Sind Begräbniskosten und Medikamente als außergewöhnliche Belastung bzw. eine Spende an die Feuerwehr als Sonderausgabe abzugsfähig?
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin **** in der Beschwerdesache Bf, Straße, Ort, gegen den Bescheid des Finanzamtes ***** vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2014 zu Recht erkannt:
Der Beschwerde wird teilweise Folge gegeben.
Die Bemessungsgrundlage (Einkommen 2014) und die festgesetzte Steuer (Einkommensteuer 2014) sind dem beiliegenden Berechnungsblatt zu entnehmen, das einen integrierten Bestandteil des Spruches des Erkenntnisses bildet.
Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) unzulässig.
Entscheidungsgründe
Der Beschwerdeführer (Bf) ist Pensionist. Er hat am beim InfoCenter des Finanzamtes (FA) eine Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung (ANV) 2014 eingereicht, in der er u.a. Begräbniskosten in Höhe von 1.602,37 € als außergewöhnliche Belastung mit Selbstbehalt geltend gemacht hat.
Im Einkommensteuerbescheid (ANV) 2014 des Finanzamtes blieben die Begräbniskosten mit der Begründung, sie würden den Selbstbehalt von 1.854,93 € nicht übersteigen, unberücksichtigt.
Der Bf hat am gegen diesen Bescheid fristgerecht eine Beschwerde eingebracht, mit der er den erhöhten Pensionistenabsetzbetrag begehrt hat.
Das Finanzamt hat der Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom Folge gegeben und den erhöhten Pensionistenabsetzbetrag (764,00 € statt bisher 400,00 €) zum Abzug gebracht.
Am hat der Beschwerdeführer fristgerecht über Finanz Online elektronisch einen Vorlageantrag an das Bundesfinanzgericht gestellt und in diesem nun als Begräbniskosten 1.867,61 € geltend gemacht. Überdies wurden erstmals Krankheitskosten (Medikamente) in Höhe von 117,10 € als außergewöhnliche Belastung und eine Spende an die Feuerwehr in Höhe von 20,00 € als Sonderausgabe geltend gemacht.
In der Begründung wurde ausgeführt, nachdem er nun eine genaue Aufstellung der Begräbniskosten seines tödlich verunglückten Sohnes habe, ersuche er um Berücksichtigung bei den außergewöhnlichen Belastungen mit Selbstbehalt wie folgt (es habe keine Verlassenschaft - außer Schulden - gegeben): km-Geld für die Fahrt nach Ortsname1 (Ort, an dem sein Sohn verstorben sei): 436,80 €; für Essen, Getränke, Blumen, Grabtafel beschriften, Bestattungsunternehmen usw. zusätzlich: 1.252,73 €. Außerdem mache er 3 x Tagessatz und 2 x Nächtigungssatz geltend (Übernachtung bei der Freundin seines Sohnes): somit seien noch 109,20 € anzurechnen; weiters sei er 3 x von Ortsname2 nach Ortsname3 (Bestattung und Land): 57,96 € und nach ***** zur BH 10,92 € gefahren. KZ 731 ergebe somit: 1.867,61 €. Unter KZ 730 habe er noch Medikamente: 117,10 €. Gesamt ergebe sich: 1.984,71 €. Gespendet habe er zusätzlich 20,00 € an die Feuerwehr (KZ 563).
Das Finanzamt hat die Beschwerde sowie die Akten dem Bundesfinanzgericht am zur Entscheidung vorgelegt.
Die Richterin hat über die Beschwerde erwogen:
Mit der Beschwerde vom hat der Beschwerdeführer nur den Abzug des erhöhten Pensionistenabsetzbetrages begehrt. Das Finanzamt hat diesen in der Beschwerdevorentscheidung auch berücksichtigt. Das Finanzamt hat im Vorlagebericht auch keinen Antrag auf nunmehrige Nichtberücksichtigung gestellt. Es besteht daher keine Veranlassung daran zu zweifeln, dass dieser dem Bf zusteht.
Der Bf hat in der Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung Begräbniskosten in Höhe von 1.602,37 € als außergewöhnliche Belastung geltend gemacht, die im in Beschwerde gezogenen Bescheid mit der Begründung, sie würden den Selbstbehalt von 1.854,93 € nicht übersteigen, unberücksichtigt blieben. Im Vorlageantrag vom hat der Bf nun Begräbniskosten in Höhe von 1.867,61 € geltend. Darüber hinaus wurden erstmals Krankheitskosten iHv. 117,10 € (Medikamente) als außergewöhnliche Belastung geltend gemacht und die Berücksichtigung einer Spende an die Feuerwehr (20,00 Euro) als Sonderausgabe begehrt.
Gem. § 270 BAO idF FVwGG 2012, BGBl. I 2013/14 (ab ), ist auf neue Tatsachen, Beweise und Anträge, die der Abgabenbehörde im Laufe des Beschwerdeverfahrens zur Kenntnis gelangen, von der Abgabenbehörde Bedacht zu nehmen, auch wenn dadurch das Beschwerdebegehren geändert oder ergänzt wird. Dies gilt sinngemäß für dem Verwaltungsgericht durch eine Partei oder sonst zur Kenntnis gelangte Umstände.
Dies bedeutet, dass das Beschwerdeverfahren nicht dem Neuerungsverbot unterliegt und daher vom Bundesfinanzgericht auch über die erst im Vorlageantrag gestellten Begehren (Anträge) auf Berücksichtigung von Begräbniskosten in Höhe von 1.867,61 € und Krankheitskosten iHv. 117,10 € als außergewöhnliche Belastungen sowie der Spende an die Feuerwehr iHv. 20 € abzusprechen ist.
Gem. § 34 Abs. 1 BAO sind bei der Ermittlung des Einkommens (§ 2 Abs. 2) eines unbeschränkt Steuerpflichtigen nach Abzug der Sonderausgaben (§ 18) außergewöhnliche Belastungen abzuziehen. Die Belastung muß folgende Voraussetzungen erfüllen:
Sie muss außergewöhnlich sein (Abs. 2)
Sie muss zwangsläufig erwachsen (Abs. 3)
Sie muss die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigen (Abs. 4).
Die Belastung darf weder Betriebsausgaben, Werbungskosten noch Sonderausgaben sein.
(2) Die Belastung ist außergewöhnlich, soweit sie höher ist als jene, die der Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse erwächst.
(3) Die Belastung erwächst dem Steuerpflichtigen zwangsläufig, wenn er sich ihr aus tatsächlichen, rechtlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann.
(4) Die Belastung beeinträchtigt wesentlich diewirtschaftliche Leistungsfähigkeit, soweit sie einen vom Steuerpflichtigen von seinem Einkommen (§ 2 Abs. 2 in Verbindung mit Abs. 5) vor Abzug der außergewöhnlichen Belastungen zu berechnenden Selbstbehalt übersteigt. Der Selbstbehalt beträgt bei einem Einkommen
von höchstens 7.300 Euro 6 %
mehr als 7.300 Euro bis 14.600 Euro 8 %
mehr als 14.600 Euro bis 36.400 Euro 10 %
mehr als 36.400 Euro 12 %
Der Selbstbehalt vermindert sich um je einen Prozentpunkt,
wenn dem Steuerpflichtigen der Alleinverdienerabsetzbetrag oder der Alleinerzieherabsetzbetrag zusteht;
wenn dem Steuerpflichtigen kein Alleinverdiener- oder Alleinerzieherabsetzbetrag zusteht, er aber mehr als sechs Monate im Kalenderjahr verheiratet oder eingetragener Partner ist und vom (Ehe-)Partner nicht dauernd getrennt lebt und der (Ehe-)Partner höchstens 6.000 Euro jährlich erzielt,
für jedes Kind (§ 106).
(5) Sind im Einkommen sonstige Bezüge im Sinne des § 67 enthalten, dann sind als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit für Zwecke der Berechnung des Selbstbehaltes die zum laufenden Tarif zu versteuernden Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, erhöht um die sonstigen Bezüge gemäß § 67 Abs. 1 und 2, anzusetzen.
In Abs. 6 ist geregelt, welche Aufwendungen ohne Berücksichtigung des Selbstbehaltes abgezogen werden.
Die vom Bf geltend gemachten Begräbnis- und Krankheitskosten (Medikamente) fallen nicht unter Abs. 6.
Liegen also die Aufwendungen, von denen ein Selbsbehalt abzuziehen ist, der Höhe nach insgesamt unter dem Selbstbehalt, beeinträchtigt deren Tragung die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen nicht wesentlich. Die Aufwendungen dürfen selbst dann, wenn die übrigen Voraussetzungen (§ 34 Abs. 1 Z 1 und Z 2 EStG 1988) erfüllt wären, steuerlich (bei der Ermittlung des Einkommens) nicht berücksichtigt werden.
Gem. § 549 ABGB gehören zu den auf einer Erbschaft haftenden Lasten auch die Kosten für das dem Gebrauche des Ortes, dem Stande und dem Vermögen des Verstorbenen angemessene Begräbnis. Sie sind vorrangig aus vorhandenen Nachlassaktiva zu bestreiten. Begräbniskosten bilden somit insoweit keine außergewöhnliche Belastung, als sie in Nachlassaktiva (in deren Verkehrswerten) Deckung finden. Ist überhaupt kein Nachlass vorhanden oder reicht er nicht aus, um die angemessenen Begräbniskosten zu decken, dann haften (susidiär) die nach dem Gesetz zum Unterhalt des Verstorbenen verpflichteten Personen (vgl. mit weiteren Nachweisen). Wurden die Kosten von anderen Personen getragen, kann Erstattung verlangt werden (vgl. auch JAKOM, EStG 2015, § 34 „ABC der außergewöhnlichen Belastungen, Stichwort Begräbniskosten unter Verweis auf ).
Das Finanzamt (FA) hat das Vorbringen des Bf, wonach es keine Verlassenschaft (gemeint wohl keine Aktiva), sondern nur Schulden gegeben habe, nicht in Zweifel gezogen. Die Kosten wurden im in Beschwerde gezogenen Einkommensteuerbescheid 2014 (ANV) nur deshalb nicht berücksichtigt, weil sie den Selbstbehalt nicht überstiegen haben. Die Richterin sieht unter den gegebenen Umständen keine Veranlassung, davon auszugehen, dass die Begräbniskosten durch Aktiva gedeckt waren. Das FA hat auch nicht behauptet, dass die Kosten mit einem sonstigen Vermögenserwerb (Auszahlungsbetrag aus einer LV, Grundstücksübertragung) in rechtlichem Zusammenhang stünden. Aus den vorgelegten Akten ergeben sich auch keine Anhaltspunkte dafür.
Die Unterhaltspflicht der Eltern (§ 231 ABGB, bisher § 140 ABGB) entfällt mit Erreichen der Selbsterhaltungsfähigkeit eines Kindes. Geht die Selbsterhaltungsfähigkeit des Kindes ohne dessen Verschulden verloren, so lebt die Unterhaltspflicht der Eltern wieder auf. Begräbniskosten gehören laut OGH aber nicht zum Unterhalt im Sinne des § 140 ABGB (nunmehr geregelt in § 231 ABGB). Der Unterhalt dient – wie der Begründung zum Erkenntnis des , zu entnehmen ist – zur Deckung des gesamten Lebensbedarfes.
Eine aus dem Unterhaltsrecht (§ 140 bzw. § 231 ABGB) ableitbare Verpflichtung zur Tragung angemessener Begräbniskosten für den Sohn traf den Bf daher nicht. Eine sittliche Pflicht des Bf (auf Grund der nahen Verwandtschaft - vgl. OGH 4 Ob 204/99z) als Vater zur Tragung angemessener Begräbniskosten iSd. § 549 ABGB für den offenbar unverheirateten Sohn (nach dem Vorbringen im Vorlageantrag hatte er eine Freundin) ist nach Ansicht der Richterin aber jedenfalls zu bejahen.
Bezüglich der vom Bf im Vorlageantrag geltend gemachten Tages- und Nächtigungsgelder (109,20 €) hat das Finanzamt (FA) in der Stellungnahme zum Vorlageantrag (vgl. die Stellungnahme des FA im Vorlagebericht) die Ansicht vertreten, dass diese nicht anzuerkennen seien, da kein (Nächtigungs-)Aufwand entstanden sei und Verpflegungsmehraufwendungen keine außergewöhnliche Belastung darstellen würden.
Der Ansicht des Finanzamtes, dass die beantragten Nächtigungsgelder nicht anzuerkennen sind, ist zu folgen, zumal auf Grund des Vorbringens im Vorlageantrag, wonach der Bf bei der Freundin des verstorbenen Sohnes übernachtet hat, bereits nicht erkennbar wäre, dass dem Bf überhaupt ein Nächtigungsaufwand entstanden ist. Nicht abzugsfähig sind auch die geltend gemachten Verpflegungsmehraufwendungen (Tagessätze) und die beantragten Fahrtkosten nach Ortsname1 (Wohnort des verstorbenen Sohnes) in Höhe von 436,80 Euro sowie jene von Ortsname2 nach Ortsname3 (57,96 €) bzw. nach *****(10,92 €). Reisekosten gehören generell nicht zu den Kosten für ein angemessenes Begräbnis (vgl. JAKOM, EStG 2015, § 34 ABC der außergewöhnlichen Belastungen, Stichwort „Begräbniskosten“; RV/0537-F/12).
Da das Finanzamt im Vorlagebericht explizit die "Stattgabe" bezüglich der Spende an die Feuerwehr in Höhe von 20 Euro als Sonderausgabe beantragt hat, wird diese bei der Ermittlung des Einkommens des Bf berücksichtigt.
Die Berücksichtigung der Spende führt auch zu einer Verminderung der Bemessungsgrundlage für die Berechnung des Selbstbehaltes iSd. § 34 Abs. 4 EStG 1988. Dieser beträgt unter Berücksichtigung der Spende 1.852,93 Euro (Bemessungsgrundlage: Lohnzettel KZ 245 + KZ 220 – KZ 225 = 19.366,34 € abzüglich Sonderausgaben laut E-Bescheid 2014 (817,00 €) abzüglich Spende Feuerwehr 20 € = 18.529,34 €, davon 10 % gem. § 34 Abs. 4 EStG 1988).
Da selbst unter Hinzurechnung der ebenfalls zu den a. g. Belastungen mit Selbstbehalt zu zählenden Krankheitskosten (Medikamente) die anzuerkennenden Kosten (1.252,73 Euro + 117,10 Euro = 1.369,83 Euro) unter dem Selbstbehalt von 1.852,93 Euro liegen, ist die Voraussetzung des § 34 Abs. 1 Z 3 iVm. Abs. 4 EStG 1988 (wesentliche Beeinträchtigung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit durch die Tragung dieser Kosten) nicht erfüllt. Die Begräbnis- und Krankheitskosten bleiben aus diesem Grund bei der Einkommensermittlung unberücksichtigt.
Hinsichtlich der Bemessungsgrundlage für die Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2014 (= Einkommen 2014) und der darauf entfallenden Steuer (Einkommensteuer 2014) wird - wie bereits im Spruch des Erkenntnisses angeführt - auf das beiliegende Berechnungsblatt verwiesen.
Unzulässigkeit der (ordentlichen) Revision:
Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung liegt nicht vor, zumal es der höchstgerichtlichen Rechtsprechung entspricht, dass nur die Kosten eines dem Ortsgebrauch und der sozialen Stellung des Verstorbenen entsprechenden, würdigen Begräbnisses (soweit sie den einkommensabhängigen Selbstbehalt übersteigen) als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen sind (). Das Vorliegen einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung wurde im Übrigen weder vom Finanzamt noch vom Bf behauptet.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Feldkirch, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 270 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 34 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 34 Abs. 1 Z 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 231 ABGB, Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch, JGS Nr. 946/1811 § 34 Abs. 4 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 549 ABGB, Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch, JGS Nr. 946/1811 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2015:RV.1100308.2015 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at