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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 09.12.2014, RV/7103836/2014

Ein Streit über die Richtigkeit der Gebarung am Abgabenkonto ist nicht im Rückzahlungsverfahren, sondern in einem Verfahren gemäß §216 BAO auszutragen.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch R. in der Beschwerdesache A.B., Adresse1 , vertreten durch Sachwalter , über die Beschwerde vom  gegen den Bescheid des Finanzamtes Amstetten M Scheibbs vom , betreffend Abweisung eines Rückzahlungsantrages zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Mit Eingabe vom brachte der Sachwalter der nunmehrigen Beschwerdeführerin (Bf.) Anträge auf Arbeitnehmerveranlagung für die Jahre 2009 bis 2012 ein und führte aus, dass seine Klientin in den Jahren 2008 bis 2012 trotz Bestehens der Sachwalterschaft eigenständig die (Anträge auf) Arbeitnehmerveranlagungen beim jeweiligen Finanzamt eingebracht habe. Aufgrund ihrer Geschäftsunfähigkeit seien diese keine rechtswirksamen Steuererklärungen gewesen. Eine Verpflichtung zur Auszahlung der Guthaben seitens der zuständigen Finanzämter an die Besachwalterte habe daher gar nicht bestanden.

Mit Eingabe vom beantragte der Sachwalter „die Rückzahlung des Guthabens aus den Arbeitnehmerveranlagungen 2009 bis 2012 im Sinne des § 239 BAO“.

Mit Bescheid vom wies das Finanzamt den Rückzahlungsantrag mit der Begründung ab, dass ein Guthaben erst dann entstehe, wenn auf dem Abgabenkonto die Summe aller Gutschriften die Summe aller Lastschriften übersteige. Die zuletzt geltend gemachte Gutschrift habe nicht zur Entstehung eines Guthabens geführt.

In der gegen diesen Bescheid form- und fristgerecht eingebrachten Bescheidbeschwerde führte der Sachwalter aus, dass in concreto für das Barauszahlen der jeweiligen Guthaben seitens der Finanzämter aus den durch die besachwalterte Klientin selbst beantragter Arbeitnehmerveranlagungen der letzten fünf Jahre § 1424 Satz 2 ABGB rechtlich anzuwenden sei, weshalb daraus ein Anspruch auf Rückerstattung der jeweiligen Guthaben abzuleiten sei.

Die von der Klientin selbst beantragten Arbeitnehmerveranlagungen seien keine rechtswirksamen Steuererklärungen, weshalb seitens der Finanzämter keinerlei Verpflichtung zur Auszahlung der Guthaben bestanden habe. Dies sei auch der Grund, weshalb durch den Sachwalter- erstmals rechtswirksame Anträge bezüglich Arbeitnehmerveranlagungen für die Bf. betreffend die letzten Jahre eingebracht worden seien.

Es könne daher nochmals auf die OGH – Entscheidung GZ 8 Ob 125/09d verwiesen werden. Hier könne analog auf den hier vorliegenden Sachverhalt Folgendes  angeführt werden:

Im Zeitpunkt der Barauszahlung der jeweiligen Guthaben aus den Arbeitnehmerveranlagungen sei rechtskräftig der Sachwalter- in finanziellen Angelegenheiten bereits gerichtlich für die Bf. als Sachwalter bestellt gewesen. Mit dem Eintritt der Rechtskraft des Beschlusses über die Sachwalterbestellung werde die betroffene Person im Wirkungskreis des Sachwalters in ihrer Geschäftsfähigkeit beschränkt.

Entscheidend für den Rückforderungsanspruch nach § 1224 Satz 2 ABGB sei, ob „das Bezahlte…wirklich vorhanden, oder zum Nutzen des Empfängers verwendet worden ist“. An dieser Stelle dürfe der Sachwalter auf die OGH-Entscheidung GZ 5 Ob 22/02z verweisen.

Grundsätzlich treffe das Finanzamt als Behörde und auszahlende Stelle daher die Beweislast, dass die ausbezahlten Guthaben aus den Arbeitnehmerveranlagungen der letzten Jahre an die Bf. auch zu ihrem Nutzen verwendet worden seien.

Die Bf. habe keine großen Anschaffungen getätigt oder Verbindlichkeiten getilgt, weshalb eben auch in concreto nicht zu erkennen sei, ob die ausbezahlten Beträge für die Bf. eine nutzbringende Verwendung darstellen würde.

Von einem Geschäftsunfähigen könne daher nicht verlangt werden, „im Detail nachzuweisen, wie er einen ihm zugekommenen Geldbetrag verwendete. Das wäre lebensfremd und widerspräche auch dem Schutzzweck des § 1424 Satz 2 ABGB, einen Geschäftsunfähigen vor Nachteilen zu  bewahren, die ihm aus der Aushändigung eines Geldbetrages drohen, über den er nicht vernünftig disponieren kann.“ (Zit. OGH GZ 5 Ob 22/02z)

Im vorliegenden Fall seien in den letzten fünf Jahren (von 2008 bis 2013) Guthaben an die Bf. rechtswidrigerweise bar ausbezahlt worden und habe diese innerhalb eines kurzen Zeitraumes auch die erhaltenen Beträge ausgegeben, ohne jedoch dass sich dies in Vermögenswerte oder in einer erkennbaren Verbesserung der Lebensumstände der Betroffenen niedergeschlagen hätte.

Entgegen dem Schreiben vom Finanzamt M vom sei die Sachwalterschaft der Bf. dem jeweiligen Finanzamt F bekannt gewesen.

Dass es unter den internen Abteilungen der Finanzämter (hier zwischen der Abteilung Beihilfe und Abteilung Steuerausgleich) kein internes Netz über die Weitergabe von Informationen (Sachwalterschaft) gebe, könne nicht zu Lasten der Steuernehmerin ausgelegt werden.

Auch die Vorsachwalterschaften (Vereinssachwalter Herr H. und Rechtsanwalt Herr M. ) seien bereits den jeweiligen Finanzämtern in den Vorjahren bekannt gewesen.

Als gesetzlicher Vertreter der Bf. mache der Sachwalter daher weiterhin einen Rückforderungsanspruch gemäß § 1424 Satz 2 ABGB geltend. Es bestehe dem Rechtsstandpunkt zu Folge kein Rückstand auf dem Abgabenkonto seitens der Bf., sondern ein Guthaben, weshalb er um Auszahlung der jeweiligen Guthaben aus den für die Klientin beantragten Arbeitnehmerveranlagungen ersuche.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies das Finanzamt die Beschwerde als unbegründet ab und führte aus, dass eine Rückzahlung von Guthaben (§ 215 Abs. 4 BAO) auf Antrag der Abgabepflichtigen oder von Amts wegen erfolgen könne (§ 239 Abs. 1 BAO).

Im Falle eines Rückzahlungsantrages sei grundsätzlich nur über jenen Betrag abzusprechen, der im Zeitpunkt der Antragstellung auf dem Abgabenkonto aufscheine ().

Bestehe zum Zeitpunkt der Einreichung eines Rückzahlungsantrages auf dem Abgabenkonto kein Guthaben, so sei der Antrag abzuweisen (; ).

Da auf dem Abgabenkonto der Bf. zum Zeitpunkt des Rückzahlungsantrages kein Guthaben bestanden habe, sei – unbesehen der Frage der Rechtmäßigkeit einer Verrechnung der Gutschrift – die Beschwerde als unbegründet abzuweisen gewesen.

Dagegen brachte der Sachwalter einen Vorlageantrag ein, ohne sich mit den Ausführungen der Beschwerdevorentscheidung auseinanderzusetzen.

  Über die Beschwerde wurde erwogen:

Gemäß § 239 Abs. 1 BAO kann die Rückzahlung von Guthaben (§ 215 Abs. 4) auf Antrag des Abgabepflichtigen oder von Amts wegen erfolgen. Ist der Abgabepflichtige nach bürgerlichem Recht nicht rechtsfähig, so können Rückzahlungen mit Wirkung für ihn unbeschadet der Vorschrift des § 80 Abs. 2 nur an diejenigen erfolgen, die nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechtes über das Guthaben zu verfügen berechtigt sind.

Abs. 3 Ist der Abgabepflichtige nach bürgerlichem Recht nicht rechtsfähig, so ist ein nach Anwendung der Abs. 1 und 2 noch verbleibendes Guthaben unter sinngemäßer Anwendung dieser Bestimmungen zugunsten derjenigen zu verwenden, die nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechtes im eigenen Namen über das Guthaben zu verfügen berechtigt sind.

Abs. 4 Soweit Guthaben nicht gemäß Abs. 1 bis 3 zu verwenden sind, sind sie nach Maßgabe der Bestimmungen des § 239 zurückzuzahlen oder unter sinngemäßer Anwendung dieser Bestimmungen über Antrag des zur Verfügung über das Guthaben Berechtigten zugunsten eines anderen Abgabepflichtigen umzubuchen oder zu überrechnen.

Bestehen zwischen einem Abgabepflichtigen und der Abgabenbehörde Meinungsverschiedenheiten, ob und inwieweit eine Zahlungsverpflichtung durch Erfüllung eines bestimmten Tilgungstatbestandes erloschen ist, so hat die Abgabenbehörde gemäß § 216 BAO darüber auf Antrag zu entscheiden.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes entsteht ein Guthaben erst dann, wenn auf einem Abgabenkonto die Summe der Gutschriften die Summe der Lastschriften übersteigt, wenn somit auf ein und demselben Abgabenkonto per Saldo ein Überschuss zu Gunsten des Abgabepflichtigen besteht ().

Maßgebend für eine Rückzahlungsmöglichkeit sind stets die tatsächlich durchgeführten Buchungen, nicht diejenigen, die nach Ansicht des Abgabepflichtigen hätten durchgeführt werden müssen ().

Nach der Judikatur (vgl. etwa das Erkenntnis vom , 91/15/0077), ist dem Rückzahlungsantrag der Erfolg zu versagen, wenn im Zeitpunkt der Antragstellung das Abgabenkonto kein Guthaben aufweist. Im Fall eines Rückzahlungsantrages ist grundsätzlich nur über jenen Betrag abzusprechen, der im Zeitpunkt der Antragstellung auf dem Abgabenkonto aufscheint (vgl. das Erkenntnis vom , 85/14/0021).

Ein Guthaben im Sinne des § 215 BAO stellt sich somit als Ergebnis der Gebarung auf dem Abgabenkonto dar.

Im vorliegenden Fall steht zweifelsfrei fest, dass im Zeitpunkt der Antragstellung () auf Grund der bis dahin vorgenommenen Buchungen (bei denen auch die neu ergangenen Einkommensteuerbescheide 2009 bis 2012 - Buchungstag - berücksichtigt sind) auf dem Abgabenkonto der Bf. kein Guthaben, sondern ein Abgabenrückstand in Höhe von € 1.553,60 aufschien, weshalb die Berufung bereits aus diesem Grunde als unbegründet abzuweisen war.

Nachdem der Sachwalter der Bf. jedoch vermeint, dass der Kontostand unrichtig sei, zumal Rückzahlungen aufgrund der bestehenden Sachwalterschaft zu Unrecht direkt an die Bf. erfolgt seien, besteht in Wahrheit Streit über die Richtigkeit der Gebarung auf dem Abgabenkonto der Bf.

Ein derartiger Streit wäre nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (z.B. Erkenntnis vom , 91/15/0103) aber nicht in einem Verfahren nach § 239 Abs. 1 BAO, sondern in einem solchen nach § 216 leg. cit. auszutragen und nach der Entscheidung des die Frage der Rechtmäßigkeit von Buchungen nicht im Rückzahlungsverfahren zu klären (ebenso ).

Da am kein Guthaben auf dem Abgabenkonto bestand, war die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

Zulässigkeit einer ordentlichen Revision:

Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine Revision nicht zulässig, da das Erkenntnis nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt.

Einer Rechtsfrage kommt grundsätzliche Bedeutung zu, wenn das Erkenntnis von vorhandener Rechtsprechung des VwGH abweicht, diese uneinheitlich ist oder fehlt.

Das gegenständliche Erkenntnis weicht von der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht ab.

Da die Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht erfüllt sind (siehe die in der Begründung zitierten Entscheidungen), ist eine ordentliche Revision nicht zulässig.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 239 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 216 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2014:RV.7103836.2014

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at