Keine Berücksichtigung von Begräbniskosten als außergewöhnliche Belastung, wenn diese im Nachlass Deckung finden
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Dr. R in der Beschwerdesache Bf, Adr, vertreten durch die Stb GmbH, W, gegen den Bescheid des FA Wien 2/20/21/22 vom betreffend Einkommensteuer 2011 zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.
Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Im Zuge der Arbeitnehmerveranlagung 2011 beantragte der Beschwerdeführer (Bf.) die Berücksichtigung von Begräbniskosten iHv 14.813,65 als außergewöhnliche Belastung.
Über Vorhalt des Finanzamtes gab der Bf. bekannt, dass die erbliche Witwe des am xxxx verstorbenen A laut Erbteilsübereinkommen verpflichtet gewesen sei, der mj. Tochter B den Betrag von 64.337,80 Euro, der nachweislich im Nachlassvermögen nicht vorhanden war, auf ein gesperrtes Sparbuch zu überweisen. Die Witwe habe also auf eigene Barmittel zugreifen müssen und sei darüber hinaus nicht in der Lage gewesen, die mit dem Nachlass verbundenen Kosten zu tragen. Gem. § 34 Abs. 3 wäre der Bf. als Stiefvater des Verstorbenen aus sittlichen Gründen verpflichtet gewesen, diese Kosten für den Nachlass zu übernehmen. Da der Bf. zusätzlich als Kollisionskurator bestellt gewesen sei, wäre seine moralische Verpflichtung, Kosten zu übernehmen, damit überhaupt ein Nachlass eingeantwortet werden könne, noch größer gewesen.
Weiters legte der Bf. den Einantwortungsbeschluss des BG Floridsdorf vom samt Protokoll und Erbteilungsübereinkommen vom vor.
Mit Bescheid vom wurde die Einkommensteuer 2011 mit -440 Euro fetstgesetzt. Die geltend gemachten Begräbniskosten wurden mit der Begründung, dass diese nur insoweit eine außergewöhnliche Belastung darstellten, als sie nicht aus dem Nachlass bestritten werden können, nicht anerkannt.
Gegen den Einkommensteuerbescheid wurde rechtzeitig Berufung (Beschwerde) erhoben und vorgebracht, dass zwar - wie in der Bescheidbegründung vom Finanzamt ausgeführt - die Begräbniskosten aus dem Nachlass zu decken gewesen wären; allerdings habe kein Zugriff auf diesen bestanden, sodass sich der Bf. moralisch verpflichtet gefühlt habe, die Begräbniskosten zu übernehmen.
Da durch die Einantwortung an die mj. Tocher deren Erbteil unangetastet habe bleiben müssen, habe es kein Vermögen mehr gegeben, das in der Lage gewesen wäre, die Begräbniskosten zu decken.
Mit Berufungsvorentscheidung vom wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen und im Wesentlichen ausgeführt, dass im gegenständlichen Falll die Nachlassaktiva die Nachlasspassiva inklusive der Begräbniskosten überwiegten. Die Begräbniskosten fänden daher im Nachlass ihre gänzliche Deckung und komme die Berücksichtigung einer außergewöhnlichen Belastung nicht in Betracht. Insoweit fehle es an der Zwangsläufigkeit. Unerheblich sei dabei, wie die Nachlassaktiva tatsächlich verwendet wurden.
Im Vorlageantrag vom wurde eingewendet, dass die Belehrung des Finanzamtes, wonach die Begräbniskosten gem. § 549 ABGB zu den bevorrechteten Nachlassverbindlichkeiten zählen würden, zwar zutreffen möge, aber das Nachlassgericht habe dies leider anders gesehen. Da es sich zudem bei der Begünstigten aus dem Nachlass um eine Minderjährige handle und der Bf. gar nicht Begünstigter gewesen sei, sondern nur aus moralischen Gründen die Begräbniskosten getragen habe, sei sowohl die Zwangsläufigkeit als auch die Chancenlosigkeit, dass der Bf. die verausgabten Kosten rückfordern könne, gegeben.
Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
Sachverhalt
Der Bf. hat die Kosten für das Begräbnis seines Stiefsohnes A iHv 14.813,65 Euro übernommen. A hat Aktiva iHv insgesamt 120.362,38 Euro hinterlassen, die Passiva wurden mit 17.001,42 Euro festgestellt. Abzüglich der Verfahrenskosten betrug der Nachlass des Verstorbenen 96.506,71 Euro, wovon ein Drittel auf die erbliche Witwe und zwei Drittel auf die erbliche Tochter entfielen. Sämtliche Nachlassaktiven wurden von der erblichen Witwe übernommen; diese hat sich verpflichtet, den Erbteil der Tochter iHv 64.125,09 (64.337,80 abzüglich eines der Tochter bereits übergebenen Sparbuches iHv 212,71 Euro) auf ein Sparbuch zu erlegen.
Beweiswürdigung
Der festgestellte Sachverhalt gründet sich auf das Vorbringen des Bf. und auf die im Zuge des Verfahrens vorgelegten Unterlagen, insbesondere den Einantwortungsbeschluss und das Protokoll sowie Erbteilungsübereinkommen vom
Rechtslage
Gemäß § 34 Abs. 1 EStG 1988 sind bei Ermittlung des Einkommens (§ 2 Abs.2) eines unbeschränkt Steuerpflichtige nach Abzug der Sonderausgaben (§ 18) außergewöhnliche Belastungen abzuziehen. Die Belastung muss folgende Voraussetzungen erfüllen:
Sie muss außergewöhnlich sein (Abs. 2),
sie muss zwangsläufig erwachsen (Abs. 3) und
sie muss die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigen (Abs. 4).
Die Belastung darf weder Betriebsausgaben, Werbungskosten noch Sonderausgaben sein.
Gemäß § 34 Abs. 2 EStG ist die Belastung außergewöhnlich, soweit sie höher ist als jene, die der Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse erwächst. § 34 Abs. 3 EStG regelt, dass die Belastung dem Steuerpflichtigen zwangsläufig erwächst, wenn er sich ihr aus tatsächlichen, rechtlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann. § 34 Abs. 4 EStG bestimmt, dass die Belastung wesentlich die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit beeinträchtigt, soweit sie einen vom Steuerpflichtigen von seinem Einkommen vor Abzug der außergewöhnlichen Belastungen zu berechnenden Selbstbehalt übersteigt.
Begräbniskosten einschließlich der Kosten für die Errichtung eines Grabmals können insoweit eine außergewöhnliche Belastung sein, als sie durch das zum Verkehrswert bewertete Nachlassvermögen nicht gedeckt sind (vgl. ; , 92/13/0261).
Wie bereits das Finanzamt zutreffend angeführt hat, sind bei vorhandenen Nachlassaktiva die Begräbniskosten vorrangig mit diesen gegenzuverrechnen (§ 549 ABGB). Übersteigt der Wert des reinen Nachlasses die bevorrechteten Nachlassverbindlichkeiten, so liegt eine außergewöhnliche Belastung nicht vor.
Aus dem vom Bf. vorgelegten Verlassenschaftsinventar vom geht zweifelsfrei hervor, dass die Nachlassaktiva jedenfalls ausgereicht hätten, die Begräbniskosten zu begleichen. Dies wird vom Bf. auch gar nicht in Abrede gestellt. Vielmehr wendet er ein, dass auf Grund der Einantwortung (von 2/3 Anteilen) des Nachlasses an die mj. Tochter kein Vermögen mehr vorhanden gewesen sei und er sich daher moralisch verpflichtet gefühlt habe, die Kosten für die Witwe zu übernehmen.
Abgesehen davon, dass auf Grund des Erbteilungsübereinkommens die Witwe des Erblassers die rechtliche und wohl auch sittliche Verpflichtung traf, die in Rede stehenden Begräbniskosten aus dem geerbten Nachlassvermögen zu bestreiten, ist dem Vorbringen des Bf. entgegenzuhalten, dass der Steuerpflichtige sich dem Aufwand aus tatsächlichen, rechtlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen können darf (vgl. ).
Aufwendungen, die freiwillig geleistet wurden, bilden daher keine außergewöhnlichen Belastungen, auch dann nicht, wenn die Zahlung für einen Nahestehenden übernommen wurde (vgl. ; , 2006/13/0081; , 2001/14/0218).
Eine sittliche Verpflichtung liegt nur dann vor, wenn die Übernahme der Aufwendungen "nach dem Urteil billig und gerecht denkender Personen" (objektiv) durch die Sittenordnung geboten erscheint. Es reicht nicht aus, dass sich der Steuerpflichtige zur Tätigung der Aufwendungen sittlich verpflichtet fühlt (Wanke in Wiesner/Grabner/Wanke, EStG § 34 Anm 34).
Auch kann derjenige, der die Begräbniskosten tatsächlich getragen hat, nicht aber Erbe ist oder dem nicht der Nachlass an Zahlungs statt überlassen wurde – soweit entsprechende Nachlassaktiva vorhanden sind – die Rückerstattung von demjenigen, dem die Nachlassaktiva zugekommen sind, verlangen und ist somit zumeist nicht endgültig belastet (Wanke a.a.O., § 34 Anm 78 " Begräbniskosten" unter Verweis auf ; ebenso Jakom/Baldauf EStG, 2014, § 34 Rz 90 unter Verweis auf -G/12).
Unterlässt er dies, liegt ein Verhalten vor, zu dem er sich aus freien Stücken entschlossen hat, was nach ständiger Rechtsprechung des VwGH dazu führt, dass die Kosten mangels Zwangsläufigkeit nicht abzugsfähig sind (Wanke, a.a.O., § 34 Anm 26).
Der Bf. hat aus freien Stücken, insbesondere zur Unterstützung der Witwe des Erblassers, die Begräbniskosten übernommen. Auch wenn dies durchaus menschlich verständlich erscheinen mag, so lag eine Zwangsläufigkeit der Übernahme dieser Kosten, wie vom Gesetz gefordert, jedenfalls nicht vor.
Da die in Streit stehenden Begräbniskosten in den übernommenen Nachlassaktiva Deckung fanden und dem Bf. nicht zwangsläufig erwachsen sind, war die Beschwerde abzuweisen.
Revision:
Gem. Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Aufgrund der angeführten, klaren Rechtsprechung zum streitgegenständlichen Beschwerdepunkt ist eine Revision nicht zulässig.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 34 Abs. 3 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 34 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2015:RV.7102344.2013 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at