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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 30.04.2015, RV/1100022/2012

Zeitpunkt der Betriebseröffnung

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Dr. Gerald Daniaux in der Beschwerdesache a, vertreten durch Maga Susanne Penz, Steuerberaterin und Wirtschaftstreuhänderin in 6900 Bregenz, Kirchstraße 11, gegen den Bescheid des Finanzamtes Bregenz vom betreffend Einkommensteuer 2010 zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) unzulässig.

Entscheidungsgründe

Die Beschwerdeführerin (Bf.) hat im Jahr 2003 ein Kosmetikstudio in b eröffnet, welchen Betrieb sie im Jahr 2010 veräußerte. Bei dem ermittelten Veräußerungsgewinn wurde für das Veranlagungsjahr 2010 die Verteilungsbegünstigung gemäß § 37 Abs. 2 EStG 1988 in Anspruch genommen und der Gewinn auf drei Jahre verteilt.

Im Jahr 2011 hat durch das Finanzamt eine Außenprüfung gemäß § 150 BAO stattgefunden, wobei verfahrenswesentlich festgestellt wurde, dass zwischen Betriebseröffnung und Betriebsveräußerung lediglich 81 Monate verstrichen seien. Anstelle der Verteilungsbegünstigung stehe jedoch der Freibetrag gemäß § 24 Abs. 4 EStG 1988 in Höhe von € 7.300,00 zu. Betreffend Gutscheineverkauf wurde festgestellt, dass diese nicht bei Zufluss als Einnahme erfasst worden seien, weshalb die noch offenen Gutscheine im Jahr 2010 als Einnahme angesetzt wurden.

Gegen den auf den Feststellungen der Betriebsprüfung basierenden Einkommensteuerbescheid 2010 vom hat die Bf. Berufung (nunmehr Beschwerde) erhoben, welche damit begründet wurde, dass bereits im März 2003 der Mietvertrag für das Geschäftslokal mündlich vereinbart worden und begonnen worden sei, das Geschäftslokal zu adaptieren. Im Juni seien die Adaptionen beendet und es sei mit der Verkaufstätigkeit begonnen worden. Es könne die Verteilungsbegünstigung beantragt werden, wenn seit der Eröffnung des Betriebes oder dem letzten entgeltichen Erwerbsvorgang sieben Jahre verstrichen seien. Der Zeitpunkt der Betriebseröffnung lasse sich aus dem Gesetz nicht eindeutig ableiten. Nach Ansicht der steuerlichen Vertretung beginne eine betriebliche Tätigkeit bereits mit den Vorbereitungshandlungen, also mit den ersten Aufwendungen. Hierzu wurde ein Schreiben der Marktgemeinde c vom beigebracht, in welchem bestätigt wird, dass die Anbahnung der Vermietung des Geschäftslokales am erfolgt sei. Anlässlich der Besichtigung zu diesem Datum sei eine mündliche Einigung erzielt worden. Der schriftliche Mietvertrag sei per abgeschlossen und am unterfertigt worden.

In der abweisenden Berufungsvorentscheidung vom führt das Finanzamt begründend aus, dass eine Betriebseröffnung an die ersten Einnahmen bzw. an die erstmalige Leistungsanbietung anknüpfen würde. Die für die Verteilungsbegünstigung notwendige Frist von sieben Jahren betreffend die Veräußerung liege hier nicht vor. Die im Unternehmenskaufvertrag vom unter Pkt. 2 behandelten Gutscheine würden sich auf Gutscheine beziehen, die nach der Betriebsübergabe eingelöst würden.

Die Bf. hat hierauf Vorlageantrag gestellt, eine Ergänzung des Beschwerdevorbringes erfolgte nicht.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Der Sachverhalt ist insoweit unbestritten, als die Bf. erstmalig ab Juli 2003 in ihrem Unternehmen, einem Kosmetikgeschäft, Leistungen angeboten und das Unternehmen mit verkauft hat.

Strittig ist die Rechtsfrage, ob allfällige Aufwendungen, welche vor der tatsächlichen Geschäftseröffnung getätigt wurden, den Zeitpunkt der Betriebseröffnung nach hinten verschieben.

Rechtslage

Gemäß § 37 Abs. 2 Z 1 EStG 1988 sind Veräußerungsgewinne im Sinne des §  24 beginnend mit dem Veranlagungsjahr, dem der Vorgang zuzurechnen ist, gleichmäßig auf drei Jahre anzusetzen, wenn seit der Eröffnung oder dem letzten entgeltlichen Erwerbsvorgang sieben Jahre verstrichen sind.

Veteilungsfähig sind Veräußerungsgewinne im Sinne des § 24; das sind Gewinne aus der Betriebsveräußerung, Teilbetriebsveräußerung, Veräußerung eines Mitunternehmeranteils und aus der Betriebs- und Teilbetriebsaufgabe.

Seit der Eröffnung des Betriebes oder dem letzten entgeltlichen Vorgang müssen sieben Jahre verstrichen sein. Damit soll die Aufdeckung nur langfristig angesammelter stiller Reserven begünstigt werden. Die Frist beginnt "grundsätzlich mit dem Zeitpunkt der letzten Aktivierung des Betriebsvermögens bei Anschaffung oder Gründung des Betriebes" (BMF, RdW 1994, 422). Die Eröffnung des Betriebes ist dann anzunehmen, wenn ein Betrieb neu begründet wird, und unterscheidet sich damit von dem ebenfalls ausdrücklich angeführten Fall des entgeltlichen Erwerbs eines Betriebs. Die Betriebseröffnung ist von der Vorbereitungsphase vor Erzielen von Einnahmen abzugrenzen, in der "der Abgabepflichtige zielstrebig auf die Betriebseröffnung hinarbeitet" (E , 96/14/0045, 1998, 127 zur LVO, vgl. auch E , 93/14/0156, 1994, 406 zur Betriebseröffnung iSd § 18 Abs. 7); danach knüpft die Betriebseröffnung an die ersten Einnahmen bzw. an den Zeitpunkt an, für den der Betrieb erstmals seine Leistungen anbietet (vgl. Doralt/Kohlbacher, Betriebsveräußerung, 144; ebenso BMF, RdW 1994, 422 zur Betriebseröffnung eines Rechtsanwaltes nicht vor Eintragung in die Anwaltsliste; in den EStR 2000 zu § 37 nicht enthalten) (Doralt, EStG10, § 37, Tz 22).

Tatsächlich lässt sich der Zeitpunkt der Betriebseröffnung dem Gesetz nicht eindeutig entnehmen. Gegen den Zeitpunkt, zu dem die ersten Leistungen angeboten werden und für die Anknüpfung an die ersten Aufwendungen bzw. an die ersten Anschaffungen spricht neben den EB (EB, ÖStZ 1988, 77) auch § 18 Abs. 7 EStG 1988, der für die Vortragsfähigkeit von Anlaufverlusten ebenfalls an die "Betriebseröffnung" anknüpft; dort sind nach dem Gesetzeszweck die ersten Aufwendungen maßgeblich (siehe dazu auch EStR 2000 Rz 4529). Gleiche Begriffe der Betriebseröffnung sind aber grundsätzlich inhaltsgleich auszulegen. Der Begriff der Betriebseröffnung erweist sich damit auch aus der Sicht der Verwaltungspraxis als unklar.

: "Eine am Zweck der Regelung des § 18 Abs. 7 EStG 1988 orientierte Interpretation erhellt, dass mit dem Veranlagungszeitraum ab "Eröffnung eines Betriebes" im Sinne dieser Bestimmung jenes Jahr gemeint ist, in welchem im Zuge der Aufnahme einer betrieblichen Tätigkeit erstmalige Aufwendungen angefallen sind. Typischerweise fallen im Rahmen einer Betriebsgründung Aufwendungen bereits an, bevor der Betrieb in der Lage ist, Leistungen am Markt anzubieten und Betriebseinnahmen zun erzielen. Mit der Regelung des § 18 Abs. 7 EStG wollte der Gesetzgeber bewirken, dass gerade für diese Aufwendungen ein Verlustvortrag zur Verfügung steht, auch wenn der Steuerpflichtige für den in Gründung befindlichen Betrieb die vereinfachte Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG 1988 wählt, sich also nicht für eine mit Bilanzerstellung verbundene Gewinnermittlungsart entscheidet."

Wie sich aus dem o.a. Sachverhalt ergibt, hat die Bf. erstmals im Juli 2003 ihre Leistungen angeboten und das Geschäft mit verkauft, womit dieser Zeitraum 81 Monate (7 Jahre = 84 Monate) beträgt und eben  - wenn auch knapp - diese sieben Jahresfrist nicht erfüllt. Auch wenn man nunmehr die für das Begehren der Bf. sprechende o.a. Rechtsprechung und Kommentarmeinungen heranzieht, wäre selbst unter der Annahme, dass Aufwendungen wie etwa die Adaptierung von Geschäftsräumlichkeiten in der Vorbereitungsphase in die "Betriebseröffnung" miteinzubeziehen sind, für das diesbezügliche Begehren der Bf. nichts zu gewinnen. Tatsächlich wurde nämlich der Mietvertrag betreffend dem Geschäftslokal erst am unterfertigt und per abgeschlossen und ist es der allgemeinen Lebenserfahrung entsprechend, dass vor Abschluss des Mietvertrages noch keine tatsächlich beachtenswerten Aufwendungen hinsichtlich der Adaptierung ihres Geschäfstlokales von der Bf. getätigt wurden, zumal noch über ein Monat bis zur Geschäftseröffnung gelegen ist und beachtenswerte - auch andere als Adaptierungs -aufwendungen ja zumindest seit vorgelegen hätten müssen, also bereits rd. 2 1/2 Monate davor, was vom BFG bedenkenlos ausgeschlossen wird. Irgendwelche gegenteiligen Beweise wurden zudem nicht vorgelegt.  

Hinsichtlich der Gutscheine für Kosmetik- und Fußpflegebehandlungen wurde diese erst bei ihrer Einlösung als Einnahme erfasst. Das Konto "Gutscheinverkauf Eingang" weist zur Betriebsveräußerung am eine Stand in Höhe von € 2.667,90 auf. Beim Verkauf von Gutscheinen ist der Zeitpunkt des Verkaufes der Gutscheine und nicht deren Einlösung für die Erfassung der Bargeldbewegung und somit für den Zufluss maßgeblich, weshalb die noch offenen Gutscheine im Jahr 2010 als gewinnerhöhende Einnahmen anzusetzen waren. An dieser zwingenden Zuflusserfassung, welche sich aus § 19 EStG 1988 ergibt, vermag auch die vertraglichen Regelung unter § 1 und  § 2 des Unternehmenskaufvertrages vom nichts zu ändern, siehe hierzu auch die Begründung in der Berufungsvorentscheidung.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts ist die Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshof abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Diese Voraussetzung lag im Beschwerdefall nicht vor, da die Frage, ob die Frist von sieben Jahren im Sinne des § 37 Abs. 2 Z 1 EStG 1988 betreffend den Veräußerungsgewinn vorgelegen ist, in freier Beweiswürdigung zu beurteilen war.
 

Die Beschwerde war daher insgesamt abzuweisen.

Feldkirch, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2015:RV.1100022.2012

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at

Fundstelle(n):
FAAAB-53556