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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 17.02.2015, RV/4100311/2008

Haftungsbescheid

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Dr. Alfred Klaming in der Beschwerdesache Bf. , vertreten durch Dr. Robert Igali-Igalffy, Landstraßer Hauptstraße 34, 1030 Wien gegen den Bescheid des FA Baden Mödling vom , betreffend Geltendmachung einer Haftung gemäß § 9 iVm § 80 Bundesabgabenordnung (BAO) zu Recht erkannt:

Der Beschwerde wird teilweise Folge gegeben.

Der Beschwerdeführer (Bf.) wird für folgende Abgaben zur Haftung herangezogen:


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Abgabenart                
Zeitraum
Betrag in €
Lohnsteuer
03/06
  45,43
Lohnsteuer
05/06
157,44
Lohnsteuer
06/06
119,83
Lohnsteuer
07/06
137,90
Lohnsteuer
11/06
131,57
Kammerumlage
10-12/05
   2,73
Dienstgeberbeitrag
12/05
51,87
Dienstgeberbeitrag
03/06
12,59
Dienstgeberbeitrag
05/06
44,63
Dienstgeberbeitrag
06/06
41,28
Dienstgeberbeitrag
07/06
43,53
Dienstgeberbeitrag
11/06
41,72
Dienstgeberzuschlag
12/05
7,59
Dienstgeberzuschlag
03/06
1,19
Dienstgeberzuschlag
05/06
4,16
Dienstgeberzuschlag
06/06
3,85
Dienstgeberzuschlag
07/06
4,06
Dienstgeberzuschlag
11/06
3,89
Summe
 
855,46

Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Der Bf. war unbeschränkt haftender Gesellschafter der mit Gesellschaftsvertrag vom  gegründeten XY. Über das Vermögen der Gesellschaft wurde mit Beschluss des Landesgerichtes Wiener Neustadt vom , das Konkursverfahren eröffnet, welches mit einem am bestätigten Zwangsausgleich abgeschlossen wurde. Das Konkursverfahren wurde aufgehoben, die in drei Raten zu entrichtende Zwangsausgleichsquote von 21 % wurde bezahlt.

Das Finanzamt teilte dem Bf. mit Schreiben vom  mit, dass eine Geltendmachung der Vertreterhaftung beabsichtigt sei. Er sei die zur Führung der Geschäfte der Personengesellschaft bestellte Person und somit für die Entrichtung der Abgaben aus deren Mitteln verantwortlich gewesen. Eine detailierte Rückstandsaufgliederung hinsichtlich der in Erwägung gezogenen Haftungsbeträge wurde beigefügt und der Bf. ersucht darzulegen, was ihn gehindert habe für die Entrichtung der Abgaben zu sorgen und wie die Einnahmen der Gesellschaft verwendet wurden. Weiters wurde der Bf. um Darstellung  seiner persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse ersucht.

Dieser Vorhalt vom wurde vom Bf. nicht beantwortet.

Mit Haftungsbescheid vom  wurde der Bf. für im Bescheid detailiert angeführte Abgaben in Höhe von insgesamt € 22.220,89 gemäß § 9 iVm § 81 BAO in Anspruch genommen. Der BF. sei zur Führung der Geschäfte der Gesellschaft bestellt gewesen und somit für die Entrichtung der Abgaben der Gesellschaft aus deren Mitteln verantwortlich gewesen. Die Heranziehung zur Haftung wurde sowohl hinsichtlich der Lohnabgaben als auch der Umsatzsteuer näher begründet. Der Haftungsbetrag wurde anteilig um die bereits beglichene erste Zwangsausgleichsteilquote von 5 % reduziert.

Gegen diesen Bescheid hat der Bf. binnen offener Frist durch seinen ausgewiesenen Vertreter mit Eingabe vom  Berufung erhoben, die Aufhebung des bekämpften Bescheides beantragt und begründend ausgeführt, dass der Haftungsbescheid den rechtskräftig abgeschlossenen Zwangsausgleich nicht berücksichtige und dass im Zweifel von der Geltendmachung einer Haftung gegen den Geschäftsführer abzusehen sei. Im übrigen lägen die Voraussetzungen für die Haftung des Geschäftsführers nicht vor.

Mit Berufungsvorentscheidung des Finanzamtes Baden Mödling vom wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen und ausgeführt, dass der Umstand des Zwangsausgleiches berücksichtigt worden sei und nach Erfüllung der Quote die Haftungssumme um diese gekürzt werde. Am schuldhaften Verhalten des Bf. bestehe seitens des Finanzamtes solange kein Zweifel, bis dieser gegenteilige Beweise vorgebracht habe. Diese Möglichkeit sei dem Bf. eingeräumt worden, er habe es aber unterlassen die diesbezügliche Anfrage des Finanzamtes zu beantworten.

Mit Eingabe vom hat der Bf. durch seinen Vertreter fristgerecht den Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz gestellt.

Mit Beschluss des Bezirksgerichtes Floridsdorf vom wurde hinsichtlich des Bf. ein Schuldenregulierungsverfahren eröffnet. In der Folge wurde der Zahlungsplan mit einer Quote von 7 %, zahlbar als Einmalquote bis , bestätigt und das Schuldenregulierungsverfahren mit Beschluss vom aufgehoben. Die Quote wurde auf Basis des bekämpften Haftungsbescheides (€ 22.220,89) mit € 1.555,46 entrichtet.

Über die Berufung wurde erwogen:

Gemäß § 223 Abs. 38 BAO sind die am beim Unabhängigen Finanzsenat anhängigen Berufungen vom Bundesfinanzgericht als Beschwerden im Sinne des Art. 130 Abs. 1 B-BV zu erledigen.

Gemäß § 224 Abs.1 BAO werden die in Abgabenvorschriften geregelten persönlichen Haftungen durch Erlassung von Haftungsbescheiden geltend gemacht. In diesen ist der Haftungspflichtige unter Hinweis auf die gesetzliche Vorschrift, die seine Haftungspflicht begründet, aufzufordern, die Abgabenschuld, für die er haftet, binnen einer Frist von einem Monat zu entrichten.

Gemäß § 9 Abs. 1 BAO haften die in den §§ 80 ff bezeichneten Vertreter neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffenden Abgaben insoweit, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können.

Gemäß § 80 Abs. 1 leg. cit. haben die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen und die gesetzlichen Vertreter natürlicher Personen alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen, und sind befugt, die diesen zustehenden Rechte wahrzunehmen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.

Abgabenrechtliche Pflichten einer Personenvereinigung (Personengemeinschaft) ohne eigene Rechtspersönlichkeit sind gemäß § 81 Abs. 1 BAO von den zur Führung der Geschäfte bestellten Personen und, wenn solche nicht vorhanden sind, von den Gesellschaftern (Mitgliedern) zu erfüllen.

Der Bf. war unbeschränkt haftender Gesellschafter der Primärschuldnerin und für die Führung der Geschäfte verantwortlich. Ihm oblag die Wahrnehmung der abgabenrechtlichen Pflichten der Gesellschaft, insbesondere hatte er dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den verwalteten Mitteln entrichtet werden.

Nach ständiger Rechtssprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist es Sache des Geschäftsführers darzutun, weshalb er nicht Sorge tragen konnte, dass die Gesellschaft die anfallenden Abgaben rechtzeitig entrichtet hat. Es hat nicht die Abgabenbehörde das Ausreichen der Mittel zur Abgabenentrichtung nachzuweisen, sondern der zur Haftung herangezogene Geschäftsführer das Fehlen ausreichender Mittel. Reichen die liquiden Mittel zur Begleichung aller Verbindlichkeiten der Gesellschaft nicht aus, so hat der Vertreter nachzuweisen, dass die vorhandenen Mittel anteilig für die Begleichung aller Verbindlichkeiten verwendet wurden. Unterbleibt der Nachweis, kann die Behörde von einer schuldhaften Pflichtverletzung ausgehen (vgl. für viele die hg. Erkenntnisse vom , 2004/13/0146; , 2000/15/0168; 26.11.1001, 2000/15/0081; , 99/15/0253).

Ausnahmen vom Gleichbehandlungsgrundsatz gelten für Abfuhrabgaben wie die Lohnsteuer. Nach § 87 Abs.3 EStG 1988 hat nämlich der Arbeitgeber, wenn die zur Verfügung stehenden Mittel nicht zur Zahlung des vollen vereinbarten Arbeitslohnes ausreichen, die Lohnsteuer von dem tatsächlich zur Auszahlung gelangenden niedrigeren Betrag zu berechnen und einzubehalten.

Weder dem Berufungsvorbringen noch dem Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde II. Instanz lässt sich entnehmen, dass der Bw. auch nur ansatzweise den Versuch unternommen hätte, der ihn treffenden Behauptungspflicht im Haftungsverfahren zu entsprechen, dies obwohl der Bf. bereits mit dem unbeantwortet gebliebenen Schreiben des Finanzamtes Baden Mödling vom zur Mitwirkung aufgefordert wurde. Dass der Bw. den Abgabengläubiger nicht schlechter als andere Gläubiger behandelt habe, hätte er im Verwaltungsverfahren nachvollziehbar darstellen müssen. Tatsächlich hat der Bf. im Berufungsverfahren lediglich vorgebracht, dass der Haftungsbescheid den Umstand des Zwangsausgleiches der Primärschuldnerin nicht berücksichtige und die Voraussetzungen für eine Haftung nicht vorliegen würden.

Hinsichtlich der im Haftungsbescheid genannten Umsatzsteuer 02-12/04, 2005, 01-05/06 und 06/05 konnte vom Bundesfinanzgericht keine offene Abgabenschuldigkeit erblickt werden. Die genannten Abgaben sind weder dem Abgabenkonto noch den im Akt einliegenden Rückstandausweisen als nicht entrichtet zu entnehmen. Dementsprechend ist auch eine Anmeldung dieser Abgaben in Konkursverfahren der Primärschuldnerin unterblieben. Der Beschwerde war daher insoweit stattzugeben.

Im Insolvenzverfahren der Primärschuldnerin wurde ein Zwangsausgleich mit einer Quote von 21 %, zahlbar in drei Raten abgeschlossen. Diese Quote wurde auch tatsächlich entrichtet, weshalb eine diesbezügliche Heranziehung des Bf. zur Haftung nicht in Betracht kommt. In diesem Sinne hatte auch das Finanzamt die im Zeitpunkt der Erlassung des Haftungsbescheides bereits entrichtete Teilquote von 5 % berücksichtigt und eine Verminderung der Haftung um die verbleibenden 16 % in Aussicht gestellt. Die haftungsgegenständlichen Abgaben waren daher um die Zwangsausgleichsquote von 21 % zu vermindern, und der Beschwerde in diesem Umfang stattzugeben (zur aliquoten Verrechnung der Zwangsausgleichsquote vgl. ). Im Übrigen stand der Abschluss des Zwangsausgleiches einer Heranziehung des Berufungswerbers zur Haftung für den von der Zwangsausgleichsquote nicht abgedeckten Teil der Abgabenschuldigkeiten nicht entgegen (ständige Rechtsprechung des VwGH seit dem Erkenntnis eines verstärkten Senates vom , 96/15/0049).

Die Geltendmachung der Haftung ist in das Ermessen der Abgabenbehörde gestellt. Dieses Ermessen umfasst auch das Ausmaß der Heranziehung zur Haftung innerhalb des vom Gesetz vorgegeben Rahmens. § 20 BAO erwähnt als Ermessenskriterien die Billigkeit und Zweckmäßigkeit. Unter Billigkeit versteht die ständige Rechtssprechung die Angemessenheit in Bezug auf berechtigte Interessen der Partei, unter Zweckmäßigkeit das öffentliche Interesse, insbesondere an der Einbringung der Abgaben. Der Fragenvorhalt hinsichtlich der persönlichen Verhältnisse des Bf. wurde nicht beantwortet, weshalb ein näheres Eingehen auf solche Billigkeitsgründe unterbleiben konnte.

Kommt allerdings hinsichtlich des Haftenden ein Zwangsausgleich bzw. ein Zahlungsplan zustande und wurden die Tatbestandserfordernisse für die Entstehung des Haftungsanspruches vor der Konkurseröffnung verwirklicht, so entspricht es der im Rahmen der Ermessensübung zu berücksichtigenden Billigkeit, dass sich die Haftungsinanspruchnahme am rechtskräftig bestätigten Sanierungsplan orientiert.

Von den verbleibenden haftungsgegenständlichen Abgaben in Höhe von € 12.221,23 - das sind lt. der Rückstandaufgliederung im Haftungsbescheid die Lohnabgaben beginnend mit der Lohnsteuer 03/06 bis zum Dienstgeberzuschlag 11/06 -  wird der Quote des Schuldenregulierungsverfahrens des Bf. folgend ein Anteil von 7 %, das ist ein Betrag von € 855,46, als Haftungsschuld festgesetzt.

Im einzelnen stellen sich die Haftungsbeträge wie folgt dar:


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Abgabenart
 Zeitraum
Höhe
minus 21%  ZWA-Quote
7% lt. Schuldenreg.Verf.
Lohnsteuer
03/06
821,61
649,07
45,43
Lohnsteuer
05/06
2.847,07
2.249,18
157,44
Lohnsteuer
06/06
2.166,91
1.711,86
119,83
Lohnsteuer
07/06
2.493,65
1.969,98
137,90
Lohnsteuer
11/06
2.379,15
1.879,53
131,57
Kammerumlage
10-12/05
49,42
39,04
2,73
Dienstgeberbeitrag
12/05
938,08
741,08
51,87
Dienstgeberbeitrag
03/06
231,38
182,79
12,79
Dienstgeberbeitrag
05/06
807,03
637,55
44,63
Dienstgeberbeitrag
06/06
746,43
589,68
41,28
Dienstgeberbeitrag
07/06
787,14
621,84
43,53
Dienstgeberbeitrag  
11/06
754,39
595,97
41,72
Dienstgeberzuschlag
12/05
137,22
108,40
7,59
Dienstgeberzuschlag
03/06
21,60
17,06
1,19
Dienstgeberzuschlag
05/06
75,32
59,50
4,16
Dienstgeberzuschlag
06/06
69,67
55,04
3,85
Dienstgeberzuschlag
07/06
73,47
58,04
4,06
Dienstgeberzuschlag
11/06
70,41
55,62
3,89
Summe
 
15.469,95
12.221,23
855,46

Der Bw. ist daher für die vorgenannten Lohnabgaben schuldhaft seiner Pflicht, Abgaben zu entrichten, nicht nachgekommen und ist daher im genannten Ausmaß zur Haftung heranzuziehen.

Bei der Verletzung von abgabenrechtlichen Zahlungspflichten bedarf es - anders als bei der Verletzung sonstiger abgabenrechtlicher Pflichten- keiner näheren Begründung der Kausalität der Pflichtverletzung für die eingetretene Uneinbringlichkleit der Abgaben (vgl. ). Im Falle des Vorliegens einer schuldhaften Pflichtverletzung spricht eine Vermutung für die Verursachung der Uneinbringlichkeit der Abgaben durch die Pflichtverletzung und den Rechtswidrigkeitszusammenhang ().

Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine Revision nicht zulässig, da das Erkenntnis nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis nicht von der Rechtssprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Klagenfurt am Wörthersee, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 9 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
ECLI
ECLI:AT:BFG:2015:RV.4100311.2008

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at