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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 19.11.2014, RV/2100427/2013

Theaterjahr an der "Jungen Burg" - Berufsausbildung?

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/2100427/2013-RS1
Auch ein Vollzeitpraktikum für ein Theaterjahr an der "Jungen Burg" stellt keine Berufsausbildung im Sinne des FLAG dar.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Mag. Herwig Aigner in der Beschwerdesache Dr. Vor-Zuname, Adresse gegen die Bescheide des FA Graz-Stadt vom und betreffend Abweisung auf Gewährung der Familienbeihilfe ab Oktober 2012 bzw. Rückforderung der Familienbeihilfe und des Kinderabsetzbetrages für den Zeitraum 10/2011 bis 9/2012 zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird abgewiesen.

Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) unzulässig.

Entscheidungsgründe

Das Finanzamt Graz-Stadt forderte von der Berufungswerberin, nunmehr Beschwerdeführerin (Bf.) mit Bescheid vom die zu Unrecht bezogenen Beträge an Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträge für den Zeitraum Oktober 2011 bis September 2012 für das Kind Vorname zurück. Die Beschwerdeführerin wurde gemäß § 26 Abs. 1 Familienlasten-ausgleichsgesetz 1967 in Verbindung mit § 33 Abs. 3 Einkommensteuer-gesetz 1988 aufgefordert, diesen Betrag zurückzuzahlen.

Begründend wurde zusammenfassend ausgeführt:

Gemäß § 2 Abs. 1 lit. b Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG 1967) in der ab gültigen Fassung haben Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, Anspruch auf Familienbeihilfe für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet werden.

Familienbeihilfenanspruch besteht nur dann, wenn die Ausbildung ernsthaft und zielstrebig betrieben wird.
Ihre Tochter hat im Studienjahr 2011/12 im Studium der Rechtswissenschaften keine Prüfungen abgelegt.
Weiters wird darauf hingewiesen, dass ein Praktikum am Burgtheater im Rahmen des Theaterjahres der Jungen Burg keine Ausbildung im Sinne des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 darstellt.

Mit Schriftsatz vom erhob die Bf. gegen obgenannten Bescheid Beschwerde und führte Folgendes aus:

Mit dem angefochtenen Bescheid werde ich verpflichtet, die Familienbeihilfe und den Kinderabsetzbetrag von Oktober 2011 bis September 2012 für Vorname zurückzuzahlen.
Begründet wird dies damit, dass meine Tochter im Studienjahr 2011/2012 im Studium der Rechtswissenschaften keine Prüfungen abgelegt habe. Somit könne von keiner ernsten und zielstrebigen Ausbildung im Studienjahr 2011/2012 ausgegangen werden. Weiters wurde im angefochtenen Bescheid darauf hingewiesen, dass ein Praktikum am Burgtheater im Rahmen des Theaterjahres der Jungen Burg keine Ausbildung im Sinne des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 darstelle.

Dagegen wende ich ein:

Die Möglichkeit, sich für den Beruf des Schauspielers zu entscheiden, besteht erst ab dem Zeitpunkt, ab welchem man auf einer der wenigen deutschen Schauspielschulen aufgenommen wird. Meine Tochter hat- nachdem sie die erste Diplomprüfung im Studium der Rechtswissenschaften in der Mindestzeit abgelegt hat - erwogen, ihr Jusstudium vorerst nicht zu beenden, sondern vielmehr zu versuchen, den Beruf des Schauspielers zu erlernen.
Wie bereits in meinem Schreiben vom mitgeteilt, gibt es im deutschsprachigen Raum ca.18 renommierte Schauspielschulen (Hochschulen, Universitäten), welche jährlich zwischen 8 und 12 Studienanfänger aufnehmen. Pro Schule bewerben sich mehrere 100 Anwärter. Es ist also klar, dass eine derartige Aufnahmsprüfung einer gewissen Vorbereitung bedarf. Vorname hat daher bereits im Herbst 2010 begonnen, sich für derartige Aufnahmsprüfungen vorzubereiten und wurde tatsächlich für das Studienjahr 2011/2012 am Burgtheater Wien im Rahmen des Theaterjahres der Jungen Burg aufgenommen. Ich wiederhole nochmals (wie bereits im meinem Schreiben vom ), dass die Aufnahme ins Burgtheater Wien eine besondere Auszeichnung darstellt (es gibt mehrere 100 Bewerber, zwischen 8 und 12 werden aufgenommen, in jenem Jahr waren es exakt 8). Für jemanden, der den Beruf des Schauspielers überlegt, stellt dieses Praktikum am Burgtheater Wien eine einmalige Chance dar. Mir ist völlig unklar, weshalb ein Praktikum am Burgtheater Wien im Rahmen des Theaterjahres der Jungen Burg keine Ausbildung im Sinne des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 darstellen soll. Nach § 2 Abs 1 Z b des Familienlastenausgleichsgesetzes haben Anspruch auf Familienbeihilfe Personen für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und  für einen Beruf ausgebildet . . . werden. Es liegt auf der Hand, dass die Möglichkeit der Beschäftigung im Burgtheater Wien eine besondere Ausbildung für den zukünftigen Schauspielberuf darstellt.

Unverzüglich nach Beendigung des Jahres am Burgtheater Wien wurde meine Tochter ab dem Studienjahr 2012/2013 auf der Kunstuniversität Graz, Studienrichtung Schauspiel (darstellende Kunst) aufgenommen. Ich habe dies bereits mit meinem Schreiben vom mitgeteilt. Im Hinblick auf die Begründung des angefochtenen Bescheides, wonach "von keiner ernsten und zielstrebigen Ausbildung im Studienjahr 2011/2012" ausgegangen werden könne, muss ich festhalten, dass auch auf der Kunstuniversität Graz von mehreren 100 Bewerbern lediglich 8 aufgenommen wurden. Meiner Tochter somit allgemein für das Studienjahr 2011/2012 keine ernste und zielstrebige Ausbildung zu unterstellen, ist unzumutbar. Abgesehen davon ist der gegenständliche Bescheid zu Unrecht ergangen, da meine Tochter nicht aufgefordert wurde, einen günstigen Studienerfolg aus dem neuen Studium nachzuweisen. Unter einem lege ich die Zeugnisse meiner Tochter für das Wintersemester 2012/2013 vor, wonach erkennbar ist, dass wiederum ein äußerst günstiger Studienerfolg meiner Tochter vorliegt und somit nach
§ 17 Abs. 1 Z des Studienförderungsgesetzes die Rückforderung schon aus diesem Grund unberechtigt ist.

Im Hinblick auf die besondere Zielstrebigkeit meiner Tochter Vorname wäre die Rückforderung der Familienbeihilfe für den oben angeführten Zeitraum jedenfalls unbillig.

Mit Schreiben vom  wurden die Lehrveranstaltungszeugnisse aus der Studienrichtung Darstellende Kunst (V561) der Tochter für das Wintersemester 2012/2013 vorgelegt. Nach einem Telefonat mit der Bf. wurde dies als neuerlicher Antrag auf Gewährung der Familienbeihilfe ab Oktober 2012 gewertet.

Zu diesem Antrag erließ das Finanzamt  am einen Abweisungsbescheid auf Gewährung der Familienbeihilfe ab Oktober 2012.

Begründet wurde dieser Bescheid damit, dass nach einem Studienwechsel nach dem jeweils 3. inskribierten Semester (oder zweitem Ausbildungsjahr) Anspruch auf Familienbeihilfe erst dann besteht , wenn die oder der Studierende in dem nunmehr gewählten Studium so viele Semester wie in den vor dem Studienwechsel betriebenen Studien zurückgelegt hat.

Da die Tochter mit Wintersemester 2012/2013 einen Studienwechsel nach dem dritten gemeldeten Semester vorgenommen hat, musste ihr Antrag auf Zuerkennung er Familienbeihilfe ab Oktober 2012 abgewiesen werden.

Gegen diesen Bescheid wurde mit Schreiben vom ebenfalls das Rechtsmittel der Beschwerde eingebracht. 
Die Begründung wurde wie folgt ausgeführt:

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Antrag auf Zuerkennung der Familienbeihilfe für meine Tochter Vorname ab Oktober 2012 abgewiesen. Begründet wurde dies damit, dass meine Tochter Vorname mit Wintersemester 2012/2013 einen Studienwechsel nach dem 3. gemeldeten Semester vorgenommen habe. Darüber hinaus wird im angefochtenen Bescheid ausgeführt, dass alle Semester aus den vorherigen Studien, in denen eine Fortsetzungsmeldung vorgelegen sei und für die Familienbeihilfe bezogen wurde, in Bezug auf die Wartezeit bis zur Wiedergewährung der Familienbeihilfe für das neue Studium heranzuziehen seien.

Nach dieser Begründung (Studienwechsel Wintersemester 2012/2013) müsste meine Tochter sohin drei Jahre zuwarten, um wieder in den Genuss der Familienbeihilfe zu gelangen. Bis dahin (in drei Jahren) hat meine Tochter aber das 24. Lebensjahr erreicht und wäre somit gar nicht mehr anspruchsberechtigt Gleichzeitig wurden mit Bescheid vom die für den Zeitraum Oktober 2011 bis September 2012 bezahlten Familienbeihilfen samt Kinderabsetzbeträgen zurückgefordert. Die Rechtsansicht im Bescheid vom verbunden mit der Rechtsansicht des nunmehr angefochtenen Bescheides würde dazu führen, dass meiner Tochter für die Berufsausbildung (nach der Matura) für lediglich zwei Jahre die Familienbeihilfe gewährt würde. Das ist ein absolut unbilliges Ergebnis.

Nachdem meine Tochter Vorname die Matura mit Auszeichnung und die erste Diplomprüfung im Studium Rechtswissenschaften in der Mindestzeit abgelegt hatte, überlegte sie im Herbst 2010 ihr Jusstudium vorerst nicht zu beenden, sondern vielmehr zu versuchen, den Beruf des Schauspielers zu erlernen. Ein unmittelbarer Wechsel auf eine Schauspielschule war zu diesem Zeitpunkt selbstverständlich nicht möglich, da die Aufnahmsprüfungen an Schauspielschulen bereits im vorangegangenen Sommersemester hätten abgelegt werden müssen. Wie bereits mehrmals betont, gibt es im deutschsprachigen Raum ca. achtzehn renommierte Schauspielschulen (Hochschulen, Universitäten), welche jährlich zwischen acht und zwölf Studienanfänger aufnehmen. Pro Schule bewerben sich mehrere hundert Anwärter. Es ist also klar, dass eine derartige Aufnahmsprüfung einer gewissen Vorbereitung bedarf. Vorname hat daher bereits im Herbst 2010 begonnen, sich für derartige Aufnahmsprüfungen vorzubereiten und wurde tatsächlich für das Studienjahr 2011/2012 am Burgtheater Wien im Rahmen des Theaterjahres der Jungen Burg aufgenommen. Dass die Aufnahme ans Burgtheater Wien zum einen eine besondere Auszeichnung darstellt und zum anderen auch eine spezielle Ausbildung ermöglicht, wird vom Finanzamt offensichtlich nicht anerkannt; dieser Standpunkt sollte grundsätzlich überdacht werden. Unverzüglich nach Beendigung des Jahres am Burgtheater Wien wurde meine Tochter ab dem Studienjahr 2012/2013 auf der Kunstuniversität Graz, Studienrichtung Schauspiel (darstellende Kunst) aufgenommen.

Die vorgelegten Zeugnisse zeigen, dass meine Tochter auch dieses Studium äußerst zielstrebig und ernst verfolgt. Meine Tochter Vorname wird somit einige Monate nach Erreichung ihres 25. Lebensjahres die erste Diplomprüfung im Jusstudium, ein Praktikumsjahr am Burgtheater Wien sowie ein abgeschlossenes Studium auf der Kunstuniversität Graz, Studienzweig Schauspiel vorweisen können. Soferne meinen jeweiligen Berufungen keine Folge gegeben wird, wird meiner Tochter für diese gesamte Ausbildung für zwei Jahre Familienbeihilfe gewährt worden sein.             

Hätte meine Tochter Vorname gemütlich Rechtswissenschaften studiert, sämtliche Toleranzsemester in Anspruch genommen, könnte sie mit knapp 24 Jahren den Abschluss des Jusstudiums vorweisen und hätte fünfeinhalb Jahre Familienbeihilfe bezogen. Das kann nicht sein.

Um gleiches mit gleichem vergleichen zu können, wird man in der Angelegenheit meiner Tochter wohl die besonderen Voraussetzungen für den Wechsel auf eine Schauspielschule berücksichtigen und den Ausbildungswert des Burgjahres anerkennen; im übrigen muss aus der nachträglichen Betrachtung der Studienwechsel so früh angenommen werden, dass meiner Tochter aus der Bestimmung des § 17 Abs 1 Z 2 Studienförderungsgesetz kein Nachteil erwachsen kann. Ansonsten gelangt man zu dem oben näher dargelegten unbilligen Ergebnis, welches weder im Sinne des Familienlastenausgleichsgesetzes noch des Studienförderungsgesetzes sein kann.

Das Bundesfinanzgericht hat über die Beschwerde erwogen:

Gemäß § 2 Abs. 1 Familienlastenausgleichsgesetz (FLAG), BGBl 376/1967 idgF., haben Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, Anspruch auf Familienbeihilfe

lit. a) für minderjährige Kinder,

lit. b) für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist. Bei volljährigen Kindern, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992, BGBl Nr. 305, genannte Einrichtung besuchen, ist eine Berufsausbildung nur dann anzunehmen, wenn sie die vorgesehene Studienzeit pro Studienabschnitt um nicht mehr als ein Semester oder die vorgesehene Ausbildungszeit um nicht mehr als ein Ausbildungsjahr überschreiten.

Gemäß § 33 Abs. 3 EStG 1988 idgF. steht Steuerpflichtigen, denen auf Grund des FLAG 1967 Familienbeihilfe gewährt wird, im Wege der gemeinsamen Auszahlung mit der Familienbeihilfe ein Kinderabsetzbetrag von monatlich 58,40 € für jedes Kind zu. Wurden Kinderabsetzbeträge zu Unrecht bezogen, ist § 26 des FLAG 1967 anzuwenden.

Nach § 10 Abs. 2 FLAG wird die Familienbeihilfe vom Beginn des Monats gewährt, in dem die Voraussetzungen für den Anspruch erfüllt werden. Der Anspruch auf Familienbeihilfe erlischt mit Ablauf des Monats, in dem eine Anspruchsvoraussetzung wegfällt oder ein Ausschließungsgrund hinzukommt.

Nach § 2 Abs. 1 lit b FLAG ist die Gewährung von Familienbeihilfe für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, sohin an die Voraussetzung gebunden, dass sich das Kind in Berufsausbildung befindet. Nach dem Willen des Gesetzgebers soll die Familienbeihilfe nach dem Erreichen der Volljährigkeit grundsätzlich nur bis zum Abschluss einer Berufsausbildung gewährt werden (siehe dazu die Erläuternden Bemerkungen EB XXIV. GP RV 981 zu Budgetbegleitgesetz 2011, BGBl. I 111/2010).

Im gegenständlichen Beschwerdefall steht nunmehr anhand der vorgelegten Unterlagen fest, dass das Studium an der juridischen Fakultät im Studienjahr 2011/12 von Vorname nicht fortgesetzt worden ist, weil sie in dieser Zeit bereits am Burgtheater im Rahmen eines Theaterjahres der Jungen Burg tätig war. Dies wurde aktenkundig am und auch am   angegeben und vom Finanzamt vermerkt. Eine diesbezügliche Bestätigung dieser Fakten erfolgte auch in den vorliegenden Beschwerden.

Laut Auskunft von Frau XY (Junge Burg) handelt es sich bei diesem Praktikum an der Jungen Burg um ein Vollzeitpraktikum, wobei jedoch keine Prüfungen oder Abschlussarbeiten zu absolvieren sind.

Zu prüfen bleibt, ob das von Vorname absolvierte Praktikum an der Jungen Burg vom WS 2011/12 bis SS 2012 als Berufsausbildung anzusehen ist.

Unter den Begriff "Berufsausbildung" fallen alle Arten schulischer oder kursmäßiger Ausbildung, in deren Rahmen noch nicht berufstätige Personen ohne Bezugnahme auf die spezifischen Tätigkeiten an einem bestimmten Arbeitsplatz für das künftige Berufsleben erforderliches Wissen vermittelt wird (vgl. , und ). Ein Praktikum fällt nur dann unter diesen Begriff, wenn es eine unbedingte Voraussetzung für die Aufnahme an eine Lehranstalt darstellt bzw. wenn diese Praxis für die Ausübung des Berufes vorgeschrieben ist (vgl. Unabhängiger Finanzsenat vom , RV/0123-I/03 und vom , RV/1353-W/07 unter Hinweis auf die Judikatur des VwGH ). Der bloße Umstand, dass durch den Besuch des Praktikums die Aufnahmechancen erhöht werden, reicht nicht aus.

Schon aus dem Umstand, dass es sich bei dem von Vorname absolvierten Praktikum um ein freiwilliges gehandelt hat, geht hervor, dass diese Voraussetzungen im vorliegenden Fall nicht gegeben sind. Das Sammeln von Erfahrungen, Aneignen von Fertigkeiten oder eines bestimmten Wissenstandes durch verschiedene Tätigkeiten stellt für sich allein keine Berufsausbildung im Sinne des FLAG 1967 dar. Als Berufsausbildung kann eine solche Tätigkeit nur dann angesehen werden, wenn sie nachweislich Voraussetzung für die Aufnahme in die Akademie wäre.

Für die Aufnahme in die Kunstuniversität Graz ist, laut telefonischer Auskunft von der Studienabteilung der Kunstuniversität Graz, nur eine Zulassungsprüfung erforderlich. Matura ist nicht erforderlich aber von Vorteil. Eine praktische Ausbildung wird nicht gefordert.

Aus § 26 Abs 1 FLAG 1967 ergibt sich eine objektive Erstattungspflicht zu Unrecht bezogener Familienbeihilfe. Subjektive Momente, wie Verschulden, Gutgläubigkeit oder die Verwendung der Familienbeihilfe, sind nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes für die Verpflichtung zur Rückerstattung unrechtmäßiger Beihilfenbezüge unerheblich. Entscheidend ist lediglich, ob der Empfänger bzw. die Empfängerin die Beträge zu Unrecht erhalten hat (siehe ).

Der vom Finanzamt am erlassenen Bescheid über die Rückforderung zu Unrecht bezogener Beträge entspricht daher der Rechtslage.

Zum Abweisungsbescheid vom ist auszuführen, dass für diesen Bescheid vom Finanzamt ein Studienwechsel zugrunde gelegt worden und dieser Sachverhalt zu prüfen ist:

§ 17 Abs. 1 StudFG: Ein günstiger Studienerfolg liegt nicht vor, wenn der Studierende 1 . das Studium öfter als zweimal gewechselt hat oder 2. das Studium nach dem jeweils dritten inskribierten Semester (nach dem zweiten Ausbildungsjahr) gewechselt hat oder 3. nach einem Studienwechsel aus dem vorhergehenden Studium keinen günstigen Studienerfolg nachgewiesen hat, bis zum Nachweis eines günstigen Studienerfolges aus dem neuen Studium.

(2) Nicht als Studienwechsel im Sinne des Abs. 1 gelten: 1. Studienwechsel, bei welchen die gesamten Vorstudienzeiten für die Anspruchsdauer des nunmehr betriebenen Studiums berücksichtigt werden, weil sie dem nunmehr betriebenen Studium auf Grund der besuchten Lehrveranstaltungen und absolvierten Prüfungen nach Inhalt und Umfang der Anforderungen gleichwertig sind, 2. Studienwechsel, die durch ein unabwendbares Ereignis ohne Verschulden des Studierenden zwingend herbeigeführt wurden, ...(3) ....(4) Ein Studienwechsel im Sinne des Abs. 1 Z 2 ist nicht mehr zu beachten, wenn der Studierende in dem nunmehr gewählten Studium so viele Semester wie in den vor dem Studienwechsel betriebenen Studien zurückgelegt hat.

Im gegenständlichen Beschwerdefall hat die im strittigen Zeitraum bereits volljährige Tochter der Bf. laut vorgelegten Unterlagen (Lehrveranstaltungszeugnisse und Schreiben vom ) in dem Studienjahr 2012/2013 die Studienrichtung Darstellende Kunst (V561) als ordentlich Studierende begonnen.

Der Umstieg von der Studienrichtung Rechtswissenschaften auf das Studium Darstellende Kunst erfolgte daher mit Studienjahr 2012/13.

Im gegenständlichen Fall ist vorerst festzustellen, ob überhaupt ein Studienwechsel stattgefunden hat und damit gemäß § 2 Abs. 1 lit. b FLAG das Vorliegen der Berufsausbildung nach § 17 StudFG 1992 zu beurteilen ist.

Ein Studienwechsel liegt nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes dann vor, wenn der Studierende das von ihm begonnene und bisher betriebene, aber noch nicht abgeschlossene Studium nicht mehr fortsetzt und an dessen Stelle ein anderes unter den Geltungsbereich des Studienförderungsgesetzes fallendes Studium beginnt. Maßgebend für einen Studienwechsel ist immer der Studienbeginn. Für den Fall der (gleichzeitigen) Absolvierung mehrerer Studien besteht Anspruch auf Familienbeihilfe für ein Studium, wobei die Wahl des Studiums, für das Familienbeihilfe beantragt wird, dem Studierenden freisteht. Jede Änderung dieser Entscheidung gilt als Studienwechsel. Ein Studienwechsel liegt in diesem Fall dann vor, wenn die Studierende an Stelle des bisher angegebenen Studiums ein anderes von ihr betriebenes Studium benennt ().

Auch das in der Beschwerde vom angesprochene "unbillige Ergebnis" (für die gesamte Berufsausbildung nach der Matura für lediglich zwei Jahre Familienbeihilfe erhalten zu haben) kann an der gesetzlichen Vorgabe des schädlichen Studienwechsels nichts ändern.

Wurden zwei voneinander unabhängige Studienrichtungen betrieben, wie im Beschwerdefall die Studienrichtungen Rechtswissenschaften und Darstellende Kunst, und das für den Anspruch auf Familienbeihilfe gewählte Studium wird nach dem dritten inskribierten Semester ausgetauscht, liegt mit dem Wechsel zur anderen Studienrichtung jedenfalls ein schädlicher Studienwechsel iSd § 17 Abs. 1 StudFG 1992 vor. Ob das Erststudium auch nach dem Studienwechsel noch weiter betrieben wurde oder sofort abgebrochen wurde, ist dabei unerheblich.

Zwar ist ein Studienwechsel nach dem dritten Semester nach den Bestimmungen des § 17 Abs. 2 Z. 2 StudFG 1992 dann nicht beihilfenschädlich, wenn der Studienwechsel ohne Verschulden des Studierenden durch ein unabwendbares Ereignis zwingend herbeigeführt wird. Unabwendbar ist ein Ereignis dann, wenn es die Partei mit den einem Durchschnittsmenschen zur Verfügung stehenden Möglichkeiten und Mitteln nicht verhindern konnte, auch wenn sie dieses Ereignis voraussah. Ein solches unabwendbares Ereignis könnte zum Beispiel eine Krankheit sein oder ein eintretendes Gebrechen, das die Beibehaltung und Fortführung der betriebenen Studienrichtung unmöglich macht. Das unabwendbare Ereignismuss jedenfalls den Studienwechsel erforderlich machen. Somit kann nur ein das vor dem Wechsel betriebene Studium, nicht jedoch andere (spätere) Studien spezifisch behindernder Grund in diesem Sinne den Studienwechsel "zwingend" herbeiführen.

Der Studienwechsel wurde somit nicht durch ein unabwendbares Ereignis zwingend herbeigeführt. Damit ist § 17 Abs. 2 Z. 2 StudFG 1992 im vorliegenden Fall nicht anwendbar und es liegt nach den vorstehenden Ausführungen ein schädlicher Studienwechsel iSd Abs. 1 Z. 2 leg. cit. vor.

Für den gegenständlichen Fall bedeutet dies, dass der Anspruch auf Familienbeihilfe iSd § 17 Abs. 4 StudFG 1992 erst nach einer Wartezeit von vier Semestern wieder auflebt und für den Zeitraum ab Oktober 2012  bis September 2014 kein Anspruch auf Familienbeihilfe besteht.

Zulässigkeit einer Revision:

Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) unzulässig.

Gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Das Bundesfinanzgericht ist nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen (siehe ; ; und ).

Da im gegenständlichen Beschwerdeverfahren keine Rechtsfragen aufgeworfen worden sind, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme, ist eine Revision nicht zulässig.

Graz, am

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Verweise



ECLI
ECLI:AT:BFG:2014:RV.2100427.2013

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