Eine Berufung gegen den Bescheid der Gewerbebehörde ist eine gebührenpflichtige Eingabe
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag.Dr. Hedwig Bavenek-Weber in der Beschwerdesache Bf.+Adr gegen die Bescheide gemäß § 203 BAO des Finanzamtes für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel vom , ErfNr. x1 Team 12, Abgabenkontonummer 10-x2 betreffend Gebühren (Eingabengebühr § 14 TP 6 GebG, Beilagengebühr § 14 TP 5 GebG) samt Erhöhung gemäß § 9 GebG zu Recht erkannt:
Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.
Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) unzulässig.
Bemerkt wird, dass die sich aus den angefochtenen Bescheiden ergebenden Gebühren vom Finanzamt bereits abgeschrieben wurden.
Entscheidungsgründe
1. Verfahren
Herr Bf. , der Beschwerdeführer (Bf.), legte am gegen den Bescheid der MA63, mit welchem ihm die Berechtigung zur Ausübung des Gewerbes „Baumeister, eingeschränkt auf Maurermeistertätigkeit“, gemäß § 88 Abs. 2 GewO 1994 entzogen worden war, Berufung ein und legte zum Nachweis seiner gewerblichen Tätigkeit seine Vertretungsvollmacht für eine Baugesellschaft bei. Diese Berufung wurde mit Bescheid das Bundesministerium für Wirtschaft, Familie und Jugend vom abgewiesen. Mit Schreiben vom13.12.2013 wurde der Bf. seitens der MA 63 zur Entrichtung der Gebühren, nämlich 14,30 Euro für die Berufung und 3,90 Euro für 1 Beilage zur Berufung, aufgefordert. Da der Bf. die Gebühren nicht bezahlte, nahm die MA 63 am einen „Amtlichen Befund über eine Verkürzung von Stempel- oder Rechtsgebühren“ auf und übermittelte ihn an das Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel (in der Folge: Finanzamt).
Das Finanzamt setzte mit Bescheiden gemäß § 203 BAO vom für die „Berufung gegen den Bescheid des Magistrates der Stadt Wien vom , Zl. x3 betreffend Entziehung der Gewerbeberechtigung –erledigt durch das Bundesministerium für Wirtschaft, Familie und Jugend mit Bescheid vom unter der Zahl x4 “ die Gebühr gemäß § 14 TP 6 Abs. 1 GebG 1957 14,30 Euro und die Beilage im Ausmaß von einem Bogen gemäß § 14 TP 5 Abs. 1 GebG 1957 3,90 Euro (zusammen 18,20 Euro), sowie gemäß § 9 Abs. 1 GebG 1957 50% von der nicht entrichteten Gebühr in Höhe von 18,20 Euro, 9,10 Euro, das heißt einen Gesamtbetrag von 27,30 Euro fest.
Der Bf. erhob dagegen am Beschwerde, es sei über seine Berufung negativ entschieden worden, außerdem käme die Befreiungsbestimmung gemäß § 14 TP 6 Abs. 5 Z 4 GebG 1957 zum Tragen. Gleichzeitig ersuchte er um Nachsicht und um Abschreibung der Gebühr, denn er habe ein Einkommen unter dem Existenzminimum.
Das Finanzamt wies die Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom ab.
Am brachte der Bf. den Vorlageantrag ein. Die Beschwerdevorentscheidung sei gesetzwidrig, da die Befreiung gemäß § 14 TP 6 Abs. 5 Z 4 GebG 1957 sehr wohl zur Anwendung komme. Außerhabe habe die Behörde die Höhe der zu entrichtenden Gebühr in nachvollziehbarer Weise festzuhalten, was durch die bescheiderlassende Behörde dezidiert nicht erfolgt sei.
Beweis wurde erhoben durch Einsicht des Bundesfinanzgerichtes in den oa. angeführten Gewerbeakt der MA 63.
2. Erwägungen:
Eingaben von Privatpersonen (natürlichen und juristischen Personen) an Organe der Gebietskörperschaften in Angelegenheiten ihres öffentlich-rechtlichen Wirkungskreises, die die Privatinteressen der Einschreiter betreffen, unterliegen gemäß § 14 TP 6 Abs. 1 GebG 1957 einer feste Gebühr von 14,30 Euro.
Beilagen, das sind Schriften und Druckwerke aller Art, wenn sie einer gebührenpflichtigen Eingabe (einem Protokoll) beigelegt werden, unterliegen gemäß § 14 TP 5 GebG 1957 von jedem Bogen einer feste Gebühr von 3,90 Euro.
Die Eingabe im Sinne des § 14 TP 6 GebG ist
a) ein schriftliches Anbringen einer Privatperson (einer natürlichen oder juristischen Person) mit einem bestimmten Begehren
b) an ein Organ einer Gebietskörperschaft
c) unter Berührung des öffentlich-rechtlichen Wirkungskreises derselben
d) im privaten Interesse des Einschreiters (vgl ).
Das Gebührengesetz knüpft im § 14 TP 6 GebG 1957 die Gebührenpflicht nur an den äußeren formalen Tatbestand der Einbringung einer Eingabe von Privatpersonen an Organe der Gebietskörperschaften in Angelegenheiten ihres öffentlich-rechtlichen Wirkungskreises, die die Privatinteressen der Einschreiter betreffen (vgl. ua. ).
Die vorliegende Eingabe erfüllt alle Tatbestandsmerkmale des § 14 TP 6 Abs 1 GebG 1957:
1) Mit der schriftlich eingebrachten Berufung begehrte der Bf. die Aufhebung eines Bescheides,
2) durch die Stadt Wien als Gebietskörperschaft;
3) die beim Vollzug der Gewerbeordnung im Rahmen ihres öffentlich-rechtlichen Wirkungskreises tätig wurde und
4) lag die Eingabe im privaten Interesse des Bf., zumal mit dieser Berufung die Abwendung der Entziehung der Berechtigung zur Ausübung des Gewerbes „Baumeister, eingeschränkt auf Maurermeistertätigkeit“, gemäß § 88 Abs. 2 GewO 1994 angestrebt wurde. Wie das Finanzamt in der Beschwerdevorentscheidung ausführte, ist die Berufung gegen einen Bescheid des Magistrates des Stadt Wien vom eine Eingabe und unterliegt der Gebühr gemäß § 14 TP 6 Abs. 1 GebG 1957. Selbst wenn der angefochtene Bescheid auf einer unrichtigen Ansicht der Behörde beruhen sollte, war ein Privatinteresse des Berufungswerbers gegeben, weil er mit der Berufung eine Überprüfung des erlassenen Bescheides bewirken wollte (vgl. , , RV/3560-W/07).
Wie der Verwaltungsgerichtshof ua. im Erkenntnis vom , 96/16/0165 ausgesprochen hat, entspricht es seiner ständigen Rechtsprechung, dass ein privates Interesse dann anzunehmen ist, wenn der Einschreiter bei Erfüllung des gestellten Begehrens irgendeinen ideellen oder materiellen Vorteil erreicht oder zu erreichen hofft, wobei es für die Erhebung der Eingabengebühr unerheblich ist, ob mit der überreichten Eingabe wissentlich oder unwissentlich auch öffentliche Interessen berührt werden bzw. neben einem teilweisen Privatinteresse auch ein öffentliches Interesse an der mit der Eingabe verfolgten Angelegenheit besteht; ein bloß teilweises Privatinteresse genügt zur Erfüllung des Tatbestandes.
Die Art der Bearbeitung bzw. Erledigung der Eingabe durch die Behörde ist für die Gebührenfestsetzung nur insofern von Bedeutung, als die Frage des Entstehens der Gebührenschuld berührt wird. Gemäß § 11 Abs. 1 Z 1 GebG entsteht die Gebührenschuld bei Eingaben in dem Zeitpunkt, in dem die das Verfahren in einer Instanz schriftlich ergehende abschließende Erledigung über die in der Eingabe enthaltenen Anbringen zugestellt wird. Die gegenständliche Berufung des Bf. wurde durch den schriftlichen Bescheid des Bundesministeriums für Wirtschaft, Familie und Jugend vom18.11.2013 erledigt und ist die Gebührenschuld mit Übernahme des Bescheides durch den Bf. am entstanden.
Nach § 14 TP 6 Abs 5 Z 4 GebG 1957 in der Fassung vor VwG-AnpG BGBl. I 2013/70 sind Eingaben an Verwaltungsbehörden, außer an Zollbehörden in den Fällen der folgenden Z 4a, in Abgabenangelegenheiten gebührenfrei. Durch das 2. Budgetbegleitgesetz 1997, BGBl I 1997/130, wurde diese Gesetzesstelle neu gefasst. Die Erläuterungen hiezu lauten auszugsweise (Regierungsvorlage, 887 BlgNR. 20. GP):
"Mit der Neufassung dieser Bestimmung sollen Eingaben an Verwaltungsbehörden (ausgenommen an Zollbehörden) in Abgabenangelegenheiten - von den vorgesehenen Ausnahmen abgesehen - grundsätzlich gebührenbefreit werden. Diese Befreiung erfasst Eingaben in Abgabensachen an Verwaltungsbehörden des Bundes, eines Landes oder einer Gemeinde.
Abgabensachen sind alle Angelegenheiten, die sich auf Abgaben im Sinne der Finanzverfassung beziehen. Darunter sind einmalige oder laufende Geldleistungen zu verstehen, die kraft öffentlichen Rechtes zwecks Erzielung von Einnahmen der Gebietskörperschaften allen auferlegt werden, die die objektiven Tatbestände der materiellen Abgabengesetze erfüllen."
Die Rechtslehre versteht unter öffentlichen Abgaben alle einmaligen oder laufenden Geldleistungen, die kraft öffentlichen Rechts zwecks Erzielung von Einnahmen der Gebietskörperschaften zur Bestreitung des Aufwandes im öffentlichen Interesse allen auferlegt werden, die die Tatbestände der materiellen Abgabengesetze erfüllen, wobei die die Leistung begründenden Tatbestände nach Grund und Höhe bestimmt sein müssen (vgl. Fellner, Stempel- und Rechtsgebühren, RZ 111 zu § 14 TP 6 GebG unter Hinweis auf Slg 4019/F, ; , EvBl 1997/9).
Die Berufung, die der Bf. gegen einen Bescheid in einer Angelegenheit der Gewerbeordnung einbrachte, ist eben eine „Gewerbesache“ und keine „Abgabensache“, weshalb die gegenständliche Berufung betreffend Entziehung der Gewerbeberechtigungen nicht nach § 14 TP 6 Abs 5 Z 4 GebG 1957 von der Eingabengebühr befreit ist.
Der Bf. verwies in der Berufung und legte auch zum Nachweis seiner gewerblichen Tätigkeit seine Vertretungsvollmacht für eine Baugesellschaft in Kopie bei. Damit legte er einer gebührenpflichtigen Eingabe, seiner Berufung, eine Beilage bei und löste damit die Gebühr gemäß § 14 TP 5 Abs. 1 GebG 1957 aus.
Der Bf. wendete ein, dass die Behörde die Höhe der zu entrichtenden Gebühr in nachvollziehbarer Weise festzuhalten habe, was durch die bescheiderlassende Behörde dezidiert nicht erfolgt sei. Dazu ist zu sagen, dass gemäß § 3 Abs. 2 Z 1 GebG 1957 die festen Gebühren wie hier die Eingaben- und Beilagengebühr zu entrichten sind durch Barzahlung, durch Einzahlung mit Erlagschein, mittels Bankomat- oder Kreditkarte oder durch andere bargeldlose elektronische Zahlungsformen. Der Bf. hat nicht einmal behauptet, die vorliegenden Gebühren entrichtet zu haben. Dem Bf. wird zwar darin zugestimmt, dass die Behörde, bei der die Gebühr anfällt, in diesem Fall die Behörde, die für die Gewerbeberechtigung des Bf. zuständig ist, die Höhe der entrichteten oder zu entrichtenden Gebühr im bezug habenden Verwaltungsakt in nachprüfbarer Weise festzuhalten hat. Wie das Finanzamt zutreffend in der Stellungnahme zur Beschwerdevorlage ausgeführt hat, ist aber der Sichtvermerk auf der gebührenpflichtigen Schrift anzubringen und nicht auf der über die Schrift ergehenden Erledigung. (, RV/2207-W/12).
Wird eine feste Gebühr, die nicht vorschriftsmäßig entrichtet wurde, mit Bescheid festgesetzt, so ist gemäß § 9 Abs. 1 GebG 1957 eine Gebührenerhöhung im Ausmaß von 50 vH der verkürzten Gebühr zu erheben, unabhängig davon, ob die Nichtentrichtung auf ein Verschulden des Abgabepflichtigen zurückzuführen ist oder nicht (vgl. ). Für diese zwingende Rechtsfolge besteht kein Ermessen der Behörde. Die angefochtenen Bescheide gemäß § 203 BAO vom betreffen nicht die vom Bf. begehrte Nachsicht, sondern die Festsetzung der Gebühren, weshalb in den gegenständlichen Beschwerdeverfahren nicht über die Billigkeit der Abgabeneinhebung abzusprechen ist. Bei der Festsetzung der Eingabengebühr sowie der Festsetzung der Gebührenerhöhung sind die wirtschaftlichen Verhältnisse des Bf. nicht zu berücksichtigen.
Aus all diesen Gründen war den Beschwerden der Erfolg zu versagen.
Wie bereits im Spruch bemerkt, wurde vom Finanzamt der Gebührenbetrag von 27,30 Euro bereits abgeschrieben.
3. Nichtzulassung der Revision
Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG i.V.m. § 25a Abs. 1 VwGG ist gegen diese Entscheidung eine Revision unzulässig. Es handelt sich um keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung, da das Bundesfinanzgericht in rechtlicher Hinsicht der in der Entscheidung dargestellten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ( ; ; ) folgt.
Wien, am
Zusatzinformationen
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 14 TP 6 Abs. 1 GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957 § 14 TP 5 Abs. 1 GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957 § 9 Abs. 1 GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2014:RV.7102624.2014 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at