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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 12.12.2014, RV/7501868/2014

Parkometer-mobile Hauskrankenpflege-Stattgabe und Einstellung

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Ri über die Beschwerde der Bf., gegen den Bescheid des Magistrats der Stadt Wien zur Zahl MA 67-PA-698203/4/0 vom , betreffend fahrlässige Verkürzung der Parkometerabgabe, zu Recht erkannt:

Der Beschwerde wird stattgegeben.

Das angefochtene Straferkenntnis wird aufgehoben und das Strafverfahren eingestellt.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

A) Sachverhalt und Verfahrensgang:

Der Magistrat der Stadt Wien forderte mit Schreiben vom den gemeinnützigen Verein X , als Zulassungsbesitzerin gemäß § 2 Parkometergesetz 2006 auf, der Behörde binnen zwei Wochen nach Zustellung Auskunft darüber zu erteilen, wem sie das mehrspurige Kraftfahrzeug mit dem behördlichen Kennzeichen Kennzeichen am um 15:09 Uhr überlassen gehabt habe, sodass es zu diesem Zeitpunkt in Adresse gestanden sei.

Diese Auskunft wurde dem Magistrat der Stadt Wien, MA 67, am übermittelt, indem die Beschwerdeführerin (Bf.) namhaft gemacht wurde.

Mit Vorhalt vom teilte der Magistrat der Stadt Wien der Bf. mit, dass sie am um 15:09 Uhr in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone in Adresse mit dem mehrspurigen Kraftfahrzeug mit dem behördlichen Kennzeichen Kennzeichen folgende Verwaltungsübertretung gemäß § 5 Abs. 2 Parkometerabgabeverordnung in Verbindung mit § 4 Abs. 1 Parkometergesetz 2006 begangen habe: Abstellen des Fahrzeuges ohne dieses mit einem gültig entwerteten Parkschein gekennzeichnet oder einen elektronischen Parkschein aktiviert zu haben. Die Parkometerabgabe sei daher fahrlässig verkürzt worden.

Es wurde der Bf. Gelegenheit gegeben, sich innerhalb von zwei Wochen ab Zustellung dieses Schreibens schriftlich zu rechtfertigen und die ihrer Verteidigung dienenden Tatsachen und Beweise bekannt zu geben oder nach vorheriger telefonischer Terminvereinbarung zum Magistrat zu kommen.

Abschließend wurde die Bf. seitens des Magistrats der Stadt Wien aufgefordert, binnen zwei Wochen ab Zustellung dieses Schreibens, ihre Tätigkeit als mobile Hauskrankenpflege durch geeignete Beweismittel glaubhaft zu machen.

Dieser Vorhalt wurde der Bf. am mittels Hinterlegung zugestellt, jedoch nicht beantwortet.

In der Folge erließ der Magistrat der Stadt Wien ein mit datiertes Straferkenntnis an die Bf., das laut Rückschein am zugestellt wurde. Darin wurde über die Bf. wegen Verletzung der § 5 Abs. 2 Parkometerabgabeverordnung in Verbindung mit § 4 Abs. 1 Parkometergesetz 2006 gemäß § 4 Abs. 1 Parkometergesetz 2006 eine Geldstrafe in der Höhe von 60 Euro, im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 12 Stunden, sowie ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens in der Höhe von 10 Euro verhängt.

Mit Eingabe vom erhob die Bf. Beschwerde gegen das Straferkenntnis vom und wies darauf hin, dass sie ihr Fahrzeug gut ersichtlich mit der Magistratstafel in Adresse abgestellt habe.

B) Zur inhaltlichen Entscheidung über die Beschwerde:

Gemäß § 5 Abs. 2 Parkometerabgabeverordnung sind zur Entrichtung der Abgabe der Lenker, der Besitzer und der Zulassungsbesitzer zur ungeteilten Hand verpflichtet. Jeder Lenker, der ein mehrspuriges Kraftfahrzeug in einem Gebiet abstellt, für das eine Abgabepflicht besteht, hat die Parkometerabgabe bei Beginn des Abstellens des Fahrzeuges zu entrichten. Die Lenker haben bei der Durchführung der angeordneten Kontrollmaßnahmen mitzuwirken.

Gemäß § 6 lit. e Parkometerabgabeverordnung ist die Abgabe für Fahrzeuge, die von Personen im diplomierten ambulanten Pflegedienst bei einer Fahrt zur Durchführung solcher Pflege gelenkt werden, sofern sie beim Abstellen mit einer Tafel gemäß § 24 Abs. 5a StVO 1960 gekennzeichnet sind, nicht zu entrichten.

Für die Auslegung der gegenständlichen Ausnahmebestimmung des § 6 lit. e Parkometerabgabeverordnung ist die Bestimmung des § 24 Abs. 5a StVO heranzuziehen, wonach es sich um einen konkreten Fall einer ambulanten Hauskrankenpflege handeln muss. Naturgemäß muss die Person, die in einem derartigen Fall das Schild „ Mobile Hauskrankenpflege im Dienst” verwendet, in der Lage sein, der Behörde im Falle des Nachfragens nachzuweisen, dass die Fahrzeugabstellung auf Grund einer konkreten ambulanten Hauskrankenpflege erfolgt ist.

Gemäß § 45 Abs. 1 AVG bedürfen Tatsachen, die bei der Behörde offenkundig sind, und solche, für deren Vorhandensein das Gesetz eine Vermutung aufstellt, keines Beweises.

Gemäß § 45 Abs. 2 AVG hat die Behörde unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht.

Nach Abs. 3 der genannten Bestimmung ist den Parteien Gelegenheit zu geben, vom Ergebnis der Beweisaufnahme Kenntnis zu erlangen und dazu Stellung zu nehmen.

Voraussetzung für die Verhängung einer Verwaltungsstrafe ist das Vorliegen eines Verhaltens, welches als tatbildlich gesetzt zu qualifizieren ist. Unter Zugrundelegung des im Verwaltungsstrafverfahren allgemein gültigen Rechtsgrundsatzes "in dubio pro reo" darf nur dann eine Bestrafung erfolgen, wenn mit der für eine strafrechtliche Verurteilung erforderlichen Sicherheit feststeht, dass das der Verurteilung zugrundeliegende strafbare Verhalten auch tatsächlich von der beschuldigten Person verwirklicht worden ist.

Im gegenständlichen Fall teilte die Zulassungsbesitzerin bereits vor Durchführung der Lenkererhebung (am ) im Zuge eines Einspruches per Email mit, dass es sich bei der Bf. um eine ihrer Mitarbeiterinnen handle, welche zum Tatzeitpunkt bei der zu betreuenden Person Y , ihren Dienst verrichtet und sich mit dem Schild „Mobile Hauskrankenpflege im Dienst“ ausgewiesen habe.

Auch das seitens des Überwachungsorgans der Landespolizeidirektion Wien aufgenommene Foto am Tatort zeigt deutlich das Schild.

Dennoch wurde in der Folge seitens des Magistrats der Stadt Wien eine Lenkererhebung durchgeführt und der Bf. die Möglichkeit gegeben, sich zu der ihr angelasteten Verwaltungsübertretung zu äußern. Des Weiteren wurde sie aufgefordert, ihre Tätigkeit als mobile Hauskrankenpflege durch geeignete Beweismittel glaubhaft zu machen.

Allein der Umstand, dass die Bf. auf diesen Vorhalt nicht reagiert hat, wurde als Begründung zur Erlassung des angefochtenen Erkenntnisses vom herangezogen.

Dazu ist festzustellen, dass es im gegenständlichen Fall bereits an der Voraussetzung für die Verhängung einer Verwaltungsstrafe, nämlich der Qualifikation eines als tatbildlich gesetzten Verhaltens, mangelt. Denn die Behörde konnte anhand des seitens des Überwachungsorgans übermittelten Fotos einwandfrei erkennen, dass die Bf. während der Abstelldauer ihr Fahzeug mit der Tafel, welche die Aufschrift „Mobile Hauskrankenpflege im Dienst“ trug, kennzeichnete.

Des Weiteren ist zu bemerken, dass die Bf. aufgefordert wurde, ihre Tätigkeit als mobile Hauskrankenpflege durch geeignete Beweismittel glaubhaft zu machen, obwohl ihr Dienstgeber bereits davor mitgeteilt hatte, dass es sich bei der Bf. um eine ihrer Mitarbeiterinnen handelt und die zu pflegende Person namhaft gemacht wurde.

Abgesehen davon, dass es im gegenständlichen Fall an einem Verhalten mangelt, welches als tatbildlich gesetzt zu qualifizieren ist, stützte die Behörde ihr Straferkenntnis vom lediglich auf den Umstand, dass die Bf. ohne Angabe von Gründen von der Möglichkeit einer Rechtfertigung keinen Gebraucht gemacht hat, obwohl der Behörde die Tatsache, für deren Vorhandensein sie von der Bf. einen Beweis bzw. eine Glaubhaftmachung verlangte - nämlich ihre Tätigkeit als mobile Hauskrankenpflege - offenkundig war.

Mangels sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens seitens der belangten Behörde im angefochtenen Straferkenntnis kann daher die der Bf. zur Last gelegte Verwaltungsübertretung der Verkürzung der Parkometerabgabe nicht als erwiesen angenommen werden.

Der Beschwerde war daher stattzugeben, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Strafverfahren mangels ausreichender Taterweisung einzustellen.

C) Zum Ausspruch, dass die Revision unzulässig ist:

Grundsätzlich ist der Bf. auf Grund der Stattgabe seiner Beschwerde nicht mehr beschwert. Für die belangte Behörde ist die Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig, da der vorliegenden Rechtsfrage einer fehlerhaften Beweiswürdigung keine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommt und überdies dazu eine umfangreiche einheitliche Rechtsprechung des VwGH existiert.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Verwaltungsstrafsachen Wien
betroffene Normen
§ 45 AVG, Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl. Nr. 51/1991
§ 6 lit. e Wiener Parkometerabgabeverordnung, ABl. Nr. 51/2005
ECLI
ECLI:AT:BFG:2014:RV.7501868.2014

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at