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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 12.11.2014, RV/7300060/2014

1. Betroffener einer Hausdurchsuchung 2. Strittig ist, ob die Durchführung einer Hausdurchsuchung in den Wohnräumlichkeiten des Beschwerdeführers gerechtfertigt war.

Beachte

Revision eingebracht. Beim VwGH anhängig zur Zl. Ra 2015/16/0006. Zurückweisung mit Beschluss vom .

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Ri in der Finanzstrafsache gegen Bf, AdresseBf, vertreten durch Dr. Wolfgang Vacarescu, Jakominiplatz 16/II, 8010 Graz, wegen Anordnung der Hausdurchsuchung gemäß § 93 Abs. 1 des Finanzstrafgesetzes (FinStrG) über die Beschwerde des Betroffenen vom gegen die Anordnung der Hausdurchsuchung gemäß § 93 Abs. 1 FinStrG durch die Vorsitzende des Spruchsenates beim Finanzamt Wien 9/18/19 Klosterneuburg, als Organ des Finanzamtes Baden Mödling als Finanzstrafbehörde vom , Sp, folgendes Erkenntnis gefällt:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Mit Hausdurchsuchungsbefehl gemäß § 93 Abs. 1 FinStrG der Vorsitzenden des Spruchsenates V beim Finanzamt Wien 9/18/19 Klosterneuburg als Organ des Finanzamtes Baden Mödling als Finanzstrafbehörde vom , Sp , wurde an die Organe der Steuerfahndung Team Fahndung Wien 03 im Auftrag des Finanzamtes Baden Mödling als Finanzstrafbehörde die Anordnung gerichtet, an der Wohnadresse des Beschwerdeführers Bf (im Folgenden Bf genannt) an der in der Durchsuchungsanordnung näher bezeichneten Adresse zu durchsuchen. Die Anordnung der Hausdurchsuchung erfolgte zu dem Zweck der Auffindung von Gegenständen, die im Finanzstrafverfahren als Beweismittel in Betracht kommen, nämlich alle ab dem Jahr 2013 bis laufend, wie insbesondere Ertragsaufzeichnungen aller Art und alle Belege, die über die tatsächlichen Leistungserlöse und das Vermögen der Verdächtigen Aufschluss geben und Unterlagen über Einkommen und Vermögenszugänge sowie Belege über Privataufwendungen und Lebenserhaltungskosten, Sparbücher, Aufzeichnungen über Bargeldbewegungen und -verwendungen, Bankkonten, Bankschließfächer), EDV-Anlagen (Hard- und Software elektronischer Datenverarbeitungsanlagen und mobile Geräte wie Notebooks et cetera), sonstige Speichermedien sowie sonstige Hilfsmittel und Unterlagen gemäß § 93 FinStG vorzunehmen.

Zur Begründung wurde näher ausgeführt:

1. Der Verdächtige XX bzw. unbekannte Person (da gefälschte Identität) sei alleiniger Geschäftsführer der Fa. XYZ-GmbH (von bis ). Er sei in diesem Zeitraum auch Alleingesellschafter gewesen.

Aus einem Amtsvermerk der Landespolizeidirektion Steiermark vom ergebe sich Folgendes:

Beim Geschäftsführer der genannten Firma XYZ-GmbH (lt. Firmenbuchauszug bzw. Notariatsakt S ) handle es sich um XX , geb. 00 in Maribor, Personalausweis der Republik Slowenien, Nr.  001 , ausgestellt am , gültig bis .

Bei den Erhebungen in Bezug auf das beim Notar HS vorgelegte Aus-weisdokument habe festgestellt werden können, dass sich Ungereimtheiten ergeben.

Bei der darauffolgenden Kontaktaufnahme mit dem Verbindungsbeamten für Kroatien und Slowenien, AP , habe über die slowenischen Behörden erhoben werden können, dass das Originaldokument, das sich im Besitze des slowenischen Staatsbürgers XX befinde, nicht mit dem gegenständlichen Personalausweis übereinstimmt, welcher bei der Firmengründung vorgewiesen worden sei. Das beim Notar vorgelegte Dokument unterscheide sich in Bezug auf Lichtbild (nicht Originalperson lt. slowenischer Datenbank) und der dazugehörigen Unterschrift. Es könne daher davon ausgegangen werden, dass es sich bei dem vorgelegten Personalausweis um eine Totalfälschung handelt, da das Originaldokument im Besitze des XX , whft. AdresseXX , Slowenien sei. Um welche Person es sich bei dem vorgelegten, gefälschten Personalausweis handle, habe bis dato nicht festgestellt werden können.

Aufgrund dieser Feststellungen sei beim zuständigen Firmenbuch die Eintragung des Geschäftsführers am auf „unbekannte Person“ geändert worden. Vom FA Baden Mödling sei auch ein Antrag beim Firmenbuch auf Änderung des Firmensitzes auf „unbekannt“ eingebracht worden.

2. Der Verdächtige XY sei von - und gegenwärtig seit (Einschreiten von Amts wegen) alleiniger Geschäftsführer und Gesellschafter der Fa. XYZ-GmbH . Er sei bis in AdresseXY , polizeilich gemeldet gewesen, sein derzeitiger Aufenthalt sei unbekannt.

3. Der Verdächtige XZ sei Angestellter der Fa. XYZ-GmbH und laut eigenen Angaben für die Bürotätigkeiten und Personalmeldungen der Gesellschaft zuständig.

Nach den bisherigen Ermittlungsergebnissen bestehe der dringende Verdacht, dass XX   bzw. eine unbekannte Person (da gefälschte Identität) und XY jeweils im Zusammenwirken mit XZ im Amtsbereich des Finanzamtes Baden Mödling im Rahmen der unter der Steuernummer 16 geführten Gesellschaft  XYZ-GmbH fortgesetzt in mehrfachen Tathandlungen

1. im Zeitraum ab zumindest April 2013 (anhängiger USO Prüfungszeitraum) bis laufend an den jeweiligen gesetzlichen Fälligkeitszeitpunkten vorsätzlich unter Verletzung der Verpflichtung zur ordnungsgemäßen Abgabe von dem § 21 des Umsatzsteuergesetzes 1994 entsprechenden Anmeldungen, nämlich durch die Nichterfassung von Umsätzen bzw. Erfassung von nicht zum Vorsteuerabzug berechtigten Fakturen in den Umsatzsteuervoranmeldungen für die Voranmeldungszeiträume April 2013 bis April 2014 eine Verkürzung an Umsatzsteuervorauszahlungen in noch festzustellender Höhe bewirkt und dies nicht nur für möglich, sondern für gewiss gehalten haben, wobei es ihnen darauf angekommen ist, sich durch die wiederkehrende Begehung derartiger strafbarer Handlungen eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen;

2. vorsätzlich unter Verletzung der Verpflichtung zur Führung von dem § 76 des Einkommensteuergesetzes 1988 sowie dazu ergangenen Verordnungen entsprechend den Lohnkonten eine Verkürzung von Lohnsteuer, Dienstgeberbeiträgen zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen und Zuschlägen zum Dienstgeberbeitrag für den Zeitraum ab zumindest April 2013 bewirkt und dadurch die Finanzvergehen der gewerbsmäßigen Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs 2 lit a und § 33 Abs 2 lit b iVm § 38 FinStrG, beim Drittbeschuldigten i.V.m. § 13 FinStG begangen haben.

Der dringende Tatverdacht gründe sich auf die Anzeige des Finanzamtes Baden Mödling in Zusammenarbeit mit der Steuerfahndung-Wien, Fahndung Team Wien 03, zu Vormerknr. 2014 und St.Nr. 16 sowie die zu diesem Verfahren vorgelegten Unterlagen und bisherigen Ergebnissen der Ermittlungen.

Die Fa. XYZ-GmbH führe nachweislich bis laufend vorwiegend Reinigungsarbeiten durch. Aufgrund der zu den Verdächtigen dargestellten Sachverhalte sei derzeit völlig unklar, von wem die Gesellschaft geleitet werde, wer der tatsächliche Inhaber der Gesellschaftsanteile sei und wo sich der Firmensitz und Ort der Geschäftsleitung befinde. Aus einer Mitteilung des Rechtspflegers in Firmenbuchsachen beim Landesgericht Wr. Neustadt vom ergebe sich, dass als neuer Gesellschafter ein NG , geb. 000 , whft. AdresseNG eingetragen werden sollte, diese Änderung sei bislang aber nicht durchgeführt worden.

Im Zuge der laufenden Umsatzsteuersonderprüfung seien auch nur teilweise Buchhaltungsunterlagen vorgelegt worden.

Im Zuge der bisherigen Prüfung bzw. aus Erkenntnissen von Prüfungen bei anderen Unternehmen sei bekannt, dass die Fa. XYZ-GmbH zumindest für folgende Auftraggeber tätig sei (vermutlich Reinigungsarbeiten):

•          Auftraggeber1

•          Auftraggeber2

•          Auftraggeber3

•          Auftraggeber4

•          Auftraggeber5

•          Auftraggeber6

•          Auftraggeber7

Aufgrund von Zahlungen im Rahmen der Auftraggeberhaftung sei darüber hinaus bekannt, dass die Fa. XYZ-GmbH zumindest für die Firmen

•          Auftraggeber8

•          Auftraggeber9

•          Auftraggeber10

•          Auftraggeber11

tätig sei.

Da die UID-Nummer der Fa. XYZ-GmbH seit nicht gültig (begrenzt) sei, berechtigen die Fakturen der Fa. XYZ-GmbH bei den genannten Firmen nicht zum Vorsteuerabzug.

Von der Gesellschaft seien seit dem Voranmeldezeitraum Juli 2013 keine Umsatzsteuervoranmeldungen abgegeben worden, allerdings seien monatlich Umsatzsteuervorauszahlungen geleistet oder Gutschriften geltend gemacht worden, deren Grundlage in keiner Weise nachvollziehbar oder überprüfbar sei.

Nunmehr seien am Umsatzsteuervoranmeldungen für die Monate 09/2013-03/2014 eingereicht worden, die Unterschrift auf den Voranmeldungen sei mit keiner der aktenkundigen vertretungsbefugten Personen ident und könne daher keiner natürlichen Person zugeordnet werden. Die nunmehr vorangemeldeten Umsätze (und Vorsteuern) würden sich wie folgt darstellen:

                   Sept.2013  Okt.2013  Nov.2013  Dez.2014  Jän.2014  Feb.2014  März2014


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Umsatz
41382,49
116946,43
115157,11
117723,91
130029,8
117675,96
187485,19
Reverse Charge
4758,46
21607,47
23184,79
23284,70
16599,73
20697,05
50957,79
Stpfl. Umsatz
36624,03
95338,96
91972,32
94439,21
113430,07
96978,91
136527,40
Vorsteuer
747,03
13933,24
17372,86
18347,81
19987,41
18725,71
20580,12
Zahllast
6577,78
5134,55
1021,60
540,03
2698,6
670,07
6725,36

Die in Summe geltenden gemachten Vorsteuern in Höhe von € 109.694,18 würden nachweislich zum Teil aus Rechnungen einer Fa. A-GmbH , AdresseA, resultieren. Im Zuge einer bei dieser Gesellschaft anhängigen Prüfung seien Fakturen an die Fa. XYZ-GmbH   festgestellt und nachstehende Rechnungs- bzw. Vorsteuerbeträge ermittelt worden:


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Re. Datum
Re. Nr.
Leistung
netto
USt
Nr. 06-2013
Einkaufswagen Leistung Oktober 2013
31020,00
6204,00
Nr. 12-2013
Leistung für November 2013 AuftraggeberBP
29756,00
5951,20
Nr. 11-2013
Leistung für November 2013
92000,00
18400,00
Nr. 14-2013
Leistung für Dezember 2013
30917,00
6183,40
Nr. 15-2014
Leistung für Jänner 2014
65100,00
13020,00
Nr. 21-2014
Leistung für Februar 2014
51682,00
16365,00
Nr. 22-2014
Leistung für Feb. 2014 AuftraggeberBP
30.143,00
6028,60
 
 
 
330618,00
72152,20

Die Fa. A-GmbH (beim Handelsgericht Wien seit X.X.2013 registriert, alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer sei Gf-AGmbH , geb. 0000 , whft. AdresseGf-A-GmbH sei beim Finanzamt Wien 12/13/14 Purkersdorf unter 1234 erfasst. Von der Gesellschaft seien bislang keine Umsatzsteuervoranmeldungen eingereicht und auch keine Umsatzsteuerzahlungen geleistet worden. Die am vergebene UID-Nummer sei am selben Tag begrenzt worden, die Firma habe daher für den gesamten Erhebungszeitraum keine gültige UID-Nummer gehabt.

Die Rechnungen der Fa. A-GmbH würden daher bei der Fa. XYZ-GmbH zu keinem Vorsteuerabzug berechtigen.

Bei der Wiener Gebietskrankenkasse seien z.B. im Zeitraum 01.06.- 111 Dienstnehmer angemeldet gewesen; lediglich für Oktober und November 2013 und Februar 2014 seien minimale Lohnabgaben gemeldet, aber nicht bezahlt worden.

Dazu liege auch eine Mitteilung der Steuerfahndung vom November 2013 vor, wonach bei einer durchgeführten Abfrage der Dienstnehmer der XYZ-GmbH aufgefallen sei, dass etliche ehemalige Dienstnehmer nunmehr bei der A-GmbH angemeldet worden seien. Insgesamt seien von der A-GmbH  seit 10/2013 bereits 70 Mitarbeiter bei der SV angemeldet worden.

Inwieweit daher auf die A-GmbH angemeldetes Personal tatsächlich der Fa.  XYZ-GmbH zuzurechnen sei und welche steuerlichen Konsequenzen sich daraus ergeben können, könne derzeit noch nicht abgeschätzt werden.

Der vorläufige strafbestimmende Wertbetrag ergebe sich aus den oben beschriebenen Eingangsrechnungen der Fa. A-GmbH und betrage zum Faktum der Abgabenhinterziehung nach §§ 33 Abs. 2 lit a FinStrG iVm § 38 FinStrG: € 72.152,20.

Die Hausdurchsuchungen seien im Hinblick auf den aufzuklärenden Sachverhalt jedenfalls verhältnismäßig und seien die beantragten Maßnahmen mangels Vorhandenseins anderer verlässlicher Beweismittel nicht substituierbar. Das angestrebte Ziel, nämlich die lückenlose Aufklärung der beschriebenen deliktischen Handlungsweisen, stehe einem eventuellen Eingriff in die Rechte unbeteiligter Dritter keineswegs außer Verhältnis und könne auf anderem Wege nicht mit derselben Aussicht auf Erfolg erreicht werden.

Aufgrund der bisherigen Erhebungen der Steuerfahndung sei anzunehmen, dass Beweis-material an den zu durchsuchenden Räumlichkeiten gelagert werde.

Die Hausdurchsuchung diene der Auffindung und Sicherstellung von Gegenständen, die für die Aufklärung der Straftaten von Bedeutung seien. Insbesondere sei zu erwarten, dass in den zu durchsuchenden Räumlichkeiten samt Nebenräumen Unterlagen bezüglich der tatsächlich erzielten Umsätze/Einkommen ab dem Jahre 2013 bis laufend aufgefunden und sichergestellt werden können.

Gegen diesen Hausdurchsuchungsbefehl richtet sich die vorliegende frist- und formgerechte Beschwerde des Bf gemäß § 93 Abs. 7 FinStrG vom , in welcher beantragt werde, dass die Hausdurchsuchung in den Wohnräumlichkeiten des Bf AdresseBfn rechtswidrig erfolgt sei.

Nach Darstellung der Rechtsmittellegitimation des Bf, er sei lediglich Inhaber der Wohnung in AdresseBf und – soweit ihm bekannt – nicht Beschuldigter im gegenständlichen Finanzstrafverfahren, führt der Bf zur Begründung aus, dass auch im verwaltungsstrafbehördlichen Finanzverfahren entsprechende Erkenntnisse, somit auch ein Durchsuchungsbefehl, begründet zu werden hätten. Eine Begründungspflicht sei gesetzlich vorgesehen und auch daher notwendig, um einer Rechtsmittelbehörde darzulegen, aus welchen Gründen ein Erkenntnis (Bescheid) erlassen worden sei. Dabei habe die Behörde 1. Instanz nicht nur den Sachverhalt klar und deutlich darzulegen, sondern  auch auszuführen, aufgrund welcher Beweismittel sie zum gegenständlichen Sachverhalt gelange. Darüber hinaus sei jedoch auch bei einem Grundrechtseingriff verpflichtend darzulegen, welche Annahmen im Zusammenhang mit dem Betroffenen dazu geführt haben, den Eingriff auch vorzunehmen.

Für einen rechtmäßigen Hausdurchsuchungsbefehl sei in jedem Fall ein (begründeter) Verdacht erforderlich, es müssen somit hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte vorhanden sein, welche die Annahme der Wahrscheinlichkeit des Vorliegens von bestimmten Umständen rechtfertigen .

Der im Durchsuchungsbefehl als "inkriminierter Sachverhalt" dargestellte Bericht könne einen bestimmten dringenden Verdacht nicht darstellen. Insbesondere würden im maßgeblichen Durchsuchungsbefehl zwar Umsatzzahlen dargelegt werden, jedoch werde zu keinem  Zeitpunkt behauptet, dass die betreffenden Leistungen nicht erbracht worden wären. Im Gegenteil führe die Behörde 1. Instanz aus, dass nachweislich vorwiegend Reinigungsarbeiten erbracht worden seien. Verdacht sei die Kenntnis von Tatsachen, aus denen nach der Lebenserfahrung auf ein Finanzvergehen geschlossen werden könne. Alleine aus dem Umstand, dass eine Person mit nicht nachvollziehbarer Identität Firmenanteile übernehmen habe wollen, lasse noch keinen Rückschluss auf einen Verdacht hinsichtlich erfolgter und vorgenommener Finanzstrafvergehen zu.

Letztlich mag jedoch ein dringender Tatverdacht gegen die im Durchsuchungsbefehl angeführten Beschuldigten dahingestellt bleiben, die Behörde 1. Instanz könne jedoch nicht darlegen, aus welchen Gründen der Verdacht bestehe, dass sich unter der Wohnanschrift des (nicht Beschuldigten) Bf Gegenstände, die im Finanzstrafverfahren als Beweismittel in Betracht kommen, nämlich insbesondere Vertragsaufzeichnungen aller Art und Belege, die über die tatsächliche Leistungserlöse und das Vermögen der Verdächtigen Aufschluss geben etc., vorhanden sein sollen.

Im Durchsuchungsbefehl werde lediglich klargelegt, dass der Bf Generalbevollmächtigter des Beschuldigten XY sei.

Für Hausdurchsuchungen gelte der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, demzufolge staatliche Eingriffe im Verhältnis zum geschützten Rechtsgut angemessen sein müssen. Eine Angemessenheitsprüfung könne aufgrund des von der Behörde I. Instanz angenommenen Sachverhaltes und der im Durchsuchungsbefehl festgehaltenen Begründung nicht vorgenommen werden. Nach der Rechtsprechung soll nämlich die gemäß § 93 Abs. 1 FinStrG festgelegte Erlassung eines mit Gründen versehenen Hausdurchsuchungsbefehls dem Wohnungsinhaber Gelegenheit geben, die gegen ihn sprechenden Verdachtsgründe zu entkräften und die zu seinen Gunsten sprechenden Tatsachen geltend zu machen. Daher müssten ihm die Verdachtsgründe, die auf das Vorhandensein der Gegenstände in dem zu durchsuchenden Räumlichkeiten schließen lassen, mitgeteilt werden. Der Wohnungsinhaber, in dessen verfassungsgesetzlich geschütztes Hausrecht eingegriffen werde, habe einen Anspruch darauf, die Gründe dafür zu erfahren.

Eine nähere Begründung für die Durchsuchung der Wohnung des Beschwerdeführers sei dem Hausdurchsuchungsbefehl jedoch nicht zu entnehmen.

Aus dargestellten Gründen sei der Hausdurchsuchungsbefehl mit Rechtwidrigkeit behaftet.

Überdie Beschwerde wurde erwogen:

Gemäß § 93 Abs. 2 FinStrG dürfen Hausdurchsuchungen, das sind Durchsuchungen von Wohnungen und sonstigen zum Hauswesen gehörigen Räumlichkeiten, sowie von Wirtschafts-, Gewerbe- oder Betriebsräumen u.a. dann vorgenommen werden, wenn begründeter Verdacht besteht, dass sich dort Gegenstände befinden, die voraussichtlich dem Verfall unterliegen oder die in einem Finanzstrafverfahren als Beweismittel in Betracht kommen.

Sowohl für die Einleitung eines Finanzstrafverfahrens, als auch für die Vornahme einer Hausdurchsuchung muss ein begründeter Verdacht vorliegen, dieser Verdacht bezieht sich in beiden Fällen auf die Tatbegehung, im Fall der Hausdurchsuchung überdies auf das Vorhandensein von bestimmten Gegenständen.

Ein Verdacht kam immer nur aufgrund einer Schlussfolgerung aus Tatsachen entstehen und besteht jedenfalls dann, wenn hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme der Wahrscheinlichkeit des Vorliegens von bestimmten Umständen rechtfertigen. Ein Verdacht ist die Kenntnis von Tatsachen, aus denen aus der Lebenserfahrung auf ein Finanzvergehen und auf das Vorhandensein von bestimmten Gegenständen geschlossen werden kann.

Es liegt in der Natur von Hausdurchsuchungen, dass oftmals das konkrete Aussehen und die konkrete Art der Beweismittel, auf deren Suche die Hausdurchsuchung abzielt, nicht bekannt sind. Deshalb ist es der Behörde nicht verwehrt, eine Umschreibung nach allgemeinen Kriterien vorzunehmen.

Bei der Prüfung, ob tatsächlich genügend Verdachtsgründe vorliegen, geht es nicht darum, die Ergebnisse des förmlichen Finanzstrafverfahrens vorwegzunehmen, sondern lediglich darum, ob die bisher der Finanzstrafbehörde zugekommenen Mitteilungen unter Berücksichtigung der von ihr durchgeführten Vorerhebungen für einen Verdacht ausreichen.

Mit der gegenständlichen Beschwerde bestreitet der Bf zunächst das Vorliegen eines bestimmten dringenden Verdachts, zumal im maßgeblichen Durchsuchungsbefehl zwar Umsatzahlen dargelegt worden seien, jedoch zu keinem Zeitpunkt behauptet werde, dass die betreffenden Leistungen nicht erbracht worden wären. Allein aus dem Umstand, dass eine Person mit nicht nachvollziehbarer Identität Firmenanteile übernehmen habe wollen, lasse noch keinen Rückschluss auf einen Verdacht hinsichtlich erfolgter und vorgenommener Finanzstrafvergehen zu.

Dem ist entgegenzuhalten, dass nach den gepflogenen Erhebungen der Finanzstrafbehörde von der Fa. XYZ-GmbH nur für die Monate Juli und August 2013 Umsatzsteuervoranmeldungen eingereicht wurden, welche nicht nachvollziehbar waren. Alle anderen Umsatzsteuervoranmeldungen wurden nach Beginn der Umsatzsteuersonderprüfung abgegeben. Zwar seien monatlich Umsatzsteuervorauszahlungen oder Gutschriften geltend gemacht worden, deren Grundlage sei jedoch in keiner Weise nachvollziehbar oder überprüfbar. Die am nachgereichten Umsatzsteuervoranmeldungen für die Monate 9/2013 bis 3/2013 konnten auch keiner natürlichen Person zugeordnet werden, zumal die Unterschrift auf den Voranmeldungen mit keiner aktenkundigen vertretungsbefugten Person ident ist. Die Fa.  XYZ-GmbH führt nach den Erhebungen zwar Reinigungsleistungen durch, das dafür notwendige Personal wird aber zumindest zum Teil von einer Fa. A-GmbH beigestellt, welche über keine aufrechte UID-Nummer verfügt und selbst ihren steuerlichen Verpflichtungen nicht nachkommt. Die von der Fa.  A-GmbH ausgestellten Rechnungen berechtigen daher bei der Fa. XYZ-GmbH zu keinem Vorsteuerabzug. Weiters liegt eine Mitteilung der Steuerfahndung vom November 2013 vor, wonach aufgefallen sei, dass etliche ehemalige Dienstnehmer nunmehr bei der A-GmbH angemeldet worden seien. Aufgrund dieses Sachverhaltes wird auch ein Finanzstrafverfahren gegen XX und XY als unmittelbare Täter und gegen XZ als Beitragstäter iSd § 13 FinStrG geführt.

Die Annahme eines begründeten Verdachtes der Begehung einer Abgabenhinterziehung gemäß § 33 Abs. 2 lit. a und § 33 Abs. 2 lit. b iVm § 38 FinStrG durch XY , welcher derzeit unbekannten Aufenthaltes ist, und XX im Zusammenwirken mit XZ im Rahmen der geführten XYZ-GmbH , welche in mehrfachen Tathandlungen

1. im Zeitraum ab zumindest April 2013 (anhängiger USO Prüfungszeitraum) bis laufend an den jeweiligen gesetzlichen Fälligkeitszeitpunkten vorsätzlich unter Verletzung der Verpflichtung zur ordnungsgemäßen Abgabe von dem § 21 des Umsatzsteuergesetzes 1994 entsprechenden Voranmeldungen, nämlich durch die Nichterfassung von Umsätzen bzw. Erfassung von nicht zum Vorsteuerabzug berechtigten Fakturen in den Umsatzsteuervoranmeldungen für die Voranmeldungszeiträume April 2013 bis April 2014 eine Verkürzung an Umsatzsteuervorauszahlungen in noch festzustellender Höhe bewirkt und dies nicht nur für möglich, sondern für gewiss gehalten haben, wobei es ihnen darauf angekommen ist, sich durch die wiederkehrende Begehung eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen,

2. vorsätzlich unter Verletzung der Verpflichtung zur Führung von dem § 76 des Einkommensteuergesetzes 1988 sowie dazu ergangener Verordnungen entsprechenden Lohnkonten eine Verkürzung von Lohnsteuer, Dienstgeberbeiträgen zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen und Zuschlägen zum Dienstgeberbeitrag für den Zeitraum ab zumindest April 2013 bewirkt und dadurch die Finanzvergehen der gewerbsmäßigen Abgabenhinterziehungen nach §§ 33 Abs 2 lit a und § 33 Abs 2 lit b in Verbindung mit 38 Abs 1 FinStrG, beim Drittbeschuldigten i.v.m. § 13 FinstrG begangen zu haben, war daher gerechtfertigt.

Mit der gegenständlichen Beschwerde wird weiters eine Verletzung der Begründungspflicht der Behörde insofern geltend gemacht, als nach Ansicht des Bf die Behörde nicht darlegen könne bzw. dem Hausdurchsuchungsbefehl nicht zu entnehmen sei, aus welchen Gründen der Verdacht bestehe, dass sich unter der Wohnanschrift des (nicht Beschuldigten) Bf Gegenstände befänden, die im Finanzstrafverfahren als Beweismittel in Betracht kommen.

Wie bereits ausgeführt, ist der gegenwärtig seit alleinige Geschäftsführer und Gesellschafter der Fa. XYZ-GmbH derzeit unbekannten Aufenthaltes und wird in der gegenständlichen Beschwerde zutreffend ausgeführt, dass  im Durchsuchungsbefehl klargelegt wird, dass der Bf Generalbevollmächtigter des derzeitigen alleinigen Geschäftsführers und Gesellschafters und Beschuldigten XY ist.

Laut aktenkundiger Spezialvollmacht vom berechtigt XY als Gesellschafter und Geschäftsführer der XYZ-GmbH mit dieser Vollmacht den Bf u. a.:

„für mich als Gesellschafter und als Geschäftsführer so zu handeln, wie immer er will und alles zu tun, was immer er für nützlich hält“ sowie „meinen Geschäftsanteil an der vorgenannten Gesellschaft, an wen immer und zu welchem Preis auch immer, abzutreten, Generalversammlungen einzuberufen, das Stimmrecht bei Generalversammlungen für mich auszuüben sowie Firmenbucheingaben bzw. Eingaben vor Gericht oder Finanzamt für mich zu unterfertigen“ und darüber hinaus „mich vor Gericht oder Behörden, welcher Art auch immer, sowie gegenüber jeder dritten Person zu vertreten, dies in meiner Eigenschaft als Gesellschafter und Geschäftsführer der Firma XYZ-GmbH , mit dem Sitz in Adresse .“

Unabhängig von weiteren Verdachtsmomenten, die sich durch die umfangreiche und uneingeschränkte Bevollmächtigung des Bf ergeben, war auch nach Ansicht des Bundesfinanzgerichtes der begründete Verdacht gegeben, dass sich aufgrund der obangeführten umfassenden Spezialvollmacht auch in den Räumlichkeiten des Bf beweisrelevante Unterlagen befinden, die zur Aufklärung des Sachverhaltes, insbesondere der tatsächlichen wirtschaftlichen Verhältnisse der Gesellschaften und Verdächtigen, des Gesamtumfangs der erzielten Einkünfte und der privaten Aufwendungen sowie als Beweismittel und Grundlage für die finanzstrafrechtliche Beurteilung, erforderlich waren.

Bei einer derartigen Faktenlage konnte die Vorsitzende des Spruchsenates bei Ausstellung des gegenständlichen Hausdurchsuchungsbefehles berechtigt von einem begründeten Verdacht dahingehend ausgehen, dass auch der Bf im Besitz von Unterlagen bzw. Beweismitteln, die sich in seiner Wohnung befinden, sein konnte.

Da somit dringender Verdacht einer Abgabenhinterziehung in nicht unbeträchtlichem Ausmaß gegenüber dem seit alleinigen Geschäftsführer und Gesellschafter der Fa. XYZ-GmbH  bestand, dessen derzeitiger Aufenthalt unbekannt ist und dessen Generalbevollmächtiger der Bf ist, konnte bei einer derartigen Faktenlage die Vorsitzende des Spruchsenates bei Ausstellung des gegenständlichen Hausdurchsuchungsbefehles berechtigt von einem begründeten Verdacht auch dahingehend ausgehen, dass auch der Bf im Besitz von Unterlagen bzw. Beweismitteln, die sich in seiner Wohnung befinden und die im Finanzstrafverfahren gegen die Beschuldigten als Beweismittel in Betracht kommen, sein konnte.

Aufgrund des aus der Aktenlage ableitbaren gravierenden Verdachtes einer durch die Beschuldigten bewirkten Abgabenhinterziehung in beträchtlicher Höhe erweist sich die gegenständliche Anordnung der Hausdurchsuchung durch die Vorsitzende des Spruchsenates auch nicht als unverhältnismäßig.

Der in Beschwerde gezogene Hausdurchsuchungsbefehl erging daher gesetzeskonform.

Gemäß § 119 FinStrG kann die Finanzstrafbehörde zur Untersuchung des Sachverhaltes Ermittlungen und Beweisaufnahmen jeder Art selbst durchführen oder andere Dienststellen der Bundesfinanzverwaltung um deren Durchführung ersuchen.

Unbedenklich ist daher, dass sich die gegenständliche Anordnung der Hausdurchsuchung an die Organe der im Auftrag des Finanzamtes Baden Mödling als Finanzstrafbehörde tätigen Steuerfahndung Wien richtet.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zur Zulässigkeit der Revision

Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine Revision nicht zulässig, da das Erkenntnis nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
§ 93 FinStrG, Finanzstrafgesetz, BGBl. Nr. 129/1958
ECLI
ECLI:AT:BFG:2014:RV.7300060.2014

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at