Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 27.01.2015, RV/7100601/2014

Pendlerpauschale und Kinderbetreuungskosten

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R in der Beschwerdesache F, Wohnadresse gegen den Bescheid des Finanzamt Baden Mödling vom betreffend Einkommensteuer  2012 (Arbeitnehmerveranlagung) zu Recht erkannt:

Der angefochtene Bescheid wird abgeändert. Die Bemessungsgrundlage und die darauf entfallende Einkommensteuer 2012 sind dem diesem Erkenntnis angefügten Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Erkenntnisspruches.

Eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) aus den weiter unten angeführten Gründen nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Sachverhalt

Der Beschwerdeführer (Bf) erzielte im Streitzeitraum ausschließlich Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit als technischer Angestellter einer Montagefirma.

In seiner via FinanzOnline abgegebenen Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 2012 gab der Bf an, dass die jährlichen Einkünfte seiner Ehepartnerin 6.000 Euro nicht überschritten hatten (das Online-Erklärungsformular enthielt keinen unmittelbar damit verknüpften Hinweis darauf, dass der Alleinverdienerabsetzbetrag unter dieser Voraussetzung zusteht und zu beantragen ist).

Sodann machte der Bf geltend:

- Ausgaben für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte im Betrag von EUR 1.476,00 (Pendlerpauschale gemäß § 16 Abs. 1 Z. 6 lit. c EStG 1988) sowie Ausgaben für Arbeitsmittel (Euro 329,00) und Fachliteratur (EUR 180,00)  als Werbungskosten;

- Kinderfreibeträge gemäß § 106a Abs. 1 EStG 1988 für zwei haushaltszugehörige Kinder iSd § 106 Abs. 1 EStG 1988, sowie

Ausgaben für Kinderbetreuung (ohne Kosten für auswärtige Berufsausbildung) betreffend diese 2003 bzw. 2007 geborenen Kinder mit Beträgen von EUR 1.553,40 für Kind1 bzw. EUR 1.326,60 für Kind2 als außergewöhnliche Belastungen (agB) gemäß § 34 Abs. 9 Z. 1 EStG 1988.

Den Alleinverdienerabsetzbetrag (AVAB, gemäß § 33 Abs. 4 Z. 1 zweiter Teilstrich EStG 1988) beantragte der Bf nicht, das dafür vorgesehenen Feld blieb leer.

Gegen den erklärungsgemäß ergangenen Einkommensteuerbescheid 2012 vom  erhob der Bf am das Rechtsmittel der Berufung (nunmehr: Beschwerde) und beantragte nunmehr die Berücksichtigung des AVAB, den zu beantragen er leider vergessen habe.

Das Finanzamt (FA) ersuchte den Bf mit Vorhalt vom um Ergänzungen:
- Er mögen die beantragten Kinderbetreuungskosten und Werbungskosten belegmäßig nachweisen.
- Zum geltend gemachten Pendlerpauschale ersuchte das FA um folgende Angaben:
Adressen des Wohn- bzw. des Dienstortes, Entfernung in Kilometern. Wie oft werde diese Strecke pro Woche gefahren? Wie seien die Dienstzeiten des Bf?

Nachdem der Bf den mit Antwortfrist bis versehenen Vorhalt unbeantwortet gelassen hatte, änderte das FA den angefochtenen Bescheid mit Berufungsvorentscheidung (BVE) vom zum Nachteil des Bf ab: Nunmehr blieben die geltend gemachten erhöhten Werbungskosten (Pendlerpauschale, Arbeitsmittel, Fachliteratur), die Kinderbetreuungskosten und auch der AVAB (letzterer aus unersichtlichem Grund; das Finanzamt hatte den Bf weder um Nachweis der Einkünfte der Ehegattin ersucht noch diese von Amts wegen ermittelt) außer Ansatz.

Gegen die mit einer Standardbegründung versehene BVE (die benötigten Unterlagen seien nicht beigebracht worden, sodass "die geltend gemachten Aufwendungen nur insoweit berücksichtigt werden konnten, als die Beweismittel vorlagen") stellte der Bf am Antrag auf Entscheidung über seine Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz.

Dem Schriftsatz waren angefügt:

 -- Ausführungen des Bf zu den Adressen Wohnort bzw. Arbeitsorte (zwei Firmenstandorte, nämlich 1.) ; und 2.)) sowie zu den Entfernungen zwischen Wohnort und Arbeitsorten: 1. "ca 23,5 KM" bzw. 2. "ca 10,9 KM".
Die durchschnittliche Tageswegstrecke betrage 20,4 KM, die Dienstzeit sei durchschnittlich Mo-Do 7:00/7:30 bis 17:00/18:00 und Fr 7:30 bis 13:00 gelagert. Der Bf weiter:
"Auf Grund meiner beruflichen Tätigkeit als Systemadministrator / IT-Techniker ist es mir meistens  nicht möglich die öffentlichen Verkehrsmittel zu benutzen, da ich meistens mit schwerer und empfindlicher Computerhardware zu den verschiedenen Standorten unterwegs bin. Da ich auch keinen Anspruch auf ein Firmenfahrzeug habe, muss ich die täglichen Wegstrecken von meinem Wohnort zum Ort des Arbeitsplatzes mit meinem privaten PKW erledigen."

-- Belege betreffend Kinderbetreuungskosten:
Kassa-Eingangs-Beleg vom 12 betreffend Hortbeitrag ((Hortadresse1)) für das Kind Kind1 iHv EUR 123,60; Bestätigung der Gemeinde über Kindergartenbeiträge 09/2012 und Essen 09/2012 (Hortadresse2 ) für das Kind Kind2 im Gesamtbetrag von EUR 106,00; Bestätigungen über Hortbeitrag und Essensbeitrag für Kind1 ((Hortadresse1)) betreffend die Monate Jänner, Februar, März und Juni 2013; Bestätigungen über Kindergartenbeitrag für Kind2 (Hortadresse2 ) im Zeitraum 12 - und Nachmittagsbetreuung im Monat 09/2012, ohne den Monat Jänner 2013 zusammen EUR 130,08; Bestätigung über die Entrichtung von Musikschulentgelt für Kind1 betreffend den Zeitraum 10/2012 bis 01/2013 im Gesamtbetrag von EUR 168,00. Alle weiteren Bestätigungen betreffen Zeiträume des Jahres 2013. Die Bestätigungen sind, soweit darin überhaupt Elternteile namentlich angeführt sind, auf die Ehegattin des Bf ausgestellt.

Die Ehegattin bezog im Kalenderjahr 2012 laut AIS-Abfrage des FA vom nur Einkünfte von insgesamt EUR 3.840,00; ob sie daher die Kosten der Kinderbetreuung in öffentlichen bzw. von der öffentlichen Hand geförderten Einrichtungen (Kindergarten Hort, Musikschule) aus eigenem Einkommen bezahlt hatte, ist den Akten des FA nicht zu entnehmen.

Das FA erließ mit Schreiben vom folgenden Vorhalt an den Bf:

"Nach Prüfung des Steueraktes ist festzuhalten, dass sowohl der Alleinverdienerabsetzbetrag als auch die Werbungskosten für den PC und die Fachliteratur anerkannt werden.

Betreffend das beantragte Pendlerpauschale ist ein Nachweis für das Vorliegen der Voraussetzungen auch im Falle einer Vorlage der Berufung an den UFS/Wien (Abgabenbehörde zweiter Instanz) erforderlich. Gegebenenfalls könnte bei entsprechendem Nachweis die Berufung mit einer stattgebenden zweiten Berufungsvorentscheidung vom Finanzamt Baden Mödling zu Ihren Gunsten erledigt werden.

Hinweis: Die einfache Wegstrecke Wohnort nach Wien beträgt lt. Routenplaner max. 17 km (nach Ihrer Berechnung ca. 23,5 km!), die einfache Wegstrecke Wohnort nach zweiterFirmenstandort beträgt ca. 11 km. Das beantragte kleine Pendlerpauschale (20-40 km) steht somit in beiden Fällen nicht zu. Dennoch haben Sie dieses beantragt. Nehmen Sie dazu Stellung!

Sie werden daher ersucht bekanntzugeben, wo Ihr zugewiesener Arbeitsort liegt und dies entsprechend nachzuweisen. Falls Ihr täglich angefahrener Arbeitsort zwischen 20-40  km  vom Wohnort entfernt liegt, ist die Beanspruchung des Pendlerpauschales (Wegstrecke Wohnung zum Arbeitsort 20-40 km) durch den Arbeitgeber bestätigen zu lassen.

Hinweis:

Das Pendlerpauschale deckt nicht den Aufwand, der durch Fahrten zwischen den Standorten entsteht, sondern nur die Fahrtkosten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte.

Arbeitsort in zweiterFirmenstandort :
Eine Zuerkennung des großen Pendlerpauschales (2 - 20 km) kommt aber auch nicht in Betracht, wenn die Unzumutbarkeit lediglich im Mitführen von empfindlicher  Computersoftware begründet liegt, weil gesetzlich die Unzumutbarkeit nur bei Vorliegen von Gehbehinderung oder mangelnder Verkehrsverbindungen bzw. länger als 1 ,5 Stunden  dauernde einfache Wegzeit zwischen Wohnort und Arbeitsstätte definiert ist.

Bei Nichtbeantwortung des Vorhaltes (Nachweis, dass die Voraussetzungen für das Pendlerpauschale vorliegen) wird der Vorlageantrag samt Steuerakt an den Unabhängigen Finanzsenat Wien übermittelt, der Sie dann seinerseits zu den oben angeführten Nachweisen auffordern wird."

Das mit Antwortfrist bis versehene Schreiben blieb unbeantwortet. Der Fachbereichsleiter des FA führte mit dem Bf am eine Ferngespräch, worüber der folgende interne Aktenvermerk angelegt wurde: 

"Thema: unbeantworteter Vorhalt vom betreffend Pendlerpauschale

• Er muss mit seinem Kfz Teile wie zB. Kopierer, Computer, andere Austauschgeräte an andere Standorte bringen. Dafür steht ihm kein Kfz zur  Verfügung, weil die Firma Kosten sparen will. Ebenso erhält er nur dann Reisekosten, wenn er weiter entfernte Standorte außerhalb Wien anfahren muss.

• Weiters hat er zwar einen Hauptstandort, muss aber regelmäßig andere Standorte mitbetreuen, sodass er bereits von seiner Wohnung aus diese anfährt.

• Danach Erörterung der Voraussetzungen für das Pendlerpauschale - es kommt aufgrund der geringen Entfernung nur das große in Betracht.

• Ich verweise auf das Abstellen der Zumutbarkeit und auf die Tatsache, dass diese grundsätzlich bislang nicht deswegen ausgeschlossen ist, weil schwere Geräte mitgeführt werden. Sollte diese Tatsache zutreffen, wäre sie durch eine entsprechende (autorisierte) Firmenbestätigung nachzuweisen.

• Diese müsste sowohl eine umfangreiche Tätigkeitsbeschreibung als auch die behaupteten, nicht nur ausnahmsweise vorkommenden "Lieferungen" von Geräten zwischen den Standorten darstellen. Ebenso ist festzuhalten, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang der Arbeitgeber dafür Ersatz leistet.

• Berugungswerber sagt die Beantwortung kommende Woche zu.

• Zusätzliches Mail an denBerufungswerber versendet."

Das erwähnte Mail hatte folgenden Wortlaut:

" Sehr geehrter (Berufungswerber)!

Betreff: Telefonat vom , Bestätigung

Wegen der schlechten Telefonverbindung während unseres Gespräches schicke ich Ihnen  nochmals die rechtlichen Vorgaben:

1) Pendlerpauschale (deckt nur den Aufwand der Wegstrecken zwischen Wohnort und Arbeitsort):

Da die Zumutbarkeit der Benützung von Massenverkehrsmitteln für die Zuerkennung des großen Pendlerpauschales ausgeschlossen sein muss, bedarf es in Ihrem vorliegenden Spezialfall (Beförderung von Geräten vom Wohnort zum Arbeitsort) einer Firmenbestätigung.

In Ihrem Fall beträgt die Wegstrecke beider regelmäßig (=überwiegend im Lohnzahlungszeitraum!) vom Wohnort aus angefahrenen Arbeitsorte weniger als 20 km (WienX: lt. Routenplaner weniger als 17 km, Lanzendorf: ca. 11 km). Das zuzuerkennende Pendlerpauschale beträgt daher abweichend vom ursprünglich beantragten Betrag (iHv. von 1.476,- €) lediglich jährlich 372,- €.

2) Kilometergeld (deckt den Aufwand der Wegstrecken zwischen verschiedenen Standorten):

Falls der Arbeitgeber den mit Ihrem Kfz vorgenommenen Transport von Geräten nicht ersetzt, könnten Sie - obwohl keine Dienstreise vorliegt- dennoch die nachgewiesenen Fahrtstrecken (Firmenbestätigung) mittels Kilometergeld als Werbungskosten geltend machen.

Treffen sowohl die Voraussetzungen für das Pendlerpauschale als auch jene für das Kilometergeld zu, sind beide anzuerkennen.

Unser Telefonat zusammenfassend darf ich festhalten, das die Firmenbestätigung folgende Punkte enthalten sollte:

• Eine umfangreiche Tätigkeitsbeschreibung

• Für Pendlerpauschale: Darstellung der  überwiegend, d.h. an mehr als der Hälfte der Arbeitstage je Monat (also nicht nur ausnahmsweise) von Ihnen vorgenommenen Transporte von Geräten zwischen Wohnort und den beiden oben genannten Standorten

• Für Kilometergeld: Transport von Geräten mit Ihrem Kfz zwischen den Arbeitsorten (Standorten) samt Angabe der mit dem eigenen Kfz gefahrenen Kilometer

• Ebenso ist festzuhalten, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang der Arbeitgeber dafür Ersatz leistet
 

Sie können die nachzureichenden Unterlagen einscannen und per Mail an mich senden!

Mit freundlichen Grüßen

Finanzamt Baden Mödling
Fachbereich

Telefon, Fax, Mailadresse

Der Bf antwortete nicht, und das FA legte das nunmehr als Beschwerde geltende Rechtsmittel mit Bericht vom  dem Bundesfinanzgericht vor.

Beweiswürdigung

Zum strittigen Pendlerpauschale

Der Bf hat die Voraussetzungen für die Gewährung des Pendlerpauschales gemäß § 16 Abs. 1 Z. 6 lit. c EStG 1988 trotz entsprechender Aufforderung des FA durch keinerlei Sachvorbringen nachgewiesen oder glaubhaft gemacht. Es wird daher von den durch das FA anhand des - nunmehr durch Abfrage des Richters aktenkundigen - Routenplaners ViaMichelin (Routenblatt über die kürzeste gefahrene Strecke vom Wohnort zum Hauptstandort des Arbeitgebers in Wien: 17 km) ermittelten und dem Bf vorgehaltenen Wegstrecken ausgegangen (zur Höhe des daraus sich ergebenden Anspruches auf das  Pendlerpauschale von EUR  372,00 siehe unten "Rechtslage").

Zu den Kinderbetreuungskosten 2012

Der Bf war bereits vor Erlassung der BVE aufgefordert worden, die 2012 angefallenen Kosten belegmäßig nachzuweisen. Er brachte daraufhin Zahlungsbestätigungen bei, die großteils Leistungen von Betreuungseinrichtungen im Kalenderjahr 2013 betrafen, und solche, die gleichartige im Streitjahr erbrachte Betreuungsleistungen zum Gegenstand hatten, sodass diesbezüglich von deren Bezahlung im Streitjahr auszugehen ist:

Für das Kind Kind1:
Zahlungsbestätigung/Schulhort für Oktober 2012 über EUR 123,60. Die weitere Zahlungsbestätigung über EUR 126,00 betraf das Musikschulentgelt (Violine-Unterricht) für die Monate 10/2012 bis 01/2013;

Für das Kind Kind2:
Zahlungsbestätigungen/Kindergarten für Essen, Vormittagsaufenthalt und teilweise Nachmittagsbetreuung ab September 2012 über EUR 106,00 und EUR 130,08, zusammen EUR 236,08.

Für die Kinder wurden vom Steuerpflichtigen oder seiner Ehegattin keine pflegebedingten Geldleistungen bezogen. In den Verwaltungsakten findet sich kein Anhaltspunkt dafür, dass der Arbeitgeber steuerfreie Zuschüsse gemäß § 3 Abs. 1 Z. 13 lit. b EStG 1988 geleistet hätte.

Es erscheinen daher für 2012 Kinderbetreuungskosten von insgesamt EUR 359,68 nachgewiesen und  ohne Selbstbehalt vom Einkommen abzugsfähig (siehe auch dazu unter "Rechtslage").

Zum Alleinverdienerabsetzbetrag (AVAB)

Eine aktenkundige AIS-Abfrage des Fachbereichsleiters vom  zeigt, dass die Einkünfte der Ehegattin des Bf im Kalenderjahr 2012 die für den Anspruch auf AVAB maßgebliche Grenze von EUR 6.000,00 unterschritten haben. Der AVAB steht dem Bf daher, wie von ihm bereits in der Berufung nachträglich geltend gemacht, zu.

Die vom Finanzamt nach ursprünglicher Berücksichtigung im angefochtenen Erstbescheid in der BVE mangels damaliger Nachweisführung aus der Einkünfteberechnung wiederum ausgeschiedenen erhöhten Werbungskosten für Arbeitsmittel und Fachliteratur werden nunmehr, in Übereinstimmung mit den Ausführungen des Fachbereiches im Vorhalt vom , anerkannt.

Rechtslage

Pendlerpauschale

§ 16 Abs. 1 Z. 6 EStG ordnet den Abzug von Ausgaben des Steuerpflichtigen für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte) als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit an. Für die Berücksichtigung dieser Aufwendungen gilt, soweit hier von Interesse:

"lit. a) diese Ausgaben sind bei einer einfachen Fahrtstrecke zwischen Wohnung und Arbeitsstätte bis 20 km grundsätzlich durch den Verkehrsabsetzbetrag (§ 33 Abs. 5) abgegolten.
...

lit. c) Ist dem Arbeitnehmer im Lohnzahlungszeitraum überwiegend die Benützung eines Massenbeförderungsmittels zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zumindest hinsichtlich der halben Fahrtstrecke nicht zumutbar, dann werden anstelle der Pauschbeträge nach lit b) [dort sind nur Fälle von Fahrtstrecken ab 20 km geregelt] folgende Pauschbeträge berücksichtigt:
Bei einer Fahrtstrecke von
- 2 km bis 20 km ... 372 Euro jährlich
- 20 km bis 40 km ... 1.476 Euro jährlich.

Mit dem Verkehrsabsetzbetrag und den Pauschbeträgen nach lit b) und c) sind alle Ausgaben für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte abgegolten. Für die Inanspruchnahme der Pauschbeträge hat der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber auf einem amtlichen Vordruck eine Erklärung über das Vorliegen der Voraussetzungen der lit. b) und c) abzugeben. Der Arbeitgeber hat die Erklärung des Arbeitnehmers zum Lohnkonto (§ 76) zu nehmen. Änderungen der Verhältnisse für die Berücksichtigung dieser Pauschbeträge muss der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber innerhalb eines Monats melden."

Wurde das Pendlerpauschale beim laufenden Lohnsteuerabzug nicht berücksichtigt, kann es auch im Rahmen einer Antragsveranlagung geltend gemacht werden (Lenneis, in: Jakom EStG5 § 16 Rz 31).

Unter "Fahrtstrecke" ist jene zu verstehen, deren Benutzung mit dem Kfz nach dem Urteil gerecht und billig denkender Menschen für die täglichen Fahrten eines Pendlers sinnvoll ist. Es ist dies jene kürzeste Strecke, die ein Arbeitnehmer für tägliche Fahrten vernünftigerweise wählt, wobei auch auf die Sicherheit und Flüssigkeit des Verkehrs sowie auf die Vermeidung von Lärm und Abgasen im Wohngebiet Bedacht zu nehmen ist. Überflüssige Umwege oder bloß aus persönlicher Vorliebe gewählte Streckenvarianten haben dabei außer Betracht zu bleiben (Lenneis, in: Jakom EStG5 § 16 Rz 29 und die dort angeführte Rechtsprechung des VwGH).

Bei mehreren Arbeitsstätten steht für Fahrten von der Wohnung zu jedem Mittelpunkt der Tätigkeit nur einmal das Pendlerpauschale zu, und zwar das jeweils höhere. Über die Aufwendungen zwischen Wohnung und Arbeitsstätte hinausgehende eines Arbeitnehmers  für Fahrten zwischen verschiedenen Arbeitsstätten führen in ihrer tatsächlichen Höhe, in der Regel bemessen mit dem Kilometergeld, zu Werbungskosten. Für Fahrten von der Hauptarbeitsstätte (dies richtet sich im Zweifel nach dem Dienstvertrag; aus dem Schriftverkehr im behördlichen Verfahren ergibt sich schlüssig, dass dies die vom Wohnort 17 km entfernte Adresse war) zu einer weiteren Arbeitsstätte und retour stehen grundsätzlich Fahrtkosten zu. Werden an einem Tag zwei oder mehrere Arbeitsstätten angefahren, so stehen Fahrtkosten nur für jene Strecke zu, die die Strecke Wohnung - Hauptarbeitsstätte - Wohnung übersteigt.  Die konkreten Verhältnisse sind, wenn Kilometergeld nicht schon vom Arbeitgeber bei der laufenden Lohnzahlung oder im Zuge einer monatsübergreifenden (Spesen-)Abrechnung berücksichtigt werden konnte, im Rahmen der Arbeitnehmerveranlagung nachzuweisen.

Gemäß § 138 Abs. 1 Bundesabgabenordnung (BAO) haben die Abgabepflichtigen ... in Erfüllung ihrer Offenlegungspflicht (§ 119 BAO) zur Beseitigung von Zweifeln den Inhalt ihrer Anbringen zu erläutern und zu ergänzen sowie dessen Richtigkeit zu beweisen. Kann ihnen ein Beweis nicht zugemutet werden, so genügt die Glaubhaftmachung.

Unterlagen, über die ihrer Natur nach nur der Abgabepflichtige verfügt, wie dies z.B. die Aufzeichnungen in einem Fahrtenbuch über beruflich gefahrene Strecken sind, sowie Dienstaufträge des Arbeitgebers oder Vereinbarungen mit diesem hinsichtlich der Verwendung eines privaten Kraftfahrzeuges für Fahrten zu den einzelnen Arbeitsstätten sind im Sinne des § 138 Abs. 2 BAO, vor allem aber auch aus arbeitsrechtlicher Sicht aufzubewahren, im Regelfall - der hier nicht bestritten wurde - beim Arbeitnehmer vorhanden und daher primär von ihm über Verlangen der Behörde vorzulegen. Glaubhaftmachung ist in solche Fällen nicht ausreichend. Unterlassene - obwohl zumutbare -Beweisführung unterliegt der freien Beweiswürdigung (§ 167 Abs. 2 BAO).


Kinderbetreuungskosten iSd § 34 Abs. 9 EStG 1988

Gemäß § 34 Abs. 9 EStG 1988 idgF gelten Aufwendungen für die Betreuung von Kindern bis höchstens 2.300 Euro pro Kind und Kalenderjahr, soweit hier von Interesse, unter folgenden Voraussetzungen als außergewöhnliche Belastung:
Z.1 Die Betreuung betrifft
- ein Kind im Sinne des § 106 Abs. 1
...
Z.2 Das Kind hat zu Beginn des Kalenderjahres das zehnte Lebensjahr ... noch nicht vollendet. Aufwendungen für die Betreuung können nur insoweit abgezogen werden, als sie die Summe der pflegebedingten Geldleistungen .... übersteigen.
Z.3 Die Betreuung erfolgt in einer öffentlichen institutionellen Kinderbetreuungseinrichtung oder in einer privaten institutionellen Kinderbetreuungseinrichtung, die den landesgesetzlichen Vorschriften über Kinderbetreuungseinrichtungen entspricht, oder durch eine pädagogisch qualifizierte Person, ausgenommen haushaltszugehörige Angehörige.
Z.4 Der Steuerpflichtige gibt in der Einkommensteuererklärung die Betreuungskosten unter Zuordnung zu der Versicherungsnummer (§ 31 ASVG) ... an.


Erwägungen zur Beschwerde

1. Der Bf hat den in der Steuererklärung geltend gemachten Anspruch auf  das "große" Pendlerpauschale  gemäß § 16 Abs. 1 Z. 6 lit. c EStG 1988 im begehrten Ausmaß von EUR 1.476,00 nicht nachgewiesen, weil die einfache Fahrtstrecke vom Wohnort zur Hauptarbeitsstätte wie oben dargelegt nicht 23 km, sondern rund 17 km und somit weniger als 20 km beträgt. Es kann daher das Pendlerpauschale abweichend vom Antrag nur im Ausmaß von 372,00 Euro jährlich berücksichtigt werden.

2.1. Zu den als agB abzugsfähigen Kinderbetreuungskosten zählen nicht die Ausgaben für den Musikunterricht von Kind1.
2.2. Da das dem Einkommensteuergesetz immanente Prinzip der Abschnittsbesteuerung (§ 2 Abs. 1: "Der Einkommensteuer ist das Einkommen zugrunde zu legen, das der Steuerpflichtige innerhalb eines Kalenderjahres bezogen hat.") die Erfassung von Ausgaben - abgesehen von besonderen Gewinnermittlungsvorschriften und der hier nicht anwendbaren Kurze-Zeit-Regel des § 19 Abs. 2 - im Jahr des Abflusses verlangt, und nicht etwa davor oder danach, konnten belegmäßig nachgewiesene Ausgaben, die Betreuungsleistungen  des Folgejahres betrafen und auch in jenem Jahr bezahlt wurden, im Streitjahr keine Berücksichtigung finden.

3. Der Alleinverdienerabsetzbetrag ist aufgrund des Vorliegens der Voraussetzungen zu berücksichtigen.

Insgesamt war daher der angefochtene Bescheid zum Nachteil des Bf abzuändern.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine Revision nicht zulässig, da das Erkenntnis nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis nicht von der Rechtssprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2015:RV.7100601.2014

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at