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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 02.02.2015, RV/7103722/2014

Pendlerpauschale und Pendlereuro

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R in der Beschwerdesache E, Wohnadresse, gegen den Bescheid des Finanzamtes Neunkirchen Wr. Neustadt vom , FA33/2014/00 betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) für das Jahr 2013 zu Recht erkannt:

Der Beschwerde wird Folge gegeben. Der angefochtene Bescheid wird abgeändert. Die Bemessungsgrundlage (Einkommen) und die darauf entfallende Abgabe (Einkommensteuer) des Jahres 2013 sind den beiliegenden Berechnungsblättern (Seiten 1 - 3) zu entnehmen und bilden einen Bestandteil dieses Erkenntnisses.

Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) aus den weiter unten angeführten Gründen nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Sachverhalt

Der Beschwerdeführer (Bf) ist bei einem Lebensmittelhersteller nichtselbständig vollbeschäftigt und arbeitet im Schichtdienst mit drei Schichten.

In der über FinanzOnline abgegebenen Einkommensteuererklärung (Arbeitnehmerveranlagung auf Antrag) für 2013 machte er folgende, vom Arbeitgeber noch nicht berücksichtigte Werbungskosten geltend:

- Pendlerpauschale mit dem Jahresbetrag von EUR 696,00
(ob die im Erklärungsformular verwiesene Berechnungshilfe L 34a herangezogen wurde, geht aus der Online abgefragten Steuererklärung nicht hervor);

- Pendlereuro (Absetzbetrag) im Jahresbetrag von EUR 25,00.

Weiters beantragte der Bf in seiner Steuererklärung den Abzug von Sonderausgaben für
- Versicherungsprämien: EUR 907,36;
- Rückzahlungen von Darlehen/Zinsen zur Wohnraumschaffung/-sanierung: EUR 467,70.


Das Finanzamt (FA; im Weiteren auch: belangte Behörde, kurz: belB) veranlagte den Bf mit Bescheid vom erklärungsgemäß zur Einkommensteuer 2013, woraus eine Gutschrift von EUR 420,00 resultierte: An zusätzlichen Werbungskosten berücksichtigte es das Pendlerpauschale in beantragter Höhe, Sonderausgaben mit einem Viertel der geltend gemachten Aufwendungen ("Topf-Sonderausgaben") und als Steuerabzugspost den Pendlereuro wiederum in beantragter Höhe.


Mit Schreiben vom erhob der Bf gegen diesen Bescheid Beschwerde, beantragte die Neufestsetzung der Einkommensteuer 2013 und führte begründend aus:
Er habe sich beim OnlineSteuerausgleich verrechnet und habe das kleine Pendlerpauschale eingetragen. Nach seiner neuen Rechnung stehe ihm das große Pendlerpauschale zu. Eine genaue Aufstellung und belegmäßige Nachweise über die beantragten Änderungen lege er bei.
Auf der Rückseite des händisch ausgefüllten Formulars waren folgende Angaben eingetragen:
Anzahl der Fahrten pro Monat: Jänner bis Dezember durchwegs größer/gleich 11;
Pendlerpauschale groß: Jänner - Dezember jeweils die Felder in Zeile "> 20" angekreuzt; 
Kilometerangabe (einfache Strecke Wohnung-Arbeitsstätte): jeweils "23" eingetragen.

Der beigefügten "Erklärung zur Berücksichtigung des Pendlerpauschales und des Pendlereuros ab " (L 34-PDF) sind aufgrund der händischen Eintragungen folgende Angaben zu entnehmen:

Name und Anschrift des Arbeitgebers; Name und Anschrift des Antragstellers (Bf); es wird kein arbeitgebereigenes Kraftfahrzeug für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zur Verfügung gestellt; der Bf legt die Entfernung zwischen diesen Orten an mindestens 11 (elf) Tagen im Kalendermonat zurück;
Arbeitszeit im 3-Schicht-Betrieb:
1.) 06:00h - 14:12h "kl.PP ab 20";
2.) 14:00h - 22:12h "gr.PP";
3.) 22:00h - 06:12h "kl.PP ab 20";
zu Arbeitsbeginn  oder Arbeitsende verkehrt an mehr als der Hälfte der Arbeitstage kein öffentliches Verkehrsmittel; die Benützung eines solche Verkehrsmittels ist daher (an mehr als der Hälfte der Arbeitstage) nicht möglich; die kürzeste Strecke (Autokilometer) zwischen Wohnung und Arbeitsstätte beträgt (aufgerundet): 23 km.

Das FA änderte den angefochtenen Bescheid mit Beschwerdevorentscheidung (BVE) vom nur geringfügig zu Gunsten des Bf ab: Das Pendlerpauschale wurde mit dem ursprünglich berücksichtigten Betrag von EUR 696,00 als Werbungskosten abgezogen, der Pendlereuro auf EUR 44,00 erhöht.
Die Begründung lautete: "Da für die überwiegende Zeit die Benützung eines öffentlichen Verkehrsmittels zumutbar ist (1. und 3. Schicht), steht das kleine Pendlerpauschale ab 20 km zu. Der Pendlereuro wurde auf 44 Euro korrigiert."

Der Bf erhob dagegen mit Schreiben vom , beim FA eingelangt am , Vorlageantrag ("Beschwerde") und begründete dies wie folgt:
"Pendlerpauschale siehe Pendlerrechner!
Arbeitszeiten (Angaben wie in der Beilage zur Beschwerde) flexibel. Die Benutzung des Massenbeförderungsmittels ist laut Pendlerrechnung in jeder der 3 Schichten unzumutbar!!"
Gleichzeitig beantrage ich die Aussetzung der Einhebung in Höhe des strittigen Betrages von 1476 Euro.

Aus den angefügten Beilagen elektronischer Pendlerrechner mit Erfassung der zumutbaren (soweit überhaupt vorhandenen) öffentlichen Verkehrsverbindungen für Beginn- und Ende-Zeiten von drei verschiedene Arbeitsschichten samt Streckenberechnung und Fahrtzeiten-Vergleich öffentlich/privat in allen Varianten (Entfernung Wohnung-Arbeitsstätte: 31 km; Fahrtstrecke Pkw/Hinfahrt: 25 km,  Pkw/Rückfahrt: 31 km; Fahrtzeiten öffentlich: 83 min bis 176 min; Pkw: höchstens 32 min; öffentlich daher durchwegs "unzumutbar") resultiert folgende Beurteilung des zu Grunde gelegten Sachverhaltes:
"Das Pendlerpauschale beträgt 1476 Euro jährlich" und
"Der Pendlereuro beträgt 62,00 Euro jährlich" (Hervorhebung im Online-Berechnungsprogramm).

Daraufhin legte das FA die Beschwerde samt Akten dem BFG vor.

Beweiswürdigung

An Hand des Pendlerrechners erscheint nachgewiesen, dass auf Grund der Entfernung zwischen Arbeitsstätte und Wohnung sowie der konkreten Umstände hinsichtlich der ungünstigen öffentlichen Verkehrsverbindungen zu den Schichtbeginn- und Schichtende-Zeiten (mehrmaliges Umsteigen und Warten auf Anschlussverbindungen, sofern solche überhaupt gegeben sind, dadurch stets unverhältnismäßig längere Fahrtzeiten; an den Tagesrandzeiten überhaupt keine taugliche durchgängige Verkehrsverbindung) die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte unmöglich bzw. unzumutbar ist. Über die genaue Entfernung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte (31 km laut dem vom BMF im Internet zur Verfügung gestellten Pendlerrechner) besteht zwischen den Parteien des Verfahrens (belB und Bf) mittlerweile kein Streit mehr, und auch das BFG hegt über die Richtigkeit der Entfernungsangaben keinen Zweifel.
Es wird daher das Sachvorbringen des Bf in Verbindung mit dem Ermittlungsergebnis des Pendlerrechners, wie schon das FA in seinem Vorlagebericht ausgeführt hat, der Entscheidung über die Beschwerde zu Grunde gelegt.

Rechtslage

Pendlerpauschale

Gemäß § 16 Abs. 1 Z. 6 EStG 1988 zählen Ausgaben des Steuerpflichtigen für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zu den abzugsfähigen Werbungskosten. Für die Berücksichtigung dieser Aufwendungen gilt:
...
lt. c) Ist dem Arbeitnehmer im Lohnzahlungszeitraum überwiegend die Benützung eines Massenbeförderungsmittels zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zumindest hinsichtlich der halben Fahrtstrecke nicht zumutbar, dann werden anstelle der Pauschbeträge nach lit. b folgende Pauschbeträge berücksichtigt:
Bei einer einfachen Fahrtstrecke von
...
20 km bis 40 km ... 1.476 Euro jährlich.

Pendlereuro

Gemäß § 33 Abs. 5 Z. 4 EStG 1988 in der Fassung ab 2013 steht bei Einkünften aus einem bestehenden Dienstverhältnis als Absetzbetrag ein Pendlereuro von jährlich zwei Euro pro Kilometer der einfachen Fahrtstrecke zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zu, wenn der Arbeitnehmer Anspruch auf ein Pendlerpauschale gemäß § 16 Abs. 1 Z. 6 hat. (...).

Die zur Durchführung dieser gesetzlichen Vorschrift erlassene PendlerVO, BGBl. II 276/2013 ist zufolge ihrer Inkrafttretensbestimmung (§ 5 Abs. 1), wenn die Einkommensteuer veranlagt wird, erstmals bei der Veranlagung für das Kalenderjahr 2014 (zwingend)anzuwenden, jedoch solange nicht (lies: nicht zwingend), als der ab dem Veranlagungsjahr 2014 zwingend zu verwendende Pendlerrechner nicht im Internet auf der Homepage des BMF zur Verfügung gestellt wird. Gegen eine Zuhilfenahme dieses für 2013 noch nicht zwingend heranzuziehenden elektronischen Werkzeuges im Interesse der Sachverhaltsermittlung auch schon für das Jahr 2013 hegt das BFG allerdings keine Bedenken, weil damit nicht gegen zwingende Normen des Gesetzes verstoßen wird: Erfüllt doch die dem FA offenbar bereits für das Steuerjahr 2013 EDV-technisch verfügbare Berechnung der den Anspruch auf eine bestimmte Höhe des Pendlereuros vermittelnden Entfernung (Wegstrecke) zwischen Wohnung und Arbeitsstätte sowie die Überprüfung der öffentlichen Verkehrsverbindungen hinsichtlich der Möglichkeit und Zumutbarkeit, diese Massenverkehrsmittel im konkreten Einzelfall zu benützen, eindeutig den Gesetzeszweck, mögen für 2013 auch andere Beweismittel, wie z.B. Routenplaner und Fahrpläne/Streckenpläne von Verkehrsunternehmungen gleich geeignet erscheinen. Dem Gesetzeszweck dient es nämlich, die tatsächlichen Verhältnisse im Sinne der normierten Anspruchsvoraussetzungen möglichst genau festzustellen.

Erwägungen zur Beschwerde

Der Bf hat die Anspruchsvoraussetzungen für die Gewährung des großen Pendlerpauschales in Höhe von EUR 1.476,00 nachgewiesen. Der Pendlereuro in Höhe von EUR 62,00 (je zwei Euro für die einfache Strecke von 31 km) steht ihm zu. Der Beschwerde kommt daher volle Berechtigung zu, so dass ihr Folge zu geben und der Einkommensteuerbescheid 2013 im Sinne der Stellungnahme der belB im Vorlagebericht entsprechend abzuändern war.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine ordentliche Revision nicht zulässig, da das Erkenntnis nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis nicht von der ständigen Rechtssprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu den Regeln der freien Beweiswürdigung abweicht.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2015:RV.7103722.2014

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at