zurück zu Linde Digital
TEL.: +43 1 246 30-801  |  E-MAIL: support@lindeverlag.at
Suchen Hilfe
Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 27.11.2014, RV/7500586/2014

Unverzügliche Entrichtung der Parkometerabgabe

Rechtssätze


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Stammrechtssätze
RV/7500586/2014-RS1
Die Parkometerabgabe ist „bei Beginn des Abstellens des Fahrzeuges“ entrichtet, wenn der Lenker unverzüglich nach Beendigung des Einparkens einen Parkschein ausfüllt oder die Eingabe für das Buchen eines elektronischen Parkscheines vornimmt (vgl. VwGH, , 96/17/0354). Eine Handlung ist unverzüglich, wenn sie ohne unnötigen Aufschub vorgenommen wird. Umstände, die auch einen äußerst sorgfältigen Lenker an der sofortigen ordnungsgemäßen Entwertung des Parkscheins oder der Aktivierung eines elektronischen Parkscheins hindern, schließen ein unverzügliches Handeln im Sinne des § 5 Abs. 2 ParkometerabgabeVO nicht aus.
RV/7500586/2014-RS2
Nach der Rechtsprechung des VwGH ist die Parkometerabgabe unverzüglich nach dem Abstellen des Fahrzeuges durch Ausfüllen oder Aktvieren eines Parkscheines zu entrichten. Diese Rechtsauffassung bedeutet, dass erst mit diesem Zeitpunkt – und nicht in dem Augenblick in dem das Fahrzeug schon in der Kurzparkzone steht – die Abgabenschuld und Abgabenfälligkeit der Parkometerabgabe eintritt. Der Begriff des Abstellens des Fahrzeuges bezeichnet den Zeitraum der Parkdauer und nicht den Abstellvorgang. Die Pflicht zur Entrichtung der Abgabe am „Beginn des Abstellens“ meint die Anfangsphase der Parkdauer. Die Gebührenpflicht tritt in dieser Anfangsphase jedoch erst in dem Zeitpunkt ein, in welchem es dem Lenker in der konkreten Situation bei unverzüglichem und gewissenhaftem Handeln möglich ist, die Abgabe zu entrichten.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter, Mag. Dieter Fröhlich über die Beschwerde der Bf., A. whft., vertreten durch Firma Graf&Pitkowitz Rechtsanwälte-GmbH, 8010 Graz, Marburger Kai 47, gegen das Straferkenntnis des Magistrats der Stadt Wien vom , Zl. MA67-PA-751438/3/5, zugestellt am wegen fahrlässiger Verkürzung der Parkometerabgabe gemäß § 5 Abs. 2 der Parkometerabgabeverordnung, ABl. der Stadt Wien 51/2005 idgF i.V.m. § 4 Abs. 1 Parkometergesetz 2006, LGBl. Für Wien 9/2006

zu Recht erkannt:

Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde gegen das Straferkenntnisse Folge gegeben.

Die Straferkenntnisse werden aufgehoben und das Strafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG eingestellt.

Gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG hat der Beschwerdeführer keinen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens zu leisten.

Eine ordentliche Revision der Amtspartei an den Verwaltungsgerichtshof ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG i.V.m. § 25a VwGG nicht zulässig. Eine Revision durch die beschwerdeführende Partei an den Verwaltungsgerichtshof wegen Verletzung in Rechten nach Art 133 Abs. 6 Z. 1 B-VG in Verbindung mit § 25a Abs. 4 VwGG ist kraft Gesetz nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Sachverhalt:

Von einem Organ der Straßenaufsicht (PU A510) wurde mit Organstrafverfügung beanstandet, dass das mehrspurige Kraftfahrzeug mit dem behördlichen Kennzeichen, XX am , um 14:31 Uhr in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone in Wien, 3. Ungargasse auf Höhe der Häuser 30 und 32 ohne einen Parkschein abgestellt worden war. Vom Überwachungsorgan wurde ein Foto mit Blick auf die Windschutzscheibe des Kfz angefertigt, aus dem zu erkennen ist, dass sich kein Parkscheinzettel am Armaturenbrett befindet.

Die am Fahrzeug angebrachte Organstrafverfügung und eine zugesandte Anonymverfügung wurden nicht bezahlt. Bei der behördlichen Lenkererhebung wurde vom Zulassungsbesitzer (es handelte sich um einen Firmenwagen) die Beschwerdeführerin (in der Folge Bf. genannt) als Lenkerin bekanntgegeben. Der Magistrat der Stadt Wien (in der Folge kurz MA67) verhängte mit Strafverfügung vom , zugestellt am über die Bf. eine Geldstrafe von € 60 wegen fahrlässiger Verkürzung der Parkometergebühr, indem sie das Kfz in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone ohne gültigen Parkschein abgestellt habe.

Dagegen erhob die Bf. durch ihren rechtsfreundlichen Vertreter fristgerecht Einspruch und wandte ein, dass Sie die Parkgebühr nicht fahrlässig verkürzt habe. Sie habe für das Abstellen des Fahrzeuges in der gebührenpflichtigen Kurzparkzone einen elektronischen Parkschein aktiviert. Um 14.32 Uhr (Tatzeit 14:31) habe sie die Rückbestätigungs-SMS über die Entrichtung der Parkgebühr erhalten.

Ein entsprechender Fotobeweis dieser SMS-Daten wurde dem Rechtsmittel angeschlossen.

Dieser Sachverhalt wurde von der MA67 durch Einholung einer Auskunft vom Systembetreiber (M-Parking) überprüft und bestätigt. Die Bf. hat für das gebührenpflichtig Abstellen des genannten Kfz am einen elektronischen Parkschein gelöst und um 14:32 Uhr – also eine Minute nach der zur Last gelegten Tatzeit – wurde die elektronische Entrichtung der Parkgebühr bestätigt.

Mit dem Straferkenntnis vom hielt die MA67 ihren in der Strafverfügung vorgenommenen Schuld- und Strafausspruch aufrecht. Der Bf. wurde zur Last gelegt, dass sie den Pkw in der gebührenpflichtigen Kurzparkzone in der Ungargasse zwischen 30 und 32 abgestellt habe, ohne einen gültig entwerteten Parkschein anzubringen oder einen elektronischen Parkschein zu aktivieren und dass sie dadurch fahrlässig die Parkometerabgabe verkürzt habe.

In der Begründung für die Behörde Folgendes aus:

„Jeder Lenker eines mehrspurigen Kfz muss bei Beginn des Abstellens des Fahrzeuges in einer Kurzparkzone die Parkometerabgabe entrichten (§ 5 Abs. 2 ParkometerabgabeVO).

Die Abgabe gilt bei Verwendung eines elektronischen Parkscheines mit der Bestätigung der Abstellanmeldung als entrichtet (§ 5 Abs. 1 ParkometerabgabeVO. Nach der Abstellanmeldung per SMS oder Internet-Applikation an das elektronische System ist die Bestätigung über die durchgeführte Transaktion abzuwarten. Wird die Abstellmeldung durch das elektronische System bestätigt, gilt die Abgabe als entrichtet (§ 7 Abs. 2 und 3 KontrolleinrichtungenVO).

Die angelastete Übertretung war als erwiesen anzusehen. Der mittels „Handy-Parken“ gelöste Parkschein erlangte erst mit der Rückbestätigungs-SMS um 14:32 Uhr seine Gültigkeit. Für den Beanstandungszeitpunkt, um 14:31 Uhr war kein gültiger Parkschein vorhanden.

Fahrlässiges Handeln genügt für die Strafbarkeit. Ein fehlendes Verschulden wurde von Ihnen nicht glaubhaft gemacht. Sie haben daher die Parkometerabgabe nicht entrichtet und fahrlässig verkürzt. Dieses Verhalten ist nach § 4 Abs. 1 Parkometergesetz mit bis zu € 365 zu bestrafen.

Die verhängte Strafe (€ 60) hat sich am Strafzweck zu orientieren. Das Parkometergesetz verfolgt auch das Ziel, den Parkraum zu rationieren und dieses Ziel kann nur erreicht werden, wenn die Strafe durch ihre Höhe geeignet ist, Sie von derartigen Übertretungen künftig abzuhalten.

Die verhängte Strafe berücksichtigt, dass keine Erschwerungsgründe vorliegen und das Fehlen von einschlägigen Vorstrafen.“

Gegen das Straferkenntnis erhebt die Bf. durch ihren rechtsanwaltlichen Vertreter form- und fristgerecht Beschwerde und bringt in diesem Schriftsatz vom Folgendes vor:

„Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wird mit angelastet, dass ich den Pkw um 14:31 Uhr ohne einen gültigen Parkschein in der gebührenpflichtigen Kurzparkzone abgestellt habe und dadurch die Parkometerabgabe fahrlässig verkürzt habe.

Ich habe die SMS mit der Abstellanmeldung noch beim Kfz versendet und unverzüglich darauf noch im Parkbereich die SMS-Rückbestätigung erhalten. Auch wenn als Tatzeitpunkt 14:31 Uhr angegeben wird, ist auszuschließen, dass diese vor 14:32 Uhr an meinem Kfz angebracht wurde, da ich mich bis zu diesem Zeitpunkt noch dort aufgehalten habe.

Zudem zeigt die SMS-Bestätigung, dass ich für die gebührenpflichtige Parkzeit von 14:45 bis 15:45 Uhr einen gültigen Parkschein gebucht habe. Der Tatbestand einer Verkürzung der Parkometerabgabe ist deshalb nicht erfüllt. Egal, ob ich die Rückbestätigung um 14.:31 Uhr oder um 14:44 Uhr bekommen hätte, da die mit dem Abstellvorgang angefangene Viertelstunde gebührenfrei ist, wäre die zu bezahlende Parkzeit immer zwischen 14:45 und 15:45 Uhr gewesen.

Ich bin überzeugt, dass die Beamtin mich noch beobachtet hat und finde, dass sie mich hätte informieren müssen. Dann hätte die Sachlage sogleich geklärt werden können.

Eine mit Straferkenntnis verhängte Geldstrafe von € 60 wegen der um eine Minute zu spät eingelangten Rückbestätigungs-SMS erscheint mir schikanös. Ich beantrage das Straferkenntnis ersatzlos aufzuheben und ansonsten die Strafe im Hinblick auf das geringe Verschulden auf das schuldangemessene Maß zu reduzieren.“

Das Rechtsmittel wurde von der belangten Behörde ohne weitere Veranlassung mit Vorlagebericht vom dem BFG zur Entscheidung vorgelegt.

II. Rechtliche Erwägungen:

Der vorstehend dargelegte Sachverhalt liegt der rechtlichen Beurteilung zu Grunde.

Die Bestimmung des § 5 Abs. 1 und Abs. 2 der ParkometerabgabeVO lautet:

„Die Abgabe gilt mit der ordnungsgemäßen Entwertung des Parkscheins oder mit Bestätigung der Abstellanmeldung als entrichtet.

Zur Entrichtung der Abgabe sind der Lenker, der Besitzer und der Zulassungsbesitzer zur ungeteilten Hand verpflichtet. Jeder Lenker, der ein mehrspuriges Kraftfahrzeug in einem Gebiet abstellt, für das eine Abgabepflicht besteht, hat die Parkometerabgabe bei Beginn des Abstellens des Fahrzeuges zu entrichten. Die Lenker haben bei der Durchführung der angeordneten Kontrollmaßnahmen mitzuwirken.“

1. Unverzügliche Abgabenentrichtung bei Beginn des Abstellens des Kfz

Die Parkometerabgabe ist „bei Beginn des Abstellens des Fahrzeuges“ entrichtet, wenn der Lenker unverzüglich nach Beendigung des Einparkens einen Parkschein ausfüllt oder die Eingabe für das Buchen eines elektronischen Parkscheines vornimmt (vgl. VwGH, , 96/17/0354). Eine Handlung ist unverzüglich, wenn sie ohne unnötigen Aufschub vorgenommen wird. Umstände, die auch einen äußerst sorgfältiger Lenker, an der sofortigen ordnungsgemäßen Entwertung des Parkscheins oder der Aktivierung eines elektronischen Parkscheins hindern, schließen ein unverzügliches Handeln im Sinne des § 5 Abs. 2 ParkometerabgabeVO nicht aus (z.B. ein unvorhergesehener kältebedingter Ausfall des Schreibgerätes, die gebotene Entgegennahme eines wichtigen Anrufes zum Hinweis auf einen späteren Rückruf, usw.). Bei der Beurteilung derartiger Hindernisgründe, ist auf die Absicht des Gesetzgebers Bedacht zu nehmen, dass die „angefangene Viertelstunde“ sowohl verkehrsrechtlich wie auch abgabenrechtlich nicht bei der gemessenen Kurzparkdauer berücksichtigt wird. Damit wird auch zum Ausdruck gebracht, dass „im Großen und Ganzen“ eine abgabengesteuerte innerstädtische Parkraumbewirtschaftung ohne unzweckmäßige Kleinlichkeiten erfolgen soll. Ein Rechnen mit Sekunden entspricht dieser Ratio nicht.

Feststeht das die Bf. am Abstellort um 14:32 Uhr erstmals einen Parkschein aktiviert hat. Es gibt keine Anhaltspunkte und wird von der belangten Behörde der Bf. auch nicht zur Last gelegt, dass sie schon relevante Zeit vor der Wahrnehmung des Straßenaufsichtsorgans um 14:31 Uhr ihren Pkw am Tatort abgestellt habe. Das BFG hat daher von einem Abstellzeitpunkt des Kfz um 14:31 Uhr auszugehen. Unmittelbar darauf wurde vom Kontrollorgan festgestellt, dass für das Kfz kein Parkschein ausgestellt wurde. Die vorgesehenen Kontrolleinrichtungen zur Parkraumüberwachung sehen eine Erfassung von Sekunden nicht vor. Zwischen den maßgebenden Zeitpunkten von 14:31 Uhr und 14:32 Uhr kann ein Zeitraum von 2 bis 118 Sekunden liegen.

Innerhalb dieser kurzen Zeitspanne hat die Lenkerin offenbar ihr Fahrzeug versperrt, ihr Mobiltelefon in die Hand genommen, die Handy-Parkfunktion aufgerufen, die erforderlichen Daten eingegeben und die Abstellanmeldung an das elektronische System abgesandt. Von diesem wurde diese Nachricht empfangen, verarbeitet und die Bestätigung um 14.32 Uhr an das Handy der Bf. zurückgesandt.

Bei diesem Zeitablauf ist es schon schwer vorstellbar, welche Verzögerung der Bf. bei der Aktivierung des elektronischen Parkscheines nach Abstellen des Pkw vorgeworfen werden könnte. Eine gebotene Auseinandersetzung mit dieser entscheidungsrelevanten Sachlage ist im verwaltungsbehördlichen Verfahren nicht erfolgt. Allein mit der Feststellung, dass um 14:31 Uhr noch kein Parkschein im elektronischen System aktiviert wurde, wird nicht bewiesen, dass die Lenkerin bei der Entrichtung der Parkgebühr um 14.32 Uhr mit vorwerfbarer Verzögerung gehandelt hat.

Ein Strafverfahren ist einzustellen, wenn die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann (§ 45 Abs. 1 Z. 1 VStG).

Das Sanieren von der belangten Behörde laufend vernachlässigter Ermittlungspflichten durch das BFG steht in einem Spannungsverhältnis zum kontradiktorischen Verfahren und zum Prinzip der Waffengleichheit der Parteien. Auch wenn öffentlich-rechtliche Ansprüche zu beurteilen sind, soll primär jede Partei in gleicher Weise die Mühen und Lasten ihrer Beweisführungspflicht tragen. Gerade in Bagatell- und Massenverfahren ist es vornehmliche Aufgabe der belangten Behörde dem BFG den eindeutigen Beweis über die Begehung einer zur Last gelegten Tat zu erbringen.

Zudem wäre bei der vorliegenden Sachlage und dem erhobenen Einwand der „Schikane“ sowohl eine Einstellung eines Strafverfahrens wegen unbedeutender Folgen der Tat und geringem Verschulden der Bf. (§ 45 Abs. 1 Z. 4 VStG) als auch wegen Unverhältnismäßigkeit des Aufwandes der Strafverfolgung gemessen an der Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und der Intensität seiner Beeinträchtigung (§ 45 Abs. 1 Z. 6 VStG) von der belangten Behörde zu prüfen gewesen.

Damit ein schuldhaftes Verhalten der Bf. überhaupt angenommen werden kann, müsste nämlich festgestellt werden, wann sie die Abstellanmeldung von ihrem Mobiltelefon abgesandt hat. Ist dies bereits im Abstellzeitpunkt des Kfz, um 14:31 Uhr geschehen, kann die nach § 5 Abs. 2 ParkometerabgabeVO angelastete Tat einer fahrlässigen Verkürzung der Parkometergebühr – weil sie nicht zu Beginn des Abstellens des Fahrzeuges entrichtet wurde - nicht vorliegen. Ein derartiger Sachhergang ist nach allgemeiner Lebenserfahrung durchaus realistisch.

Erfahrungsgemäß verschließt nahezu jeder Fahrzeuglenker sein Kfz bereits im Weggehen mittels der Fernbedienung seines Wagenschlüssels. Erfolgt unmittelbar danach die Eingabe zum Handy-Parken kann nach 15 bis 30 Sekunden die Entfernung vom Kfz so groß sein, dass sich dieser Lenker und ein aus der anderen Richtung kommendes Straßenaufsichtsorgan nicht mehr wahrnehmen.

Bei derart geringfügigen Rechtsgutverletzungen steht der Aufwand der Erhebung der erforderlichen Telekommunikationsdaten (Zeitpunkt einer Eingabe) zum Zwecke der Verfolgung solch lapidarer Straftaten in keinem angemessenen Verhältnis.

2. Vorliegen des Erfolges einer Abgabenverkürzung

In Streit steht auch die Rechtfrage, ob die Bf. die angelastete Tat einer fahrlässigen Verkürzung der Parkometerabgabe begangen hat, weil zum festgestellten Tatzeitpunkt um 14:31 Uhr die Parkometergebühr noch nicht entrichtet war. Die Bf. tritt dieser Tatanlastung mit dem Argument entgegen, dass sie durch die – eine Minute später erfolge - Entrichtung der Parkgebühr, die für den Parkvorgang geschuldete Abgabe vollständig bezahlt habe. Die mit dem Abstellen des Kfz um 14:31 Uhr angefangene Viertelstunde sei durch die elektronische Entrichtung der Parkometerabgabe um 14.32 Uhr gebührenbereit gewesen, sodass der erforderliche Erfolg einer Abgabenverkürzung nicht eingetreten sei.

Die Gebührenpflicht der Parkometerabgabe tritt mit Beginn des Abstellens eines mehrspurigen Kfz in einer Kurzparkzone ein (§ 1 ParkometerabgabeVO). Will ein Lenker länger als 15 Minuten in einer Kurzparkzone parken, normiert § 3 Abs. 2 KontrolleinrichtungsVO für die mit dem Abstellen des Kfz angefangene Viertelstunde eine Steuerbefreiung, wenn der Lenker einen gültigen Parkschein löst. Das ist ein Parkschein nach Anlage II der KontrolleinrichtungsVO oder ein elektronischer Parkschein gemäß § 7 KontrolleinrichtungsVO.

Bei Verwendung eines elektronischen Parkscheins wird vom elektronischen System die beabsichtigte Parkdauer automatisch von der auf die Eingabe folgenden vollen Viertelstunde gebucht. Systemkonform muss bei Verwendung des papierenen Parkscheines durch richtiges Ankreuzen der nächsten vollen Viertelstunde die Steuerbefreiung für die angefangene Viertelstunde vom steuerpflichtigen Fahrzeuglenker selbst berücksichtigt werden. Beim elektronischen Parkschein wird hingegen programmgesteuert vom elektronischen System diese Steuerbefreiung zur Anwendung gebracht. Wird ein Gebührenparkschein gelöst ist in beiden Fällen die angefangene Viertelstunde kraft Gesetz von der Parkometergebühr befreit.

Die belangte Behörde vertritt die Auffassung, dass der Tatbestand der Verkürzung der Parkometerabgabe immer erfüllt sei, wenn im Beanstandungszeitpunkt kein gültiger Parkschein vorhanden ist. Daran ändere auch der Umstand nichts, dass nach der behördlichen Wahrnehmung der eingetretenen Abgabenverkürzung, vom Lenker innerhalb der „angefangenen Viertelstunde“ ein Parkschein gelöst wurde.

Richtig ist, dass mit dem Beginn des Abstellens des Fahrzeuges in der Kurzparkzone die Gebührenpflicht eintritt. Nach der Rechtsprechung des VwGH ist die Parkometerabgabe unverzüglich nach dem Abstellen des Fahrzeuges durch Ausfüllen oder Aktvieren eines Parkscheines zu entrichten. Diese Rechtsauffassung bedeutet, dass erst mit diesem Zeitpunkt – und nicht in dem Augenblick in dem das Fahrzeug schon in der Kurzparkzone steht – die Abgabenschuld und Abgabenfälligkeit der Parkometerabgabe eintritt. Der Begriff des Abstellens des Fahrzeuges bezeichnet den Zeitraum der Parkdauer und nicht den Abstellvorgang. Die Pflicht zur Entrichtung der Abgabe am „Beginn des Abstellens“ meint die Anfangsphase der Parkdauer. Die Gebührenpflicht tritt in dieser Anfangsphase jedoch erst in dem Zeitpunkt ein, in welchem es den Lenker in der konkreten Situation bei unverzüglichen und gewissenhaften Handeln möglich, die Abgabe zu entrichten.

Beispiel: Ein Fahrzeug wird um 14:31 Uhr abgestellt, trotz unverzüglichen Handelns kann ein gültiger Parkschein erst um 14:36 Uhr ausgestellt werden. Die Pflicht zur Entrichtung der Parkometerabgabe tritt erst mit 14:36 Uhr ein. Da vor diesem Zeitpunkt keine Gebührenpflicht entsteht, ist für die Abstelldauer davor auch keine Verkürzung der Parkometergebühr denkbar.

Es muss einem Lenker auch eine angemessene Wartezeit zugebilligt werden, ob die Aktivierung eines elektronischen Parkscheines funktioniert hat. Erst wenn ein solcher berechtigter Versuch der Abgabenentrichtung erkennbar fehlgeschlagen hat, tritt in weiterer Folge die Pflicht zum Ausfüllen des herkömmlichen Parkscheines ein.

In gleicher Weise wie das Anhalten des Kfz (ein erzwungenes zum Stillstandbringen des Fahrzeuges) in einer Kurzparkzone nach der Parkometerabgabeverordnung nicht gebührenpflichtig ist, stellt die zumeist sehr kurze Anfangsphase der Abstelldauer des Kfz bis zur unverzüglichen Entrichtung der Parkometergebühr, durch ordnungsgemäße Entwertung des Parkscheines oder wirksame Aktivierung des elektronischen Parkscheines, keinen steuerbaren Sachverhalt dar.

Damit stimmt überein, dass die Steuerbefreiung für die „angefangene Viertelstunde“ gemäß § 3 Abs. 2 und § 7KontrolleinrichtungsVO ebenso auf den Zeitpunkt der Entstehung der Parkometerabgabepflicht wirkt.

Wurde von einem Straßenaufsichtsorgan festgestellt, dass nach dem Eintritt der Gebührenpflicht noch kein gültiger Parkschein im Fahrzeug angebracht oder elektronisch aktiviert wurde, ist der Tatbestand einer fahrlässigen Abgabenverkürzung gemäß § 5 Abs. 2 ParkometerabgabeVO verwirklicht. Die Strafbarkeit dieses vollendeten Abgabendeliktes fällt nicht weg, wenn nachträglich innerhalb der angefangenen Viertelstunde die Parkgebühr entrichtet wird, auch wenn durch die Steuerbefreiung für die angefangene Viertelstunde der Erfolg der Gebührenverkürzung wegfällt.

Für den gegenständlichen Fall ist dies aber nicht relevant, weil die Gebührenpflicht für das abgestellte Kfz erst um 14.32 Uhr eingetreten ist. Zusammenfassend ist dazu festzuhalten, dass die Bf. ihr Fahrzeug um 14:31 Uhr in der Kurzparkzone eingeparkt hat und unverzüglich danach die Parkometergebühr mittels eines elektronischen Parkscheines, die SMS-Rückbestätigung erfolgte um 14:32 Uhr, entrichtet hat. Bei diesem denkbaren Handlungsspielraum von 2 bis 118 Sekunden fehlen jegliche Anzeichen für eine erkennbare schuldhafte Verzögerung bei der Abgabenentrichtung. In gleicher Weise gibt es keinen Beweis und keine Tatanlastung, dass die Bf. ihr Fahrzeug schon relevante Zeit vor 14:31 Uhr abgestellt habe.

3. Verpflichtung beim Fahrzeug zu warten

Nach § 7 Abs. 2 KontrolleinrichtungsVO ist nach der Abstellanmeldung des elektronischen Parkscheines die Rückmeldung des elektronischen Systems - durch SMS oder im Wege einer vom Systembetreiber zur Verfügung gestellten Internet-Applikation - über die durchgeführte Transaktion abzuwarten (Bestätigung).

In der veröffentlichten Information der Stadt Wien betreffend „Handyparken“ heißt es dazu:

„Es wird empfohlen, bis zum Einlangen der jeweiligen Bestätigung (via SMS oder Handy-Park-App) beim Fahrzeug zu bleiben. Aufgrund der dann möglich eventuellen Kontaktaufnahme mit dem Kontrollorgan kann vermieden werden, dass während des Weggehens vom Fahrzeug eine Abfrage des Kennzeichens und die darauf folgende Beanstandung wegen fehlendem Parkschein vorgenommen wird.“

Anders als die Stadt Wien in ihrer Bürgerinformation sieht das BFG in der Anordnung des § 7 Abs. 2 KontrolleinrichtungsVO „danach ist die Rückmeldung …abzuwarten (Bestätigung)“ eine normierte Rechtspflicht der Lenker, die sich eines elektronischen Parkscheines bedienen, beim Fahrzeug bis zum Einlagen der Bestätigung der Abstellanmeldung zu warten.

Funktioniert die elektronische Anmeldung nicht, kann ein Lenker der sich während des Vorganges vom Fahrzeug entfernt hat, nämlich nicht seiner Pflicht zur unverzüglichen Entrichtung der Parkometergebühr durch Ausfüllen eines Papierparkscheines entsprechen.

Im gegenständlichen Strafverfahren ist aber die fahrlässige Verkürzung der Parkometerabgabe die zur Last gelegte Tat und nicht das unzulässige Entfernen vom Fahrzeug vor Bestätigung der Abstellanmeldung. Im Rechtsmittelverfahren kann eine Präzisierung der im angefochtenen Straferkenntnis als verletzt bezeichneten Rechtsvorschrift erfolgen, solange dem Beschuldigten kein anderer Sachverhalt zur Last gelegt wird.

Der Tatvorwurf, dass sich die Bf. möglicherweise vor der Bestätigung der Abstellanmeldung vom Fahrzeug entfernt hat, stellt einen anderen Sachverhalt der, dessen Strafbarkeit in diesem Verfahren daher nicht zu behandeln ist (vgl. hierzu ; , 2001/03/0145; , 2001/03/0354; , 96/03/0017).

4. Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 4 VwGG ist eine Revision wegen Verletzung von Rechten (Art. 133 Abs. 6 Z. 1 B-VG) nicht zulässig, wenn eine Verwaltungsstrafsache oder in einer Finanzstrafsache eine Geldstrafe von bis zu Euro 750,--und keine Freiheitsstrafe verhängt werden durfte und im Erkenntnis eine Geldstrafe von bis zu Euro 400,--verhängt wurde. Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall erfüllt, weshalb eine Revision für den Bf. absolut unzulässig ist.

Eine ordentliche Revision der Amtspartei war für nicht zulässig zu erklären, weil das Erkenntnis nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhing, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Zur Frage des Zeitpunktes des Eintritts der Gebührenpflicht für die Parkometerabgabe besteht eine ständige Rechtsprechung des VwGH, welcher im Erkenntnis gefolgt wurde (VwGH, , 96/17/0354). Die beurteilten Tatfragen (unverzügliches Handeln zur Entrichtung der Abgabe) können nicht Inhalt einer ordentlichen Revision sein.

Wien, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie
Verwaltungsstrafsachen Wien
betroffene Normen
§ 45 VStG, Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52/1991
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2014:RV.7500586.2014

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at