Geeignete Schätzungsmethode für die Ermittlung der Besteuerungsgrundlage "vom Einsatz" betr. Pokerspiel (Cashgames)
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Ri in der Beschwerdesache X in Liqui, Adr. , vertreten durch Liquidator Y, Adr2 gegen den Bescheid des Finanzamtes für Gebühren, Verkehrsteuernund Glücksspiel vom , betreffend Festsetzung der Glücksspielabgabe für den Kalendermonat Mai 2011, zu Recht erkannt:
1. Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
2. Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) unzulässig.
Entscheidungsgründe
Die (laut Firmenbucheintragung vom aufgelöste und in Liquidation befindliche) X betrieb im Zeitraum Mai 2011 das CasinoY . Im Rahmen des Casinobetriebes hat diese Gesellschaft Pokerspiele in Form von Cashgames angeboten.
Als Ergebnis einer Außenprüfung setzte das Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel gegenüber der X gemäß § 201 BAO mit dem Bescheid vom die Glücksspielabgabe (§ 57 Abs. 1 GSpG) für den Monat Mai 2011 von einer Bemessungsgrundlage in Höhe von 42.666,00 € mit 6.826,56 € (= 16 % von 42.666,00 €) fest. Diese Vorschreibung wurde wie folgt begründet:
„Während des Zeitraumes von - wurde das CasinoY durch die protokollierte X betrieben.
Die betr. Glücksspiele, welche von der Firma angeboten oder organisiert wurden, unterliegen für den Zeitraum - der Glücksspielabgabe gem. § 57 Abs. 1 GSpG.
Die Höhe der Glücksspielabgabe bemisst sich mit 16 % vom Einsatz (Pot).
Gemäß § 184 BAO hat die Abgabenbehörde, soweit sie die Grundlagen für die Abgabenerhebung nicht ermitteln oder berechnen kann, diese zu schätzen. Dabei sind alle Umstände zu berücksichtigen, die für die Schätzung von Bedeutung sind.
Aufzeichnungen zu den Einsätzen liegen nicht vor. Dazu wäre bei jedem Tisch zu jedem Zeitpunkt des laufenden Spiels eine Beobachtung nötig. Dies kann vom Prüfer nicht nachgeholt werden. Das bedeutet für die Glücksspielabgabe gem. § 57 Abs. 1 GSpG, dass die Bemessungsgrundlage zu den Cashgames nur im Schätzungswege ermittelt werden kann.
Ausgangsgrundlage für die Glücksspielabgabe ist der Einsatz (Pot).
Aufgrund von Aussagen von Spielern und Kartengebern kann auf die Anzahl der Spielrunden je Stunde geschlossen werden. Je Spiel werden 2 bis 3 Minuten veranschlagt. Für die Schätzung werden 4 Minuten pro Spiel angesetzt.
Für das Drop (Einnahmen des Betriebes) werden üblicherweise durchschnittlich 3,5 % des Pots vereinnahmt. Dies stellt auch den Ansatz im Schätzungswege dar.
An Hand der Öffnungszeiten ( täglich) werden für die Schätzung 2 Tage je Woche mit jeweils 5 Stunden Dauerspielbetrieb herangezogen. Daraus ergeben sich monatlich ca. 8 Spieltage a` 5 Stunden, was eine Gesamtspieldauer von 40 Stunden ergibt.
Während der Kontrolle vom wurde festgestellt, dass im Zeitraum von 21.15 Uhr bis 22.45 Uhr (Zeitpunkt des Kontrollbeginns) ein Drop in Höhe von € 57,00 erwirtschaftet wurde.
Aus diesem Drop ergeben sich bei 4 Minuten je Spiel im Beobachtungszeitraum von 1,5 Stunden 22 Spiele und, daraus resultierend, bei 3,5 % je Pot ein Pot je Spiel von € 72,00.
Wenn man das im Beobachtungszeitraum ( 21.15 Uhr -22.45 Uhr) erwirtschaftete Drop, also € 57 ,00 (entspricht ca. 3,5 % pro Pot) rückrechnet auf den Einsatz (Pot) so kommt man auf gerundet € 1.600,00 ( 57,00 x100/3,5 = 1.628,57).
Bemessung:
€ 1.600,00 (Einsatz/Pot)/1,5 Stunden = € 1.066,00 pro Stunde
Monatlich 40 Stunden = € 42.666,00 (Einsatz)
Glücksspielabgabe 16 % = € 6.826,56 pro Monat.
Die Festsetzung erfolgt gem. § 201 Abs. 2 Z 3 BAO da kein selbst berechneter Betrag bekannt gegeben wurde. Sie erfolgt somit im öffentlichen Interesse aus der Absicht des Gesetzgebers außerhalb des Glückspielgesetzes veranstaltete Glücksspiele einer Bemessung zu unterziehen. Von Seiten des Steuerpflichtigen erfolgte keine rechtzeitige Offenlegung der tatbestandsrelevanten Sachverhalte.
Bei der Ermessensübung ( § 20 BAO) wurde dem Vorrang des Grundsatzes der Gleichmäßigkeit der Besteuerung (der Rechtsrichtigkeit) vor jenem der Rechtsbeständigkeit Rechnung getragen.
Glücksspiele (§ 1 (1) u. (2) GSpG) iVm § 2 GSpG, die ein Unternehmer veranstaltet, organisiert, anbietet oder zugänglich macht und bei denen Spieler oder andere eine vermögenswerte Leistung in Zusammenhang mit der Teilnahme am Glücksspiel erbringen (Einsatz) und bei denen vom Unternehmer, von Spielern oder von anderen eine vermögenswerte Leistung in Aussicht gestellt wird (Gewinn), uzw Poker ( Cash Games) für den Zeitraum - .
Gemäß § 57 Abs. 1 GSpG unterliegen Ausspielungen an denen die Teilnahme vom Inland aus erfolgt einer Glücksspielabgabe von 16 % vom Einsatz“.
Gegen den Bescheid vom , mit dem für den Zeitraum Mai 2011 die Glücksspielabgabe (§ 57 Abs. 1 GSpG) gemäß § 201 BAO festgesetzt wurde, richtet sich die vorliegende Berufung (nunmehr: Bescheidbeschwerde) mit der Begründung, die vom Finanzamt gemäß § 184 BAO geschätzte Besteuerungsgrundlage sei aus nachstehenden Überlegungen zur Gänze falsch. Grundsätzlich müssten beim Poker mindesten sechs bis maximal neun Spieler am Tisch sitzen, mit jeweils demselben „Einsatz“, das seien maximal € 50 bis € 100. Somit sei die maximale Berechnung des Einsatzes: 9 Spieler x € 100 = € 900 pro Tisch. Da das Finanzamt vom „Pot“ spreche und diesen auch als Bemessungsgrundlage der Glücksspielabgabe heranziehe, sei dahingehend mathematisch denkbar, dass „Unsummen“ an Abgaben anfallen würden bzw dass das Vielfache des „Tischeinsatzes“ an Glücksspielabgabe vorgeschrieben werden könne. Da im § 57 Abs. 1 GSpG vom Einsatz gesprochen werde und nicht vom „Pot“ sei auch verständlich, dass als Bemessungsgrundlage der „Einsatz“ eines jeden Spielers als Bemessungsgrundlage für die Glücksspielabgabe herangezogen werde. Nach der „bisherigen“ Berechnung führe dieser „Einsatz“ zu folgender Berechnung der Bemessungsgrundlage und Festsetzung der Glücksspielabgabe: 9 Spieler x € 100 € Einsatz = € 900, 2 Tage die Woche = € 1.800, 4 Wochen im Monat = Bemessungsgrundlage € 7.200, davon 16 % ergebe eine Glücksspielabgabe von maximal € 1.152. Ziehe man in Betracht, dass es Wochen gäbe, in welchen keine „Pokerrunden“ zustände kämen, entweder an Geldmangel der Spieler oder weil sich nicht 6 Spieler getroffen haben, welche laut Spielregeln am Tisch sitzen müssen um ein Spiel zu beginnen, so könne man von einer Auslastung in Höhe von maximal 50 % sprechen. Somit ergebe sich laut tatsächlicher Berechnung eine monatliche Bemessungsgrundlage in Höhe von € 3.600 und eine festzusetzende Glücksspielabgabe von € 576.
Die abweisende Berufungsvorentscheidung (nunmehr: Beschwerdevorentscheidung) begründete das Finanzamt wie folgt:
„Die Berufung vom gegen den Bescheid gem. § 201 Bundesabgabenordnung über die Festsetzung der Glücksspielabgabe gem. § 57 Abs. 1 GSpG wurde abgewiesen.
Während der Prüfung wurde die Möglichkeit eingeräumt die Grundaufzeichnungen (Tischaufzeichnungen, Drop- Box- Abrechnung udgl) des Spielbetriebes im CasinoY für den Nachschauzeitraum vorzulegen. Diese Möglichkeit wurde nicht genutzt, so musste die Abgabenbehörde gem. § 184 BAO die Grundlagen für die Abgabenerhebung schätzen.
Zur Schätzung der Glückspielabgabe wurden die Feststellungen bzw. Niederschriften der Kontrolle vom herangezogen (siehe Bescheid- Begründung vom ).
Unter Einsätze sind alle vermögenswerten Leistungen zu verstehen, die der Spieler oder ein Dritter leisten muss, damit er an dem Glücksspiel teilnehmen kann.
Es unterliegt jede einzelne Ausspielung (in einer Cash- Gamerunde werden alle 2 bis 3 Minuten ein Pot- Einsatz ausgespielt) der Glücksspielabgabe.
In der Berufung wird fälschlicherweise eingewendet, dass der Einsatz des Spielers jener ist, mit dem sich ein Spieler bei der Tischeröffnung (genügend Spieler haben sich gefunden um einen Spieltisch zu besetzen) an einer Ausspielung beteiligt.“
Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
1. Gemäß § 323 Abs. 38 BAO idF FVwGG 2012, BGBl. I Nr. 14/2013 sind die am bei dem unabhängigen Finanzsenat als Abgabenbehörde zweiter Instanz anhängigen Berufungen vom Bundesfinanzgericht als Beschwerden im Sinne des Art. 130 Abs. 1 B-VG zu erledigen.
2. Gemäß § 1 Abs. 1 Glücksspielgesetz (GSpG) idF BGBl. I Nr. 54/2010 (zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 73/2010) ist Glücksspiel im Sinne dieses Bundesgesetzes ein Spiel, bei dem die Entscheidung über das Spielergebnis ausschließlich oder vorwiegend vom Zufall abhängt.
Nach § 1 Abs. 2 GSpG ist Poker ein Glücksspiel im Sinne dieses Bundesgesetzes.
Gemäß § 2 Abs. 1 GSpG sind Ausspielungen Glücksspiele,
1. die ein Unternehmer veranstaltet, organisiert, anbietet oder zugänglich macht und
2. bei denen Spieler oder andere eine vermögenswerte Leistung in Zusammenhang mit der Teilnahme am Glücksspiel erbringen (Einsatz) und
3. bei denen vom Unternehmer, von Spielern oder von anderen eine vermögenswerte Leistung in Aussicht gestellt wird (Gewinn).
Unternehmer ist nach § 1 Abs. 2 erster Satz GSpG, wer selbständig eine nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen aus der Durchführung von Glücksspielen ausübt, mag sie auch nicht auf Gewinn gerichtet sein.
Gemäß § 57 Abs. 1 GSpG unterliegen Ausspielungen, an denen die Teilnahme vom Inland aus erfolgt, einer Glücksspielabgabe von 16 vH vom Einsatz. Nach § 59 Abs. 2 GSpG ist Schuldner der Abgabe nach § 57 der Veranstalter der Ausspielung sowie der Vermittler (Abs. 5).
Nach § 59 Abs. 3 GSpG haben die Schuldner der Abgaben nach §§ 1, 57 und 58 diese jeweils für ein Kalendermonat selbst zu berechnen und bis zum 20. des dem Entstehen der Abgabenschuld folgenden Kalendermonats (Fälligkeitstag) an das Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel zu entrichten. Bis zu diesem Zeitpunkt haben sie eine Abrechnung über die abzuführenden Beträge in elektronischem Weg vorzulegen. Dieser Abrechnung sind Unterlagen anzuschließen, die einer Überprüfung der Einsätze und Gewinne der Glücksspiele während des Abrechnungszeitraumes gewährleisten.
3. An Sachverhalt ist im Beschwerdefall davon auszugehen, dass die X (Bf) in dem von ihr betriebenen CasinoY das Glücksspiel Poker in der Form von Cashgames als Unternehmerin angeboten und organisiert hat. Entsprechend den allgemein gültigen Spielregeln leisteten pro Pokerrunde die Spieler ihre Einsätze und der Gewinner erhielt den Pot (abzüglich vom Drop). Damit erfüllt das in Frage stehende Pokerspiel zweifelsfrei die Kriterien einer Ausspielung iSd § 2 Abs. 1 GSPG. Außer Streit steht des Weiteren, dass die Bf. als Veranstalterin der Pokerspiele (Ausspielungen) und damit als Schuldnerin der Abgabe die Glücksspielabgabe nicht im Wege der Selbstberechnung entrichtet hat. Die Festsetzung der Glücksspielabgabe konnte daher gemäß § 201 BAO mit Bescheid erfolgen. Diesbezüglich blieb unbestritten, dass das Finanzamt bei der bescheidmäßigen Festsetzung der Glücksspielabgabe unter dem Aspekt der Wahrung des Grundsatzes, dass alle Abgabepflichtige gleichmäßig besteuert werden und wegen des öffentlichen Interesses an der Einbringung dieser Abgabe das Ermessen (§ 20 BAO) im Sinne des Gesetzes ausgeübt hat. Des Weiteren stand außer Streit, dass keine Aufzeichnungen der von den Spielern erbrachten Einsätze vorlagen. Dies berechtigte das Finanzamt gemäß § 184 BAO die Bemessungsgrundlagen für die Erhebung der Glücksspielabgabe zu schätzen.
4. Die gegen den Festsetzungsbescheid gerichtete Beschwerde bestreitet ausschließlich die Rechtmäßigkeit der angesetzten Bemessungsgrundlage der Höhe nach im Wesentlichen mit dem Argument, bei der erfolgten Schätzung habe das Finanzamt unzutreffend den „Pot“ und nicht den „Einsatz“ eines jeden Spielers als Bemessungsgrundlage für die Glücksspielabgabe herangezogen. Des Weiteren werden Gründe genannt, welche für eine Auslastung von 50 % sprechen würden. Unter Verweis auf dieses Beschwerdevorbringen ist vorrangig abzuklären, welcher Begriffsinhalt bezogen auf Poker der in § 57 Abs. 1 GSpG festgelegten Steuerbemessungsgrundlage „vom Einsatz“ zukommt. Während das Finanzamt bei seiner Schätzung darunter den „Pot“ jedes einzelnen Pokerspiels versteht, wendet die Bf. diesbezüglich ein, der „Einsatz“ jedes Spielers betrage maximal 50 € bis 100 €. Demzufolge kommt der Auslegung der Besteuerungsgrundlage „vom Einsatz“ entscheidende Bedeutung für die Beurteilung zu, ob die vom Finanzamt ausgehend vom Pot (= Einsatz) vorgenommene Methode der Schätzung der Besteuerungsgrundlagen sachlich geeignet erscheint den tatsächlichen Gegebenheiten (der tatsächlichen Besteuerungsgrundlage) möglichst nahe zu kommen.
5. Bei der Auslegung der Besteuerungsgrundlage „vom Einsatz“ ist auf folgende Sach- und Rechtslage abzustellen. Nach § 1 Abs. 1 Z 1 GSpG ist ein Glücksspiel im Sinne dieses Bundesgesetzes ein Spiel, bei dem die Entscheidung über das Spielergebnis ausschließlich oder vorwiegend vom Zufall abhängt. Rechtlich ist Poker ein Glücksvertrag (§§ 1267, 1269 ABGB), wird doch bei jedem einzelnen Spiel die Hoffnung eines noch ungewissen Vorteils versprochen und angenommen. Nach § 1272 ABGB ist jedes Spiel eine Art von Wette. Dies zeigt der Ablauf eines Spiels, hängt doch die Entscheidung über jedes einzelne Pokerspiel ausschließlich oder vorwiegend vom Zufall (siehe betr. der Varianten „7 Card Stud Poker“, „Texas Hold‘Em“ und „ 5 Card Draw“) ab und damit ist jedes Spiel für sich gesehen ein eigenständig ausgespieltes gesondertes Glücksspiel. Nach den allgemein gültigen Spielregeln läuft ein Spiel folgendermaßen ab: Jeder Spielteilnehmer muss am Spielbeginn einen Mindesteinsatz (Blinds und /oder Antes) erbringen. Nachdem die Mindesteinsätze gesetzt wurden, erhalten alle Spieler vom Dealer die ersten Karten. Danach folgen eine oder mehrere Setzrunden, in denen die Spieler ihre Karten einschätzen und ihre Einsätze machen. In einer Setzrunde wetten die Spieler auf den Wert ihrer (oft noch unvollständigen) Hand. Dazu platzieren sie ihre Einsätze üblicherweise vor sich auf dem Spieltisch. Das Spielrecht wandert reihum mindestens genau einmal um den Tisch. Werden Erhöhungen durchgeführt, wandert das Spielrecht gerade so weiter, dass jeder Spieler auf die letzte Erhöhung reagieren kann. Dafür wird der erste Einsatz der Runde als Erhöhung (von Null aus) angesehen. Am Ende einer Setzrunde haben entweder alle verbliebenen Spieler nichts gesetzt, haben Einsätze in derselben Höhe gemacht oder sind alle bis auf einen Spieler ausgestiegen. Die vor den Spielern liegenden Einsätze werden am Ende der Setzrunde in den Pot gegeben. Zwischen den einzelnen Setzrunden wird die Verteilung der Karten verändert, indem der Dealer weitere Karten verteilt, oder den Spielern Gelegenheit zum Tausch der Karten gibt. Innerhalb der Setzrunden scheiden in der Regel einige Spieler freiwillig aus (folden). Deren Einsatz verbleibt im Pot. Wenn in einer Setzrunde ein Spieler einen Einsatz macht, der von keinem der Mitspieler durch einen Einsatz in gleicher Höhe aufgewogen wird (call), endet das Spiel. Der Spieler gewinnt den Pot, die verdeckten Karten müssen normalerweise nicht aufgedeckt werden. Die letzte Setzrunde ist erreicht, wenn alle im Spielschema vorgesehenen Kartenausgaben oder Kartentausche ausgeführt wurden, oder wenn die Einsätze den vereinbarten Höchstwert (Limit) erreicht haben. Haben zwei oder mehrere Spieler den gleichen Betrag gesetzt, kommt es zum Showdown: Die im Spiel verbliebenen Mitspieler decken ihre Karten auf, und der Wert der jeweiligen Hände bestimmt, wer den Pot erhält.
Dieser aus den allgemein gültigen Spielregeln sich ergebende Ablauf lässt schlüssig und mit aller Deutlichkeit erkennen, dass von jedem Spieler pro Setzrunde eines Spiels eine vermögenswerte Leistung (= Einsatz) in Zusammenhang mit der Teilnahme am Pokerspiel zu erbringen ist, der am Ende der Setzrunde in den Pot gegeben wird. Den Pot bildet daher die Summe der von den Spielern in einem Spiel insgesamt gesetzten Einsätze. Das Beschwerdevorbringen lässt somit sachverhaltsmäßig außer Acht, dass der Pokerspieler für die Teilnahme am jeweiligen Pokerspiel pro Spielrunde einen „Einsatz“ zu erbringen hat um am Ende der jeweiligen Setzrunde überhaupt noch im Spiel zu sein/zu bleiben und damit seine Hoffnung auf den Spielgewinn (Erhalt des Pot) zu wahren. Daraus folgt für die Entscheidung über die in Streit stehende Ermittlung der Bemessungsgrundlage, dass in der vom einzelnen Spieler pro Setzrunde zu erbringenden finanziellen Leistung der Einsatz für die Teilnahme am ausgespielten Pokerspiel liegt. Unter Auslegung der dem Wort „Einsatz“ zukommenden eigentümlichen Bedeutung und der klaren Absicht des Gesetzgebers (siehe ErlRV 658 BlgNr 24 GP, zu §§ 57 bis 59 GSpG), Ausspielungen von Poker als Glücksspiel der Glücksspielabgabe zu unterziehen, ist beim Pokerspiel dem Wort „Einsatz“ iSd § 57 Abs. 1 GSpG der Begriffsinhalt beizumessen, dass unter der Besteuerungsgrundlage für die Glücksspielabgabe jener „Einsatz“ zu verstehen ist, der vom einzelnen Spieler pro Setzrunde im Zusammenhang mit seiner Teilnahme am jeweils ausgespielten Pokerspiel zu erbringen ist. Das Finanzamt hat daher keineswegs die Rechtslage verkannt, als es die Wortfolge im § 57 Abs. 1 GSpG „vom Einsatz“ dahin interpretiert hat, dass darunter die von den Spielern pro Spiel für jede Setzrunde zu erbringenden Einsätze zu verstehen sind, die in Summe den Pot bilden und den der jeweilige Spielgewinner nach Abzug des sogenannten Drop erhält. Entgegen dem diesbezüglichen Beschwerdevorbringen stellt somit der Pot einen tauglichen und sachgerechten Ausgangspunkt für die im Wege der Schätzung erfolgte Ermittlung der in § 57 Abs. 1 GSpG normierten Besteuerungsgrundlage „vom Einsatz“ dar. Dass in dieser Gesetzesstelle „vom Einsatz“ und nicht „vom Pot“ gesprochen wird, hängt zweifelsfrei damit zusammen, dass mit der Wortfolge „vom Einsatz“ allgemein die Besteuerungsgrundlage für sämtliche der Glücksspielabgabe unterliegenden Ausspielungen normiert wurde, ändert aber dem Grunde nach nichts daran, dass speziell für das Pokerspiel der Wortfolge „vom Einsatz“ die oben ausgeführten Bedeutung beizumessen ist. Dieser Auslegung steht im Ergebnis auch nicht der Einwand entgegen, der „Einsatz“ habe maximal € 50 bis € 100 betragen, kann doch unter diesem maximalen „Einsatz“ wohl nur der pro Spiel vereinbarte Höchstwert (Limit) der Einsätze pro Spieler oder das sogenannte“ buy-in“ gemeint sein.
6. Ziel der Schätzung ist, den wahren Besteuerungsgrundlagen (den tatsächlichen Gegebenheiten) möglichst nahe zu kommen (vgl. z.B. , bis 0122, und ). Jeder Schätzung ist eine gewisse Ungenauigkeit immanent. Wer zur Schätzung Anlass gibt und bei der Ermittlung der materiellen Wahrheit nicht entsprechend mitwirkt, muss die mit jeder Schätzung verbundene Ungewissheit hinnehmen (siehe Ritz, BAO, Kommentar, 5. Auflage, Rz 3 zu § 184 BAO und die dort zitierte VwGH-Rechtsprechung).
7.1 Unter Beachtung des Beschwerdevorbringens entscheidet letztlich den Beschwerdefall, ob die Besteuerungsgrundlage „vom Einsatz“ durch die vom Finanzamt angewandte Schätzungsmethode in sachlich geeigneter Weise ermittelt wurde. Vorerst ergibt sich aus den Ausführungen in Pkt. 5, dass nach Meinung des Bundesfinanzgerichtes der Wortfolge „vom Einsatz“ die Bedeutung beizumessen ist, dass beim Poker die von jedem Spielteilnehmer insgesamt gesetzten Einsätze pro Spiel, die am Ende der Setzrunde in den Pot gegeben werden, die Besteuerungsgrundlage gemäß § 57 Abs. 1 GSpG „vom Einsatz“ bilden. Entgegen dem diesbezüglichen Beschwerdevorbringen kann daher im Grundsätzlichen kein Zweifel daran bestehen, dass der Pot als Ausgangspunkt für die Schätzung der Besteuerungsgrundlagen jedenfalls geeignet ist. Es bleibt daher noch zu untersuchen, ob die im Einzelfall angewandte Schätzungsmethode als solche sachlich geeignet war, den tatsächlichen Gegebenheiten möglichst nahe zu kommen. Das Finanzamt hat in der Begründung des angefochtenen Bescheides und in der Begründung der Beschwerdevorentscheidung (Berufungsvorentscheidung) die Ausgangspunkte, Überlegungen, Schlussfolgerungen, die angewandte Schätzungsmethode und das Schätzungsergebnis der Bf. dargelegt und damit vorgehalten. Damit bestand für die Bf letztlich ausreichend Gelegenheit, in der Beschwerde und auch noch im Vorlageantrag begründete und substantiierte Überlegungen vorzubringen, die z. B. für eine andere Schätzungsmethode oder gegen einzelne Elemente der erfolgten Schätzung sprechen. Von dieser Möglichkeit hat die Bf. in der Bescheidbeschwerde Gebrauch gemacht, in dem zum einen eingewendet wurde, bei der Ermittlung der Besteuerungsgrundlage „vom Einsatz“ sei nicht vom Pot auszugehen, sondern von den Einsätzen von maximal € 50 bis € 100. Zum anderen werden Argumente bezüglich der Auslastung ins Treffen geführt. Was das Vorbringen hinsichtlich des „Einsatzes“ und die davon abgeleiteten Berechnungen anlangt, ist diesem Einwand entgegenzuhalten, dass der im § 57 Abs. 1 GSpG mit der Wortfolge „vom Einsatz“ normierten Besteuerungsgrundlage der bereits unter Punkt 5 ausführlich dargelegte Bedeutungsinhalt (Einsatz pro Spiel) zukommt. Mit dem Argument, der „Einsatz“ habe maximal 50 € bis 100 € betragen, wird demzufolge keineswegs eine im Grundsätzlichen liegende Unschlüssigkeit und Unsachlichkeit der vom Finanzamt vorgenommenen Schätzungsmethode aufgezeigt, bildete doch den Ausgangspunkt der Schätzung der für den konkreten Beobachtungszeitraum von 1,5 Stunden festgestellte und in dessen Höhe unstrittig gebliebene erwirtschaftete Drop. Der Drop beträgt nach den unwidersprochen gebliebenen Prüfungsfeststellungen ca. 3,5 % des Pots. Wenn aber nach den allgemein gültigen Spielregeln in den Pot die insgesamt gesetzten Einsätze eines jeden einzelnen Spiels gegeben werden, dann kann daraus schlüssig gefolgert werden, dass der jeweilige Pot die Summe der pro Spiel von den Spielteilnehmern „maximal“ geleisteten Einsätze umfasst. Der aus den tatsächlichen Gegebenheiten für den Beobachtungszeitraum (21.15 Uhr bis 22.45 Uhr) festgestellte Drop stellt damit zweifellos einen angemessenen und sachlich begründeten Ausgangspunkt dar, um im Rahmen der Schätzung von diesem auf den Pot hochzurechnen. Entspricht aber sachverhaltsmäßig der auf diese Weise ermittelte Pot den insgesamt von den Spielern pro Pokerspiel geleisteten Einsätzen, dann bestehen unter Auslegung der im § 57 Abs. 1 GSpG normierten Besteuerungsgrundlage „vom Einsatz“ keine Bedenken, dass der auf diese Weise geschätzte Pot mit der Besteuerungsgrundlage „vom Einsatz“ gleichzusetzen ist. Unter Auslegung des der Wortfolge „vom Einsatz“ iSd § 57 Abs. 1 GSpG beizumessenden Begriffsinhaltes stellt somit die ausgehend vom Drop unter Hochrechnung auf den Pot durchgeführte Ermittlung eine durchaus sachlich geeignete und zielführende Methode dar, um die Schätzung der Besteuerungsgrundlage „vom Einsatz“ auf eine weitestgehend gesicherte Ausgangsposition zu stützen. Soweit daher die Beschwerdeargumentation auf die in § 57 Abs. 1 GSpG normierte Bemessungsgrundlage „vom Einsatz“ gestützt wird, ist hinsichtlich Poker der nach dem Obgesagten dieser Wortfolge beizumessende Begriffsinhalt (Pot entspricht dem Einsatz der Spieler pro Spiel) entgegenzuhalten. Sachlich zutreffend ist das Finanzamt bei der gewählten Schätzungsmethode davon ausgegangen, dass aus dem für einen bestimmten Zeitraum festgestellten „Drop“ auf die im Bescheid dargelegte Weise auf den „Pot“ hochgerechnet werden kann. Wenn daher der „Pot“ aus der Summe der getätigten „Einsätze“ der Spieler pro Spiel gebildet wird, dann stellt im Beschwerdefall infolge nicht vorliegender Aufzeichnungen der Einsätze der auf diese Weise berechnete Pot pro Stunde den weitgehend gesicherten und geeigneten Ansatzpunkt für eine im Wege der Schätzung zu erfolgenden Ermittlung der Besteuerungsgrundlage „vom Einsatz“ dar. Mit dem Beschwerdevorbringen werden keine dem Finanzamt bei dieser Schätzung unterlaufene grundsätzliche Denkfehler oder unrichtige Schlussfolgerungen aufgezeigt, insbesondere wird darin nicht konkretisiert, welche Gründe dagegen sprechen, dass der bezüglich seiner Berechnung und betragsmäßigen Höhe unbestritten gebliebene „Pot pro Stunde“ nicht als Ausgangspunkt für die Schätzung der Besteuerungsgrundlage „vom Einsatz“ geeignet war. Das Beschwerdevorbringen hinsichtlich der „maximalen Berechnung des Einsatzes“ lässt vielmehr deutlich erkennen, das die Bf. der Wortfolge „vom Einsatz“ hinsichtlich des Pokerspiels einen nicht zutreffenden Bedeutungsinhalt beimisst.
7.2 Soweit in der Beschwerde unter Anführung der dafür ins Treffen geführten Gründe (Geldmangel der Spieler, mangelnde Anzahl von Spielern) eingewendet wird, es sei bei der Berechnung von einer „Auslastung“ von 50 % auszugehen, ist auf dieses Vorbringen wie folgt einzugehen:
In der Begründung des angefochtenen Bescheides wird hinsichtlich der Zeitdauer Folgendes festgehalten: „An Hand der Öffnungszeiten (täglich) werden für die Schätzung 2 Tage je Woche mit jeweils 5 Stunden Dauerspielbetrieb herangezogen. Daraus ergeben sich monatlich ca. 8 Spieltage a` 5 Stunden, was eine Gesamtspieldauer von 40 Stunden ergibt.“ Diesen Feststellungen kommt Vorhaltcharakter zukam. Es war daher Sache der Bf. sich mit diesen Feststellungen konkret auseinanderzusetzten und gegebenenfalls die Richtigkeit des daraus gewonnenen Ergebnisses (hier: Gesamtspieldauer) zu widerlegen. In der Beschwerde blieb die Feststellung unwidersprochen, dass das Casino täglich geöffnet war und die tägliche Öffnungszeit zumindest 5 Stunden betrug. Aus dem Beschwerdevorbringen lässt sich überdies schlüssig ableiten, dass bei Erreichen der entsprechenden Anzahl von sechs Spielern grundsätzlich an jedem Tag der Woche Poker gespielt werden konnte. Wenn man aufgrund allgemeiner Erfahrungswerte des Weiteren davon ausgeht, dass in den Abendstunden (von ca. 19 Uhr bis 24 Uhr) die höchste Besucherfrequenz bestand, erscheint die Annahme durchaus realistisch, dass sich die notwendigen 6 Spieler manchmal unter der Woche, zumindest aber an den Wochenenden (Freitag, Samstag und Sonntag) fanden. Schon unter der Prämisse, dass jedenfalls an den Tagen Freitag bis Sonntag zumindest 5 Stunden/pro Tag hindurch Poker gespielt wird, würde sich bereits eine monatliche Gesamtspieldauer von 70 Stunden (= 5 Stunden x 3 x 4) ergeben. Wenn daher das Finanzamt bei seiner Schätzung der Gesamtspieldauer als Ergebnis davon ausgeht, dass an 2 Tagen in der Woche jeweils 5 Stunden hindurch Poker gespielt wurde, somit an 8 Tage im Monat je 5 Stunden/pro Tag, dann erweist sich unter Beachtung des täglichen Offenhaltens des Casinos im Konnex gesehen mit dem Umstand, dass in der Beschwerde nicht schlichtweg die Möglichkeit ausgeschlossen wurde, dass bei entsprechender Anzahl von Spielern auch an mehr als 2 Tagen pro Woche Poker gespielt wurde, eine monatliche Gesamtspieldauer von 40 Stunden als sachlich unbedenklich und keineswegs überhöht. Im Übrigen wäre es an der Bf. gelegen gewesen und hätte für sie die Möglichkeit bzw. die Veranlassung bestanden, in Kenntnis der vom Finanzamt geschätzten Gesamtspieldauer von (durchschnittlich) 40 Stunden pro Monat nunmehr (z. B. für dem Bescheid nachfolgende Monate) eine eigenständige Zeiterfassung der monatlichen Pokerspieldauer einzurichten/ vorzunehmen, um sich mit solchen Zeitaufzeichnungen in die Lage zu versetzen, die sachliche Richtigkeit/Angemessenheit der vom Finanzamt geschätzten monatlichen Gesamtspieldauer nachvollziehbar zu widerlegen. Die Bf. hätte sich somit bei ihrer Replik auf die geschätzte Gesamtspieldauer keinesfalls damit begnügen dürfen, durch allgemeine, in keiner Weise belegte Ausführungen eine Auslastung von höchstens 50 % zu behaupten, ohne die Gesamtspieldauer durch entsprechende Zeitaufzeichnungen nachzuweisen bzw. zumindest glaubhaft zu machen. Obige Überlegungen rechtfertigen nach Meinung des Bundesfinanzgerichtes durchaus die Schlussfolgerung, dass mit der vom Finanzamt angesetzten monatlichen Gesamtspieldauer von 40 Stunden dem Aspekt der eingewendeten „Auslastung“ in sachlich ausreichendem Ausmaß Rechnung getragen wurde. Die diesbezügliche Beschwerdeargumentation vermag deshalb nicht stichhaltig für die letztlich begehrte monatliche Gesamtspieldauer von 20 Stunden zu streiten.
8. Als Ergebnis des Vorgesagten folgt für die Entscheidung des Beschwerdefalles, dass die vom Finanzamt angewandte Schätzungsmethode sachlich geeignet war, um hinsichtlich des in Frage stehenden Pokerspiels (Cashgames) dem Grunde und der Höhe nach zu gewährleisten, dass die solcherart ermittelte Besteuerungsgrundlage den tatsächlichen Gegebenheiten möglichst nahe kommt. Entgegen dem Beschwerdevorbringen liegt die monierte Rechtswidrigkeit nicht darin begründet, wenn im angefochtenen Bescheid ausgehend vom (betragsmäßig unbestritten gebliebenen) Pot pro Stunde von (rechnerisch korrekt) 1.066,66 € und einer monatlichen Gesamtspieldauer von 40 Stunden die Besteuerungsgrundlage „vom Einsatz“ in Höhe von 42.666,00 € (= 1.066,66 € x 40) ermittelt und ausgehend von dieser Bemessungsgrundlage für den Monat Mai 2011 die Glücksspielabgabe gemäß § 57 Abs. 1 GSpG mit 6.826,56 € (= 16 % von 42.666 €) festgesetzt wurde.
Über die vorliegende Bescheidbeschwerde war somit spruchgemäß abzusprechen.
9. Zulässigkeit der Revision
Eine ordentliche Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG deshalb unzulässig, war doch mit diesem Erkenntnis keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu lösen. Die Beurteilung der Beschwerdeprunkte, ob die vom Finanzamt angewandte Schätzungsmethode ausgehend vom Pot als „Einsatz“ und von einer geschätzten monatliche Gesamtspieldauer sachlich zutreffend und geeignet ist, um den tatsächlichen Gegebenheiten möglichst nahe zu kommen, war als Tatfrage anhand der Umstände des Einzelfalles vorzunehmen.
Innsbruck, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer Glücksspiel |
betroffene Normen | § 57 Abs. 1 GSpG, Glücksspielgesetz, BGBl. Nr. 620/1989 |
Schlagworte | Poker Cashgames Pot Drop vom Einsatz |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2015:RV.3100693.2012 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at