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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 09.04.2015, RV/6100252/2015

Rückforderung Familienbeihilfe bei nicht ernsthaft und zielstrebig betriebenem Studium

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Ri in der Beschwerdesache Bf gegen den Bescheid des Finanzamt Salzburg-Land vom , betreffend Rückforderung Familienbeihilfe für die Monate Juli bis Oktober 2014 zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.


Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang:

Mit Bescheid vom forderte das Finanzamt Salzburg-Land von der Beschwerdeführerin (Bf.) gem. § 26  Abs. 1 Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG 1967) iVm. § 33 Abs. 3 Einkommensteuergesetz 1988 (EStG 1988) für die Tochter X., SV Nr. 1, die Familienbeihilfe für die Monate Juli 2014 bis Oktober 2014 im Gesamtbetrag von € 846,50 zurück.

Begründend wurde ausgeführt, dass X. ihre Berufsausbildung mit dem Ablegen der Reifeprüfung beendet habe und daher die Familienbeihilfe für den Zeitraum Juli bis Oktober 2014 rückgefordert werden müsse.

Mit Eingabe vom brachte die Bf Berufung (nunmehr Beschwerde) mit der Begründung ein, ihre Tochter habe das Studium am begonnen und am abgebrochen. Es sei der Wunsch der Tochter gewesen, dieses Studium zu besuchen. Die Kosten für das Studentenheim seien für Oktober auch vom Konto der Tochter abgebucht worden. Es sei von ihrer Tochter nicht geplant gewesen, das Studium nach so kurzer Zeit abzubrechen. Im Gegenteil sei es immer ihr Wunsch gewesen, die Ausbildung als Lehrer für Wirtschaftsfächer zu absolvieren.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies das Finanzamt die Beschwerde als unbegründet ab. Voraussetzung für den Erhalt der Familienbeihilfe sei, dass die Ausbildung ernsthaft und zielstrebig betrieben werde. Dies sei nur dann der Fall, wenn die Vorbereitung auf die Ablegung der Prüfungen die volle Zeit des Kindes in Anspruch nehme und das Kind zu den Prüfungsterminen innerhalb angemessener Zeit antrete. Alleine der Wunsch, dieses Studium zu betreiben, rechtfertige nicht den Anspruch auf Familienbeihilfe. Die Berufsausbildung sei daher mit Ablegung der Reifeprüfung im Juni 2014 abgeschlossen worden.

Im gegen die Beschwerdevorentscheidung eingebrachten Vorlageantrag führte die Bf aus, dass ihre Tochter in den langen Sommerferien nach Abschluß der Reifeprüfung an der Z. Geld verdient habe, um sich das künftige Studium in Linz zu finanzieren. Sie habe einen 4 wöchigen Ferialjob bei der Y. angenommen und Samstag nebenbei als Verkäuferin gearbeitet.

Im Oktober 2014 sei sie nach Linz gezogen, um dort das Studium zu beginnen. Schon nach den ersten Vorlesungen habe sie gemerkt, dass sie eigentlich nicht mehr bereit sei, weitere 5 Jahre zu lernen, sondern selbst Geld verdienen wolle. Trotzdem habe sie weitere Vorlesungen besucht, welche ihr jedoch gar nicht zugesagt hätten. Ihr sei sehr schnell klar geworden, dass ihre Entscheidung, in Linz zu studieren, absolut falsch gewesen sei.

Sie habe festgestellt, dass sie nicht fünf Jahre in Linz bleiben wollte, da ihre Familie und ihre Freunde in Salzburg waren. Dies sei ihr zwar schon zuvor bewußt gewesen, aber als sie dann tatsächlich allein gewesen sei, habe sie dies sehr nachdenklich gemacht. Auch habe sie nicht gewußt, wie sich das Studium finanziell ausgehen sollte, obwohl sie bereits am Samstag arbeitete. Die Wahl ihres Studiums sei auch nicht das gewesen, was sie sich vorgestellt habe. Sie habe nach 3 Wochen beschlossen, das Studium abzubrechen und sich eine Arbeitsstelle zu suchen.

Ihre Tochter sei seit der vierten Handelsakademie entschlossen gewesen, dieses Studium zu absolvieren und hätte sich nicht für einen Ferialjob entschieden, wenn von vornherein beabsichtigt gewesen wäre, nicht zu studieren. Sie hätte dann bereits zu diesem Zeitpunkt einen Vollzeitjob angenommen.

Sie musste auch für das Studentenheim noch ein halbes Jahr monatlich € 360,00 weiterzahlen, obwohl sie nicht mehr dort gewohnt habe. Daher sei klar, dass es nicht geplant war, das Studium abzubrechen.

Über Vorhalt des Bundesfinanzgerichtes legte die Bf. das Bewerbungsschreiben der Tochter (Email vom ) sowie das Schreiben der Firma vom , mit dem die Tochter zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen worden ist, vor.

Rechtsgrundlagen und rechtliche Würdigung

2. (1) FLAG 1967:
Anspruch auf Familienbeihilfe haben Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben,...

b)

für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist. Bei volljährigen Kindern, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992, BGBl. Nr. 305, genannte Einrichtung besuchen, ist eine Berufsausbildung nur dann anzunehmen, wenn sie die vorgesehene Studienzeit pro Studienabschnitt um nicht mehr als ein Semester oder die vorgesehene Ausbildungszeit um nicht mehr als ein Ausbildungsjahr überschreiten. ...
Die Aufnahme als ordentlicher Hörer gilt als Anspruchsvoraussetzung für das erste Studienjahr. Anspruch ab dem zweiten Studienjahr besteht nur dann, wenn...

d)

für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, für die Zeit zwischen dem Abschluss der Schulausbildung und dem Beginn einer weiteren Berufsausbildung, wenn die weitere Berufsausbildung zum frühestmöglichen Zeitpunkt nach Abschluss der Schulausbildung begonnen wird.

§ 33 Abs. 3 EStG 1988:

Steuerpflichtigen, denen auf Grund des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 Familienbeihilfe gewährt wird, steht im Wege der gemeinsamen Auszahlung mit der Familienbeihilfe ein Kinderabsetzbetrag von monatlich 58,40 Euro für jedes Kind zu. Für Kinder, die sich ständig außerhalb eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines Staates des Europäischen Wirtschaftsraumes oder der Schweiz aufhalten, steht kein Kinderabsetzbetrag zu. Wurden Kinderabsetzbeträge zu Unrecht bezogen, ist § 26 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 anzuwenden
 

§ 10 Abs. 2 FLAG 1967

Die Familienbeihilfe wird vom Beginn des Monats gewährt, in dem die Voraussetzungen für den Anspruch erfüllt werden. Der Anspruch auf Familienbeihilfe erlischt mit Ablauf des Monats, in dem eine Anspruchsvoraussetzung wegfällt oder ein Ausschließungsgrund hinzukommt.

§ 26 Abs. 1 FLAG 1967

Wer Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen hat, hat die entsprechenden Beträge zurückzuzahlen.

Die Tochter der Bf. hat ihre Schulbildung mit Ablegung der Reifeprüfung an der Z. im Juni 2014 abgeschlossen und war im WS 2014/2015 als ordentliche Hörerin des Studiums Wirtschaftspädagogik an der Johannes Keppler Universität (JKU) in Linz inskribiert.

Die Lehrveranstaltungen im Bereich Wirtschaftspädagogik an der JKU begannen am . Bereits am  hat die Tochter sich um die Stelle als Assistentin Rechnungswesen bei der Firma beworben. Ihre Bewerbung hat sie wie folgt begründet:

"Aufgrund meines großen Interesses an den wirtschaftlichen Fächern habe ich mich zu einem Studium der Wirtschaftspädagogik entschieden. Jedoch wurde mir schnell klar, dass ich sobald wie möglich in das Berufsleben einsteigen möchte um meine Fähigkeiten in der Praxis umzusetzen."

Mit Schreiben vom wurde sie zu einem Vorstellungsgespräch am eingeladen.

Am hat sie das Studium abgebrochen (lt. Mitteilung vom ).

Das Finanzamt geht davon aus, dass zwar als Anspruchsvoraussetzung für das erste Studienjahr die Aufnahme als ordentlicher Hörer bzw. Hörerin genügt und erst für den Anspruch ab dem zweiten Studienjahr die Ablegung von Prüfungen nachzuweisen ist. Es müsse jedoch grundsätzlich eine Berufsausbildung vorliegen. Dies bedeutet, dass zwar im ersten Studienjahr kein Prüfungsnachweis vorzulegen ist, andererseits aber das ernsthafte und zielstrebige Bemühen um den Studienerfolg durch laufenden Besuch von Lehrveranstaltungen nach außen hin deutlich zum Ausdruck gebracht und dies auch durch Vorlage von Teilnahmebestätigungen an Seminaren, Vorlesungsmitschriften etc. nachgewiesen werden muss.

Nach § 2 Abs. 1 lit b FLAG 1967 ist die Gewährung von Familienbeihilfe für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, an die Voraussetzung der Berufs­ausbildung gebunden.
Was unter Berufsausbildung zu verstehen ist, wird im Gesetz nicht näher definiert.
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes liegt Berufsausbildung iSd § 2 Abs. 1 lit b FLAG 1967 dann vor, wenn neben dem laufenden Besuch einer der Berufsausbildung dienenden schulischen Einrichtung das ernstliche und zielstrebige, nach Außen erkennbare Bemühen um den Ausbildungserfolg deutlich zum Ausdruck kommt ().
Der VwGH hat dazu in ständiger Rechtsprechung weitere Kriterien entwickelt (siehe z.B. ; ; ): Nach dieser Judikatur ist es das Ziel einer Berufsausbildung, die fachliche Qualifikation für die Ausübung des angestrebten Berufes zu erlangen. Das Ablegen von Prüfungen ist dabei ein essentieller Bestandteil der Berufsausbildung. Diese liegt daher nur vor, wenn die Absicht zur erfolgreichen Ablegung von vorgeschriebenen Prüfungen gegeben ist. Die Voraussetzungen einer Berufsausbildung können vorliegen, wenn das Kind die erforderlichen Prüfungen ablegen will und sich darauf tatsächlich und zielstrebig vorbereitet. Dies kann dann angenommen werden, wenn die Vorbereitung auf die Prüfung die volle Zeit des Kindes in Anspruch nimmt.

Als Anspruchsvoraussetzung für den Studienbeginn bzw. das erste Studienjahr gilt die Aufnahme als ordentlicher Hörer.
Erst ab dem zweiten Studienjahr ist als Anspruchsvoraussetzung die Ablegung bestimmter Prüfungen für das vorhergehende Studienjahr nachzuweisen.
Gleichzeitig kann aber nicht außer Acht gelassen werden, dass eine "Berufsausbildung" im Sinne des § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 vorliegen muss. Das bedeutet, dass im ersten Studienjahr zwar kein Prüfungsnachweis erforderlich ist, aber es muss sehr wohl das ernsthafte und zielstrebige Bemühen um einen Studienerfolg nach Außen hin deutlich zum Ausdruck zu kommen. Dazu muss zumindest der laufende Besuch von Lehrveranstaltungen der betreffenden Studienrichtung erfolgen.
Der Nachweis bzw. die Glaubhaftmachung dieses Umstandes kann beispielsweise durch Vorlage von Teilnahmebestätigungen an Seminaren, Vorlesungsmitschriften, ev. Seminararbeiten etc. erfolgen.

Die Bf. hat vorgebracht, ihre Tochter habe bereits in den ersten paar Vorlesungen bemerkt, dass sie nicht mehr bereit sei, weitere 5 Jahre zu lernen sondern schnell Geld verdienen möchte.

Laut Homepage der JKU begannen die Vorlesungen am . Bereits am hat X sich um einen Vollzeitjob beworben und am endgültig das Studium abgebrochen.

Bei einem lediglich 2 tägigen Vorlesungsbesuch kann nicht von einem zielstrebigen und ernsthaften Bemühen um einen Studienerfolg ausgegangen werden.

Als Zeiten der "Berufsausbildung" im Sinne des FLAG können nur solche Zeiten gelten, in denen aus den objektiv erkennbaren Umständen darauf geschlossen werden kann, dass eine Ausbildung für den Beruf auch tatsächlich erfolgt ist.
Das Vorliegen rein formaler Erfordernisse ist nicht ausreichend.
Die Zulassung an einer Hochschule bzw. die Bestätigung über die Meldung zu einem Studium (vormals: Inskription) ist als reiner Formalakt nicht geeignet, eine Berufsausbildung im genannten Sinne nachzuweisen und somit den Anspruch auf die Familienbeihilfe zu begründen (vgl. ; u. a., sowie -I/13).

Der Wunsch, ein Studium zu absolvieren, reicht für sich alleine nicht aus, wenn, wie im vorliegenden Fall, bereits nach 2 Vorlesungstagen der Entschluß gefasst wird, das Studium sofort wieder zu beenden. Dass dadurch (unnötig) Kosten verursacht wurden (Heimplatz) ändert nichts daran, dass Anspruch auf Familienbeihilfe nur dann besteht, wenn sich das Bemühen in dem tatsächlichen Geschehen widerspiegelt.


Das Bundesfinanzgericht geht davon aus, dass von einem ernsthaften und zielstrebigen Bemühen um eine Berufsausbildung dann nicht ausgegangen werden kann, wenn bereits nach 2 Vorlesungstagen das Studium aufgegeben wird.
Es lag daher keine Berufsausbildung im Sinne der angeführten gesetzlichen Bestimmungen des FLAG vor.

Die Rückforderung der Familienbeihilfe erfolgte daher zu Recht

Unzulässigkeit der ordentlichen Revision

Eine Revision gem. Art 133 Abs. 4 B-VG ist nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt.
Die gegenständliche Rechtsfrage wurde bereits durch die in der Entscheidung zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes beantwortet.

Salzburg-Aigen, am

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Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at