Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 18.02.2015, RV/3100165/2013

Nachzahlungen von Sonderzahlungen für Vorjahre nach dem 15. Februar

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag. C in der Beschwerdesache des B , gegen den Bescheid des Finanzamtes A , ausgefertigt am , betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2012

 zu Recht erkannt:

1. Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

2. Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

1. Verfahrensgang

1. Das Finanzamt fertigte am einen mit der am eingereichten Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung 2012 übereinstimmenden Bescheid betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2012 aus.

2. In der gegen diesen Bescheid erhobenen, beim Finanzamt am eingelangten Berufung, führte der Beschwerdeführer (Bf.) aus, dass seine Arbeitgeberin über Jahre hinweg Sonderzahlungen nicht korrekt abgerechnet hätte, weshalb er mit Hilfe der Arbeiterkammer im Jahr 2012 in drei Etappen Nachzahlungen von seiner Arbeitgeberin erhalten habe. Hätte er diese Sonderzahlungen während seiner Altersteilzeitbeschäftigung erhalten, hätte er weniger Steuern zu bezahlen gehabt. Aus Fairnessgründen müsste er die zuviel bezahlte Steuer zurückbekommen.

3. Mit Berufungsvorentscheidung vom wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen. Zur Begründung wurde ausgeführt:
"Arbeitslohn ist zum Zeitpunkt des Zuflusses zu besteuern. Nur wenn Bezüge für das Vorjahr bis 15. 2. ausgezahlt werden, kann der Arbeitgeber durch Aufrollen der Lohnzahlungszeiträume des Vorjahres die Lohnsteuer neu berechnen bzw. dem Lohnzahlungszeitraum Dezember des Vorjahres zuordnen. Nachzahlungen für abgelaufene Kalenderjahre nach dem 15. 2., die nicht auf einer willkürlichen Verschiebung des Auszahlungszeitpunktes beruhen, werden gem. § 67 Abs. 8 lit. c EStG 1988 besteuert. Die entsprechenden Begünstigungen (ein Fünftel steuerfrei) wurden bereits durch den Arbeitgeber berücksichtigt. Eine darüber hinausgehende Begünstigung bzw. Aufrollung von Vorjahren ist vom Gesetzgeber nicht vorgesehen."

4. Im Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz wurde wiederholt vorgebracht, durch die Nachzahlung von Sonderzahlungen über mehr als 8 Jahre mehr Lohnsteuer entrichtet zu haben, als dies bei zeitgerechter Auszahlung der Fall gewesen wäre.

5. Gemäß § 323 Abs. 38 BAO sind die am beim UFS als Abgabenbehörde zweiter Instanz anhängigen Berufungen vom Bundesfinanzgericht als Beschwerden im Sinn des Art. 130 Abs. 1 B-VG zu erledigen. Solche Verfahren betreffende Anbringen wirken mit auch gegenüber dem Bundesfinanzgericht.

II. Sachverhalt

Unbestritten und der Aktenlage entsprechend ist, dass der Bf. von seiner ehemaligen Arbeitgeberin im Juli, im Oktober und im November 2012 Lohnnachzahlungen für Vorjahre erhalten hat. Bei den Nachzahlungen handelte es sich laut Darlegung des Lohnverrechners um Sonderzahlungen für die Altersteilzeit, die nach der Aktenlage und dem Vorbringen des Bf. im Jahr 2004 begonnen hat. Nach Steuerfreistellung eines Fünftels des Nachzahlungsbetrages - eine Sozialversicherung wurde durch Überschreitung der Höchstbeitragsgrundlage nicht in Abzug gebracht - wurde der Restbetrag im Kalendermonat der Auszahlung zum laufenden Lohnsteuertarif versteuert. 

III. Rechtslage

1. Gemäß § 19 Abs. 1 EStG 1988 sind Einnahmen in jenem Kalenderjahr bezogen, in dem sie dem Steuerpflichtigen zugeflossen sind. Abweichend davon gilt:
1. Regelmäßig wiederkehrende Einnahmen, die dem Steuerpflichtigen kurze Zeit vor Beginn oder kurze Zeit nach Beendigung des Kalenderjahres, zu dem sie wirtschaftlich gehören, zugeflossen sind, gelten als in diesem Kalenderjahr bezogen.

2. In dem Kalenderjahr, für das der Anspruch besteht bzw. für das sie getätigt werden gelten als zugeflossen:
   - Nachzahlungen von Pensionen, über deren Bezug bescheidmäßig abgesprochen wird,
   - Nachzahlungen im Insolvenzverfahren sowie
   - Förderungen und Zuschüsse aus öffentlichen Mitteln im Sinne des § 3 Abs. 4, mit Ausnahme der in § 3 Abs. 2 genannten Bezüge. (BudBG 2012, BGBl I 2011/112 ab 2011)
3. Bezüge gemäß § 79 Abs. 2 gelten als im Vorjahr zugeflossen. Die Lohnsteuer ist im Zeitpunkt der tatsächlichen Zahlung einzubehalten. Für das abgelaufene Kalenderjahr ist ein Lohnzettel gemäß § 84 an das Finanzamt zu übermitteln.
(AbgÄG 2011, BGBl I 2011/76 ab Veranlagung 2011) 

2. Werden gemäß § 79 Abs. 2 EStG 1988 Bezüge für das Vorjahr nach dem 15. Jänner bis zum 15. Februar ausbezahlt, ist die Lohnsteuer bis zum 15. Februar als Lohnsteuer für das Vorjahr abzuführen. § 67 Abs. Abs. 8 lit. c ist nicht anzuwenden. (AbgSiG 2007, BGBl. I 2007/99 ab )

3. Gemäß § 67 Abs. 8 lit. c EStG 1988 sind Nachzahlungen für abgelaufene Kalenderjahre, die nicht auf einer willkürlichen Verschiebung des Auszahlungszeitpunktes beruhen, soweit sie nicht nach Abs. 3 oder 6 mit dem festen Steuersatz zu versteuern sind, gemäß Abs. 10 im Kalendermonat der Zahlung zu erfassen. Dabei ist nach Abzug der darauf entfallenden Beiträge im Sinne des § 62 Z 3, 4 und 5 ein Fünftel steuerfrei zu belassen. Soweit die Nachzahlungen laufenden Arbeitslohn für das laufende Kalenderjahr betreffen, ist die Lohnsteuer durch Aufrollen der in Betracht kommenden Lohnzahlungszeiträume zu berechnen.

4. Das Aufrollen von Lohnzahlungszeiträumen gemäß § 67 Abs. 8 EStG 1988 ist nur vorgesehen, wenn eine Nachzahlung Arbeitslohn für das laufende Kalenderjahr betrifft. Sie ist daher bei Nachzahlungen für vergangene Kalenderjahre nicht vorzunehmen. Vielmehr ist davon auszugehen, dass der für solche Fälle vorgesehene Belastungsprozentsatz undifferenziert auf alle nachgezahlten Lohnbestandteile anzuwenden ist, somit auch auf solche, die bei Aufrollung einzelner Lohnzahlungszeiträume möglicherweise steuerfrei gewesen wären. Für diese Auslegung spricht auch der Umstand, dass der Belastungsprozentsatz ausdrücklich auch auf die Nachzahlung von sonstigen Bezügen anzuwenden ist, bei denen es ebenfalls möglich gewesen wäre, dass sie bei Aufrollung vergangener Lohnzahlungszeiträume entweder steuerfrei blieben oder wesentlich geringer besteuert würden als dem Belastungsprozentsatz entspricht. Andererseits darf nicht übersehen werden, dass der Ansatz des Belastungsprozentsatzes eine bei der Aufrollung von vergangenen Lohnzahlungszeiträumen ebenfalls mögliche Besteuerung von Nachzahlungen mit einem progressionsbedingt höheren Prozentsatz vermeidet. Damit wird der pauschalierende Charakter des Belastungsprozentsatzes deutlich, bei dessen Anwendung im Einzelfall manche nachgezahlten Lohnbestandteile geringer, manche auch höher besteuert werden, als dies bei Aufrollung der betreffenden Lohnzahlungszeiträume der Fall wäre (vgl. ).

IV. Erwägungen

Strittig ist die Versteuerung der Lohnnachzahlungen für Vorjahre im Nach­zahlungs­zeit­punkt mit dem Belastungsprozentsatz.

Nach § 19 Abs. 1 Z 1 bis Z 3 EStG 1988 gilt für diese Tatbestände eine von der Grundregel der Einnahmenerfassung im Kalenderjahr des Zuflusses abweichende Regelung. Wenngleich im gegenständlichen Fall der Wunsch des Bf. bei Besteuerung der Nachzahlungen von sonstigen Bezügen aus Vorjahren, auf ein insgesamt richtiges Besteuerungsergebnis gerichtet ist, ist dieser Tatbestand im § 19 Abs. 1 Z 1 bis 3 EStG 1988 nicht erfasst.

Nachdem die Lohnnachzahlungen für Vorjahre dem Bf. im Kalenderjahr 2012 zugeflossen sind, sind diese gemäß § 19 Abs. 1 Satz 1 EStG 1988 in diesem Jahr zu versteuern. Die Arbeitgeberin hat die nachbezahlten Sonderzahlungen für die Altersteilzeit der vergangenen Kalenderjahre den gesetzlichen Bestimmungen des § 67 Abs. 8 EStG 1988 entsprechend, im jeweiligen Kalendermonat des Zuflusses, nach Berücksichtigung des steuerfreien Fünftels, mit dem verbleibenden Betrag als laufenden Bezug der Besteuerung unterzogen. Um den Progressionseffekt durch die Zusammenballung von Bezügen zu mildern, hat der Gesetzgeber bestimmt, ein Fünftel als pauschale Berücksichtigung für steuerfreie Zulagen und Zuschläge oder sonstige Bezüge steuerfrei zu belassen (vgl. ; ).

Die belangte Abgabenbehörde konnte eine differenzierende, vom einheitlich anzuwendenden Belastungsprozentsatz abweichende Besteuerung, wie sie dem Beschwerdeführer vorschwebt, nicht vornehmen, da das Gesetz hierfür keine Handhabe bietet.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

V. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision

Eine Revision ist nicht zulässig, da die zugrundeliegende Rechtsfrage durch die zitierte Rechtsprechung des VwGH (Punkte III. 4. und IV.) ausreichend beantwortet ist.

Innsbruck, am

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