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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 02.02.2015, RV/7103048/2014

Unrichtiger Bescheidspruch eines Abweisungsbescheids

Rechtssätze


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Folgerechtssätze
RV/7103048/2014-RS1
wie RV/7100643/2014-RS1
Wurde an einem bestimmten Tag kein Antrag gestellt, darf die Behörde in einem Bescheid über keinen Antrag von diesem Tag absprechen.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Elisabeth Wanke über die Beschwerde der Dipl.-Ing. A B , Adresse , vom "", beim Finanzamt eingelangt am , gegen den Bescheid des Finanzamtes Bruck Eisenstadt Oberwart, 7001 Eisenstadt, Neusiedlerstraße 46, vom , wonach der Antrag der Dipl.-Ing.  A B vom "" auf "Familienbeihilfe" für die im Dezember 1996 geborene C B ab April 2013 abgewiesen wurde, Sozialversicherungsnummer X, zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird gemäß § 279 Abs. 1 Bundesabgabenordnung (BAO) ersatzlos aufgehoben.

II. Gegen diese Entscheidung ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Vorlage

Das Finanzamt legte am dem Bundesfinanzgericht eine als Beschwerde weiterwirkende Berufung der Berufungswerberin (Bw) und späteren Beschwerdeführerin (Bf) Dipl.-Ing. A B vom gegen den Bescheid "Familienbeihilfe (Zeitraum 01.2013-07.2013) (Abweisung)" vom zur Entscheidung vor und gab an:

Sachverhalt:

Die Beschwerdeführerin beantragte für die Tochter C erhöhte Familienbeihilfe. Laut Bescheinigung des Bundessozialamtes beträgt der Prozentsatz der Behinderung allerdings nur 30%.

Beweismittel:

siehe beiliegende Unterlagen

Stellungnahme:

Das Finanzamt beantragt, die Beschwerde laut BVE abzuweisen.

Nach der Aktenlage und dem ergänzenden Bericht des Finanzamts vom steht fest:

Antrag

Am wurde mit FA-Online ein elektronischer Antrag auf Verlängerung der Familienbeihilfe (normale und erhöhte) eingebracht.

Ein Antrag auf Familienbeihilfe oder auf erhöhte Familienbeihilfe wurde am nicht gestellt.

Gewährung der Familienbeihilfe (Grundbetrag)

Der Antrag auf Familienbeihilfe (Grundbetrag) wurde am erledigt. Die Familienbeihilfe wurde von April 2013 bis Dezember 2013 gemäß § 11 FLAG 1967 ausbezahlt.

Die diesbezügliche Mitteilung gemäß § 12 FLAG 1967 vom lautet auszugsweise:

Nach Überprüfung Ihres Anspruches auf Familienbeihilfe wird Ihnen ab Okt. 2007 Familienbeihilfe in folgendem Umfang gewährt:


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Name des Kindes
VNR/Geb.dat.
von - bis
 
B D
Y 10 00
Okt. 2007-Dez. 2013
 
B C
Z 12 96
0kt. 2007-März 2013
erhöht
 
 
Apr. 2013-Dez. 2013
nicht erh.

Weiters erhalten sie den Kinderabsetzbetrag für 2 Kinder von Okt. 2007-Dez. 2013.

Abweisungsbescheid

Der angefochtene Abweisungsbescheid, ebenfalls datiert vom , lautet:

Abweisungsbescheid

Ihr Antrag vom auf Familienbeihilfe wird abgewiesen für:


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Name des Kindes
VNR/Geb.dat.
Zeitraum von - bis
B C
Z 12 96
ab Apr. 2013

Begründung:

Zu B C

Gemäß § 8 Abs. 5 Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG 1967) gilt ein Kind als erheblich behindert, bei dem elne nicht nur vorübergehende Funktionsbeeinträchtigung im körperlichen, geistigen oder psychischen Bereich oder in der Sinneswahrnehmung besteht. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von voraussichtlich mehr als drei Jahren. Der Grad der Behinderung muss mindestens 50% betragen, soweit es sich nicht um ein Kind handelt, das voraussichtlich dauernd außerstande ist, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen.

Laut neuem ärztlichen Sachverständigengutachten des Bundessozialamtes vom 25. Feber 2013 besteht der Grad der Behinderung von C lediglich 30 vH

Daher war wie im Spruch zu entscheiden.

In der Anlage war eine Bescheinigung des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen beigefügt.

Berufung

Mit Schreiben vom "", beim Finanzamt eingelangt am , erhob die Bf als "Widerspruch" bezeichnete Berufung gegen den "Bescheid vom " und legte neue Befunde vor.

Berufungsvorentscheidung

Nach Einholen eines neuerlichen Gutachtens des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen wies das Finanzamt mit Berufungsvorentscheidung vom als unbegründet ab:

Trotz neuem ärztlichen Sachverständigengutachten des Bundessozialamtes vom wurde der Grad der Behinderung Ihrer Tochter C wiederum nur mit 30 vH bestätigt.

Daher war wie im Spruch zu entscheiden.

Vorlageantrag

Mit Schreiben vom , beim Finanzamt eingelangt am beantragte die Bf - wiederum als "Widerspruch" bezeichnet - die Vorlage ihrer Berufung und legte weitere Befunde vor.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheids

Gemäß § 10 Abs. 1 FLAG 1967 wird die Familienbeihilfe nur auf Antrag gewährt und ist die Erhöhung der Familienbeihilfe für ein erheblich behindertes Kind (§ 8 Abs. 4 FLAG 1967) besonders zu beantragen.

Der angefochtene Bescheid spricht mit der Abweisung eines Antrags „vom “  über ein Anbringen ab, das überhaupt nicht gestellt wurde.

Für die Bedeutung einer Aussage im Spruch eines Bescheides kommt es darauf an, wie der Inhalt objektiv zu verstehen ist, und nicht, wie ihn die Abgabenbehörde verstanden wissen wollte oder wie ihn der Empfänger verstand ().

Bei eindeutigem Spruch ist die Begründung nicht zu seiner Ergänzung oder Abänderung heranzuziehen ().

Da die Bf am keinen Antrag auf Familienbeihilfe gestellt hat, durfte die belangte Behörde einen derartigen Antrag auch nicht abweisen.

Es kann angehen, wenn anstelle des Datums eines Anbringens als solches das Datum des Einlangens dieses Anbringens angeführt wird, wenn damit das Anbringen ohne Zweifel zu identifizieren ist. Es ist aber fehlerhaft, ein Anbringen mit einem gänzlich anderen Datum zu bezeichnen.

Das richtige Datum eines Anbringens bzw dessen Einlangens oder dessen Postaufgabe ist nicht nur für dessen Identifizierbarkeit, sondern auch für die Berechnung von Fristenläufen maßgebend.

Die richtige Bezeichnung von Anbringen (§ 85 BAO) und Bescheiden (§§ 92 - 96 BAO) ist gerade im Familienbeihilfenverfahren von Bedeutung (vgl. das auf Grund einer Amtsbeschwerde ergangene Erkenntnis ). Es ist keineswegs völlig unüblich, dass von Beihilfewerbern hintereinander an verschiedenenen Tagen Anbringen mit unterschiedlichem Inhalt gestellt werden. Es hätte durchaus auch sein können, dass die Bf einen neuerlichen Antrag gestellt hat.

Aufhebung des angefochtenen Bescheides

Der Abweisungsbescheid vom betreffend einen Antrag vom  ist daher schon aus diesem Grund rechtswidrig (Art. 132 Abs. 1 Z 1 B-VG); er ist gemäß § 279 Abs. 1 BAO (ersatzlos) aufzuheben (vgl. ; ).

Darüber hinaus ist der angefochtene Bescheid rechtswidrig, da er einen Antrag auf "Familienbeihilfe" "ab Apr. 2013" abweist, obwohl am selben Tag die Auszahlung von Familienbeihilfe (Grundbetrag) unter anderem auch "ab Apr. 2013" veranlasst wurde. Wollte der Bescheid nur den Antrag auf Gewährung des Erhöhungsbetrags abweisen, hätte er dies im Spruch zum Ausdruck bringen müssen.

Nichtzulässigkeit einer Revision

Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) eine Revision nicht zulässig, da der hier zu lösenden Rechtsfrage keine grundsätzliche Bedeutung zukommt. Das Bundesfinanzgericht folgt der dargestellten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
FLAG
betroffene Normen
§ 11 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967
§ 12 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967
§ 8 Abs. 5 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967
§ 10 Abs. 1 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967
§§ 92 bis 96 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 85 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2015:RV.7103048.2014

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at