Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 19.01.2015, RV/1100658/2014

Zuständigkeit der Abgabenbehörde? Familienheimfahrten, doppelte Haushaltsführung?

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/1100658/2014-RS1
Für die Erhebung der Einkommensteuer bei unbeschränkter Steuerpflicht ist das Wohnsitzfinanzamt zuständig. Bei mehrfachem Wohnsitz im Bereich verschiedener Finanzämter gilt jenes Finanzamt als Wohnsitzfinanzamt, in dessen Bereich sich der Abgabepflichtige überwiegend aufhält, dh. dort, wo die körperliche Anwesenheit in höherem Maße gegeben ist. Bei einem Wochenpendler ist dies die Wohnung, die er während der Arbeitswoche bewohnt.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Dr.  W in der Beschwerdesache des Bf. , Gde X , H-Gassexx , vertreten durch die Mag. XY Steuerberater KG, Gd Y , H-Straßeyy , gegen den Bescheid des Finanzamtes Z , vertreten durch Mag.  P , vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) für das Jahr 2013 zu Recht erkannt:

Der angefochtene Einkommensteuerbescheid 2013 vom sowie der Einkommensteuerbescheid 2013 (Beschwerdevorentscheidung gemäß § 262 BAO) vom werden aufgehoben.

Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) unzulässig.

Entscheidungsgründe

Der Beschwerdeführer (in der Folge kurz: Bf.) bezog im streitgegenständlichen Jahr Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit aus seiner Beschäftigung bei den A GmbH, in Gd Y , F-Straßezz , als ZT .

Lt. Anfrage aus dem Zentralen Melderegister war der Bf. im Beschwerdejahr an der Adresse " Gd Y , S-Straßeyz " bis 25. März mit Hauptwohnsitz und ab diesem Zeitpunkt (bis laufend) mit Nebenwohnsitz gemeldet; in Gde X , H-Gassexx , war er bis 25. März mit Nebenwohnsitz und sodann (bis laufend) mit Hauptwohnsitz gemeldet. Weitere Nebenwohnsitze hatte der Bf. im Beschwerdejahr (bis laufend) in GD D , Z-Gasseyx , und ab auch in Ge T , M-Straßexz .

Mit trat das Finanzamt Y den gegenständlichen Veranlagungsakt dem Finanzamt Z ab.

In seiner elektronisch eingebrachten Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung 2013 machte der Bf. ua. Kosten für Familienheimfahrten iHv 2.754,00 € sowie Kosten für doppelte Haushaltsführung iHv 5.404,55 € als Werbungskosten geltend.

Mit Einkommensteuerbescheid vom wurde der Bf. für das Jahr 2013 veranlagt; dabei führte die Abgabenbehörde ua. begründend aus, dass für ledige Personen Kosten der doppelten Haushaltsführung mit sechs Monaten begrenzt seien. Es setze die Heimfahrtskosten daher mit 1.836,00 € (306,00 € x 6 Monate) an. Für die doppelte Haushaltsführung könnten nur die Kosten für den Haushalt am Arbeitsort ( X ) geltend gemacht werden und nicht der bisherige Haushalt in Y .

Mit Schreiben vom erhob der Bf. gegen diesen Einkommensteuerbescheid 2013 Beschwerde und begründete diese wie folgt:
"Mein Arbeitsort ist Y und nicht X wie im Einkommenssteuerbescheid angeführt. Der Lebensmittelpunkt und auch Hauptwohnsitz ist X , da unter anderem auch meine Kinder in Z , M-Straßezx, leben. Nach der Trennung von der Kindesmutter war ich gezwungen eine eigene Wohnung im Raum Z zu suchen. Davor gab es keine Notwendigkeit einer Hauptwohnsitzanmeldung im Raum Z , obwohl dort schon seit der Geburt meiner Kinder mein Lebensmittelpunkt ist.
Die Wohnung in Y muss ich aufgrund meiner Arbeit in Y aufrechterhalten und ich fahre jeden Sonntagabend von X nach Y und Donnerstag bzw. Freitag wieder zurück.
Letztes Jahr hat mir das FA Y die doppelte Haushaltsführung für X abgelehnt, da nur der Wohnsitz der Arbeitsstätte absetzbar ist. Mir wurde erklärt, dass nur die Wohnung am Arbeitsort absetzbar ist. Dies funktioniert nur wenn meine Hauptwohnsitzmeldung mit meinem Lebensmittelpunkt übereinstimmt. Dies habe ich dann gleich im März berichtigt. Da X jetzt seit März mein Hauptwohnsitz (Lebensmittelpunkt war es ja schon seit meine Kinder auf der Welt sind) ist, ist die Wohnung in Y (und nicht die in X ) als doppelte Haushaltsführung absetzbar.
Somit bitte ich um Anerkennung der doppelten Haushaltsführung; die Wohnungskosten für die Wohnung Y ermitteln sich wie folgt:
Miete: 470,- x (10 Monate) = 4.700,-
Haushaltversicherung (Bedingung im Mietvertrag): 32,41 x (10 Monate) 324,10
Strom: 23,- x (10 Monate) = 230,-
Wasser und Heizung: 43,- x (10 Monate) = 430,-
Fernsehen: 22,49 x (10 Monate) = 224,90
Summe: 5.909,- EUR
Die Kosten kann ich natürlich jederzeit durch Mietvertrag, Vers. Polizze, Kontoauszüge, UPC (Kabelfernsehen), etc. belegen. Unterlagen dazu habe ich schon beim Einkommensteuerbescheid bei Ihnen abgegeben.
Auch meine Fahrkosten sind nicht auf 6 Monate eingeschränkt, da ich ja zumindest 47 Wochen (5 Wochen Urlaub) pro Jahr zur Arbeit muss. Bitte um Anerkennung aller Fahrkosten."

Mit Einkommensteuerbescheid 2013 (Beschwerdevorentscheidung gemäß § 262 BAO) vom wies das Finanzamt die Beschwerde als unbegründet ab und änderte den angefochtenen Einkommensteuerbescheid 2013 vom insofern zu Ungunsten des Bf. ab, als es nunmehr auch die Kosten für Familienheimfahrten (bisher mit 1.853,40 € als Werbungskosten anerkannt) unberücksichtigt ließ [auf die entsprechenden Ausführungen in der zusätzlichen Bescheidbegründung (Verf67) vom selben Tag wird an dieser Stelle verwiesen].

Mit Schriftsatz vom stellte der Bf. einen Antrag auf Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht, womit die Beschwerde wiederum als unerledigt galt . Weiters beantragte er, die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung sowie die Entscheidung durch den gesamten Senat. Im Vorlageantrag führte die steuerliche Vertretung des Bf. im Wesentlichen noch Nachstehendes aus:
""Die Behörde verweigert die Anerkennung der Kosten der doppelten Haushaltsführung und der Fami­lienheimfahrten im Wesentlichen mit folgender Begründung: "Liegt kein gemeinsamer Haushalt vor, handelt es sich bloß um Besuchsfahrten zu unterhaltsberechtigen, nicht haushaltszugehörigen Kindern". Weiters ist sie der Meinung, dass Unterhaltsverpflichtungen für Kinder als alleiniges Kriterium für die Unzumutbarkelt der Verlegung des Familienwohnsitzes nicht ausreichen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom , 2007/15/0297, in einem in den wesentlichen Punkten gleich gelagerten Fall ausgeführt, dass eine unzumutbare Wohnsitzverlegung auch bei geschiedenen Eltern vorliegen kann, wenn Betreuungspflichten eines Elternteiles zum Tragen kommen.
"Entgegen der Ansicht der belangten Behörde steht sohin der Umstand, dass sich in der Wohnung des Beschwerdeführers in Salzburg kein "Mehrpersonenhaushalt" befindet, als solches der Absetzbarkeil der Kosten für Fahrten zwischen dem Hauptwohnsitz in Salzburg und der Wohnung am Arbeitsort in Graz nicht entgegen. Es kommt vielmehr auf die - im Einzelfall zu beurteilende - Frage der Zumutbarkeit der Verlegung des Hauptwohnsitzes in den Bereich des Berufsortes an. Dabei kann sich die Unzumutbarkeit insbesondere auch aus Umständen der privaten Lebensführung ergeben. Dass die Erziehung und Betreuung der minderjährigen Kinder und die Bewahrung des familiären Umfeldes für diese Kinder gewichtige Gründe darstellen können, die für die Beibehaltung des Hauptwohnsitzes sprechen, hat der Verwaltungsgerichtshof bereits in seiner Judikatur zum Ausdruck gebracht (vgl. nochmals das hg. Erkenntnis vom , 2006/14/0038)''.
Ganz in diesem Sinne sei auch eine Entscheidung des , erwähnt, die die Verlegung des Hauptwohnsitzes bei Betreuungs- und Obsorgeverpflichtungen ebenfalls als unzumutbar erachtet hat.
Mein Mandant hat seit die Wohnung im Nahbereich seiner Kinder als Hauptwohnsitz inne, damit die Aufrechterhaltung des persönlichen Kontaktes mit seinen Kindern gewährleistet ist. Da die Kinder im Alter von 3 und 4 Jahren sind, wird so den Obsorgeverpflichtungen als Vater zur Gewährleistung eines familiären Umfeldes und des Kindeswohls Rechnung getragen. (Bezüglich der privaten Verhältnisse wird auf die Ausführungen in der Beschwerde vom verwiesen).
Ebenso ist unstrittig, dass die Wohnung in Y aufgrund der Arbeitsstelle in Y unterhalten werden muss, weil die Entfernung für die tägliche Rückkehr an den Hauptwohnsitz unzumutbar ist (einfache Fahrtstrecke ca. 185 km).
Es wird daher der bereits in der Beschwerde vom gestellte Antrag, den Einkommensteuerbescheid 2013 dahingehend zu ändern, dass die doppelte Haushaltsführung und die Kosten für die Familienheimfahrten anerkannt werden, aufrechterhalten.
Folgende Kosten werden beantragt:
Kosten für Wohnung in Y : 5.909,- (Auflistung im Detail siehe Beschwerde vom )
Kosten für die Familienheimfahrten: einmal pro Woche ab (370 km pro Fahrt) daher höchstes Pendlerpauschale pro angefangenem Monat - 3.060,- für 10 Monate.
Gesamt somit 8.969,-.""

Im Rahmen eines Vorhalteverfahrens [vgl. Ergänzungsersuchen des Finanzamtes vom , wonach der Bf. ersucht wurde, unter Vorlage entsprechender Unterlagen bekanntzugeben, 1) über welchen Zeitraum und an welcher Adresse er mit Frau N und den gemeinsamen Kindern gelebt habe, 2) wieso er an seinem Lebensmittelpunkt in G nicht gemeldet gewesen sei, während er in L jeweils Wohnsitze an- und abgemeldet habe, 3) seit wann er getrennt von Frau N gelebt habe, 4) zu welchem Zeitpunkt er seine Wohnung in der H-Gasse in X bezogen habe, und 5) für die Anzahl der beantragten Familienheimfahrten entsprechende Nachweise vorzulegen] erklärte der Bf. unter Vorlage entsprechender Unterlagen ua. Folgendes:
"Zu 1) Ich wohnte von 2006 bis Juni 2012 gemeinsam mit Frau N. Zuerst wohnten wir in Z , M-Straßexy , und ab Herbst 2010 in Z , M-Straßezz (mit den gemeinsamen Kindern erst ab März 2012).
Zu 2) Als ich Frau N2005 kennenlernte, hatte ich kurz noch eine Wohnung in Ig , kurz in M und später in F . Frau Nhatte eine in Z , M-Straße. Da wir beide in Y arbeiteten, nutzen wir die Wohnung in F unter der Woche und am Wochenende waren wir in Z. Frau Nwar sowohl in der Wohnung M und F auch nebenwohnsitzgemeldet. Auch in Y war sie nebenwohnsitzgemeldet, da sie bei At arbeitslos wurde und für die Arbeitsstiftung von At einen Nebenwohnsitz in Y benötigte. Dies war jedoch schon nach der Trennung erst im Herbst 2013.
Nachdem Frau Nschwanger wurde (2009), begann bei mir das Pendeln. Dies war auch der Zeitpunkt, wo ich die Wohnung in F aufgab und mir eine kleinere in Y suchte. Der Grund des Wohnungswechsels war, dass ich näher zu der Arbeit haben wollte, da ich ja die Wohnung immer nur Montagabend bis Donnerstagmorgen oder fallweise Freitagmorgen nutze. Somit brauchte ich nur mehr eine kleine Wohnung zum Nächtigen in Y . Ich habe zu diesem Zeitpunkt nicht daran gedacht, Wohnsitze zu verändern, da ich nicht mit einer Trennung gerechnet habe. Erst nach der Trennung, als mich das Finanzamt Y darauf aufmerksam machte, dass ich den Hauptwohnsitz dorthin verlegen müsste, wo mein Lebensmittelpunkt ist, erledigte ich die Hauptwohnsitzänderung im März 2013. Mein Lebensmittelpunkt wanderte aber schon bei der Geburt meiner Tochter O Nim Jahr 2010 in den Raum Z .
Zu 3) Seit Juli 2012. Zwischen Juli 2012 (Trennung von Frau N) und Februar 2013 (Einzug Wohnung X ) habe ich die Wochenenden bei Freunden oder auch im GH Z verbracht.
Zu 4) Ich habe die Wohnung in X am bezogen.
Hinweis: In steuertechnischer Hinsicht sind eigentlich die Kosten der Yer Wohnung, welche für meine Arbeit genutzt wird, zu beachten und nicht die der Wohnung in X .
Zu 5) Ich besitze lediglich die letzte Pickerl-Begutachtung, aus der aber nicht die gefahrenen Kilometer abgeleitet werden können. Jedoch kann der Kilometerverbrauch anhand des Kaufvertrages meines Pkws und des derzeitigen Kilometerstandes abgeleitet werden. Beim Kauf am hatte mein Pkw 135.800 km. Mit heutigem Datum hat mein Pkw 222.357 km. Somit ergeben sich monatlich im Schnitt ca. 2.300 km."

Das Finanzamt Z legte in der Folge - wie auch dem Bf. mitgeteilt wurde - die im Spruch genannte Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor. Im Vorlageantrag beantragte das Finanzamt die Abweisung der Beschwerde, legte den Sachverhalt dar und nahm unter Bezugnahme auf entsprechende Beweismittel wie folgt Stellung:
""Aufgrund der durchgeführten Ermittlungen ist das Finanzamt der Ansicht, dass der Beschwerdeführer entgegen seinen Behauptungen seinen ständigen Wohnsitz nicht seit August 2010 (Familienwohnsitz) in G , sondern in der S-Straßexzin Y hatte.
Laut ZMR hat der Bf. seit 1999 seinen Hauptwohnsitz durchgehend im Raum Y ( M , Ig , M , F , und seit 2010 im Stadtzentrum von Y ) sowie seit 2006 einen Nebenwohnsitz in D ( WB ). Mit der polizeilichen Wohnsitzanmeldung am in X hat der Bf. erstmals einen offiziellen Wohnsitz in G gemeldet und gleichzeitig seinen Hauptwohnsitz in Y zum Nebenwohnsitz erklärt. Die historischen und aktuellen Daten seiner KfZ-Zulassung sind eindeutig, die beiden Autos des Bf. wurden nicht umgemeldet und sind bis heute in Y angemeldet (Stand ). Auch die ZMR-Abfrage deutet darauf hin, dass er seinen Lebensmittelpunkt zumindest bis zur Ummeldung im März 2013 in Y und Umgebung hatte. Aus den vorgelegten Kontoauszügen und Rechnungen ist ersichtlich, dass sich der Bf. im Jahr 2010 zumindest 22 Tage nachweislich im Raum Z aufhielt, zumindest 25 Tage im Jahr 2011 sowie 33 Tage im Jahr 2012.
Die Tatsache, dass die getrennt lebende Kindesmutter für die Jahre 2010 und 2011 den Alleinerzieherabsetzbetrag beanspruchte, spricht dafür, dass der Bf. den Lebensmittelpunkt in den Jahren 2010 und 2011 nicht in G hatte. Somit kann auch nicht davon gesprochen werden, dass der Yer Wohnsitz beruflich veranlasst begründet wurde, sondern es sich um den Hauptwohnsitz handelte. Erst im Jahr 2013 erhöht sich die Anzahl der nachgewiesenen Aufenthalte in Z auf 56 Tage im Jahr.
Im streitgegenständlichen Fall führt die Trennung von der Kindesmutter dazu, dass ein alleinstehender Arbeitnehmer, der seit 1999 laut ZMR seinen Hauptwohnsitz (teilweise 2006 - 2010 mit der Kindesmutter) und sogesehen teilweise seinen Ledigenwohnsitz in der Nähe des Arbeitsortes hat, zwecks Besuchsfahrten nach Z / X zu den beiden minderjährigen Kindern und deren alleinerziehenden Mutter einen (neuen?) Wohnsitz in die Nähe des Wohnortes der Kinder verlegt. Die Begründung dieses zweiten Wohnsitzes kann nicht zu einer berufsbedingten doppelten Haushaltsführung führen.
Der VwGH (vgl. ; ) und der Unabhängige Finanzsenat (vgl. ) haben dies verneint. Als beruflich bedingt bzw. veranlasst ist eine doppelte Haushaltsführung dann anzusehen, wenn die Gründung des zweiten Hausstandes einen objektiven Zusammenhang mit der Berufstätigkeit aufweist; eine berufliche Veranlassung in diesem Sinn liegt nicht vor, wenn der Arbeitnehmer seinen Hauptwohnsitz aus privaten Gründen vom bisherigen Wohnort, der auch der Beschäftigungsort ist, wegverlegt und am Beschäftigungsort einen zweiten Hausstand führt. Selbst wenn man, trotz gegenteiliger Beweise, davon ausginge, dass der Bf. seinen Lebensmittelpunkt (Familienwohnsitz) seit der Geburt seiner Kinder in X bzw. Z hat und lediglich beruflich eine Wohnung in Y unterhält, stünden weder die Kosten der doppelten Haushaltsführung noch die Kosten für Familienheimfahrten zu. Kosten für eine doppelte Haushaltsführung sind steuerlich nur dann zu berücksichtigen, wenn eine berufliche Veranlassung für die doppelte Haushaltsführung besteht. Von einer beruflichen Veranlassung ist auszugehen, wenn der Familienwohnsitz des Steuerpflichtigen so weit von seinem Beschäftigungsort entfernt ist, dass ihm die tägliche Rückkehr nicht zugemutet werden kann und die Beibehaltung des Familienwohnsitzes außerhalb des Beschäftigungsortes nicht privat veranlasst ist. Eine private Veranlassung der Beibehaltung des Fami­lienwohnsitzes wird angenommen, wenn die Verlegung des Familienwohnsitzes an den Beschäftigungsort unzumutbar ist.
Allein die Tatsache, dass die zwei jüngsten Kinder bei der Kindesmutter in Z leben, stellt keine berufliche Veranlassung für die Verlegung des Hauptwohnsitzes dar, zumal der bisherige Hauptwohnsitz am Dienstort gelegen ist. Für die Verlagerung des Hauptwohnsitzes von Y nach Z / X liegen offensichtlich persönliche und private Gründe vor, um das Besuchsrecht gegenüber seinen Kindern auszuüben (vgl. -F/08; ; ).
Hinsichtlich der Fahrten zur Ausübung des Besuchsrechtes sei auch darauf verwiesen, dass keine außergewöhnlichen Belastungen gemäß § 34 EStG gegeben sind (vgl. Wanke in Wiesner/Atzmül­ler/Grabner/Lattner/Wanke, MSA EStG [], § 34 Anm. 87 "Berufsrecht").""

Mit Anbringen vom zog die steuerliche Vertretung des Bf. die Anträge auf Abhaltung einer mündlichen Verhandlung sowie auf Entscheidung durch den gesamten Senat zurück.

Das Bundesfinanzgericht (BFG) hat über die Beschwerde erwogen:

Nach § 50 des Bundesgesetzes über allgemeine Bestimmungen und das Verfahren für die von den Abgabenbehörden des Bundes, der Länder und Gemeinden verwalteten Abgaben (Bundesabgabenordnung - BAO, idF BGBl. I Nr. 9/2010) haben die Abgabenbehörden ihre sachliche und örtliche Zuständigkeit von Amts wegen wahrzunehmen. Langen bei ihnen Anbringen ein, zu deren Behandlung sie nicht zuständig sind, so haben sie diese ohne unnötigen Aufschub auf Gefahr des Einschreiters an die zuständige Stelle weiterzuleiten oder den Einschreiter an diese zu weisen.

Gemäß § 20 Abs. 2 Z 1 des Bundesgesetzes über den Aufbau und die Zuständigkeitsregelung der Abgabenverwaltung des Bundes (Abgabenverwaltungsorganisationsgesetz 2010 - AVOG 2010, BGBl. I Nr. 9/2010 idgF) ist für die Erhebung der Einkommensteuer bei unbeschränkter Steuerpflicht das Wohnsitzfinanzamt zuständig.
Nach § 20 Abs. 1 AVOG 2010 ist das Wohnsitzfinanzamt das Finanzamt, in dessen Bereich der Abgabepflichtige (§ 77 BAO) einen Wohnsitz (§ 26 Abs. 1 BAO) oder in Ermangelung eines Wohnsitzes seinen gewöhnlichen Aufenthalt (§ 26 Abs. 2 BAO) hat. Bei mehrfachem Wohnsitz im Bereich verschiedener Finanzämter gilt als Wohnsitzfinanzamt jenes, in dessen Bereich sich der Abgabepflichtige überwiegend aufhält.

Aus den gegenständlichen Veranlagungsakten ergibt sich unstrittig, dass der Bf. im Streitjahr ganzjährig in Gd Y, S-Straßeyz , und ab (vgl. entsprechenden Mietvertrag vom ) auch in Gde X, H-Gassexx, Wohnsitze iSd § 26 Abs. 1 BAO unterhielt (vgl. diesbezüglich auch die entsprechende Anfrage aus dem Zentralen Melderegister, wonach der Bf. im Übrigen im fraglichen Zeitraum auch in GD D , Z-Gasseyx , über einen Nebenwohnsitz verfügte).
Keine Zweifel bestehen auch darüber, dass der Bf. im Beschwerdejahr in Y bei den A GmbH (voll)beschäftigt war, er damit während der Arbeitswoche in Y wohnte und die Wochenenden am Wohnsitz X verbrachte (lt. Beschwerdevorbringen vom ist der Bf. jeden Sonntagabend von X nach Y und Donnerstag bzw. Freitag wieder zurückgefahren). Von den gleichen Verhältnissen war im Übrigen auch im Zeitpunkt der Erlassung der hier in Rede stehenden Bescheide auszugehen (vgl. entsprechende Anfrage im Zentralen Melderegister sowie entsprechender Versicherungsdatenauszug der Österreichischen Sozialversicherung).

Bei mehrfachem Wohnsitz im Bereich verschiedener Finanzämter gilt nach § 20 Abs. 1 AVOG 2010 jenes Finanzamt als Wohnsitzfinanzamt, in dessen Bereich sich der Abgabepflichtige überwiegend aufhält, dh. dort, wo die körperliche Anwesenheit in höherem Maße gegeben ist. Bei einem Wochenpendler ist dies die Wohnung, die er während der Arbeitswoche bewohnt (vgl. Ritz, BAO5, § 20 AVOG 2010 Rz 2, und die dort zitierten VwGH-Judikate).

Nachdem sich der Bf. im Streitjahr wie auch im Jahr 2014 (damit im Übrigen auch im Zeitpunkt der Erlassung der bekämpften Einkommensteuerbescheide 2013) zweifelsfrei in höherem Maße bzw. überwiegend am Wohnsitz in Y aufhielt, ist eine örtliche Zuständigkeit des Finanzamtes Z nicht begründet worden und hätte damit eine diesbezügliche Aktenabtretung nicht erfolgen dürfen.
Da folgedessen der angefochtene Bescheid betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) für das Jahr 2013 vom wie auch die entsprechende Beschwerdevorentscheidung vom von dem örtlich unzuständigen Finanzamt Z erlassen wurden, waren diese rechtswidrig und daher iSd § 279 Abs. 1 BAO ersatzlos aufzuheben. Nach Abs. 2 leg. cit. tritt das Verfahren durch diese Aufhebung in die Lage zurück, in der es sich vor Erlassung der Bescheide befunden hat.

Zulässigkeit der Revision:

Im gegenständlichen Beschwerdefall lag keine Rechtsfrage vor, der grundsätzliche Bedeutung zukam.
Die im Beschwerdefall zu lösende Rechtsfrage beschränkte sich auf eine Rechtsfrage, welche bereits in der bisherigen VwGH-Rechtsprechung beantwortet wurde und im Gesetz so eindeutig gelöst ist, dass nur eine Möglichkeit der Auslegung ernstlich in Betracht zu ziehen war und daran keine Zweifel bestanden. Andererseits hing der Beschwerdefall von der Lösung von nicht über den Einzelfall hinausgehenden Sachverhaltsfragen ab.

Gesamthaft war somit spruchgemäß zu entscheiden.

Feldkirch, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2015:RV.1100658.2014

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at