ermittlungsergebnisse, die die deutschen Zollbehörden durch Amtshilfeersuchen von der Schweiz erhalten haben, nur mit Zustimmung der Schweiz für das österreichische Ermittlungsverfahren verwendet werden.

Für die Beurteilung der Frage, ob im gegenständlichen Fall die zehnjährige Verjährungsfrist des § 74 Abs. 2 ZollR-DG zur Anwendung gelangt, ist erforderlich, dass der Zollschuldner oder andere an der Tat Beteiligte vorsätzliche Abgabenhinterziehungen begangen haben. Dazu bedarf es konkreter Feststellungen zum Vorliegen des objektiven Tatbestandes (Verkürzung von Eingangsabgaben) als auch dessen vorsätzlicher Verwirklichung.

Diese Ermittlungen hat das Zollamt bisher nicht durchgeführt sondern nur allgemein auf Entscheidungen des EuGH verwiesen.

Aus dem vorgelegten Akt ergeben sich Hinweise auf einen großangelegten Umsatzsteuerkarusselbetrug der beteiligten Unternehmen. Die Mitteilung der portugiesischen Zollverwaltung, es handle sich bei PT möglicherweise um eine Conduit Gesellschaft ist, insbesondere wegen deren nach wie vor gültiger UID Nr. nicht ausreichend für die Annahme der vorsätzlichen Beteiligung an einem Karussellbetrug. Hinsichtlich der CH gibt es bis dato ebenfalls lediglich Vermutungen ohne konkrete Feststellungen.

Es ist daher erforderlich, im Amtshilfeweg in Portugal zu ermitteln, ob sich die Vermutungen, bei der PTT handle es sich um eine conduit Gesellschaft, bestätigt haben. Dies unter dem Gesichtspunkt, dass die in den Anmeldungen erklärte UID Nr. nach wie vor aufrecht ist.

Weiters ist mittels AHE in der Schweiz zu überprüfen, ob die CH Teil des vom Zollamt vermuteten Umsatzsteuerbetrugskarussells ist und deren Geschäftsführer zu den Geschäften mit der PT zu vernehmen.

Auch die der CH erteilte UID DE war bei der Abfrage am (seit bis lfd.) gültig. Dies steht im Widerspruch zur Annahme, dass es sich um ein betrügerisches Unternehmen handelt.

Aufgrund des Fehlens von Sachverhaltsermittlungen im Sinne des § 115 Abs. 1 BAO und des  gänzlichen Fehlens der damit verbundenen Beweisaufnahmen im Sinne des § 183 Abs. 1 BAO kann letztlich vom Bundesfinanzgericht nicht beurteilt werden, ob eine Zollschuld nach Art. 204 ZK entstanden ist und die Verjährungsfrist des § 74 Abs. 2 ZollR-DG bei hinterzogenen Eingangs- und Ausgangsabgaben, wenn im Zusammenhang mit diesen Abgabenansprüchen ein ausschließlich vor einem Gericht oder einem Spruchsenat zu verfolgendes Finanzvergehen begangen worden ist, zur Anwendung kommt oder nicht.

Somit ist der für die Entscheidung über die Beschwerde wesentliche Sachverhalt nicht erhoben und sind wesentliche Ermittlungen unterlassen worden. Würde das Bundes­finanzgericht im beschwerdegegenständlichen Fall die fehlenden Ermittlungen erstmals durchführen (ohne über einen entsprechenden Ermittlungsapparat zu verfügen), würde dies zu einer nicht unbeträchtlichen Verfahrensverzögerung führen, weil alle Ermittlungsergebnisse immer der jeweils anderen Verfahrenspartei zur Stellungnahme bzw. Gegenäußerung unter Beachtung des Parteiengehörs iSd § 115 Abs. 2 BAO zur Kenntnis gebracht werden müssen.

5. Aufhebung und Zurückverweisung:

Ist die Bescheidbeschwerde mit Beschluss des Verwaltungsgerichtes

a) weder als unzulässig oder nicht rechtzeitig eingebracht zurückzuweisen (§ 260) noch

b) als zurückgenommen (§ 85 Abs. 2, § 86a Abs. 1) oder als gegenstandslos (§ 256 Abs. 3, § 261) zu erklären,

so kann das Verwaltungsgericht nach § 278 Abs. 1 BAO idF BGBl I 2013/14 mit Beschluss die Beschwerde durch Aufhebung des angefochtenen Bescheides und allfälliger Beschwerdevorentscheidungen unter Zurückverweisung der Sache an die Abgabenbehörde erledigen, wenn Ermittlungen (§ 115 Abs. 1) unterlassen wurden, bei deren Durchführung ein anders lautender Bescheid hätte erlassen werden oder eine Bescheiderteilung hätte unterbleiben können. Eine solche Aufhebung ist unzulässig, wenn die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Durch die Aufhebung des angefochtenen Bescheides tritt das Verfahren gemäß Abs. 2 leg.cit. in die Lage zurück, in der es sich vor Erlassung dieses Bescheides befunden hat.

Für die Zurückverweisung spricht der Umstand, dass es Sache des Zollamtes ist, den entscheidungswesentlichen Sachverhalt zu ermitteln ().

Primäre Aufgabe von Rechtsmittelbehörden ist hingegen die Überprüfung der Sachverhaltsfeststellungen und rechtlichen Würdigung der Vorinstanz. Daher erscheint es zweckmäßig, dass diese Ermittlungen von der Berufungsbehörde der ersten Rechtsstufe, die über einen entsprechenden Erhebungsapparat verfügt, nachgeholt werden.

Gegen die Verfahrensergänzung durch die Berufungsbehörde der zweiten Stufe spricht zudem der Umstand, dass im Hinblick auf das kontradiktorische Rechtsmittelverfahren alle Beweisergebnisse erst der Amtspartei zur allfälligen Stellungnahme wiederum vorgehalten werden müssten, weshalb auch prozessökonomische Gründe für die Aufhebung unter Zurückverweisung an die Vorinstanz sprechen.

Einer aufgrund vorstehender Zweckmäßigkeitsüberlegungen angedachten Aufhebung des angefochtenen Bescheides stehen auch Billigkeitsgründe nicht entgegen, da der Bf dadurch der volle Instanzenzug für eine Aufhebung des angefochtenen Bescheides zugute kommen würde.

Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gem. § 274 Abs. 3 Z 3 und Abs. 5 BAO abgesehen werden.

6. Revision:

Gemäß Art. 133 Abs. 4 iVm Abs. 9 B-VG ist gegen einen Beschluss des Verwaltungsgerichtes eine Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil der Beschluss von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage nicht einheitlich beantwortet wird.

Die Formalerledigung der Aufhebung und Zurückverweisung bei Unterlassung wesentlicher Ermittlungen hat grundsätzlich Eingang in die höchstgerichtliche Judikatur gefunden (vgl. zB , ). Die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist nicht als uneinheitlich zu bezeichnen und die vorliegende Entscheidung berücksichtigt die Überlegungen des Verwaltungsgerichtshofes zu Formalerledigungen der Aufhebung und Zurückverweisung bei Unterlassung wesentlicher Ermittlungen. Die Revision ist somit im gegenständlichen Fall nicht zulässig.

Salzburg-Aigen, am

Zusatzinformationen


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Materie
Zoll
betroffene Normen
§ 278 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
ECLI
ECLI:AT:BFG:2015:RV.5200050.2012

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at