Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 07.03.2014, RV/2100273/2012

Unterbringung in Sonderklasse ohne triftigen medizinischen Grund keine außergewöhnliche Belastung

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin R in der Beschwerdesache X, Adr. gegen den Bescheid des Finanzamtes Deutschlandsberg Leibnitz Voitsberg vom , betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerinnenveranlagung) 2010, StNr. 123, zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) unzulässig.

Entscheidungsgründe

Die Beschwerdeführerin, im Folgenden kurz Bf. genannt, beantragte am die Arbeitnehmerinnenveranlagung 2010 und machte dabei unter anderem Krankheitskosten in Höhe von 3.660,88 € geltend. Dabei handelte es sich um eine Rechnung einer Y Privatklinik, wonach für den stationären Aufenthalt vom 22. bis zum folgende Leistungen verrechnet wurden:


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1. Pflegegebühren
800 €
2. Herz-Thorax-Röntgen
114,55 €
3. OP-Gruppe V, Hausanteil
1.000 €
4. Gerinnung FB-Labor
70 €
5. Einbettzimmeraufschlag
327,28 €
6. Physikalische Therapie
54,54 €
7. OP-Gruppe V, ärztliches Honorar
1.057,87 €
 
3.424,24 €
+ UST
236,64 €
Gesamtbetrag
3.660,88 €

Die Stmk. Gebietskrankenkasse teilte in einem Schreiben vom der Bf. mit, dass sie die Kosten der allgemeinen Gebührenklasse im Sinne des § 149 Abs. 3 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes direkt übernommen habe, für die darüber hinausgehenden Kosten (siehe oben), die im Zusammenhang mit der Unterbringung in der Sonderklasse entstanden seien, aber nicht aufkomme. Die Bf. legte der Erklärung noch eine Aufenthaltsbestätigung und die Einzahlungsbelege bei.

Mit Bescheid vom berechnete das Finanzamt eine Einkommensteuergutschrift für 2010 in Höhe von 789,34 €. Eine außergewöhnliche Belastung wurde dabei nicht berücksichtigt.

Gegen diese Erledigung erhob die Bf. Berufung und führte aus, dass sie am (durch plötzliches Versagen des Knies) zusammengebrochen sei und im LKH Z mit Spaltgips versorgt worden sei. Dort sei sie bis therapiert worden. Auf ihr Verlangen nach einer Operation habe man sie aufgeklärt, dass vorerst über Therapieform versucht werde, den Gesundheitszustand wiederherzustellen. Am sei sie wieder zusammengebrochen. Sie habe nur einen Weg gesehen, sich als Selbstzahler in der Privatklinik operieren zu lassen. Sie habe sich dort ein Einbettzimmer geleistet, welches selbstverständlich auf ihre Kosten gehe. Die Positionen 1 bis 4 und 6 bis 7 sehe sie jedoch als steuerlich zu berücksichtigende medizinische Leistungen an und verwies auf die Lohnsteuerrichtlinien 2002 Rz 902.

Mit Berufungsvorentscheidung vom wurde die Berufung ua. mit der Begründung abgewiesen, dass eine auf eigenen Wunsch in einer Privatklinik erfolgte Operation nicht rechtfertigt, das Vorliegen triftiger medizinischer Gründe anzunehmen.

Gegen diese Entscheidung wurde der Vorlageantrag eingebracht.

Mit Schreiben vom wies das nunmehr zur Behandlung der Beschwerde zuständige Bundesfinanzgericht die Bf. unter Zitierung der höchstgerichtlichen Judikatur darauf hin, dass triftige medizinische Gründe für die Behandlung in der Sonderklasse vorliegen müssen und forderte die Bf. auf dies allenfalls nachzuweisen.

Die Bf. schilderte daraufhin neuerlich den Krankheitsverlauf und legte einen OP-Bericht vom und einen ärztlichen Befundbericht vom vor, wonach es sich bei der Krankheit um eine Rezidiv-Luxation und Lateralisation der Patella mit femoropatellärer Chondropathie und Läsion des medialen Retinakulums Kniegelenk rechts gehandelt hat, die operativ in der Privatklinik behandelt wurde.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Strittig ist, ob die Kosten eines 5-tägigen stationären Aufenthaltes in der Sonderklasse einer Privatklinik in Höhe von 3.233,60 € eine außergewöhnliche Belastung mit Selbstbehalt darstellen.

Nach § 34 Abs. 1 EStG 1988 sind bei der Ermittlung des Einkommens (§ 2 Abs. 2) eines unbeschränkt Steuerpflichtigen nach Abzug der Sonderausgaben (§ 18) außergewöhnliche Belastungen abzuziehen. Die Belastung muss folgende Voraussetzungen erfüllen:

1. Sie muss außergewöhnlich sein (Abs. 2).

2. Sie muss zwangsläufig erwachsen sein (Abs. 3)

3. Sie muss die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigen (Abs. 4).

Abs. 2: Die Belastung ist außergewöhnlich, soweit sie höher ist als jene, die der Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse erwächst.

Abs. 3: Die Belastung erwächst dem Steuerpflichtigen zwangsläufig, wenn er sich ihr aus tatsächlichen, rechtlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann.

Abs. 4: Die Belastung beeinträchtigt wesentlich die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, soweit sie einen vom Steuerpflichtigen von seinem Einkommen vor Abzug der außergewöhnlichen Belastungen zu berechnenden Selbstbehalt übersteigt.

Durch Krankheit verursachte Aufwendungen erwachsen aus tatsächlichen Gründen. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes () ist die Zwangsläufigkeit bei Krankheitskosten, die die durch die gesetzliche Krankenversicherung gedeckten Kosten übersteigen, jedoch nur dann gegeben, wenn sie aus triftigen medizinischen Gründen erfolgen. Diese Ansicht findet sich auch in den von der Bf. zitierten Lohnsteuerrichtlinien wieder (LStR 2002, Rz 902). Bloße Wünsche und Vorstellungen der Betroffenen über eine bestimmte medizinische Behandlung sowie allgemein gehaltene Befürchtungen bezüglich der vom Träger der gesetzlichen Krankenversicherung finanzierten medizinischen Betreuung stellen noch keine triftigen medizinischen Gründe für die Aufwendungen dar. Die triftigen medizinischen Gründe müssen vielmehr in feststehenden oder sich konkret abzeichnenden ernsthaften gesundheitlichen Nachteilen bestehen, welche ohne die mit höheren Kosten verbundene medizinische Betreuung eintreten würden (VwGH siehe oben).

Die Bf. legte einen OP-Bericht, eine Therapiedokumentation und einen ärztlichen Befundbericht dem BFG vor. Dabei handelt es sich ausschließlich um Berichte über den Behandlungsverlauf. Ein Nachweis über eine aus medizinischer Sicht notwendige Behandlung in der Sonderklasse der Privatklinik ist darin nicht zu sehen. Auch aus den Ausführungen der Bf. hinsichtlich ihres Wunsches nach einer sofortigen Operation und der Ablehnung durch die Ärzteschaft des LKH Z unter dem Gesichtspunkt, dass zunächst eine Therapieform zur Anwendung kommen sollte, lässt sich nicht schließen, dass nach dem im Juni 2010 erfolgten neuerlichen Versagen des Knies nicht auch im LKH Z oder im LKH y die erforderlichen operativen Maßnahmen zur Wiederherstellung der Gesundheit getroffen worden wären. Die Bf. zeigte keine ernsthaften gesundheitliche Nachteile auf, die ohne die Behandlung in der Sonderklasse zu befürchten gewesen wären. Für den Entschluss, die Operation in der Sonderklasse einer Privatklinik durchführen zu lassen, waren daher keine triftigen medizinischen Gründe erkennbar, weshalb nicht von einer Zwangsläufigkeit auszugehen ist.

Gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes ist eine Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des VwGH abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des VwGH nicht einheitlich beantwortet wird (Art. 133 Abs. 4 B-VG). Zur gegenständlichen Rechtsfrage, wann von einer Zwangsläufigkeit der Unterbringungskosten in der Sonderklasse gesprochen werden kann, gibt es die oben zitierte Judikatur des VwGH, die Eingang in zahlreiche UFS-Entscheidungen gefunden hat (zB -I/12; ). Die Frage, ob im gegenständlichen Fall triftige medizinische Gründe vorliegen, ist von den Umständen des Einzelfalles abhängig und nicht von grundsätzlicher Bedeutung.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2014:RV.2100273.2012

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at