Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 14.10.2014, RV/5101268/2012

Ungewöhnliche Situationen wie der Wechsel der Bankverbindung erfordern ein erhöhtes Maß an Aufmerksamkeit.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag. R in der Beschwerdesache Mag AB , Adresse, St.Nr. 000/0000, vertreten durch C GmbH & Co KG,  Adresse1 , gegen den Bescheid des Finanzamtes E vom betreffend Festsetzung eines ersten Säumniszuschlages zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Sachverhalt

Mit Bescheid vom setzte das Finanzamt gegenüber dem Beschwerdeführer (Bf) einen ersten Säumniszuschlag von 224,64 Euro, das sind 2 % der nicht fristgerecht bis entrichteten Einkommensteuer 2011 in Höhe von 11.232 Euro, fest.

In der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung wandte der Bf ein, dass er die Einkommensteuer 2011 versehentlich nicht zeitgerecht überwiesen habe. Die Ursache liege in einer Neuordnung seiner Bankverbindungen, wodurch teilweise auch bereits erfasste Überweisungen verloren gegangen seien. Sofort nach Erhalt der Zahlungsaufforderung habe er die entsprechende Überweisung veranlasst. Ansonsten erfülle er alle steuerlichen Verpflichtungen pünktlich. In diesem Sinne beantrage er die Nachsicht und den Erlass des Säumniszuschlages auf Grund der erstmaligen und einmaligen Fristversäumnis.

Mit Berufungsvorentscheidung vom wurde diese Berufung als unbegründet abgewiesen.

Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass im gegenständlichen Fall die am fällige Einkommensteuer 2011 erst am verspätet entrichtet worden sei. Die Vorschreibung des Säumniszuschlages sei daher zu Recht erfolgt.

Die Abgabenbehörde gehe davon aus, dass die Berufung auf die Bestimmung des § 217 Abs. 7 BAO gestützt werde, wonach auf Antrag des Abgabepflichtigen Säumniszuschläge insoweit herabzusetzen bzw. nicht festzusetzen seien, als ihn an der Säumnis kein grobes Verschulden treffe. Dieser Antrag könne auch in der Berufung gegen den Säumniszuschlagsbescheid gestellt werden und sei diesfalls in der Berufungsvorentscheidung zu berücksichtigen.

Das Fehlen von grobem Verschulden sei im Rahmen der dem Begünstigungswerber obliegenden erhöhten Behauptungs- und Beweislast initiativ und unter Ausschluss jeglichen Zweifels darzulegen. Die bloße Behauptung, dass die Ursache der versehentlich nicht fristgerechten Überweisung in einer Neuordnung der Bankverbindungen gelegen sei, wodurch teilweise auch bereits erfasste Überweisungen verloren gegangen seien, versetze das Finanzamt nicht in die Lage, das Nichtvorliegen von grobem Verschulden anzunehmen.

Der Vollständigkeit halber sei darauf hinzuweisen, dass auch keine sachliche oder persönliche Unbilligkeit der Einhebung des Säumniszuschlages, welche eine Abgabennachsicht nach § 236 BAO rechtfertigen könnte, vorgebracht worden sei.

Mit Eingabe vom stellte der Bf einen Vorlageantrag und einen Antrag auf "mündliche Einvernahme des Begünstigungswerbers im Berufungsverfahren", der als Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung im Sinne des § 274 Abs. 1 Z 1 lit. b BAO idgF zu qualifizieren war.

Gleichzeitig legte er ein mit datiertes Schreiben der F Oberösterreich vor, mit welchem bestätigt wurde, dass im Rahmen eines Besprechungstermins am vereinbart worden sei, dass ab Juli 2012 sämtliche Einkommensteuerleistungen vom Privatkonto des Bf erfolgen sollten. Den Informationen des Bf zufolge seien die Überweisungen bisher über ein anderes Bankinstitut erfolgt. Die Anweisung der entsprechenden Zahlungen über e-banking sei dem Bf erläutert worden. Offenbar sei aber im Rahmen der Einrichtung von konkreten Zahlungsanweisungen die rechtzeitige Anweisung der Einkommensteuerleistung fehlerhaft beauftragt worden.

Am erging an den Bf nachstehendes Schreiben des Bundesfinanzgerichtes:

"Die am fällige Einkommensteuer 2011 wurde erst am entrichtet.

Ihr Beschwerdevorbringen, die Ursache für die verspätete Überweisung liege in einer Neuordnung der Bankverbindungen, wodurch teilweise auch bereits erfasste Überweisungen verloren gegangen seien, bzw. die Ihrem Vorlageantrag beigefügte Bestätigung der Allgemeinen F OÖ, wonach die Anweisung der Einkommensteuer fehlerhaft beauftragt worden sei, sind nicht ausreichend konkret, um von fehlendem groben Verschulden im Sinne des § 217 Abs. 7 BAO ausgehen zu können.

Stellen Sie die einzelnen Bearbeitungsschritte betreffend Überweisung der Einkommensteuer 2011 dar und beschreiben Sie, zu welchem Zeitpunkt und durch welchen genauen Fehler die "bereits erfasste Überweisung" verloren ging.

Im elektronischen Zahlungsverkehr ist eine nachträgliche Kontrolle der richtigen und vollständigen Erfassung an Hand eines Eingabeprotokolls möglich. Unrichtige Eingaben können gegebenenfalls noch vor der Datenfreigabe korrigiert bzw. nach erfolgter Freigabe eine Berichtigung fehlerhafter Daten durch Kontaktaufnahme mit dem Bankinstitut veranlasst werden. Aus welchen Gründen blieb der Fehler bei dieser Nachkontrolle unentdeckt?

Der tatsächliche Zeitpunkt des Telebanking-Überweisungsauftrages ist durch Vorlage eines Eingabeprotokolls oder eines vergleichbaren Erfassungsbeleges zu dokumentieren.

Aus welchen Gründen blieb die verloren gegangene Überweisung (laut Beschwerde) bzw. die fehlerhaft beauftragte Anweisung (laut Bestätigung der F ) mehr als einen Monat lang unentdeckt und fiel offenbar auch durch die Zustellung des Säumniszuschlagsbescheides nicht auf?"

Der Bf teilte dazu mit, dass ihm zwischenzeitlich nur mehr erinnerlich sei, dass er die Zahlung bei der G aufgegeben habe, diese im Zuge der Neuordnung zur AF storniert und offenbar aus eigenem Verschulden nicht wirksam neu bei der AF aufgegeben habe. Die weitere Verzögerung könne er nur urlaubsbedingt erklären. Weiter gehende Beweismittel könne er leider nicht anbieten.

Mit Eingabe vom zog der Bf seinen Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung zurück.

Erwägungen

Eingangs ist festzuhalten, dass durch die Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012, BGBl. I 51/2012, ab das Bundesfinanzgericht an die Stelle des Unabhängigen Finanzsenates getreten ist.

Nach § 323 Abs. 38 BAO sind die am beim Unabhängigen Finanzsenat als Abgabenbehörde zweiter Instanz anhängigen Berufungen vom Bundesfinanzgericht als Beschwerden im Sinn des Art. 130 Abs. 1 B-VG zu erledigen.

Rechtliche Beurteilung:

Wird eine Abgabe, ausgenommen Nebengebühren (§ 3 Abs. 2 lit. d), nicht spätestens am Fälligkeitstag entrichtet, so ist ein erster Säumniszuschlag in Höhe von 2 % des nicht zeitgerecht entrichteten Abgabenbetrages zu entrichten (§ 217 Abs. 1 und 2 BAO).

Säumniszuschläge sind eine kraft Gesetzes entstehende Folge einer nicht zeitgerechten Abgabenentrichtung, wobei grundsätzlich unbeachtlich ist, wodurch die Säumnis ausgelöst wurde. Nach Maßgabe des § 217 Abs. 7 BAO sind allerdings Säumniszuschläge auf Antrag des Abgabepflichtigen insoweit herabzusetzen oder gegebenenfalls nicht festzusetzen, als ihn an der Säumnis kein grobes Verschulden trifft.

Grobes Verschulden wird mit auffallender Sorglosigkeit gleichgesetzt. Liegt eine Vernachlässigung einer Sorgfaltspflicht vor, die den Eintritt des Schadens als wahrscheinlich und nicht bloß als entfernt möglich voraussehbar erscheinen lässt und hätte die Säumnis durch ein dem Bf zumutbares Verhalten abgewendet werden können, wird dies als auffallend sorglos zu beurteilen sein ().

Auffallend sorglos handelt, wer die im Verkehr mit Behörden und für die Einhaltung von Terminen und Fristen erforderliche und nach den persönlichen Fähigkeiten zumutbare Sorgfalt außer Acht lässt ().

Von leichter Fahrlässigkeit ist dagegen auszugehen, wenn ein Fehler unterläuft, den gelegentlich auch ein sorgfältiger Mensch begeht.

Ob grobes Verschulden anzunehmen ist, ist stets nach den Umständen des Einzelfalles unter Berücksichtigung der persönlichen Umstände des Antragstellers zu beurteilen.

Die Herabsetzung bzw. Nichtfestsetzung eines Säumniszuschlages gemäß § 217 Abs. 7 BAO bei fehlendem groben Verschulden an der Säumnis stellt eine Begünstigung dar. Bei einer solchen liegt die Behauptungs- und Beweislast beim Abgabepflichtigen, der sich auf fehlendes grobes Verschulden stützt. Seine Sache ist es, einwandfrei und unter Ausschluss jeglichen Zweifels das Vorliegen jener Umstände darzulegen, auf die die Nichtfestsetzung des Säumniszuschlages gestützt werden kann.

Gemäß § 217 Abs. 5 BAO entsteht die Verpflichtung zur Entrichtung eines Säumniszuschlages gemäß Abs. 2 nicht, soweit die Säumnis nicht mehr als fünf Tage beträgt und der Abgabepflichtige innerhalb der letzten sechs Monate vor dem Eintritt der Säumnis alle Abgabenschulden zeitgerecht entrichtet hat. In den Lauf der fünftägigen Frist sind Samstage, Sonntage, gesetzliche Feiertage, der Karfreitag und der 24. Dezember nicht einzurechnen; sie beginnt in den Fällen des § 211 Abs. 2 und 3 erst mit dem Ablauf der dort genannten Frist.

Bei einer Überweisung steht dem Abgabepflichtigen eine Respirofrist von drei Tagen zu (§ 211 Abs. 2 BAO). Die Frist von fünf Tagen beginnt gegebenenfalls erst nach dieser Respirofrist (§ 217 Abs. 5 zweiter Satz BAO).

Nach § 217 Abs. 10 BAO sind Säumniszuschläge, die den Betrag von 50 Euro nicht erreichen, nicht festzusetzen.

Die Rechtsmittelbehörde hat grundsätzlich von der Sachlage im Zeitpunkt ihrer Entscheidung auszugehen (Ritz, BAO5, § 279 Tz 31, mit Hinweisen auf die dort angeführte Judikatur).

Anwendung der dargestellten Rechtslage auf den festgestellten Sachverhalt:

Unbestritten wurde die der Säumniszuschlagsfestsetzung zu Grunde liegende Einkommensteuernachforderung nicht bis zu dem im Bescheid angegebenen Fälligkeitstag am , sondern erst am entrichtet. Die tatbestandsmäßigen Voraussetzungen für die Festsetzung des Säumniszuschlages lagen daher vor.

Die Konkretisierung der genauen Umstände des Zahlungsverzugs in Beantwortung des Ergänzungsersuchens, dass nämlich infolge eines Wechsels der Bankverbindung die (beim bisherigen Bankinstitut) bereits gespeicherte Zahlungsanweisung storniert und diese in der Folge beim neuen Bankinstitut offenbar aus eigenem Verschulden nicht wiederum wirksam vorgenommen wurde, erscheint zwar plausibel und nachvollziehbar, ist aber auf Grund nachstehender Überlegungen nicht geeignet, grobes Verschulden im Sinne des § 217 Abs. 7 BAO auszuschließen.

Auf einen bloßen Irrtum, Vergesslichkeit oder Nachlässigkeit zurückzuführendes Versehen kann ohne das Hinzutreten besonderer dafür ausschlaggebender Umstände (noch) nicht als bloß minderer Grad des Verschuldens qualifiziert werden. Würde ein bloßer Irrtum oder schlichte Nachlässigkeit allein schon als Grund für die Nichtfestsetzung von Säumniszuschlägen anerkannt, liefe dies im Ergebnis auf die Bedeutungslosigkeit gesetzlicher Entrichtungsfristen und der Verpflichtung zu ihrer Wahrung hinaus ().

Eine Änderung der Bankverbindung kann zwar als besonderer Umstand angesehen werden, doch verlangen gerade ungewöhnliche und neue Situationen ein erhöhtes Maß an Aufmerksamkeit und Sorgfalt.

Die offenbar schlichtweg vergessene Zahlung fiel dem Bf auch anlässlich der Zustellung des Säumniszuschlagsbescheides vom fiel dem Bf die offenbar schlichtweg vergessene Zahlung nicht auf; diese wurde vielmehr erst am nachgeholt.

Die Rechtfertigung dieser weiteren Verzögerung mit dem Hinweis auf eine urlaubsbedingte Abwesenheit vermag mangelndes grobes Verschulden ebenfalls nicht zu begründen, weil ein Abgabepflichtiger dafür Sorge zu tragen hat, dass Abgabenzahlungstermine auch während seiner urlaubsbedingten Abwesenheit oder infolge eines Wechsels der Bankverbindung zeitgerecht wahrgenommen werden.

Traf der Bf keine Vorkehrungen, um eine reibungslose und pünktliche Abgabenentrichtung auch in Phasen wie den geschilderten sicher zu stellen, stellt eine derartige Unterlassung ein nicht mehr bloß leicht fahrlässiges Verhalten dar.

Zum Einwand der erstmaligen und einmaligen Fristversäumnis war festzustellen, dass der Bf auch den angefochtenen Säumniszuschlag erst um rund zwei Monate verspätet entrichtete und die Festsetzung eines Säumniszuschlages nur auf Grund der Bestimmung des § 217 Abs. 10 BAO unterblieb.

Darüber hinaus wurde auch die Einkommensteuervorauszahlung 04-06/2014 nicht zeitgerecht überwiesen, von einer Säumniszuschlagsvorschreibung aber auf Grund der Bestimmung des § 217 Abs. 5 BAO Abstand genommen.

Bei Beurteilung des Verschuldensgrades im Beschwerdefall war (neben anderen Kriterien) auch auf die Häufigkeit von Versäumnissen Bedacht zu nehmen.

Auf Grund der zwischenzeitig eingetretenen mehrfachen Säumnis und der im gegenständlichen Fall rund einen Monat unbemerkt gebliebenen Säumnis musste mangels gegenteiliger Anhaltspunkte als erwiesen angenommen werden, dass die Überweisung der Einkommensteuer 2011 verspätet erfolgte, weil der Bf die getätigten Überweisungen offenbar nicht kontrollierte. Ihm war daher ein über leichte Fahrlässigkeit hinausgehendes Verhalten zuzurechnen, welches der Aufhebung der Säumniszuschlagsvorschreibung entgegen stand.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine Revision nicht zulässig, da das Erkenntnis nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis nicht von der Rechtssprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Auf die in der Begründung angeführten Entscheidungen wird verwiesen.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 217 Abs. 7 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise

ECLI
ECLI:AT:BFG:2014:RV.5101268.2012

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at