Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 25.11.2014, RV/7501012/2014

Gefahr des Einlangens einer Lenkerauskunft bei der Behörde trifft den Auskunftspflichtigen

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/7501012/2014-RS1
Der Postaufgabeschein ist weder ein tauglicher Nachweis für die Erteilung der Lenkerauskunft an sich noch für deren Rechtzeitigkeit.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin R über die Beschwerde der Bf. , S. gegen das Straferkenntnis des Magistrats der Stadt Wien MA 67 vom , XY betreffend eine Verwaltungsübertretung gemäß § 2 Parkometergesetz 2006  zu Recht erkannt:

Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde insoweit Folge gegeben, als die verhängte Geldstrafe von EUR 240,00 auf EUR 70,00 und die für den Fall der Uneinbringlichkeit festgesetzte Ersatzfreiheitsstrafe von 48 Stunden auf 14 Stunden herabgesetzt wird. Im Übrigen wird das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

Gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG hat die Beschwerdeführerin keinen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens zu leisten.

Eine Revision wegen Verletzung in Rechten (Art. 133 Abs. 6 Z 1 BVG) durch die Beschwerdeführerin ist gemäß § 25a Abs. 4 VwGG nicht zulässig. 

Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG iVm § 25a Abs. 1 VwGG ist gegen dieses Erkenntnis eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof durch die vor dem Bundesfinanzgericht belangte Behörde unzulässig.

Entscheidungsgründe

Mit Schreiben der MA 67, GZ MA 67-PA- XX   vom wurde die Beschwerdeführerin, in der Folge Bf. genannt, gemäß § 2 Parkometergesetz aufgefordert, als Zulassungsbesitzerin des Kraftfahrzeuges mit dem behördlichen Kennzeichen AB zwei Wochen ab Zustellung Auskunft darüber zu erteilen, wem sie das Kraftfahrzeug am um 16:51 überlassen hat, sodass es zu  diesem Zeitpunkt in 1020 Wien, Max-Winterplatz 22 gestanden ist. Diese Aufforderung wurde der Bf. am mittels Rsb-Briefes zugestellt und von ihr selbst übernommen.

Am erging von der MA 67  an die Bf. gem. der §§ 40 und 42 VStG eine Aufforderung zu Rechtfertigung , worin ihr vorgehalten wurde, der am ordnungsgemäß zugestellten Lenkerauskunft nicht entsprochen zu haben und damit § 2 Parkometergestz verletzt zuhaben. Sie könne sich binnen 2 Wochen ab Zustellung schriftlich oder mündlich rechtfertigen und die ihrer Verteidigung dienenden Tatsachen und Beweise bekanntgeben. Gleichzeitig habe sie im Hinblick auf die Strafbemessung Gelegenheit ihre Einkommens-und Vermögensverhältnisse sowie Sorgepflichten bekanntzugeben. Bei einer Schätzung müsste von durchschnittlichen Verhältnissen ausgegangen werden.

Diese Aufforderung wurde der Bf. am mittels RSa Briefes eigenhändig zugestellt.

Mittels E-Mail vom teilte die Bf. der MA 67 folgendes mit:

„Ich habe kein Fahrzeug mit dem behördlichen Kennzeichen AB am um 16:51 in Wien 2, Max-Winter Platz 22 in der gebührenpflichtigen Kurzparkzone abgestellt gehabt.“

Am erging an die Bf. ein Straferkenntnis, worin ihr zur Last gelegt wurde, als Zulassungsbesitzerin dem schriftlichen Verlangen der Behörde vom , zugestellt am , innerhalb einer Frist von zwei Wochen bekanntzugeben, wem sie das mehrspurige Kraftfahrzeug überlassen habe, nicht entsprochen zu haben, da sie die Auskunft nicht erteilte. Sie habe dadurch § 2 i.v.m. § 4 Abs.2 Parkometergesetz verletzt und es werde gegen sie eine Geldstrafe von € 240, im Falls der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheisstrafe von 48 Stunden, verhängt.

In der Begründung wurde darauf verwiesen, dass die Aufforderung zur Bekanntgabe des Fahrzeuglenkers um ordnungsgemäß zugestellt worden sei und daher die Frist zur Bekanntgabe des  Fahrzeuglenkers am geendet habe. Die Aufforderung zur Rechtfertigung vom sei dahingehend beantwortet worden, dass die Bf. in der genannten gebührenpflichtigen Kurzparkzone dass betreffende Kraftfahrzeug nicht abgestellt habe. Durch dieses Vorbringen sei sie jedoch dem Verlangen, den Fahrzeuglenker bekannt zugeben nicht nachgekommen, sondern handle es sich dabei um Einwendungen, die in einem gegen den Fahrzeuglenker allenfalls zu führenden Verwaltungsstrafverfahren abzuklären gewesen wären.

Hinsichtlich der Strafhöhe wurde auf § 19 VStG verwiesen.

Gemäß § 19 VStG seien Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat. Im ordentlichen Verfahren seien überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes seien die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten seien bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Das Ausmaß der Beeinträchtigung der gesetzlich geschützten Interessen sei als nicht unwesentlich einzustufen, sollen doch die einschlägigen Rechtsvorschriften des Parkometergesetzes, wie bereits ausgeführt, den Interessen an einer jederzeit und ohne unnötige Verzögerung einer möglichen Parkraumbewirtschaftung dienen.

Als mildernd wurde die bisherige verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit der Bf. gewertet.

Gegen das Straferkenntnis wurde mit Schreiben der Bf. vom rechtzeitig Beschwerde erhoben und darin begründend ausgeführt, dass sie in Zusammenhang mit dem Abstellen des Kraftfahrzeuges mit dem behördlichen Kennzeichen AB am um 16:51 in 2010 Wien, Max-Winter Platz 22 sehrwohl rechtzeitig die Lenkerauskunft erteilt habe. Sie habe diese am zur Postgegeben.  Die verhängte Geldstrafe sei nicht als angemessen anzusehen. Als Nachweis wurde ein kopierter Postaufgabeschein vorgelegt, wonach am ein eingeschriebener Brief versendet worden sei. Als Empfänger wurde handschriftlich „MA 67, Dresdner Str.“ vermerkt.

Über die Beschwerde wurde erwogen

§ 2 Wiener Parkometergesetz 2006 lautet:

§ 2. (1) Der Zulassungsbesitzer und jeder, der einem Dritten das Lenken eines mehrspurigen Kraftfahrzeuges oder die Verwendung eines mehrspurigen Kraftfahrzeuges überlässt, für dessen Abstellen gemäß Verordnung des Wiener Gemeinderates eine Parkometerabgabe zu entrichten war, hat, falls das Kraftfahrzeug in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone gemäß § 25 StVO 1960 , BGBl. Nr. 159/1960, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 99/2005, abgestellt war, dem Magistrat darüber Auskunft zu geben, wem er das Kraftfahrzeug zu einem bestimmten Zeitpunkt überlassen gehabt hat.

(2) Die Auskunft, welche den Namen und die Anschrift der betreffenden Person enthalten muss, ist unverzüglich, im Falle einer schriftlichen Aufforderung binnen zwei Wochen nach Zustellung, zu erteilen; wenn eine solche Auskunft ohne entsprechende Aufzeichnungen nicht erteilt werden könnte, sind diese Aufzeichnungen zu führen.

Gemäß § 4 Abs. 2 Wiener Parkometergesetz 2006 sind Übertretungen des § 2 als Verwaltungsübertretungen mit Geldstrafen bis zu 365 Euro zu bestrafen.

Von der Bf. wird in der Beschwerde nicht in Abrede gestellt, dass das Kraftfahrzeug mit dem behördlichen Kennzeichen AB am um 16:51 in der gebührenpflichtigen Kurzparkzone 1020 Wien, Max-Winter Platz 22 abgestellt war.

Unstrittig ist weiters, dass der Bf. am das Verlangen der Behörde, gemäß § 2 Parkometergesetz den Fahrzeuglenker zu nennen, dem sie am das Kraftahrzeug mit dem behördlichen Kennzeichen AB übelassen hat, ordnungsgemäß zugestellt wurde.

Die zweiwöchige Frist endete somit am . Wenn die Bf. unter Hinweis auf den Postaufgabeschein  vorbringt, am rechtzeitig die Lenkerauskunft erteilt zu haben, so ist dazu folgendes auszuführen:

Tatsache ist, dass eine Auskunft im Sinne des Verlangens der Behörde vom nicht bei der Behörde eingelangt ist.

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ( 1711, 1712/64) wird die Auffassung vertreten, dass Anbringen nur dann als rechtzeitig eingebracht anzusehen sind, wenn sie der Behörde auch tatsächlich ausgehändigt worden sind.  Hierbei trägt die Gefahr des Verlustes einer zur Post gegebenen Eingabe an die Behörde der Absender und eine Eingabe gilt nur dann als eingebracht, wenn sie der Behörde tatsächlich zukommt (). Die Beweislast für das Einlangen eines Antrages bei der Behörde trifft den Antragsteller (). Der Beweis der Postaufgabe allein reicht als Beweis für das Einlangen des Schriftstückes bei der Behörde nicht (). , 2008/13/0149, , 2002/13/0165).

Ein von einem Postamt gestempelter Aufgabeschein vermag nicht den tatsächlichen Inhalt einer Sendung wiederzugegeben und ist nach der dargestellten Rechtslage auch kein Beweis für das Einlangen eines Schriftstückes bei der Behörde.

Der von der Bf. vorgelegte Aufgabeschein ist daher weder ein tauglicher Nachweis, dass dem Verlangen überhaupt entsprochen wurde, noch das dem Verlangen rechtzeititg entsprochen wurde (vgl. ).

Damit wurde aber dem objektiven Tatbild des § 2 Parkometergesetz entsprochen.

Ergänzend ist hinschtlich der von der Bf. am per E-Mail an die MA 67 übermittelte Rechtfertigung folgendes auszuführen:

Zweck einer Lenkerauskunft besteht darin, den Lenker zur Tatzeit ohne Umstände raschest festzustellen, somit ohne weitere Ermittlungen als identifiziert zu betrachten und zur Verantwortung ziehen zu können.

Gegenstand des Auskunftsverlangens kann daher nur sein, ob der Zulassungsbesitzer sein Kraftfahrzeug einer anderen Person zum Lenken überlassen hat, ja oder nein, und wenn ja, wem (Erkenntnis des verstärkter Senat, Zl. 1157/78).

Es ist nämlich mit dem Sinn des Gesetzes nicht vereinbar, auch wenn die Auskunft unverschuldet nicht erteilt werden kann, gegenüber der anfragenden Behörde auf die Aufforderung zur Bekanntgabe des Fahrzeuglenkers innerhalb der vorgesehenen Frist überhaupt nicht zu reagieren, also innerhalb dieser Frist nicht einmal bekannt zu geben, welche Umstände der rechtzeitigen Auskunftserteilung entgegenstehen, weshalb das unverschuldete Unterbleiben jeglicher Antwort auf eine derartige behördliche Anfrage gegen § 103 Abs. 2 KFG 1967 verstößt. (Erk. des Zl. 90/18/0133 ).

Hinsichtlich der subjektiven Tatseite ist folgendes auszuführen:

Wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt, genügt gemäß § 5 Abs. 1 VStG zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

Die Bf. konnte im Verfahren nicht zumindest glaubhaft machen, dass sie an der Nennung des Fahrzeuglenkers gegenüber der belangten Behörde kein Verschulden traf. Somit ist auch die subjektive Tatseite als Erfordernis der Strafbarkeit erfüllt.

Hinsichtlich der Strafhöhe ist folgendes auszuführen:

Grundlage für die Bemessung der Strafe ist gemäß § 19 Abs. 1 VStG die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat, wobei nach § 19 Abs. 2 VStG überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen sind und auf das Ausmaß des Verschuldens besonders Bedacht zu nehmen ist. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 Strafgesetzbuch (StGB) sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Das gesetzlich zulässige Höchstausmaß der Strafe ist gemäß § 4 Abs. 2 Parkometergesetz € 365.- Die Bf. hat zwar Einkommens-und Vermögensverhältnisse sowie Sorgepflichten nicht bekanntgegeben, sodass diese als durchschnittlich zu schätzen waren. Jedoch erscheint eine Strafbemessung, sowie von der belangten Behörde im gegenständlichen Fall erfolgt,  an der oberen Grenze des zulässigen Höchstausmaßes, im Hinblick auf die von der belangten Behörde im Straferkenntnis selbst ins Treffen geführten bisherigen verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit der Bf. und die verwaltungsbehördliche Praxis in ähnlich gelagerten Fällen weit überhöht.

Die Geldstrafe war daher auf € 70 und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 14 Stunden herabzusetzen.

Die Kosten des verwaltungsbehördlichen Verfahrens betragen somit gemäß § 64 Abs. 2 VStG € 10.-

Kosten für das Beschwerdeverfahren waren keine festzusetzen, da gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG  die Kosten des Beschwerdeverfahrens dem Beschwerdeführer nicht aufzuerlegen sind, wenn der Beschwerde auch nur teilweise Folge gegeben worden ist.

Zulässigkeit einer Revision:

Die ordentliche Revision ist für die belangte Behörde unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Das gegenständliche Erkenntnis weicht weder von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Eine Revision durch die beschwerdeführende Partei wegen Verletzung in Rechten nach Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG ist gemäß § 25a Abs. 4 VwGG kraft Gesetzes nicht zulässig, wenn in einer Verwaltungsstrafsache eine Geldstrafe von bis zu € 750.- und keine (primäre) Geldstrafeverhängt werden durfte und im Erkenntnis eine Geldstrafe von bis zu € 400 verhängt wurde. 

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Verwaltungsstrafsachen Wien
betroffene Normen
§ 2 Wiener Parkometergesetz 2006, LGBl. Nr. 09/2006
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2014:RV.7501012.2014

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at