Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 27.02.2015, RV/7101669/2014

Rechtsunkenntnis des Geschäftsführers in steuerlichen Belangen.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch R. in der Beschwerdesache A.B., Adresse1 , über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 1/23 vom , betreffend Haftung gemäß §§ 9 und 80 BAO nach der am in 1030 Wien, Hintere Zollamtsstraße 2b, durchgeführten mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

Der Beschwerde wird hinsichtlich Haftung für die Lohnsteuer 2006 in Höhe von € 261,75 stattgegeben.

Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Die Haftung für die Lohnsteuer 2008 in Höhe von € 9.265,23 und die Lohnsteuer 2009 in Höhe von € 1.722,83, in Summe € 10.988,06 bleibt daher unverändert.

Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Mit Beschluss des Handelsgerichtes Wien vom Datum1 wurde über das Vermögen der XY-GmbH der Konkurs eröffnet, der mit Beschluss vom ++/++/2011 nach Verteilung an die Massegläubiger aufgehoben wurde. In der Folge wurde die Firma im Firmenbuch gelöscht.

Der Beschwerdeführer (im Folgenden kurz Bf. genannt) war im Zeitraum ++/++/2006 bis zur Konkurseröffnung handelsrechtlicher Geschäftsführer der GmbH.

Am erging durch die Abgabenbehörde ein Haftungsvorhalt an den Bf. Beigelegt waren die Haftungsbescheide gemäß § 82 EStG 1988 für die Lohnsteuer 2006-2009, die Bescheide über die Festsetzung von DB und DZ 2006-2009 sowie der Bericht gemäß § 150 BAO über die Außenprüfung, alle vom .

In der diesbezüglichen Stellungnahme vom führte der Bf. aus, dass die Anspruchsvoraussetzungen nicht vorliegen würden.

Es sei richtig, dass der Bf. handelsrechtlicher Geschäftsführer der GmbH gewesen sei.

Die GmbH habe die Aufgabe gehabt, Flugzeuge von Eigentümern zur wirtschaftlichen Nutzung zu übernehmen. Bei den Eigentümergesellschaften handle es sich um die Firma H-GmbH mit Sitz in Wien sowie diversen Kommanditgesellschaften, in denen vorgenannte Gesellschaft die Komplementärstellung inne gehabt habe. Die erwähnten Eigentümergesellschaften hätten Luftfahrzeuge (als Leasingnehmer) durch verschiedene österreichische Banken erworben. Die GmbH habe von diesen Eigentümergesellschaften die Nutzung bzw. den Betrieb dieser Flugzeuge in Form von Chartervereinbarungen übernommen. Bedingt durch die amtsbekannte Wirtschaftskrise sei aber die Nachfrage im privaten bzw. wirtschaftlichen Betrieb für die Nutzung solcher Flugzeuge unerwartet und erheblich zurückgegangen. Es seien die Umsätze – ausgehend von der Bankenkrise – im Jahr 2009 massiv eingebrochen. Da diese Eigentümergesellschaften die laufenden Leasingraten nicht mehr bezahlt hätten, sei es auch zum Einzug des jeweiligen Leasinggegenstandes (die Flugzeuge) gekommen. Damit sei der GmbH unerwartet die wirtschaftliche Grundlage entzogen gewesen.

Die GmbH habe nach Erkennen der wirtschaftlichen Schwierigkeiten sofort die notwendigen Handlungen und Maßnahmen gesetzt, die in solchen Fällen notwendig gewesen wären. Es sei das Personal reduziert bzw. letztlich vollständig gekündigt worden. Der Bürostandort in Adresse2 , sei durch Aufkündigung des Mietvertrages aufgegeben worden. Es seien mangels Liquidität dann letztlich keine Zahlungen mehr an die Gläubiger geleistet worden. Rückständige Gehälter seien vom Insolvenzfonds bezahlt worden. Die GmbH habe seinerzeit ihren Geschäftsbetrieb eingestellt und es sei die Insolvenzeröffnung beim Handelsgericht Wien erfolgt. Der Masseverwalter habe die Anfechtungsansprüche gewissenhaft geprüft und es sei zu keinen Anfechtungsprozessen gekommen. Insofern Anfechtungsansprüche letztendlich vorgelegen seien, hätten Gläubiger zu Handen des Masseverwalters Rückzahlungen getätigt. Eine kridamäßige Verteilung sei gesichert gewesen und auch erfolgt.

Die WGKK habe gegen den Bf. wegen rückständiger Sozialversicherungsbeiträge (DN-Anteile) eine Sachverhaltsdarstellung bei der Staatsanwaltschaft Wien eingebracht. Nach Durchführung einer Hauptverhandlung sei der Bf. mit Urteil des LG für Strafsachen Wien freigesprochen worden. Es sei kein Verschulden festgestellt, der Vorwurf nach § 114 ASVG (§ 153 StGB) entkräftet worden. Dieses gerichtliche Strafverfahren präjudiziere auch eine mögliche Haftungsfrage zur gegenständlichen Angelegenheit.

Vorgelegt werde ein Bericht des Masseverwalters an das Konkursgericht vom , aus welchem unter anderem hervorgehe, dass die GmbH (wenn auch berichtigte und ausgebuchte) Forderungen in Höhe von € 1,900.000,00 gegen die oben erwähnte Eigentümergesellschaft habe. Damit werde dargelegt, dass dieser unerwartete Forderungsausfall ebenso auch der Hintergrund der Insolvenz gewesen sei. Damit sei auch erwiesen, dass die Gesellschaft schuldlos in die Insolvenz geschlittert sei.

Nach ständiger Rechtsprechung des VwGH verletze ein Geschäftsführer einer Gesellschaft keine Gesetze, wenn die Nichtbezahlung von Obligos (das könnten auch Steuern sein) darauf zurückzuführen sei, dass die Gesellschaft im Fälligkeitszeitpunkt überhaupt keine liquiden Mittel gehabt habe. Die haftungsrelevanten Forderungen seien durch die Bescheide jeweils vom festgesetzt worden. Zu diesem Zeitpunkt habe sich die Gesellschaft bereits in Insolvenz befunden. Der aufgezeigte Fall, wonach kein Haftungstatbestand nach § 80 BAO vorliege, sei gegeben.

Der Magistrat der Stadt Wien, MA 6, habe wegen Kommunalsteuern etc. ebenso gegen den Bf. als Geschäftsführer Haftungsansprüche wegen offener Abgaben bei der GmbH ermittelt bzw. ein Haftungsverfahren geführt. Im Zusammenhang mit einer positiven Berufungsvorentscheidung sei auch die MA 6  zum Ergebnis gelangt, dass kein Haftungstatbestand für den handelsrechtlichen Geschäftsführer vorliege.

Dies präjudiziere auch das Verfahren gegenüber dem Finanzamt wegen strittiger Organhaftungen nach der BAO.

Beantragt werde die Herbeischaffung folgender Konkursakten, aus welchen sich ergebe, dass kein Haftungsfall nach der BAO gegenüber dem Bf. als Geschäftsführer vorliege:

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Weiters werde die Einvernahme des Masseverwalters beantragt.

Mit Bescheid vom zog das Finanzamt den Bf. gemäß §§ 9 und 80 BAO für nachstehende aushaftenden  Abgabenschuldigkeiten  der XY-GmbH in Höhe von insgesamt € 11.249,81 zur Haftung heran: Lohnsteuer 2006 in Höhe von € 261,75, Lohnsteuer 2008 in Höhe von € 9.265,23 und Lohnsteuer 2009 in Höhe von € 1.722,83.

Zur Begründung wurde ausgeführt, dass die im Rückstand enthaltenen bescheidmäßig vorgeschriebenen Abgaben dem Bf. bereits im Haftungsvorverfahren zur Kenntnis gebracht worden seien.

Mit Beschluss des Handelsgerichtes Wien vom Datum1 sei über das Vermögen der GmbH das Konkursverfahren eröffnet worden.

Der Konkurs sei am ++/++/2011 nach Verteilung an die Massegläubiger aufgehoben worden.

Der Bf. sei im Zeitraum ++/++/2006 bis ++/++/2012 zum Geschäftsführer der GmbH bestellt und daher gemäß § 18 GmbHG zur Vertretung der Gesellschaft berufen gewesen. Gemäß § 80 BAO hätten die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet würden.

Bei Selbstbemessungsabgaben sei maßgebend, wann diese bei ordnungsgemäßer Selbstberechnung abzuführen gewesen wären (Fälligkeitstermin der Abgaben). Die später eingetretene Insolvenz der Gesellschaft erweise sich daher insofern lediglich als eine weitere Ursache für den eingetretenen Abgabenausfall. An der Kausalität der dem Haftungspflichtigen vorzuwerfenden Pflichtverletzungen, die sich bei Selbstbemessungsabgaben immer auf den Fälligkeitstermin beziehen würden, ändere dies nichts. Die Tatsache, dass Abgabenforderungen im Schätzungswege ermittelt worden seien, stehe für sich allein der Heranziehung des Vertreters zur Haftung für diese Abgaben nicht entgegen. Der Grundsatz, wonach Einwendungen gegen die Richtigkeit der Abgabenvorschreibung im Haftungsverfahren im Hinblick auf die Bestimmung des § 248 BAO keine Relevanz zukomme, gelte auch dann, wenn die Abgabenfestsetzung im Rahmen einer Schätzung erfolgt sei ( GZ.RV/0586-L/08).

Einwendungen gegen die Richtigkeit seien im Haftungsverfahren nicht zu erörtern. Gegenstand des Haftungsverfahrens sei einzig und allein die Frage, ob der Geschäftsführer zu Recht als Haftender für Abgaben der Gesellschaft herangezogen worden sei oder nicht. Gemäß § 248 erster Satz BAO stehe es dem Haftungspflichtigen außerdem frei, innerhalb der Frist für die Einbringung der Berufung gegen den Haftungsbescheid auch gegen die an die Gesellschaft ergangenen und dem Haftungsbescheid zu Grunde liegenden Abgabenbescheide zu berufen ( GZ.RV/1149-L/06).

Hinsichtlich der Heranziehung für aushaftende Lohnsteuer sei Folgendes festzuhalten:

Gemäß § 78 Abs. 1 EStG sei der Arbeitgeber verpflichtet, die Lohnsteuer des Arbeitnehmers bei jeder Lohnzahlung einzubehalten. Gemäß § 79 Abs. 1 EStG habe der Arbeitgeber die gesamte Lohnsteuer, die in einem Kalendermonat einzubehalten gewesen sei, spätestens am 15. Tag nach Ablauf des Kalendermonates in einem Betrag abzuführen. Gleiches gelte auch für den Dienstgeberbeitrag und Dienstgeberzuschlag.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sei die Lohnsteuer vom Gleichbehandlungsgrundsatz ausgenommen. Reichen die einem Vertreter zur Verfügung stehenden Mittel nicht auch für die Entrichtung der auf die ausbezahlten Löhne entfallende Lohnsteuer aus, dürfe der Geschäftsführer gemäß § 78 Abs. 3 EStG nur einen entsprechend niedrigeren Betrag zur Auszahlung bringen, sodass die davon einbehaltene Lohnsteuer auch abgeführt werden könne.

Werde dagegen die auf ausbezahlte Löhne entfallende Lohnsteuer nicht einbehalten und an das Finanzamt abgeführt, sei nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes – ungeachtet der wirtschaftlichen Schwierigkeiten der Primärschuldnerin – von einer schuldhaften Pflichtverletzung des Geschäftsführers auszugehen.

Die Verpflichtung des Vertreters nach § 80 BAO gehe hinsichtlich der Lohnsteuer über das Gebot der gleichmäßigen Behandlung aller Schulden (bzw. aller Gläubiger) hinaus ().

Mit Schreiben vom sei der Bf. aufgefordert worden, darzulegen, dass er ohne sein Verschulden gehindert gewesen sei, für die Entrichtung der haftungsgegenständlichen Abgaben zu sorgen.

Die in der Stellungnahme vom vorgelegten Nachweise und Ausführungen würden in Bezug auf die rückständigen Lohnsteuerbeträge für eine gänzliche Entschuldung nicht ausreichen, da die Lohnsteuer wie bereits oben erwähnt vom Gläubigergleichbehandlungsgrundsatz ausgenommen sei. Die in Bezug auf die restlichen Abgabenschuldigkeiten behauptete Gläubigergleichbehandlung erscheine glaubhaft und sei bei der Haftungsinanspruchnahme berücksichtigt worden.

Die im Rahmen des § 224 BAO zu treffende Ermessensentscheidung im Sinne des § 20 BAO sei innerhalb der vom Gesetzgeber gezogenen Grenze nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen. Wesentliches Ermessenskriterium sei die Vermeidung eines endgültigen Abgabenausfalles.

In der gegen diesen Haftungsbescheid form- und fristgerecht eingebrachten Berufung, welche nunmehr vom Bundesfinanzgericht als Beschwerde zu erledigen ist, wiederholte der Bf. zunächst seine Vorbringen und Anträge aus der Stellungnahme vom und führte ergänzend aus, dass sonderbar sei, dass das Finanzamt hinsichtlich der Forderungen für Steuern oder Abgaben betreffend das Jahr 2007 den Einwendungen Rechnung getragen habe und hier kein Haftungsbescheid ergangen sei. Allerdings seien die Begründungen und Ausführungen für die Jahre 2006 bis 2010 sozusagen ident. Damit lägen Widersprüchlichkeiten und auch ein Begründungsmangel vor.

Das Finanzamt habe sich mit der Thematik, dass überhaupt kein Verschulden vorliege (Verweis auf das rechtskräftige freisprechende Urteil des LG für Strafsachen Wien) nicht auseinandergesetzt. Dieses Strafurteil präjudiziere auch die Haftungsfrage nach der BAO. Demnach liege kein Verschulden vor.

Die beantragten Beweisanträge habe das Finanzamt auch nicht aufgegriffen und durchgeführt, so dass ein Verfahrensmangel vorliege.

Für die Forderungen 2006 werde Verjährung eingewendet. Die Grundlage  für die Nachverrechnung von Lohnsteuer aus Sachbezügen sei rechtlich verfehlt. In Wahrheit seien es Berufsuniformen bzw. sonstige Berufsbekleidung gewesen. Dass damit auch die Berechtigung, vielfach auch die Verpflichtung verbunden gewesen sei, diese Kleidung auch privat zu tragen, sei nur in Werbeüberlegungen  oder PR-Maßnahmen begründet gewesen. Einen sozusagen „echten“ steuerlich relevanten Sachbezug habe es nie gegeben.

Es werde eine mündliche Verhandlung beantragt.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies das Finanzamt die Beschwerde als unbegründet ab und führte zur Begründung nach Zitierung der §§ 9 und 80 BAO sowie der für die Haftung maßgeblichen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes aus, dass mit Beschluss des Handelsgerichtes Wien vom Datum1 über das Vermögen der GmbH der Konkurs eröffnet und am ++/++/2011 nach Verteilung an die Massegläubiger aufgehoben worden sei. Die amtswegige Löschung der Gesellschaft im Firmenbuch sei am ++/++/2012 gemäß § 40 FBG, also wegen Vermögenslosigkeit erfolgt. Demnach seien die noch offenen Abgabenrückstände bei der Primärschuldnerin uneinbringlich.

Der nunmehrige Bf. sei im Zeitraum ++/++/2006 bis ++/++/2012 zum Geschäftsführer der GmbH bestellt und daher gemäß § 18 GmbHG zur Vertretung der Gesellschaft berufen gewesen. Dazu gehöre auch die Verpflichtung, die Selbstbemessungsabgaben bei Fälligkeit abzuführen.

Bereits im Haftungsvorverfahren seien dem Bf. Ablichtungen des Haftungsbescheides gemäß § 82 EStG 1988 für Lohnsteuer 2006 bis 2009 (vom ) sowie des Prüfberichtes  (selben Datums) über die Außenprüfung übermittelt worden. Darin sei auch ausdrücklich darauf hingewiesen worden, dass die nun nachgeforderten Beträge bereits fällig gewesen seien. Tatsächlich seien die Fälligkeiten für die Lohnsteuer 2006, 2008 und 2009 jeweils am 15. Jänner der Jahre 2007, 2009 und 2010, also innerhalb des Zeitraumes der Geschäftsführertätigkeit des nunmehrigen Bf. gelegen. Der Umstand, dass die Abgabenforderungen im Schätzungsweg ermittelt worden seien, stehe für sich allein der Heranziehung des Vertreters zur Haftung für diese Abgaben nicht entgegen. Im Übrigen wäre es gemäß § 248 erster Satz BAO dem Haftungspflichtigen freigestanden, innerhalb der Frist für die Einbringung der Berufung gegen den Haftungsbescheid auch gegen die an die Gesellschaft ergangenen und dem Haftungsbescheid zugrundeliegenden Abgabenbescheide zu berufen ( GZ.RV/ 1149-L/06).

Die im Rahmen des § 224 BAO zu treffende Ermessensentscheidung im Sinne des § 20 BAO sei innerhalb der vom Gesetzgeber gezogenen Grenze nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen. Wesentliches Ermessenskriterium sei die Vermeidung eines endgültigen Abgabenausfalls.

Dagegen brachte der Bf. ohne weiteres Vorbringen einen Vorlageantrag ein und kündigte eine gesonderte schriftliche Stellungnahme vor der mündlichen Verhandlung an.

Eine solche Stellungnahme ist nicht eingelangt.

In der mündlichen Beschwerdeverhandlung vom  führte der Bf. ergänzend aus, dass er GF der GmbH gewesen sei und sobald er erkannt habe, dass die liquiden Mittel zur Begleichung der Verbindlichkeiten nicht ausreichen würden, den Konkursantrag gestellt habe. Nach Konkurseröffnung sei vom Finanzamt die Lohnsteuerprüfung durchgeführt worden, woraus sich gegenständliche Abgabenforderung im Wesentlichen aus Aufwendungen für Dienstkleidung ergeben habe. Als GF habe er immer darauf geachtet, dass die Abgaben abgeführt werden könnten. In diesem Zusammehang habe jedoch die Lohnsteuerprüfung nach Eröffnung des Konkursverfahrens stattgefunden, in dem die Gesellschaft über keine liquiden Mittel mehr verfügt habe. Es sei ihm daher nicht möglich, aus Mittel der Gesellschaft diese Korrektur vorzunehmen.

Der Amtsvertreter entgegnete, dass die haftungsgegenständlichen Abgaben nicht erst im Zeitpunkt der Bescheiderlassung fällig, sondern bereits jeweils am 15. Jänner der Jahre 2007, 2009 und 2010 fällig geworden seien.

Zur Verjährung betreffend die Lohnabgaben 2006 brachte der Amtsvertreter vor, dass diese im Konkursverfahren mit Schriftsatz vom angemeldet und die Verjährung damit unterbrochen worden sei. Mit der Beendigung des Konkursverfahrens am ++/++/2011 habe die Verjährungsfrist neu zu laufen begonnen. Es sei daher keine Verjährung eingetreten.

Auf Befragung um welche Kleidungsstücke es sich im Konkreten gehandelt habe, erklärte der Bf, dass dies Mäntel, Strumpfhosen, Bodys und Koffer/Taschen gewesen seien. Dem Bf. sei es nicht bewusst, dass es schädlich sei, dass die Bekleidung auch privat benutzt werden könnte.

Die Lohnverrechnung habe die Steuerberatungskanzlei D. durchgeführt.

Die Buchhaltung sei vom Unternehmen selbst geführt worden. Die Rechnungen seien der Steuerberatungskanzlei auch übermittelt worden.

Die Buchhaltung für das Unternehmen sei von Frau L. durchgeführt worden, welche geprüfte Buchhalterin gewesen sei.

Auf Befragung zu einer Stellungnahme zu den nichtanerkannten Erschwerniszulagen teilt der Bf. mit, dass er dazu keine Stellungnahme abgeben könne.

Mit der Steuerberaterin seien betreffend die Bekleidung keine Gespräche geführt worden.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

§ 9 Abs. 1 BAO lautet: Die in den §§ 80 ff. bezeichneten Vertreter haften neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffenden Abgaben insoweit, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können.

§ 80 Abs. 1 BAO: Die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen und die gesetzlichen Vertreter natürlicher Personen haben alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen, und sind befugt, die diesen zustehenden Rechte wahrzunehmen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.

Voraussetzung für die Haftung sind eine Abgabenschuld gegen den Vertretenen, die Stellung als Vertreter, die Uneinbringlichkeit der Abgabenforderung, eine Pflichtverletzung des Vertreters, dessen Verschulden an der Pflichtverletzung und die Ursächlichkeit der Pflichtverletzung für die Uneinbringlichkeit.

1.) Vorliegen einer Abgabenforderung gegen den Vertretenen:

Die mit Haftungsbescheid geltend gemachten Lohnsteuernachforderungen für die Jahre 2006, 2008 und 2009 in Höhe von insgesamt € 11.249,81 erfuhren bis dato keine Änderung und haften nach wie vor unberichtigt aus.

Der Bf. hat bezüglich der Lohnabgaben 2006 Verjährung eingewendet:

Gemäß § 238 Abs.1 BAO verjährt das Recht eine fällige Abgabe einzuheben und zwangsweise einzubringen, binnen fünf Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in welchem die Abgabe fällig geworden ist, keinesfalls jedoch früher als das Recht zur Festsetzung der Abgabe. § 209a gilt sinngemäß.

(2) Die Verjährung fälliger Abgaben wird durch jede zur Durchsetzung des Anspruches unternommene, nach außen erkennbare Amtshandlung, wie durch Mahnung, durch Vollstreckungsmaßnahmen, durch Bewilligung einer Zahlungserleichterung oder durch Erlassung eines Haftungsbescheides unterbrochen. Mit Ablauf des Jahres, in welchem die Unterbrechung eingetreten ist, beginnt die Verjährungsfrist neu zu laufen.

(3) Die Verjährung ist gehemmt, solange a) die Einhebung oder zwangsweise Einbringung einer Abgabe innerhalb der letzten sechs Monate der Verjährungsfrist wegen höherer Gewalt nicht möglich ist, oder b) die Einhebung einer Abgabe ausgesetzt ist, oder c) einer Beschwerde gemäß § 30 Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 oder § 85 Verfassungsgerichtshofgesetz 1953 aufschiebende Wirkung zuerkannt ist.

Gemäß § 9 Abs. 1 IO wird durch die Anmeldung im Insolvenzverfahren die Verjährung der angemeldeten Forderung unterbrochen. Die Verjährung der Forderung gegen den Schuldner beginnt von neuem mit dem Ablauf des Tages, an dem der Beschluss über die Aufhebung des Insolvenzverfahrens rechtskräftig geworden ist.

Die Lohnsteuer 2006 war am fällig. Die Verjährungsfrist begann daher mit Ablauf des Jahres 2007 zu laufen.

Die Betriebsprüfung sowie die Erlassung des Lohnsteuerbescheides () stellt jedoch - was in den Beschwerdeausführungen übersehen wird - eine Unterbrechungshandlung nach § 238 Abs. 2 BAO dar. Diese Abgabenforderungen wurden am im Konkurs angemeldet. Das Konkursverfahren wurde am ++/++/2011 aufgehoben.

Der Haftungsvorhalt sowie der Haftungsbescheid ergingen im Jahr 2013, woraus folgt, dass eine Verjährung nicht eingetreten ist.

2.) Uneinbringlichkeit der Abgabenforderungen:

Mit Beschluss des Handelsgerichtes Wien vom Datum1 wurde über das Vermögen der GmbH der Konkurs eröffnet. Dieser wurde mit Beschluss des Gerichtes vom ++/++/2011 nach Verteilung an die Massegläubiger aufgehoben und die Gesellschaft in der Folge im Firmenbuch gemäß § 40 FBG infolge Vermögenslosigkeit gelöscht.

Die haftungsgegenständlichen Abgabenschuldigkeiten sind daher bei der Primärschuldnerin uneinbringlich.

3.) Stellung des Bf. als Vertreter:

Gemäß Firmenbuchauszug fungierte der Bf. ab ++/++/2006 als handelsrechtlicher Geschäftsführer der GmbH und kann daher bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen zur Haftung gemäß § 9 BAO in Verbindung mit § 80 BAO herangezogen werden.

4.) schuldhafte Pflichtverletzung des Bf. als Vertreter:

Gemäß § 1298 ABGB obliegt dem, der vorgibt, dass er an der Erfüllung seiner gesetzlichen Verpflichtungen ohne sein Verschulden verhindert war, der Beweis.

Daraus ist abzuleiten, dass der wirksam bestellte Vertreter einer juristischen Person, der die Abgaben der juristischen Person nicht entrichtet hat, für diese Abgaben haftet, wenn sie bei der juristischen Person nicht eingebracht werden können und er nicht beweist, dass die Abgaben ohne sein Verschulden nicht entrichtet werden konnten.
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat der Vertreter darzutun, aus welchen Gründen ihm die Erfüllung abgabenrechtlicher Pflichten unmöglich gewesen ist, widrigenfalls die Abgabenbehörde eine schuldhafte Pflichtverletzung im Sinne des § 9 Abs. 1 BAO annehmen darf.

Die haftungsgegenständlichen Lohnsteuernachforderungen für die Jahre 2006, 2008 und 2009 beruhen auf den Feststellungen einer mit Bericht gemäß § 150 BAO vom abgeschlossenen Außenprüfung, im Rahmen derer Bekleidungsaufwendungen zum Teil nachversteuert wurden, da es sich teilweise um Kleidung handelte, die auch privat genutzt werden kann. Bei dieser Kleidung handelte es sich unter anderem um Bodys, Mäntel, Anzüge, Schuhe, Schals, Strümpfe, Taschen etc.). Dies wird vom Bf. auch nicht bestritten, jedoch rechtfertigte sich der Bf. in der mündlichen Verhandlung damit, dass ihm nicht bewusst gewesen sei, dass nur Aufwendungen für typische Berufsbekleidung, also für solche Kleidung, die sich nicht für die Nutzung im Rahmen der privaten Lebensführung eignet, Berücksichtigung finden kann und er die Rechnungen der Steuerberaterin übermittelt habe, die auch die Lohnverrechnung durchgeführt habe. Gespräche mit der Steuerberaterin über die steuerliche Behandlung der Bekleidung habe der Bf. nicht geführt.

Rechtsunkenntnis in buchhalterischen und steuerrechtlichen Belangen vermag den Vertreter nicht zu exkulpieren, da er als gesetzlicher Vertreter gem § 80 Abs 1 BAO unter der Sanktion des § 9 Abs 1 BAO die sich aus einem solchen Betrieb ergebenden abgabenrechtlichen Pflichten wahrzunehmen hat. Die völlige Unkenntnis in steuerlichen Belangen kann den Geschäftsführer daher nicht exkulpieren (Vgl. und ).

Es stellt unternehmerisches Allgemeinwissen dar, dass nur typische Berufsbekleidung, also Kleidung, die sich nicht für die Nutzung im Rahmen der privaten Lebensführung eignet, als Arbeitsbekleidung anzusehen ist. In diesem Zusammenhang liegt nicht nur eine Vielzahl von einheitlichen Erkenntnissen des Verwaltungsgerichshofes vor (z.B. vom , 93/15/0172 und ) sondern auch Erlässe des Bundesministeriums für Finanzen vor (vgl. EStR, Abschnitt 5, Tz 1574 und die dortigen Verweise). Bei allfälligen Zweifeln über die steuerrechtliche Behandlung der Bekleidung wären fachkundige Auskünfte einzuholen gewesen. Derartige Auskünfte eingeholt zu haben, hat der Bf. in der mündlichen Berufungsverhandlung verneint.

Die Unkenntnis der steuerlichen Behandlung von Kleidung vermag den Vertreter iSd § 9 BAO nicht zu entschuldigen, unabhängig davon, dass der Bf. zur Berechnung der Lohnabgaben eine Steuerberaterin beauftragte.

Soferne der Bf. ein Verschulden an der Uneinbringlichkeit der in Rede stehenden Abgaben damit zurückweist, dass er "die steuerlichen Agenden" zur Gänze von einem Steuerberater habe führen lassen, ist auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, wonach der bloße Umstand, einen Steuerberater betraut zu haben, sein Verschulden nicht ausschließt (z.B. ).

Das Vorbringen, dass die Rechnungen tatsächlich an die Steuerberaterin, die die Lohnverrechnung durchgeführt hat, weitergeleitet wurden, erscheint schon deshalb nicht glaubhaft, da der Bf. dargetan hat, dass er von der davon ausgegangen sei, dass die Bekleidung ausschließlich als Berufsbekleidung zu werten sei, weshalb eine Weiterleitung an die Steuerberaterin keinen Sinn ergeben würde, zumal auch die Buchhaltung vom Unternehmen selbst geführt wurde.

Dazu kommt noch, dass wohl kein ausgebildeter Steuerberater in Kenntnis des Sachverhaltes privat nutzbare Kleidungsstücke steuerlich als Berufsbekleidung behandeln würde. 

Weiters wurden auch steuerfrei ausbezahlte Erschwerniszulagen mangels Nachweises nur teilweise anerkannt, zumal die Voraussetzungen für die Steuerfreiheit der Erschwerniszulagen nicht immer nachgewiesen werden konnte.

Die Voraussetzungen für die Gewährung steuerfreier SEG-Zulagen sind in § 68 Abs. 5 EStG näher geregelt. Dabei wird von der Rechtsprechung gefordert, dass - in der Regel durch das Lohnkonto und die zugehörigen Grundaufzeichnungen - nachgewiesen wird, um welche Arbeiten es sich im Einzelnen gehandelt hat und wann sie geleistet wurden (z.B. ). Die Zahlung pauschaler SEG-Zulagen ist zwar nicht ausgeschlossen, setzt aber voraus, dass die tatsächlich geleisteten Arbeitsstunden und die darauf entfallenden Zulagen durch längere Zeit aufgezeichnet werden. Für daran anschließende Lohnzahlungszeiträume, für die das Pauschale gezahlt wird, bedarf es dann nur mehr des Nachweises, dass sich die Verhältnisse gegenüber dem Zeitraum, für den die Einzelaufzeichnungen geführt wurden, nicht geändert haben (Hofstätter/Reichel, EStG, § 68 Rz 3.5).

Das Fehlen eben dieser Aufzeichnungen wurde anlässlich der im Mai 2010 abgeschlossenen Lohnsteuerprüfung, welche den Zeitraum bis umfasste, festgestellt. Es wäre daher dafür Sorge zu tragen gewesen, dass entweder derartige Aufzeichnungen geführt werden, der erforderliche Nachweis auf andere Art erbracht wird, oder andernfalls SEG-Zulagen nicht pauschal steuerfrei gewährt werden. Die schuldhafte Pflichtverletzung ist daher offenkundig. Weiters hat der Bf. diesbezüglich auch kein Vorbringen erstattet, weshalb auch aus diesem Grunde vom Vorliegen einer schuldhaften Pflichtverletzung auszugehen ist.

Die Einwendung, dass es einen „echten steuerlich relevanten Sachbezug nie gegeben“ habe, ist eine Einwendung gegen die Richtigkeit der Abgabenfestsetzung.

Dazu ist festzustellen:

Geht einem Haftungsbescheid ein Abgabenbescheid voran, so ist die Behörde daran gebunden und hat sich in der Entscheidung über die Heranziehung zur Haftung grundsätzlich an diesen Abgabenbescheid zu halten. Durch § 248 BAO ist dem Haftenden ein Rechtszug gegen den Abgabenbescheid eingeräumt (vgl. ), weshalb Einwendungen gegen die Richtigkeit der Abgaben in einem Haftungsverfahren dann nicht mit Erfolg erhoben werden können, wenn gegenüber dem Primärschuldner - wie im gegenständlichen Fall - ein Bescheid ergangen ist.

Bezüglich der mit Haftungsbescheid geltend gemachten Lohnsteuer ergibt sich die schuldhafte Verletzung der Vertreterpflichten durch deren Nichtabfuhr durch den Bf. nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes () aus der Bestimmung des § 78 Abs. 3 EStG, wonach jede Zahlung voller vereinbarter Arbeitslöhne, wenn die zur Verfügung stehenden Mittel nicht auch für die darauf entfallende und einzubehaltende Lohnsteuer ausreichen, eine schuldhafte Verletzung der abgabenrechtlichen Pflichten des Vertreters darstellt.

Für die Lohnsteuer gilt daher eine Ausnahme vom Gleichheitsgrundsatz ( ; , 2000/15/0168 ), weshalb im Umstand, dass der Bf. für die Dienstgeberbeiträge und Zuschläge der Dienstgeberbeiträge für die Jahre 2006, 2008 und 2009 im Gegensatz zur Lohnsteuer für diese Jahre nicht zur Haftung herangezogen wurde, keine Widersprüchlichkeit vorliegt, zumal für die „Lohnnebenabgaben“ anders als bei der Lohnsteuer der Gleichbehandlungsgrundsatz zur Anwendung kommt und diese daher einer anderen rechtlichen Beurteilung unterliegen.

Auch übersieht der Einwand, dass die Abgaben erst zu einem Zeitpunkt festgesetzt worden seien, als die Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft schon lange eingetreten gewesen sei, dass der Zeitpunkt, für den zu beurteilen ist, ob der Vertretene die für die Abgabenentrichtung erforderlichen Mittel hatte, sich nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes () danach bestimmt, wann die Abgaben bei Beachtung der abgabenrechtlichen Vorschriften zu entrichten gewesen wären. Bei Selbstbemessungsabgaben ist nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes () somit maßgebend, wann die Abgaben bei ordnungsgemäßer Selbstberechnung abzuführen gewesen wären.

Soweit der Bf. auf die Gründe für die Insolvenz der Primärschuldnerin Bezug nimmt, ist darauf hinzuweisen, dass diese im gegenständlichen Haftungsverfahren nicht von Bedeutung sind, zumal ein Verschulden an der erschwerten Einbringung der Abgabenforderung, also ein Verschulden an der Herbeiführung des Konkurses, keine Voraussetzung für die Haftung ist. Ein Verschulden ist lediglich im Hinblick auf die Pflichtverletzung des Vertreters hinsichtlich der nicht (rechtzeitig) erfolgten Entrichtung der Abgaben erforderlich.

Ebenso ist im vorliegenden Verfahren nicht von Bedeutung, ob der Berufungswerber als Geschäftsführer der Primärschuldnerin rechtzeitig einen Konkursantrag gestellt hat. Wenngleich er damit eine ihm als Geschäftsführer zukommende Pflicht erfüllt haben sollte, kann ihn dieser Umstand nicht von der Haftung für die entstandenen Abgabenschulden befreien (vgl. ).

Dem Vorbringen, dass der Bf. mit Urteil des LG für Strafsachen Wien vom Vorwurf der Vorenthaltung von Dienstnehmerbeiträgen freigesprochen worden sei, ist entgegenzuhalten, dass sich der Haftungstatbestand des § 9 Abs 1 BAO nicht mit einem Straftatbestand des StGB deckt (vgl. ), weshalb entgegen der Ansicht des Bf. dieses gerichtliche Strafverfahren die Haftung gemäß § 9 BAO nicht präjudiziert.

Zum Vorbringen, dass der Masseverwalter die Anfechtungsansprüche genau geprüft habe, ist auf die ständige Rechtsprechung des VwGH, zB. vom , 2001/08/0043 zu verweisen:

„Ob bzw. inwieweit von den Vertretern geleistete Zahlungen nach den Bestimmungen des § 12, des § 30 und des § 31 KO wegen Begünstigung von Gläubigern rechtsunwirksam bzw. anfechtbar gewesen wären, ist - wie dies auch schon die bisherige Rsp zu § 67 Abs. 10 ASVG und zu §§ 9 iVm 80 BAO zum Ausdruck gebracht hat - im Haftungsverfahren nicht zu prüfen. Die im Haftungsverfahren zu beantwortende Frage, ob der (Abgaben-, Beitrags-, Zuschlags-)Gläubiger gegenüber anderen Gläubigern nicht benachteiligt wurde, bleibt davon unberührt (Hinweise E , 94/15/0158, E , 96/14/0057, zur Vertreterhaftung nach der BAO bzw. E , 90/08/0100, und E , 97/08/0394)“.

Die Haftung erstreckt sich vor allem auf Abgaben, deren Zahlungstermin (Fälligkeit) in die Zeit der Vertretertätigkeit fällt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in ständiger Rechtsprechung dargetan, dass sich ein Geschäftsführer nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bei Übernahme seiner Funktion auch darüber zu unterrichten hat, ob und in welchem Ausmaß die von ihm nunmehr vertretene GesmbH bisher ihren steuerlichen Verpflichtungen nachgekommen ist, weil die Pflicht der GesmbH zur Abgabenentrichtung erst mit deren Abstattung endet. Die GesmbH bleibt verpflichtet, Abgabenschuldigkeiten, mit deren Abfuhr oder Einzahlung sie in Rückstand geraten ist, zu erfüllen, und zur Erfüllung dieser Verpflichtung ist der Geschäftsführer der GesmbH verhalten (vgl. etwa die Erkenntnisse vom , 2005/13/0085, vom , 2007/13/0005 bis 0007, und vom , 2012/16/0100). Der Geschäftsführer hat sich demnach darüber zu unterrichten, welchen Stand das Abgabenkonto der Gesellschaft im Zeitpunkt der Übernahme der Geschäftsführerfunktion hat, und die Pflicht, die Beträge eines allfälligen Rückstandes, wie er am Abgabenkonto ausgewiesen (verbucht) ist, zu entrichten.

Gemäß dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 2012/16/0101, darf die zumutbare Prüfungspflicht nicht dahingehend überspannt werden, dass der neu eingesetzte Geschäftsführer nicht nur zu prüfen gehabt, ob und inwieweit Rückstände an sich bestünden, sondern auch, ob die Buchhaltung tatsächlich korrekt und den gesetzlichen Vorschriften entsprechend geführt worden sei. Gibt es keine Hinweise, aus denen der Geschäftsführer schließen könnte, dass die Steuererklärungen oder (bei Selbstbemessungsabgaben) die Selbstberechnungen der zu entrichtenden Abgaben unrichtig gewesen seien, hat ein Geschäftsführer bei Übernahme seiner Geschäftsführerfunktion nicht auch noch die Pflicht, (etwa innerhalb des Verjährungszeitraumes) die gesamte Buchhaltung und das gesamte Rechenwerk sowie die Aufzeichnungen nachzuprüfen.

Die Lohnsteuer 2006 betrifft auch einen Zeitraum vor der Geschäftsführertätigkeit des Bf., zumal er diese Funktion erst seit ++/++/2006 innehatte.

Soweit die Lohnsteuer den Zeitraum vor der Übernahme seiner Geschäftsführertätigkeit betrifft, geht aus den vorliegenden Akten hervor, dass Abgabenrückstände eben zum Zeitpunkt der Übernahme der Vertretungstätigkeit der Bf. noch nicht bescheidmäßig vorlagen und vom Bf. auch nicht verlangt werden konnte, die Bücher dahingehend zu prüfen, ob eventuell eine Lohnsteuer im Zusammenhang mit Sachzuwendungen angefallen ist, jedoch diese nicht gemeldet und abgeführt wurde.

Aus den vorliegenden Unterlagen der Betriebsprüfung kann nicht ermittelt werden, welcher Betrag von der gesamten Nachforderung für 2006 in Höhe von € 261,75 der Geschäftsführertätigkeit des Bf. zugeordnet werden kann. Da sich bei einer aliquoten Aufgliederung ein Betrag von € 43,63 (Lohnsteuer für November und Dezember, fällig am und ) errechnet, der als geringfügig anzusehen ist, wird hinsichtlich dieser Abgabe im Zweifel bzw. im Ermessen stattgegeben.

Im Hinblick darauf, dass im vorliegenden Fall zu klären war, ob den Bf. ein Verschulden im Zusammenhang mit der steuerlichen Behandlung von Bekleidungsstücken (Sachbezug) sowie an der nicht (vollständigen) Erbringung der Nachweise für die Erschwerniszulagen ein Verschulden trifft, war von den beantragten Beweisanträgen Abstand zu nehmen, da diese Frage weder mittels Konkursakten noch durch den Masseverwalter oder die Strafakten geklärt werden könnte.

5.) Ursächlichkeit der Pflichtverletzung für den Abgabenausfall:

Infolge der schuldhaften Pflichtverletzung betreffend die haftungsgegenständlichen Abgaben – mit Ausnahme der Lohnabgaben - konnte die Abgabenbehörde nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ( ) auch davon ausgehen, dass die Pflichtverletzung Ursache für die Uneinbringlichkeit der haftungsgegenständlichen Abgabe war.

6.) Ermessen:

Die im Rahmen des § 224 BAO zutreffende Ermessensentscheidung im Sinne des § 20 BAO ist innerhalb der vom Gesetz gezogenen Grenzen nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen. Wesentliches Ermessenskriterium ist die Vermeidung eines endgültigen Abgabenausfalls. Aus dem auf die Hereinbringung der Abgabenschuld beim Haftenden gerichteten Besicherungszweck der Haftung folgt, dass die Geltendmachung der Haftung in der Regel ermessenskonform ist, wenn die betreffende Abgabe beim Primärschuldner uneinbringlich ist ( ). Mit der gegenständlichen Beschwerde hat der Bf. ohnehin keine Einwendungen zum Ermessen vorgebracht.

Da auch an den weiteren Geschäftsführer ein Haftungsbescheid ergangen ist, liegt auch in dieser Hinsicht kein Ermessensfehler vor.

Zulässigkeit einer ordentlichen Revision:

Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine Revision nicht zulässig, da das Erkenntnis nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt.

Einer Rechtsfrage kommt grundsätzliche Bedeutung zu, wenn das Erkenntnis von vorhandener Rechtsprechung des VwGH abweicht, diese uneinheitlich ist oder fehlt.

Das gegenständliche Erkenntnis weicht von der oben zitierten, ständigen und einheitlichen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht ab.

Da die Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht erfüllt sind, ist eine ordentliche Revision nicht zulässig.

Wien, am

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